Auf dem Weg nach Montreux
von Norbert Bolewski, Chefredakteur der FERNSEH-UND KINO-TECHNIK - Nr. 5/1979.
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Montreux 1979 ......
Montreux, der kleine malerisch gelegene Ort am Genfer See, wird vom 27. Mai bis 1. Juni 1979 wieder Treffpunkt der Fernsehtechniker aus aller Welt sein. Das nun bereits zum 11. Mal stattfindende Internationale Fernsehsymposium verbunden mit der immer wichtiger gewordenen Technischen Ausstellung hat sich aus kleinsten Anfängen heraus entwickelt und darf schon seit einiger Zeit wohl als die wichtigste fernsehtechnische Veranstaltung in Europa angesehen werden.
Wieder erwartet man einige tausend Teilnehmer, die sich über die neuesten Erkenntnisse auf dem fernsehtechnischen Gebiet informieren und miteinander diskutieren wollen.
Die gute Organisation der Veranstaltung unter dem Patronat von Fritz Locher, dem Generaldirektor der Schweizer PTT, und die anerkannten Spitzenfachleute, die dem Symposiumkomitee angehören (H. Fix. München, J. A. Flaherty, New York, J. Polonsky, Paris, und H. Brand, Bern) und die alle zwei Jahre eine strenge Auswahl aus den angebotenen Vorträgen treffen, haben wesentlich zu der hohen Wertschätzung dieser Veranstaltung beigetragen.
Insgesamt 87 Vorträge aus praktisch allen Bereichen der Fernsehtechnik wurden diesmal aufgenommen, hinzu kommen zahlreiche Diskussionen und Einführungsvorträge.
Der größte Teil beschäftigt sich mit den Themen aus dem Bereich der Studiotechnik, unterteilt in die Gruppen Produktionssysteme (ENG, EFP, Studio), Video-Produktionsausrüstung (Kameras, Prozessoren, Mischer) und Video-Nachbearbeitungssysteme und -geräte, (Magnetband- aufzeichnungsgeräte, Editing-Geräte, Mischer. Bildspeicher).
Was es alles zu sehen gibt :
Die Entwicklung von ENG in der Schweiz, Einkamera-Produktionstechniken und neue Produktionstechniken bei der BBC bilden den Auftakt dieses Themas. Bei der Gerätetechnik stehen Themen im Vordergrund, die den Einsatz von Mikroprozessoren beispielsweise in elektronischen Kameras schildern, einige neue Erfahrungsberichte über Bildaufnahmeröhren und natürlich, ein aktuelles Thema, tragbare Video-Aufzeichnungs- einrichtungen.
Hier wird einmal die neue Cassetten-Maschine "BCN 5" von Bosch-Fernseh und zum anderen eine ebenfalls tragbare Version für den C-Standard von Sony vorgestellt werden.
Ganz besonders groß ist das Programm diesmal an Vorträgen, die sich mit Bildmischeinrichtungen und der Nachbearbeitung beschäftigen. Mikrocomputer ermöglichen heute die Herstellung sogenannter „intelligenter" Bearbeitungsgeräte; eine Entwicklung, die wohl erst am Anfang zu stehen scheint.
Bei den Filmabtastern hält jetzt die Digitaltechnik ihren Einzug. Zwei Vorträge werden zwei digital arbeitende Filmabtaster vorstellen. Zur Nachbearbeitung gehört natürlich auch die Tonseite, auch das ist ein Thema, das behandelt wird.
Die terrestrische Übertragungstechnik ist ein anderes großes Gebiet, über das im einzelnen referiert wird. Neue Senderkonzeptionen und Neuentwicklungen bei den Tetroden und Klystron-Senderöhren finden sicherlich ein größeres Interesse; ein Vortrag behandelt auch einen vollkommen mit Halbleitern bestückten TV-Sender. Ferner sind interessante Vorträge über die Rolle des 12-GHz-Bands bei der terrestrischen Übertragung vorgesehen.
Beim Satelliten-Fernsehen beschäftigen sich fast alle Themen mit der Fernsehdirektversorgung für den Fernsehzuschauer. Auf der Funkverwaltungskonferenz 1977 wurden ja Aufteilungen der Frequenzen und Standorte der Satelliten festgelegt. Von dieser Seite her ist also grünes Licht gegeben.
Aber es sind natürlich noch zahlreiche technische Probleme geblieben, die es zu lösen gilt. In drei Vorträgen dieser Gruppe werden einmal spezifiziert die europäischen, die japanischen und amerikanischen Satellitenprojekte beschrieben. Und in der Gruppe Satelliten-Gerätetechnik wird dann dezidiert auf einige technische Aspekte, beispielsweise auf neue Hochleistungsverstärker, auf Solar-Zellen für die Stromversorgung der Satelliten, aber auch auf kostengünstige Empfänger für die von den Satelliten abgestrahlten Programme eingegangen.
Eine weitere Gruppe der Vorträge befaßt sich mit den kabelgebundenen Fernsehanlagen, einem Thema, das ja gerade durch die zur Zeit in der Bundesrepublik Deutschland angelaufenen Pilotprojekte der Deutschen Bundespost sehr aktuell ist. Neben der Beschreibung dieser bei uns vorgenommenen Pilotprojekte wird auch über Trends der kabelgebundenen Fernsehanlagen in den USA berichtet.
Daneben stehen rein technische Themen auf dem Programm, die sich mit den Möglichkeiten der Signalverteilung über Lichtleitfasern beschäftigen, mit der automatischen Signalsteuerung, mit Fragen der Multiplextechnik und die neue Geräte für Kopfstationen vorstellen.
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Die Digitaltechnik im Fernsehstudio wird kommen
Am spektakulärsten und damit sicherlich auf größtes Interesse stößt das Thema Digitaltechnik im Fernsehstudio. Hier steht man ja erst am Anfang der Entwicklung, und es kommt darauf an, die Weichen richtig zu stellen.
Eine internationale Zusammenarbeit der Fachleute und somit auch ein internationaler Gedankenaustausch ist über alle Maßen wichtig. Und es
ist sogar für Fachleute erstaunlich, mit welchem Tempo die Entwicklung in den letzten zwei Jahren auf diesem Gebiet vorangeschritten ist.
So gilt dann dieser Thematik auf dem Symposium auch eine besonders große Anzahl von Vorträgen. Aufgeteilt ist das Thema in zwei Untergruppen - die digitale Signalerzeugung, -Verarbeitung und -Übertragung sowie digitale Aufzeichungstechnik.
Dem Koordinator, H. Fix, IRT, München, ist es gelungen, mit den angebotenen Vorträgen das Spektrum dieser Technik abzudecken. Den Anfang machen zwei Referate, die einen Überblick über die digitale Signalerzeugung und -Verarbeitung beim 525-Zeilen-System der USA und beim 625-Zeilen-System geben.
Vorträge hinsichtlich der internen Signalverarbeitung im Fernsehstudio folgen: beispielsweise wird ein digitaler Synchronizer behandelt, ein digitales Rauschunterdrückungssystem vorgestellt usw.
Nach wie vor steht bei der digitalen Technik natürlich das Aufzeichnungsgerät im Vordergrund, ohne das ein digitales Studio nicht denkbar ist. Aufnahmesysteme, digitale Aufzeichnungsformate und Codierungsmethoden, Methoden zur Bitratenreduktion und zur Fehlerkorrektur stehen zur Diskussion.
Experimentelle Digital-Recorder kommen
Bosch-Fernseh und Sony werden ihre Untersuchungen an experimentellen Digital-Recordern beschreiben. Von der NHK in Japan kommt ein Vortrag über PCM-Aufzeichnung auf ein rotierendes Magnetblatt. Last, but not least, wird auch die Frage der digitalen Tonaufzeichnung behandelt.
Eine weitere Vortragsveranstaltung ist den neuen TV-Diensten gewidmet, und zwar in diesem Jahr ausschließlich den verschiedenen Teletext-Systemen und hier speziell den Problemen bei der Übertragung und bei der Herstellung der entsprechenden Decoder.
Über die Bedeutung der Technischen Ausstellung
Neben dieser wichtigen und in Europa einmaligen Vortragsveranstaltung
kommt der Technischen Ausstellung immer stärkere Bedeutung zu. Über 150 Firmen aus 15 Ländern stellen ihre neuesten Produkte für Studiotechnik, ENG, Sendertechnik und kabelfernsehgebundene Anlagen vor.
Es wird die bisher größte Technische Ausstellung in Montreux sein. Zwar ist der Ausstellungsraum gemessen an anderen Messen sehr viel kleiner, und die Standfläche der einzelnen Firmen ist kein Maß für ihre Bedeutung.
Aber das bietet auf der anderen Seite auch Vorteile: Man ist schnell von einer Firma zur anderen, ohne allzu große Wege in Kauf nehmen zu müssen.
Und das Ausstellungsgelände liegt günstig gegenüber dem Palace-Hotel, in dem die Vorträge stattfinden. Einige Firmen werden auch wieder ihr Angebot in den Räumen dieses Hotels zeigen. Auch in diesem Jahr wird man wieder mit großen Erwartungen nach Montreux fahren dürfen, und die Vorträge und internationalen Begegnungen werden sicherlich zum Fortschritt der Fernsehtechnik in der nächsten Zukunft beitragen.
Auf ein Wiedersehen in Montreux. N. Bolewski
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