April 2010 - Eine neue Rubrik hier im Fernsehmuseum:
von Gert Redlich im Jahr 2010. Unglaublich schnell gingen die letzten 65 Jahre nach unserem deutschen Urknall vorüber und es ist an der Zeit, so glaube ich als Redakteur dieser Seiten, mit einigen über Jahrzehnte zementierten Mythen und Legenden aufzuräumen und die Historie wieder gerade zu rücken.
Als Jahrgang 1949 habe ich mit der Erziehung im 3. Reich, dem 1000 jährigen Reich, nicht so viel Bekanntschaft gemacht, auch nicht mit der strengen autoritären Erziehung zum ehrfürchtigen Glauben an alles Geschriebene. Ein besonderer Dank geht an meine Eltern, vor allem an meine Mutter und an meinen Deutschlehrer im Wiesbadener Oraniengymnasium - Studienrat Harro Schmidt. Mehrere Jahre aufgeklärten Unterrichtes in Deutsch und Geschichte haben mich da geprägt.
Seit etwa Ende 2006 beschäftige ich mich jetzt akribisch mit der professionellen Fernsehtechnik, denn dort waren "wir Deutschen" mal weltweit führend. Auch mit der bereits seit etwa 2002 ins Blickfeld geratenen historischen Magnetband- technik habe ich mich intensiv beschäftigt und auch dort waren "wir Deutschen" einmal weltweit einsame absolute Spitze und allen um viele viele Jahre voraus ..... wie auch bei den Düsenflugzeugen, Panzern, Kanonen, Raketen und U-Booten. Selbst der Hubschrauber wurde bereits vor 1940 bei uns in Deutschland erfunden, also nicht von Igor Iwanowitsch Sikorski in Amerika.
Und dennoch wurden im Dritten Reich allen diesen deutschen "Glanzleistungen" zusätzlich weitere (aber leider unwahre oder falsche) nationalpatriotische Krönchen oder Sahnehäubchen aufgesetzt, die aber historisch nicht den Tatsachen entsprechen.
Die gern geglaubte, verklärte aber verlogene Wahrheit:
Was Du schwarz auf weiß nach Hause tragen kannst. . . .
Es wurde "den Deutschen" eigentlich "nur" 12 Jahre lang intensiv propagandistisch eingetrichtert (eingehämmert) und dennoch, die Legenden und Mythen haben sich bis weit in die 90er Jahre erhalten, dieses - sagen wir mal - "verklärte" Denken.
Nur wenige aufgeklärte Geister trauten sich, an so mancher "Wahrheit" so nach und nach Zweifel anzumelden oder gar zu rütteln und sie wurden quasi niedergebrüllt, wenn inzwischen auch etwas leiser (und) mit feineren Methoden.
Inzwischen kam ja auch raus, aufgrund der gefunden Archive der Wehrmacht, es waren nachweisbar fast 320.000 Soldaten, die in Stalingrad verheizt wurden. (Überlegen Sie mal, dreihundertund- zwanzigtausend ! Soldaten - Wiesbaden hat zum Beispiel 270.000 Einwohner) Es kamen 1955 (Adenauers Verdienst) etwa 6.000 glückliche Stalingrad- Überlebende aus den Blei-Minen im russischen Sibirien lebend zurück. Diese Zahlen wurden über viele Jahre einfach nur vertuscht oder sogar geleugnet.
Mit der Fernsehtechnik ist es ähnlich. Wenn Sie heute nach "Ikonoskop" googeln, sind sehr sehr viele "Autoren" oder Schreiberlinge der Meinung, das haben "wir Deutschen" erfunden und/oder entwickelt. Gleiches gilt auch für das "Orthikon". Beides stimmt aber nicht, wurde aber im Dritten Reich (und auch noch später) so dem Volk präsentiert und war demnach "wahr". Und immer noch wird publiziert, der Deutsche, Paul Nipkow, habe das Fernsehen erfunden.
In meiner Schulzeit mußte ich mühsam Englisch und Latein lernen, es gab damals für mich keinen plausiblen Grund dazu. Heute bin ich dankbar, daß mir zumindest das Englische geläufig geworden ist. So kann ich mit gleicher Akribie recherchieren und nachlesen, was denn manche Amerikaner für einen Mist von sich geben. Nach deren Meinung wurde zum Beispiel das Magnetbandgerät (das Magnetophon) von Ampex erfunden. Auch dort klingelt die verklärte Wahrheit der Erinnerung (in den Ohren).
Nach vielen Zeitzeugengesprächen mein Anliegen:
Ehre, wem Ehre gebührt.
Also eines steht fest, das Magnetophon kam aus Berlin (1934 bis 1941), das Magnetband kam aus Ludwigshafen von der IG Farben, eindeutig, die Schrägspurtechnik wurde in Deutschland erdacht (von Dr. Schröter 1932), lange bevor die Amerikaner jemals ein richtiges Tonbandgerät in Händen hatten.
Richtig ist aber auch, daß die Fernsehtechnik erst mit der elektronischen Aufnahmeröhre von Zworkin / Farnsworth zu leben anfing (natürlich auf Basis der Braunschen Röhre). Diese beiden waren aber Amerikaner und Zworkin war Entwicklungschef bei RCA. Auch der Schotte Baird kam aus dem angelsächsischen Teil Europas und war kein Deutscher. Die Ungarn und die Russen dürfen wir da auch nicht vergessen, die alle mit ihren Teils unkonventionellen Ideen mitgeholfen hatten.
Verkauft wurde es dem deutschen Volk damals von der göbbelschen Propaganda aber als rein Deutsch. Was mich heute so maßlos erschüttert, ist, wie lange deutsche Nachkriegs- Redakteure und Reporter immer und immer wieder diese falsche Wahrheit weiter-"gequasselt" und abgeschrieben und vervielfältigt haben, ohne das mal genauer zu recherchieren und gerade zu rücken. Habe sie sich einfach nur nicht getraut ?
Dabei ist das doch gar nicht so schwer. In den Archiven der Fernseh GmbH kamen zum Beispiel Unterlagen hervor, daß die beiden Gebrüder Loewe als Juden ab 1936 nicht mehr gelitten waren und daß das reichsdeutsche Popagandaministerium den Fese Chefs unmißverständlich und eindeutg erklärt hatte, die zukünftigen Aufträge bekommen nun eben nur noch rein arische deutsche Firmen wie z.B. Telefunken.
Daraufhin wurden der ungeliebte Engländer Baird (weil Ausländer) und die beiden Loewes aus der Fernseh AG (r)ausgetrickst. Man findet heute noch Artikel jüngsten Datums, da wird verklärt von einem "vereinbarten" Ausscheiden von zweien der vier Teilhaber der Fernseh AG gesprochen. Es ist alles so schön einfach und bequem.
Legenden, Mythen und Glorie werden von Menschen gemacht
Nach heutigen Recherchen stand die Firma AEG-Telefunken bereits Anfang der 60er Jahre mit dem Rücken zur Wand. Der "Laden" war eigentlich völlig überschuldet und brauchte Erfolge um jeden Preis. Und so wurde ein Name zum Idol hochgespielt und instrumentalisiert bis zum "Geht nicht mehr". Walter Bruch, der Erfinder des PAL Farbfernsehens, so wurde er "in den Markt" lanciert.
Ab und zu wurde sogar auch noch das Wort PAL weggelassen und so wurde Walter Bruch in der verklärten Erinnerung der breiten Masse ganz einfach zum Erfinder des "Farb"-fernsehens.
Wenn Sie heute in den alten Magzinen googeln wie zum Beispiel im Spiegel oder der Funkschau oder den VDE- oder VDI- Nachrichten, auch in den Fernsehtechnischen Mitteilungen oder der damaligen FKT Zeitschrift, die Texte sind alle so verdammt ähnlich mit den Presseinfos von Telefunken, teilweise sogar wortgleich. Es ist seltsam, auch heute noch werden zum Beispiel "dpa" Meldungen unredigiert bzw. unrecherchiert (also nicht mal probegelesen) in fast allen kleineren Tageszeitungen (und Blättchen) mit den gleichen Rechtschreibfehlern und ohne die fehlenden Kommata einfach nur noch abgepinselt.
Einseitige Lobeshymnen auch hier . . .
Ein weiteres Beispiel ist der von den Kommunisten erst in der SBZ, dann in der (sogenannten) DDR, also unserem Ossiland, einvernahmte Manfred von Ardenne. Auch hier ranken sich Legenden und Glorie um einen Namen, der in einer von den Medien oder vom Volk völlig unkontrollierten heilen Scheinwelt gewerkelt hatte.
Mir jedenfalls sind bisher nur Bücher und Publikationen bekannt, die entweder von ihm selbst geschrieben wurden und/oder Bücher und Zeitschriften, die in Verlagen der (SED) Partei herausgegeben wurden. Genauso wie ich die Schriften der Fernseh AG, von Telefunken und der AEG von 1933 bis 1945 nicht als wahr, sondern als eher extrem propagandistisch verfärbt annehmen kann, so gilt dies auch auch für diese Art der Ossi-Publikationen.
Bisher habe ich fast jeden promovierten oder habilitierten Gesprächspartner gefragt, ob er Bücher oder Dokumentationen über Ardenne habe oder kenne, die nicht von demselben selbst geschrieben wurden. Und Bücher vom "Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik" in ehemaligen Ostberlin sind für mich in keiner Weise akzeptabel. Auch da bin ich für jede Anregung dankbar.
Und so schreibe ich jetzt korrekt "Iconoscope" und "Orthicon" und "Vidocon", die englischen Produktnamen der Entwickler.
Es ist also wirklich kein Beweis, daß in den Fese Prospekten und Publikationen von 1950 und später etwas von "Ikonoskop" und "Orthikon" steht. Denn geschrieben hatten das ja die (wieder zusammen gerufenen) Fese Mannen von vor dem Krieg.
Laut der (damals jungen und heute) inzwischen sehr alten Zeitzeugen waren es die damals ebenfalls bereits recht alten (reichsdeutschen) Fernsehpioniere, die ihre Glanzzeiten in der NS-Zeit hatten.
Und natürlich haben die ihren alten Sprachgebrauch nicht über Nacht abgelegt. Von unseren Millionen von Lehrern konnte man das ja nach dem Krieg auch nicht (über Nacht) verlangen.
Eine Anzeige aus April 2010
Legenden sind einfach Legenden. Hier sehen Sie eine ganz frische Anzeige der ehemaligen Rheinland Pfälzischen Landesbank, die in der LBBW aufgegangen war.
Text unter einem Bild eines frühen Farbfernsehers:
PAL Farbfernseher - Erfinder Prof. Dr. Walter Bruch
Deutschland, an der Weinstraße, 1962
Unten im Text steht dann:
Mit dem PAL-Verfahren konnte im Fernsehen erstmals die ganze Farbpalette realistisch dargestellt werden usw. usw.
Wo bleibt da die Wahrheit ?
Anmerkung der Redaktion:
Dem (zu) jungen oder auch dem älteren nicht so informierten Leser wird hier doch suggeriert: Ein (oder der) Walter Bruch hat den PAL Farbfernseher erfunden. Und weiter unten steht sinngemäß: Ohne PAL hätte es kein richtiges Farbfernsehen gegeben. Das ist natürlich völliger Unsinn, aber hier steht es so. Und daß die beiden honorigen Titel (nur?) ehrenhalber (also hc.) vergeben wurden, wird auch einfach unter den Tisch gekehrt.
Doch nach so vielen Jahren ist es jetzt an der Zeit, sich der Geschichte zu stellen . . .
. . . . und zumindest in den veränderbaren elektronischen Medien zu den korrekten Wahrheiten zurück zu kehren. Und dazu möchte ich hier meinen Beitrag leisten.
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Kritik und Anmerkungen sind erwünscht, hier ist ein Formular dafür. Sie können das anonym machen oder auch eine Kontakt Adresse oder Telefonnummer hinterlassen, wie es Ihnen recht ist.
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Über den NS-Sprachgebrauch in technischen Publikationen
Über den Sprachgebrauch in technischen Publikationen bzw. das Schriftgut in der NS-Zeit von 1933 bis 1945 (aus dieser Zeit kommen ja einige der Ikonen und Einiges des Glorienscheins) steht etwas mehr hier auf dieser Seite. Sprachgebrauch