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Vorwort zu einem 1983er Heftchen "Berliner Forum 3/83 - BERLIN"

Die nachfolgende Fernseh-Broschüre aus 1983, eine extrem "schön-verfärbte" Laudatio auf das 100 Jahre alte Fernsehen, ist von ganz vielen Mythen, Unwahrheiten und aufgehübschten Legenden durchwoben.

Vielleicht wußte es der Autor Wilhelm Keller nicht besser oder er war von einem Sponsor - war es das Telefunken Marketin in Berlin - dazu angehalten, ganz bewußt nur die positiven Seiten der Mythen und Geschichten und des Mediums Fernsehens darzustellen.


Was auf jeden Fall angemerkt und bedacht werden muß, ist, daß die NS-Zeit von 1933 bis 1945 in diesem Artikel ganz gepflegt übergangen (oder verschwiegen oder verdrängt) wird bzw. gar nicht vorkommt. Sowohl der NS-Reichs-Sendeleiter Hadamowsky wie auch NS-Reichs-Propagandaminister Josef Goebbels übten in den 12 Jahren gewaltigen Druck auf alle Medien und insbesondere die Beteiligten aus.

Auch die Erwähnung des späteren Mr. PAL Walter Bruch in allen Bereichen vor 1959 entspricht nicht den tatsächlichen Gegebenheiten und ist dem geschickt lancierten Telefunken Pressematerial von 1965 entnommen und auch hier kommentarlos und kritiklos wiedergegeben. - Der Name Walter Bruch kommt in den hunderten von seriösen historischen Seiten von Oberpostrat Dipl.-Ing. Gerhart Goebel und auch in den Fach-Büchern von dem damaligen Telefunken Fernseh-Chef Dr. Fritz Schröter überhaupt nicht vor. Das mit der angeblichen Bruchschen Fernsehkanone und einem jungen Walter Bruch als erster Fernseh-Kameramann ist sehr zweifelhaft - auf auch im Jahr 2025 nicht belegbaren Telefunken Werbe-Informationen aufgebaut. Telefunken ist schon lange Pleite und deren Archive sind irgendwo untergegangen.

Diese Broschüre muß man mit Bedacht lesen. Zu viel stimmt nicht.

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Berliner Forum 3/83 - BERLIN

"100 Jahre Fernsehen"
Ein Patent aus Berlin erobert die Welt

von Wilhelm Keller in 1983
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Inhalt :

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  • 3 100 Jahre Fernsehen
  • 3 Das erste Fernsehpatent der Welt
  • 11 Der Mann, der zu früh kam
  • 12 Wie der Bildschirm entstand
  • 18 Erste „Große Deutsche Funk-Ausstellung" in Berlin
  • 20 Der Fernsehstart
  • 26 Fernsehen am Scheideweg
  • 29 Der erste Programmdienst der Welt
  • 31 Fernsehsender Paul Nipkow
  • 33 Berlin 1936 - Olympia mit Fernseh„kanone"
  • 37 Der Siegeszug der Elektronik
  • 39 Weltweiter Durchbruch
  • 44 Ausbau des Sendernetzes
  • 48 Aufbruch aus den Trümmern
  • 52 Bilanz des Jahres 1951
  • 54 Proteste gegen das Fernsehen
  • 56 Der Programmstart
  • 59 Berlin war wieder dabei
  • 61 Fernsehen auf zwei Kanälen
  • 62 PAL - die Jahrhundert-Idee
  • 64 Als die Bilder farbig wurden ...
  • 66 Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus . . .
  • 69 Quellenhinweise
  • 70 Über den Autor

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Das erste Fernsehpatent der Welt

„Es wird mir immer ein Rätsel bleiben, wie jemand das Fernsehen erfinden konnte, obwohl es doch damals gar kein Programm gab" - mit dieser Feststellung brachte „Was bin ich"- Moderator Robert Lembke in den 19siebziger Jahren seine Zuschauer zum Lachen.

Zum Lachen aber war dem Erfinder seinerzeit ganz und gar nicht zumute, denn alle Bemühungen, seine Erfindung industriell auswerten zu lassen, blieben erfolglos. Die weltbewegende Idee des Fernsehens bewegte kaum jemanden, am wenigsten irgendwelche Firmen. Rückblickend betrachtet - ein erstaunliches Phänomen.

Denn was der junge Berliner Student der Naturwissenschaften, Paul Nipkow, zwischen seinem 23. Geburtstag am 22. August 1883 und Heiligabend des gleichen Jahres ausgebrütet hatte, war ein geradezu geniales, technisches Meisterwerk, das bereits alle Merkmale eines wirklichen Fernsehgerätes trug.

Es handelte sich um den ersten mechanischen Bildfeldzerleger der Welt, bestehend aus lichtempfindlichen Selenzellen und einer Scheibe mit spiralenförmig angeordneten Löchern, die die punktförmige Zerlegung und Zusammensetzung eines Bildes ermöglichten. Paul Nipkow nannte seine Erfindung „Elektrisches Teleskop" und meldete sie zum Patent an. Es ist das erste Fernsehpatent der Welt.

Nur wenige Jahre nach der Erfindung wurde es zum Ausgangspunkt der internationalen Fernsehentwicklung. Paul Nipkow jedoch erntete zunächst höchstens Achtungserfolge aus Kollegenkreisen.
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Wie es begann ....

Es begann am Abend des 22. August 1883 in einem Berliner Hinterhaus im Nordwesten der Stadt. Hier, in der Philippstraße 13a - drei Treppen hoch -, feierte Paul Nipkow seinen 23. Geburtstag. Allein auf seiner Studentenbude. Im Schein seiner Kerze las Nipkow die Geburtstagsgrüße von seiner Familie aus Lauenburg und seiner Berliner Freundin und Studienkollegin Sophie Colonius, die zur Zeit ihre Eltern in Hannover besuchte.

Zwischen Heimweh und Liebeskummer starrte er in die Kerze, kniff die Augen etwas zusammen und bewunderte das „Flirren" des Lichts, Punkte, Pünktchen - lauter kleine und kleinste Lichtteilchen, die ihm entgegenschimmerten.

Nipkow sprang auf: „Das ist die Lösung! Licht läßt sich durch ,Augenblicke' zerlegen und wieder zusammensetzen!" Hastig kramte er Papier, Bleistift, Zirkel und Schere hervor.

Die Zeichnung einer kreisrunden Scheibe mit einer leicht gebogenen Spirale mit kleinen, rechteckigen Schlitzen in gleichmäßigen Abständen entstand. Drehte man diese Scheibe vor einem Gegenstand, war jeder Teil des Gegenstandes einmal durch eine der Öffnungen zu sehen: das Gesamtbild wurde in einzelne Punkte zerlegt, wenn sich die Scheibe drehte - und auch wieder zusammengesetzt. Wenn es möglich war, ein Bild so zu zerlegen und wieder zusammenzusetzen, mußte es auch möglich sein, die einzelnen Punkte auf elektrischem Wege in die Ferne zu übertragen und sie dort wieder in der gleichen Anordnung zusammenzusetzen.

Aus der PATENTSCHRIFT

PAUL NIPKOW in BERLIN. Elektrisches Teleskop.

"Patentirt im Deutschen Reiche vom 6. Januar 1884 ab."

Der hier zu beschreibende Apparat hat den Zweck, ein am Orte A befindliches Object an einem beliebigen anderen Orte B sichtbar zu machen; derselbe wird durch die beiliegenden Zeichnungen des Naheren dargestellt.

In Fig. 1 ist T eine leichte Scheibe, welche durch ein Uhrwerk schnell, aber gleichmäfsig um ihre Achse gedreht werden kann. Dl D2 2)3 . . . sind durch die Scheibe gebohrte, auf einer Spirale in gleichmäfsigen Abständen verteilte Oeffnungen.

In Fig. 2 zeigt die Scheibe T im Querschnitt; D ist eine der erwähnten Oeffnungen mit der durchlaufenden polarisirten Lichtstrahles unter dem Einflufs eines die Spirale durchstreichenden elektrischen Stromes zu drehen, z. B. ein Cy-linder aus Faraday'schem schweren Glase oder eine mit Schwefelkohlenstoff gefüllte, beiderseits durch ebene Glasplatten geschlossene Röhre. P ist eine Lichtquelle, Q. eine convexe Linse, R und 5 sind Nicol'sche Prismen, TY ist eine zweite Scheibe, welche der beschriebenen durchaus gleicht, auch ebenso schnell gedreht wird wie T. Das Rohr U endlich ist dem Apparatsatz Q_R O S gerade gegenüber auf der anderen Seite der Scheibe T{ angebracht; es hat ........

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In den folgenden Wochen und Monaten brütete Nipkow statt über seinen Schulbüchern über praktischen und theoretischen Versuchen mit seiner Lochscheibe. Genau am Heiligabend des Jahres 1883 war die Patentschrift seines „Elektrischen Teleskops" fertiggestellt.

Gleich in den ersten Tagen des neuen Jahres, am 5. Januar 1884, wurde das Patent eingetragen und erhielt die Nr. 30105 Klasse 21: Elektrische Apparate. Patentiert im Deutschen Reich vom 6. Januar 1884 an.

Doch alle Versuche, das Patent industriell auswerten zu lassen, schlugen fehl. Den vorläufig letzten Versuch, seine Idee durchzusetzen, dokumentiert ein Nipkow-Artikel in der „Elektrotechnischen Zeitschrift" vom Oktober 1885 unter dem Titel „Der Telephotograph und das elektrische Teleskop".

In dem Bericht wurde die Entwicklung eines „elektrischen Fernsichtapparates" beschrieben. Er fand zwar im In- und Ausland große Beachtung, doch mehr als ein Achtungserfolg war es nicht. Aus Geldmangel gab Paul Nipkow sein Studium auf und meldete sich als Einjährig-Freiwilliger bei der Eisenbahn-Signalbau AG. Nun mit festem Einkommen stand der geplanten Familiengründung nichts mehr im Wege. Noch im gleichen Jahr heiratete er Sophie Colonius. In der Lindenstraße bezog das junge Paar die erste gemeinsame Wohnung.

Das Erfinden betrieb Nipkow inzwischen auch auf beruflicher Basis. Für die Eisenbahn entwickelte er Sicherheitseinrichtungen, die ihm schon ein Jahr später zu einem Posten als Ingenieur bei Zimmermann und Buchloe, einer Tochtergesellschaft der Berliner Borsig-Werke, verhalfen.

Nipkow privat

Bei Durchsicht von Paul Nipkows Schrifttum sagte jemand: „Sein ungeheurer Ideenreichtum erinnert fast an einen Leonardo da Vinci." In der Tat bescheinigen die schriftlich erhaltenen Unterlagen Nipkows ebenso ungewöhnliche Vielseitigkeit wie technische Weitsicht. Doch seine Ideen setzten sich erst Jahrzehnte später durch.
Privat befaßte er sich unentwegt mit der Weiterentwicklung seines Teleskops, vor allem mit der Lösung von Verstärker-Problemen. Und gelegentlich bot er seine Idee neu entstandenen Fabriken an. Doch nachdem auch diese Bemühungen ergebnislos verliefen, ließ Nipkow den Patentschutz Mitte 1886 verfallen.

Hier ließ ihn seine sonstige Weitsicht im Stich, denn nur zwei Jahre später wurde die Nipkow-Scheibe zur Basis der Fernsehentwicklung in aller Welt.
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Heinrich Hertz

Ausgangspunkt für dieses plötzliche Interesse war die Berliner Akademie der Wissenschaften. Vor einem illustren Zuhörerkreis bewies der Hamburger Physiker Heinrich Hertz die Voraussagen der MaxwelIschen elektromagnetischen Lichttheorie durch seine Untersuchungen über die Ausbreitung von elektromagnetischen Wellen. Er nannte sie „Strahlen elektrischer Kraft".

Die nach ihm benannten „Hertzschen Wellen" bildeten die Grundlage der Funktechnik bzw. der drahtlosen Übertragung. Damit gewann die Idee des Fernsehens ganz neue Dimensionen: drahtlose Bildübertragung wurde zum magischen Begriff.

Auf der Basis der Nipkowscheibe experimentierten Wissenschaftler vieler Nationen mit „Bildabtastern", „Bildschreibern" und elektrischen Fernseh-Systemen. Einige davon waren auf dem besten Wege zu brauchbaren Lösungen, aber alle scheiterten am bis dahin ungelösten Problem der Verstärkung bzw. an der Trägheit der Selenzellen.

Diese lichtelektrischen Fotozellen zur Umwandlung von Lichtschwankungen in Stromschwankungen folgen den eingestrahlten Lichtschwankungen zwar trägheitslos, sind aber so gering, daß sie verstärkt werden müssen. Das Problem war klar, die Lösung jedoch alles andere als das.

Schließlich war die Energie - Elektrizität - so neu und die Erfahrungen damit so gering, daß zwischen Theorie und Praxis noch weite Lücken klafften.

Elektrizität, diese unheimliche Kraft, die irgendwo „aus der Luft gegriffen" schien und plötzlich die Nacht erhellen, Maschinen bewegen und Töne von Ort zu Ort transportieren konnte, war ein ebenso phantastisches wie faszinierendes Phänomen, das die Techniker der damaligen Zeit vor ungeheure Herausforderungen stellte.
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Der Mann, der zu früh kam

Paul Nipkow, „der Mann, der zu früh kam", wie es später häufig zu lesen war, widmete sich damals hauptsächlich seinem Beruf, seiner Familie und - wieder einmal - uralten Menschheitsträumen: er entwickelte Gleitflugzeuge, befaßte sich mit dem Schwingenflug, erfand - nach dem Prinzip des Insektenfluges - ein Drehflügel-Flugzeug.

Nach eben diesem Prinzip konstruierte - knapp 40 Jahre später - der russisch-amerikanische Flugzeugingenieur Sikorsky in den USA den Hubschrauber.

nmerkung : Auch das ist historisch falsch, den die Pioniering Hanna Reitsch fliegt den Hubschrauber PW 61 bereits 1938 in der Deutschlandhalle eine halbe Runde.

Link auf http://www.fernsehmuseum.info/3015.html

1898 wurden Nipkow zwei Deutsche Reichspatente für Flugantriebe zuerkannt: DRP 112 506 und DRP 116287. Doch dem genialen, aber glücklosen Erfinder blieben die Türen der Hersteller weiterhin verschlossen.
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Private Erfolge

Erfolge kennzeichneten allerdings seinen beruflichen Weg. In Anerkennung seiner Verdienste um die Belange seiner Firma wurde er zum Oberingenieur befördert. Inzwischen war die Familie Nipkow auf stolze acht Köpfe angewachsen: drei Söhne und drei Töchter bevölkerten die neue, große Sechszimmerwohnung in der Pankower Parkstraße.

Das Geld wurde knapp und Nipkow erinnerte sich nützlicherer Fähigkeiten für zusätzlichen Gelderwerb: als begabter Musiker spielte er immer häufiger als Gastpianist und Cellist bei den Berliner Philharmonikern.

Das Erfinden sah er inzwischen als kostspielige - aber brotlose - Kunst. Wenngleich ihn seine Ideen auch weiterhin bewegten, versuchte er vorerst nicht mehr, sie zu verwirklichen.

Erkenntnis

„Nur ganz wenige Patente leiten eine neue Technik ein, solche Grundlagenpatente sind nie das Werk von mehreren Erfindern, ihre schöpferische Idee ist immer das Geschenk einer Einzelpersönlichkeit an die Menschheit" - kein geringerer als Professor Walter Bruch, der Erfinder des PAL-Farbfernseh-Systems, eine der ganz großen Erfinder-Persönlichkeiten unseres Jahrhunderts, schrieb diese Worte in seinem Beitrag „Ein Erfinder über das Erfinden" 1977 für die Festschrift „100 Jahre Patentschutz in Deutschland".

  • Anmerkung : Auch hier wurde der Telefunken Wortlaut der letzen 30 Jahre kritiklos übernommen.
  • und das ist leider Unusinn : "Professor Walter Bruch, der Erfinder des PAL-Farbfernseh-Systems".


Wer die Geschichte des technischen Zeitalters zurückverfolgt, wird jedes Wort dieser Feststellung unterschreiben. Und sie trifft auch auf Paul Nipkow zu. Alle Techniker, die sich mit Nipkows Erfindung ernsthaft auseinandergesetzt haben, gelangten übereinstimmend zu der gleichen Meinung, daß die in seiner Patentschrift Nr. 30105 niedergelegten Grundlagen mit Abstand die vollkommenste und genialste Lösung des Fernsehproblems darstellten. Letztlich basierte hierauf auch die elektronische Version der Fernsehentwicklung in wesentlichen Punkten.
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Wie der Bildschirm entstand - Professor Braun

Es war im Mai des Jahres 1897 in Straßburg. Dem Fuldaer Physik-Professor Ferdinand Braun (Anmerkung: Das war übrigens ein echter Professor) gelang die Erfindung der „trägheitslosen Kathodenstrahl- Oszillographen-Röhre", die schnelle, elektromagnetische Schwingungen sichtbar machte und speziell zum Studium von Wechselströmen geschaffen wurde.

Für seine Erfindung erhielt Professor Braun zwölf Jahre später - zusammen mit Guglielmo Marconi - den Nobelpreis für Physik. Allerdings konnte er damals kaum ahnen, daß er mit seiner Röhre den ersten Fernseh-Bildschirm der Welt erfunden hatte.

Otto von Bronk

Das sollte sich erst knapp zehn Jahre später herausstellen. Die Fernsehentwicklung ging weiter. Zur Überwindung des Trägheitsproblems der Selenzellen schlug der aus Danzig stammende Berliner Hochfrequenztechniker und spätere Telefunken-Mitarbeiter Otto von Bronk um die Jahrhundertwende ein bemerkenswertes System vor: die „telegraphonische" bzw. magnetische Bildspeicherung, um die Bilder zu jeder beliebigen Zeit reproduzieren oder übertragen zu können.

Drei Jahrzehnte später fand diese Idee endlich auch praktische Anwendung. Wie weit auch Otto von Bronk seiner Zeit voraus war — oder die Technik seinen Ideen hinterherhinkte - kennzeichnet ein weiteres seiner mehr als hundert Patente aus dem Jahre 1902: das erste Farbfernsehpatent der Welt! Es trägt die DRP-Nr. 155 528 und beschreibt „Verfahren und Vorrichtung zum Fernsichtbarmachen von Bildern und Gegenständen unter vorübergehender Auflösung der Bilder in parallelen Punktreihen".

Nach diesem Prinzip wurde fünf Jahrzehnte später das NTSC-Farbfernseh-Verfahren in den USA entwickelt. Bereits hier trennten sich langsam die Wege der Fernsehentwicklung in mechanische und in elektronische Übertragungslösungen.
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Professor Arthur Wehnelt

Den nächsten Schritt in die Zukunft des elektronischen Fernsehens bereitete der ehemalige Berliner Student und spätere Physik-Professor Arthur Wehnelt vor. Zur Verbesserung der Braunschen Röhre entwickelte er eine Glühkathode, den sogenannten Wehnelt-Zylinder.

Max Dieckmann

Ohne die fokussierende Wirkung dieses Zylinders wäre die heutige Fernseh- und Röntgentechnik überhaupt nicht denkbar. 1906 umging der damalige Assistent von Professor Braun, Max Dieckmann, das leidige Verstärkerproblem.

Er ersetzte die Abtastöffnung einer Nipkow-Scheibe durch spiralen-förmig angeordnete Kontaktbürsten und tastete damit die aus Metall bestehenden Vorlagen galvanisch ab. Als Bildempfänger „mißbrauchte" Dieckmann die von seinem Lehrer geschaffene Röhre und übertrug - typisch für einen Münchner - einen Maßkrug. Auf dem Bildschirm erschien ein dreimal drei Zentimeter kleines Schattenbild. Durch den Kunstgriff der galvanischen Abtastung gelang es Dieckmann, mechanisch-elektrisch-elektronisches Fernsehen zu demonstrieren.

Robert von Lieben

Im gleichen Jahr erhielt der Österreicher Robert von Lieben das DRP 179 807 auf ein trägheitslos arbeitendes „Kathodenstrahl-Relais" - ein sehr wichtiger Beitrag zur ersten Verstärkerröhre. Sie wurde in den folgenden Jahren entscheidend verbessert und von 1912 an schließlich in Serie gefertigt.

Alexander Meißner

1913, kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, fand von Liebens Kollege und Telefunken-Mitarbeiter Alexander Meißner in Berlin den „Schlüssel" zur Entwicklung leistungsfähiger Röhrensender. Für die „Rückkopplung zur Erzeugung von Schwingungen" erhielt Meißner das DRP 261 604.

Denes von Mihäly

Erst nach Ende des Ersten Weltkriegs wurde die Weiterentwicklung des Fernsehens in Deutschland wieder aufgenommen. 1923 erhielt der Wahl-Berliner und gebürtige Ungar Denes von Mihäly das DRP 422 995 für sein weiterentwickeltes Bildabtast-System mit Zeilenablenkung, bei dem jeder Punkt eines Bildes zehnmal pro Sekunde von einer Selenzelle abgetastet wurde.

Vladimir Zworykin

Etwa um die gleiche Zeit erfand in Amerika der aus Rußland emigrierte Physiker Vladimir Zworykin sein „Iconoscope" und meldete es (Anmerkung : in USA) zum Patent an. Er sprach bereits vom „elektronischen Fernsehen"; seine Erfindung konnte fünf Jahre später praktisch genutzt werden.

Hans Karl August Bredow

Ebenfalls 1923 gründete der Berliner Staatssekretär Hans Karl August Bredow gemeinsam mit privaten Rundfunkgesellschaften die erste „Deutsche Rundfunkorganisation". Der „Vater des Rundfunks" appellierte an die Techniker, „neben dem Klang nun auch das lebende Bild durch Rundfunk zu übertragen".

August Karolus

Ausschlaggebend für diesen Appell war die eindrucksvolle Fernsehdemonstration von 48 Zeilen bei zehn Bildwechseln des Physikers August Karolus, dem das Fernsehen zahlreiche richtungweisende Entwicklungen und Erfindungen verdankt. Karolus benutzte einen Diapositiv-Geber mit Nipkow-Scheibe und einen aus Kohlebogenlampe, Kerrzelle und Nipkow-Scheibe bestehenden Bildschreiber. Zur Umwandlung elektrischer Spannungsschwankungen in Lichtschwankungen diente hier die Kerrzelle. Übertragen wurden Diapositive. Für sein Verfahren erhielt Karolus das DRP 417 720.

Max Dieckmann brachte 1924 „Bewegung ins Bild". Er erhielt das DRP 420 567 und demonstrierte die Übertragung einfacher, bewegter Schattenbilder mit 50 Zeilen.
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Erste „Große Deutsche Funk-Austeilung" in Berlin

In Anwesenheit von Reichspräsident Friedrich Ebert wurde am 4. Dezember 1924 in der Reichshauptstadt Berlin die erste „Große Deutsche Funk-Ausstellung" eröffnet. 268 Firmen stellten zehn Tage lang ihre Geräte aus. Knapp 115.000 Besucher kamen und sahen das Neueste.

Und plötzlich tauchte auch ein Name wieder auf, der einerseits vergessen schien, zum anderen längst Weltgeltung hatte: Paul Nipkow. Der inzwischen 64jährige pensionierte Oberingenieur „half" seiner Ursprungsidee weiter mit einer neuen Erfindung „zur Erzielung des Synchronismus bei Apparaten zur elektrischen Bildübertragung".

Damit hatte er die bis dahin beste Lösung des Gleichlaufproblems gefunden: alle Sender und Empfänger konnten an ein und dasselbe Wechselstrom- Verteilungsnetz angeschlossen werden (DRP 498 415).

Ein Zusatzpatent erhielt Paul Nipkow 1927 „für den Anschluß an Lichtnetze mit verschiedenen Frequenzen" (DRP 52 675). Als Pensionär verfolgte er die weiteren Entwicklungen „seines" Fernsehens mit lebhaftem Interesse. Sein Name wurde nun nicht mehr lediglich mit der Nipkow-Scheibe in Verbindung gebracht, sondern mit dem Fernsehen ganz allgemein.
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Professor Abraham Esau

Professor Abraham Esau gelang es, zusammen mit seinen Mitarbeitern bei Telefunken in Berlin, den ersten 100-Watt-Sender von 100 MHz betriebsbereit zu machen. Am 3. September 1926 - am Eröffnungstag der 3. Großen Deutschen Funkausstellung in Berlin - wurde das neue 126 Meter hohe Wahrzeichen der Stadt eingeweiht: der Berliner Funkturm an der Masurenallee.

John Logie Baird, Freek Kerkhof, Philo T. Farnsworth

Zu diesem Zeitpunkt machte die Fernseh-Entwicklung auch in anderen Ländern riesige Fortschritte. John Logie Baird, ein schottischer Physiker, übertrug erstmalig ein menschliches Gesicht im Fernsehen; im holländischen Eindhoven machte der Ingenieur Freek Kerkhof erste Fernsehversuche; in den USA ließ sich der junge Amerikaner Philo T. Farnsworth einen Bildsondenabtaster patentieren, den er bereits als 15-jähriger Schüler erfunden hatte; ein weiteres Patent erhielt er wenig später für die Bildsondenröhre; John Logie Baird übertrug 30zeilige Fernsehbilder 640 Kilometer weit über eine Telefonleitung von Glasgow nach London; in Amerika wurde die Firma CBS - Columbia Broadcasting Systems - gegründet.

Der Fernsehstart im August 1928

Gespannt wartete man auf die Eröffnung der 5. Großen Deutschen Funkaustellung. Mit großem Aufwand war die Weltpremiere des Fernsehens propagiert worden. Entsprechend groß war auch die Erwartung des Publikums. Am 31. August 1928 war es dann soweit: als erste Fernmeldebehörde der Welt gab das Reichspostzentralamt den Start frei für das neue Medium Fernsehen. Und Nipkows Lochscheibe lieferte die Grundlage für die vorgestellten Systeme: „Telehor" von Denes von Mihäly und „Telefunken" von Professor August Karolus.

Während Mihälys System noch mit briefmarkenkleiner Bildgröße von vier mal vier Zentimetern bei 30 Zeilen und 900 Bildpunkten aufwartete, präsentierte Karolus bereits eine Bildgröße von acht mal zehn Zentimetern und 96 Zeilen.

In endlosen Reihen drängten sich die Leute, um die Sensation dieser Funkausstellung sehen zu können. Presse und Publikum zeigten sich begeistert - im Gegensatz zu Paul Nipkow, der enttäuscht die Halle verließ.

Gerhart Goebels Artikel

Gerhart Goebels Artikel „Der Fernsehstart in Deutschland" (Funkschau 1978, Heft 19) beschreibt das so:

„Eines Tages sah man unter den Besuchern der Reichspost-Sonderschau auch einen unscheinbaren, grauhaarigen Mann mit buschigem Schnurrbart, mittelgroß, untersetzt. Er erzählte später: ,Das war 1928 gelegentlich der Funkausstellung. Man hatte in den Zeitungen mit großer Reklame das Fernsehen angekündigt, und da war ich doch neugierig, was man wohl zeigen würde ...

Die Fernseher befanden sich in dunklen Zellen, und davor standen Hunderte und warteten geduldig auf den Augenblick, in dem sie erstmalig fernsehen sollten. Unter diesen wartete auch ich und wurde immer nervöser: was ich 45 Jahre zuvor erdacht hatte, sollte ich nun erstmalig wirklich sehen. Endlich war ich an der Reihe und trat ein - ein dunkles Tuch wird zur Seite geschoben, und nun sehe ich vor mir eine flimmernde Lichtfläche, auf der sich etwas bewegte. Es war aber nicht gut zu erkennen.' Und auf die Frage, ob jene ersten Fernsehbilder nicht seinen Beifall gefunden hätten, antwortete er: ,Nein! Ich habe nur den Kopf geschüttelt. Das sollte mein Fernseher sein? Die Vorführung von Telefunken bekam ich leider gar nicht zu sehen . ..'!"

Aber schließlich war dies nur der Anfang. Bescheiden zwar, aber immerhin ein geglückter Start, auf dem sich aufbauen ließ.

Fortschritte

Die Aktivitäten der Folgezeit brachten dann auch schnelle, erstaunliche Fortschritte:
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  • O Am 8. M ärz 1929 erfolgt die erste drahtlose Fernseh-Rundfunksendung, und die erste „Gegenseh- bzw. Fern-seh-Sprechanlage" wird ihrer Bestimmung übergeben.
  • O Die erste Deutsche Fernseh-Norm wird eingeführt:30 Zeilen - oder 1200 Bildpunkte - bei 12,5 Bildwechseln in der Sekunde.
  • O Denes von Mihäly stellt in Berlin die erste Fernsehkamera der Welt vor.
  • O Das Berliner Reichspostzentralamt präsentiert den ersten Tageslichtsender.
  • O Auf der 6. Großen Deutschen Funkausstellung 1929 in Berlin werden bereits vier verschiedene Fernsehsysteme vorgestellt.
  • O Die „Fernseh-A.G." wird in Berlin gegründet, um „Schutzrechte auf dem Gebiet des Fernsehens zu erwerben und zu verwerten und Fernsehgeräte aller Art herzustellen und zu vertreiben".
  • O Über den Berliner Sender Witzleben werden im Laufe des Jahres 1929 zahlreiche Fernsehversuchssendungen ausgestrahlt.
  • O 1930 eröffnet der Physiker und Nobelpreisträger Albert Einstein die 7. Große Deutsche Funkausstellung und Phono-schau unter dem Funkturm.
  • O In der Berliner Scala führt John Logie Baird - auf Einladung von Dr. Hans Bredow - eine Großprojektion (0,60 mal 1,80 Meter) bei 30 Zeilen vor. Dazu verwendet er insgesamt 21 000 Glühlampen.
  • O Erste vollständige Fernsehgeräte mit Nipkow-Scheibe oder Spiegelrad und eingebautem Empfänger kommen auf den Markt.
  • O Mit Hilfe eines Baukastens können sich geschickte Bastler einen eigenen Bildschreiber zusammensetzen.
  • O Vom Turm des Carlton-Hotels in Eindhoven, Holland, werden die ersten Fernsehbilder mit Philips-Apparaturen ausgestrahlt.
  • O In New York eröffnet die NBC (National Broadcasting Company) einen ersten Fernsehversuchssender,

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Fernsehen am Scheideweg - Manfred von Ardenne

Seinen „Einstand" in die elektronische Zukunft gab der geniale 23jährige Physiker Manfred von Ardenne vor der Technischen Hochschule Berlin am 21. Januar 1930. In einem vieldiskutierten Vortrag über „Elektronisches Fernsehen" empfahl er den Einsatz der Braunschen Röhre als Bildschreiber.

Bis zu diesem Augenblick basierte die Entwicklung funktionstüchtiger Sender und Empfänger ausschließlich auf mechanischer Grundlage nach Nipkows Patent. Noch vor dem Jahresende - am 14. Dezember 1930 - demonstrierte Manfred von Ardenne zum ersten mal vollelektronisches Fernsehen mit einem Raster von 100 Zeilen bei 20 Bildwechseln pro Sekunde. Nur zehn Tage später - am Heiligabend, auf den Tag genau 47 Jahre nach Fertigstellung der Nipkowschen Patentschrift - gelang ihm die Übertragung von Bildern und Filmen mit Elektronenstrahlröhren auf Sender- und Empfangsseite.

Gemeinsam mit der Radio AG D. S. Loewe entwickelte von Ardenne den ersten vollelektronischen Fernsehempfänger mit Braunscher Röhre. Der „Kampf der Systeme" war damit eingeleitet. Zunächst jedoch behielten die vorherrschenden mechanischen Geräte die Oberhand.

1930 - Dr. Fritz Schröter

Die zweite Sensation des Jahres 1930 verbirgt sich hinter dem DRP-Nr. 574 805. Es beschreibt ein „Verfahren zur Abtastung von Fernsehbildern".

Was sich hier so harmlos darstellte, verhilft auch heute noch zu flimmerfreier Bildwiedergabe und zählt zu den elementarsten Grundlagenentwicklungen des Fernsehens. Das Verfahren ermöglichte es, nur jede zweite Zeile zu übertragen. Dadurch wurde das Flimmern des Bildes weitgehend unterdrückt und die Bildwechselzahl auf 50 verdoppelt - jedenfalls optisch.

Diese Erfindung des Telefunken-Mitarbeiters Dr. Fritz Schröter wurde wenig später als „Zeilensprungverfahren" bekannt und war aus dem weiteren Fernsehgeschehen nicht mehr wegzudenken.

In Berlin wurden erste Versuchssendungen auf Ultrakurzwellen ausgestrahlt. Mit einem auf dem Turm des Reichspostzentralamtes stehenden Sender wurden Reichweiten von sieben bis zehn Kilometern erzielt. In rascher Folge wurde in den nächsten Jahren die Zeilenzahl gesteigert. Je höher die Auflösung, desto besser wurde das Bild.

Die "neue deutsche" Fernseh-Norm

Zunächst bestimmte die Deutsche Reichspost die neue deutsche Fernseh-Norm: 90 Zeilen bei 25 Bildwechseln. Vergleiche zwischen den mechanischen Bildabtastern und der Braunschen Röhre hatten ergeben, daß die Bildqualität, die Bildschärfe bei den mit Nipkow-Scheiben arbeitenden Geräten wesentlich besser war.

So stellten auf der Funk-Ausstellung im Herbst Berlin 1933 noch nahezu alle Firmen mechanische Bildabtaster vor - allerdings bereits mit 180 Zeilen bei 25 Bildwechseln pro Sekunde. Zu diesem Zeitpunkt feierte die Nipkow-Scheibe ihr 50jähriges Bestehen - einige Zeit später dann allerdings auch ihren endgültigen Abschied.

Der erste Programmdienst der Welt

Nach Festlegung der neuen Fernseh-Norm auf 180 Zeilen bei 25 Bildwechseln ließ die Deutsche Reichspost einen zweiten UKW-Bildsender neben dem Berliner Funkturm errichten. Zu Beginn der Funk-Ausstellung 1934 wurde von hier aus das neue 180-Zeilen-Bild ausgestrahlt.

Für die Programmansage wurde 1934 vom Reichspostzentralamt die junge Schauspielerin Ursula Patzschke eingestellt. In Ermangelung einer geeigneten Berufsbezeichnung ernannte man sie schließlich zur „Postfacharbeiterin". Zur Ausübung ihres Berufsbildes gehörte dann auch Handarbeit: in den Sendepausen mußte sie Filme schneiden und kleben.

Am 22. März 1935 eröffnete der seit 1933 amtierende Reichssendeleiter Eugen Hadamowsky den „ersten regulären Fernseh-Programmdienst der Welt" in Berlin.

Fernsehsender Paul Nipkow

Die Einführung des regulären Programmdienstes war für Paul Nipkow, der inzwischen allenthalben als „Vater des Fernsehens" bezeichnet (Anmerkung : vom Propagandaministerium hochgepuscht) wurde, in mehrfacher Hinsicht bedeutungsvoll.

Im Rahmen einer Feierstunde in den Ausstellungshallen unter dem Funkturm wurde der Berliner Sender Witzleben auf den Namen „Fernsehsender Paul Nipkow" getauft. Weitere Ehrungen folgten:

Am 22. August 1935 - Nipkows 75. Geburtstag - verlieh ihm die Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main durch die Naturwissenschaftliche Fakultät unter Dekan Professor Dr. Richter als „dem Schöpfer grundlegender Gedanken für die Fernsehverfahren" den Titel und die Würde eines Doktors der Naturwissenschaften "ehrenhalber". Paul Nipkow hat sich darüber nachweislich sehr gefreut, aber auch über die - wie er schrieb - „hochwillkommene Gabe von sechs Flaschen edlen Rheinweins", die ihm der damalige Frankfurter Oberbürgermeister aus diesem Anlaß zukommen ließ.

Die Deutsche Reichsrundfunkgesellschaft überreichte dem 75jährigen - anläßlich der Eröffnung des ersten Fernsehkongresses in der Berliner Krolloper - den ersten elektronischen Fernsehempfänger von Telefunken.
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  • Anmerkung : Dieser Fernseher ist viele Jahrzehnte nach dem Kriegsende wieder aufgetaucht und im Fundus der Deutschen Museumsstiftung in Heusenstamm zu sehen.

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Außerdem erhielt er die Ernennung zum „Ehrenpräsidenten der Fernsehgemeinschaft in der Reichsrundfunkkammer" und die frohe Nachricht, daß man seine „Verdienste um das Fernsehen" mit einer lebenslangen monatlichen Zahlung von 400.- Reichsmark belohnen würde. Zwei Jahre danach gedachte auch seine Heimatstadt Lauenburg in Pommern des berühmten Sohnes und verlieh ihm die Ehrenbürgerschaft „auf Zeit und Leben".
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Berlin 1936 - Olympia mit Fernseh„kanone"

Bereits 1935 fieberte alle Welt (Anmerkung : Ist leider völliger Unsinn, es gab bereits einige frühe Absagen an die NS-Propaganda-Schau) den XI. Olympischen Sommerspielen entgegen. Mit Hochdruck bereiteten sich Reichspost und Industrie auf die kommende Mammutschau aus dem Olympiastadion in Berlin vor.

In und um Berlin wurden Fernsehstuben eingerichtet und eröffnet.
Im Auftrag der Reichspost entwickelten die Firmen Telefunken, AEG und Daimler-Benz den ersten fahrbaren 10kW-Sender, bestehend aus 14 Fahrzeugen, die allein 250.000 Reichsmark kosteten. Die technische Einrichtung wurde mit 1,1 Milionen Reichsmark bezahlt. Betreut wurde der „Zug" von 14 Fahrern und 15 Technikern. Die Fernseh-AG baute elektronische Bildabtaster nach dem weiter verbesserten amerikanischen Farnsworth-Prinzip.
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Uns jetzt kommt ebenfalls völliger Telefunken-Unsinn :

Und bei Telefunken entwickelte Walter Bruch mit seinen Mitarbeitern die erste, vollelektronische "Ikonoskop"-Fernsehkamera (Anmerkung: es sollte Iconoscope heißen) für Aufnahmen unmittelbar am Rande des Stadions.

Mitten in diese Vorbereitungen platzte eine Hiobsbotschaft. Wenige Tage nach Eröffnung der 12. Großen Deutschen Rundfunkausstellung am 11. August 1935 vernichtete ein Großbrand die (Anmerkung : hölzerne) Halle IV und die hier aufgebaute „Fernsehstraße" mit 20 Fernsehgeräten von sechs verschiedenen Firmen. Die Halle brannte bis auf die Grundmauern nieder. Drei Menschen kamen in den Flammen um. Besucher und Personal des Funkturm-Restaurants konnten von Feuerwehrleuten in letzter Minute gerettet werden, bevor der holzverkleidete Innenraum ebenfalls ein Raub der Flammen wurde.

Total zerstört wurden auch die beiden UKW-Sender unter dem Funkturm. Doch schon 30 Stunden später konnte die Deutsche Reichspost den Bild-Sendebetrieb auf der Ausstellung mit einem von Telefunken hergestellten 20W- Hilfs-sender wieder aufnehmen.

Die „Show" mußte weitergehen. Genau wie die umfangreichen Vorarbeiten zur Übertragung der Olympischen Sportereignisse. Einige Apparate und Geräte wurden zwar erst in der berühmten letzten Minute fertiggestellt, kamen aber trotz vieler Schwierigkeiten rechtzeitig zum Einsatz.

  • Anmerkung : In dem Buch von Gerhart Göbel hätte man es ernsthaft nachlesen können, wie es wirklich war.

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Insgesamt rund 150 000 Fernseh-Zuschauer

Mit drei verschiedenen Aufnahmekameras wurden die täglichen Sportereignisse übertragen. In 27 Fernsehstuben, darunter auch Großbildstellen für mehrere hundert Besucher, sahen im Verlauf der 16 Tage dauernden Olympischen Spiele rund 150 000 Zuschauer die täglichen Übertragungen.

Walter Bruch selbst stand während der ganzen Zeit als Kameramann hinter seiner monströsen „Kanone", die von fünf Personen bedient werden mußte. Allein für den Objektivwechsel waren jeweils mehrere starke Männer erforderlich.

  • Anmerkung : Auch das stimmt nicht, es war ein deutlich später formulierter Text des kreativen und umtriebigen Telefunken- Marketings im Kampf um die Durchsetzung des PAL Farbfernsehen gegen NTSC und SECAM.

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Die Große Rundfunkausstellung vom August 1936

Die brillanten Ergebnisse des elektronischen Aufnahme- und Wiedergabe- Verfahrens sprachen für sich - und endgültig gegen die bisher praktizierten mechanischen Systeme. Auf der anschließenden 13. Großen Rundfunkausstellung vom 28. August bis 6. September 1936 war der Einzug der Elektronik ebenso sichtbar wie spürbar.

Elektronische Fernsehgeräte profilierten sich zu Publikumsfavoriten. Die wohl wichtigste Etappe der Fernsehgeschichte fand hier ihren Abschluß, gleichzeitig aber auch den neuen Anfang in die Zukunft des elektronischen Fernsehens.

Der Siegeszug der Elektronik

Mit neuer Zeilennorm von 375 - später 441 - bei 25 Bildwechseln begann der Start in das elektronische Zeitalter. Die Braunsche Röhre hatte sich endgültig zum Fernsehbildschirm gemausert. Mit einer rechtedckigen Bildgröße von 31 mal 36 Zentimetern verfügte sie bereits über ein stattliches Format. Nahezu alle Firmen stellten elektronische Geräte vor. Fernsehen „a la Berlin" fand auch auf der Pariser Weltausstellung ungewöhnliche Beachtung und hohes Lob:

„In Anerkennung der außerordentlichen Verdienste um die Entwicklung des Fernsehens" wurde dem Deutschen Reich der begehrte „Grand Prix" verliehen. Walter Bruch, der auf dem Stand der Deutschen Reichspost Telefunken-Geräte - noch mit 375 Zeilen - vorführte, konnte auch für Telefunken einen Grand Prix mit nach Hause nehmen.

  • Anmerkung : Später nach 1945 wurde von Gerhart Göbel etwas genauer recherchiert und beschrieben, daß Walter Bruch einer der Telefunken- Techniker war, die den Austellungs- Pavillion in Paris aufgebaut hatten und damit natürlich alle Utensilien wieder mit nach Berlin brachten.


In Berlin beauftragte dann die Reichspost Walter Bruch mit der Entwicklung des ersten elektronischen Fernsehstudios für die neue 441-Zeilen-Norm.

  • Anmerkung : Auch das ist laut Gerhart Göbel sehr sehr weit hergeholt und entstammt auch dem Telefunken-Markting der frühen 1960er Jahre.

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Wie damals Fernsehen „gemacht" wurde

Doch bis zur Fertigstellung wurde weiter unter den abenteuerlichsten Umständen aus der Rognitzstraße gesendet. Ein zeitgenössischer Bericht schildert sehr anschaulich, wie damals Fernsehen „gemacht" wurde:

Das Studio selbst war kaum größer als ein Wohnzimmer. Die „Bühne" maß knapp zehn Quadratmeter. Schauspieler, Sprecher, Akteure mußten hier in totaler Dunkelheit agieren. Der Spielraum war durch Bodenleisten abgegrenzt, die auf gar keinen Fall übertreten werden durften.

Der Spielleiter lag gewöhnlich auf dem Boden und berührte die Füßen der Auftretenden, sobald sie ihren Standort geringfügig zu verändern hatten. Da sie nichts, aber auch gar nichts sehen konnten, traten sie ihm dabei oft auf die Hand, weil sie annahmen, die Leiste unter den Schuhen zu haben.

Und da Ton und Bild gleichzeitig übertragen wurden, mußte der so Gequälte sich jeden Laut verbeißen und durfte auch keine hektischen Bewegungen machen, um die Aufnahme nicht zu gefährden.

Die Abtastmaschine war ein Muster an Unbeweglichkeit. Sie stand, wo sie stand - und jeder, der aufgenommen werden sollte, mußte auf genau gleicher Höhe plaziert sein. Eine aufblasbare Bank wurde erfunden, die - durch mehr oder weniger Luft - die Größenunterschiede einigermaßen ausgleichen konnte. Aber sie hatte auch ihre Tücken; als der Komponist Peter Igelhoff einmal in der Eile und der Finsternis eben jene Bank nicht fand, mußte er zehn Minuten in Kniebeuge vor seinem Flügel hocken - und spielen!

Nach einer Tiersendung war ein gerade gefilmter Leopard durch nichts und niemanden zu bewegen, das stockfinstere Terrain zu verlassen - aber die Sendung mußte weitergehen. Vor Angst schlotternd und schwitzend mußte der Sprecher, Kurt Krüger-Lorenzen, sich dicht neben das Tier begeben und seine vorgesehene Ansage machen.

Trotz aller Pannen bei diesen Fernseh-Anfängen geht aus den Erinnerungen der daran Beteiligten aber auch deutlich hervor, mit welchem Einsatz man damals dabei war. Und Spaß hatten die Leute auch noch . . .

Weltweiter Durchbruch

Fernsehen war in der ganzen Welt zu einem magischen Begriff geworden.

  • O Als zweites Land strahlt England seit 1936 einen regelmäßigen Programmdienst aus.
  • O 1937 wagt die BBC als erste größere Außenübertragung die Ausstrahlung der Krönungsfeierlichkeiten von König Georg VI. in London.
  • O Entsprechend der deutschen Norm mit 441 Zeilen beginnen in Frankreich die ersten Fernsehversuchssendungen.
  • O In den Vereinigten Staaten wird die Einführung eines offiziellen Programmdienstes vorbereitet.
  • O In den Niederlanden startet Philips mit einer mobilen Fernseh-Ausstellung durch ganz Europa.
  • O Die italienische Rundfunkgesellschaft erwirbt deutsche Studiogeräte für den ersten Fernsehbetrieb in Italien.
  • O In München eröffnet das Deutsche Museum eine ständige wissenschaftliche Sonderschau „Fernsehen".
  • O Die ersten Fernsehkritiken werden veröffentlicht: im „Berliner Tageblatt" schreibt sie Kurt Wagenführ, in der „Berliner Börsen-Zeitung" Gerhart Eckert.
  • O Auf der 14. Großen Deutschen Rundfunkausstellung in Berlin wird eine 50 Quadratmeter große Studiobühne gezeigt, auf der mit „kaltem Licht" gearbeitet werden kann.
  • O Die Berliner Carl Lorenz AG stellt den ersten Fernseh-Großprojektor mit einer Bildgröße von 3,5 Quadratmetern vor.
  • O Telefunken überrascht mit dem ersten Rechteck-Bildschirm der Welt Fachleute und Publikum.
  • O Das vor vier Jahren unter anderem von Fritz Schröter bei Telefunken erfundene Superikonoskop wird erstmals bei Aufnahmen eingesetzt. Es hat den Vorteil einer etwa zehnfach erhöhten Empfindlichkeit und übermittelt wesentlich schärfere Bilder.

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weitere Bilder

Nach seiner Pensionierung widmete sich Paul Nipkow wieder ganz dem Fernsehen. In reger Korrespondenz erneuerte er alte Kontakte zu namhaften Firmen der Elektroindustrie.

Sein inzwischen weit bekannter Name sicherte seinen neuen Ideen und Patenten leichteren Zugang als viereinhalb Jahrzehnte zuvor

Ein Fernsehsender für 441 Zeilen

Im Turm des Berliner Amerika-Hauses wurde ein Fernsehsender für 441 Zeilen in Betrieb genommen. Und endlich konnte der Studiobetrieb im Deutschlandhaus beginnen. Apparate und Geräte aus der Rognitzstraße in Charlottenburg waren installiert, es standen drei Studios - geradezu riesig im Vergleich zur Rognitzstraße - und ein hochmodern eingerichteter Regieraum zur Verfügung.

Die Industrie begann mit der serienmäßigen Fertigung modernster elektronischer Fernsehgeräte. Im Vergleich zu den „Frühwerken" aus den späten zwanziger und frühen dreißiger Jahren waren sie nahezu perfekt - aber auch mit Preisen zwischen 2,500 und 3,500 Reichsmark kaum erschwinglich für den Bürger mit normalem Einkommen.

Die Geräte unterschieden sich kaum in ihrem technischen Aufbau, lediglich in ihrer äußeren Form. Es gab „Standempfänger" mit waagerecht eingebettetem Bildschirm, über dem sich ein Deckel mit innenseitig angebrachtem Spiegel befand. Dieser Spiegeldeckel ließ sich beim Aufklappen arretieren - das Fernsehbild erschien im Spiegel. Der Vorteil bei dieser Anordnung war, daß gleichzeitig bis zu 30 Personen fernsehen konnten, ohne sich vor dem Gerät zu drängeln. Die Bildmaße lagen bei 20 mal 30 Zentimetern, „Tisch-Kleinempfänger" hatten eine Bildgröße von etwa 20 mal 23 Zentimetern. Daneben gab es „Heim-Projektions-Empfänger" - fast schon mit einem Großbildschirm, nämlich 37 mal 45 Zentimeter bis 40 mal 50 Zentimeter.
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Der „Deutsche Einheits-Fernseh-Empfänger"

Damit der technische Fortschritt künftig auch breitesten Bevölkerungsschichten zugänglich gemacht werden konnte, "beauftragte" das Ministerium die Reichspost-Forschungsanstalt in Zusammenarbeit mit führenden deutschen Fernsehindustriefirmen einen „Deutschen Einheits-Fernseh-Empfänger" zu entwickeln - binnen eines Jahres!

  • Anmerkung : So ist auch hier der Sinn inzwischen völlig verdreht. Die genannten Firmen wurden im Hinblick auf die erkennbaren Kriegsvorbereitungen, die jedermann spürte, indirekt vom PROMI (Josef Goebbels) gezwungen bzw. genötigt, alle zusammen ein deutlich billigeres Standard-Fernsehgerät ähnlich dem billigen Volksempfänger zu entwickeln. Es war mitnichten freiwillig, wie die überlebenden Senioren und Zeitzeugen der Fernseh GmbH nach 1946 berichteten.


Bereits nach elf Monaten, am 28. Juli 1939, präsentierte die Arbeitsgemeinschaft der Firmen Fernseh AG, Telefunken, Radio AG D. S. Loewe, C. Lorenz AG und TEKADE das Gerät.

Der „Deutsche Einheits-Fernseh-Empfänger E1" mit moderner Rechteckbildröhre von 22,5 mal 19 Zentimetern war eine technische Meisterleistung und sollte für nur 650.- Reichsmark verkauft werden. Doch die allgemeine Unsicherheit jener Vorkriegsphase ließ das Interesse an Fernsehgeräten auf den Nullpunkt sinken. Von den geplanten 10.000 Geräten wurden schließlich nur etwa 50 Stück abgesetzt.

  • Anmerkung: Unsinn, so verdreht der Autor die Geschite. Es wurden nur etwa 50 Stück gebaut, bevor Goebbels das Projekt zugunsten kriegswichtiger Produkte wie Funkgeräten für die Reichswehr und für das Radargerät Würzbug abgeblasen hatte.

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Ausbau des Sendernetzes

Mit "Riesenschritten" ging unterdessen der Ausbau des stationären Sendernetzes voran. Nach jahrelangen Vorbereitungen durch fahrbare Sender wurden die Standorte festgelegt und Sendetürme errichtet. Gleichzeitig wurde das Kabelübertragungsnetz mit enormem Aufwand erweitert.

Breitbandkabelstrecken durchzogen bereits ganz Deutschland, und fast alle größeren Städte waren inzwischen an das Fernseh-Sprechstellen-Netz angeschlossen. Die Fortschritte auf diesem Gebiet fanden in der ganzen Welt Anerkennung und Beachtung.

  • Anmerkung : Auch das stimmt nicht, es gab laut Gerhart Göbel nur 3 leidlich vorbereitete Breitbandkabelstrecken Hamburg Berlin, Ruhrgebiet Berlin und Berlin Nürnberg München. Diese Strecke sollte mal bis nach Wien laufen, wurde aber nie fertig.

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Der Blick nach USA

Schließlich begannen - nach Deutschland und Großbritannien - nun als drittes Land der Welt auch die USA einen regelmäßigen Fernseh-Programmdienst. Den Startschuß dazu gab Präsident Roosevelt auf der Weltausstellung 1939 in New York.

Und in Berlin wurde am 28. Juni 1939 die 16. Große Deutsche Rundfunk- und Fernseh-Rundfunk-Ausstellung eröffnet, die wohl denkwürdigste in der 16jährigen Berliner Ausstellungsgeschichte.

Weder Aussteller noch Besucher konnten ahnen, daß sich die Tore einer Berliner Funkausstellung unter dem Funkturm, dem „Langen Lulatsch", wegen des beginenden 2. Weltkrieges erst 22 Jahre später wieder öffnen würden.

Die Engländer hatten den Ernst der Lage erkannt

Bei Kriegsausbruch stellte die Londoner BBC abrupt ihren Fernsehbetrieb ein mit einem Mickymaus-Film, der mit den Worten endete: „Danke, ich gehe jetzt nach Hause!"

Als eine der letzten öffentlichen Sendungen übertrug das (Reichs-) Deutsche Fernsehen 1939 den Fußball-Länderkampf Deutschland-Italien aus dem Berliner Olympiastadion. Danach wurde die Fernsehentwicklung in Deutschland nahezu ausschließlich für militärische Zwecke fortgesetzt.

Die Programmdienste dienten der Truppenbetreuung, der Verwundeten- Unterhaltung in Lazaretten und anderen militärischen Einrichtungen.

Unter anderem wurde das Fernsehen auch auf Eignung für Luftaufklärung geprüft. Dabei gelang 1940 die bisher sensationellste Anlage: 1029 Zeilen und ein Zeilensprung bei 25 Bildwechseln pro Sekunde. Ein gestochen scharfes Bild, bei dem keine einzige Zeilenkontur sichtbar war.
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Ein feierliches Staatsbegräbnis

Das war die Bildqualität, die sich Paul Nipkow vor 57 Jahren vorgestellt hatte. Paul Nipkow - es war stiller um ihn geworden. Aber nun machte er noch einmal Schlagzeilen: zwei Tage nach seinem 80. Geburtstag, am 24. August 1940, erlag er einem Herzschlag, nur wenige Tage nach dem Tode seiner geliebten Frau.

Und „sein" Fernsehen übertrug am 30. August 1940 aus dem Vorhof der Berliner Universität das (Anmerkung : vom Propagandaministerum im Kriegszustand arragierte) feierliche Staatsbegräbnis für den „Vater des Fernsehens". Es war das erste Staatsbegräbnis, das einem deutschen Ingenieur zuteil wurde.

Danach wurde der „private" Bildschirm in Deutschland vorerst dunkel.
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Die Fernseh-GmbH - vormals Fernseh AG - Kriegsproduktion

Als einzige deutsche Firma arbeitete die Fernseh-GmbH - vormals Fernseh AG - auch während des Krieges auf dem Gebiet der zivilen Fernsehtechnik weiter.

  • (Anmerkung : nahezu heimlich und unerlaubt gegen die Anordnungen von Goebbels)


Sie entwickelte zum Beispiel einen elektronischen Sucher - in Form einer an der Kamera angebrachten Braunschen Empfängerröhre von rund sechs Zentimetern Durchmesser. Auf diesem „Schirm" konnte der Kameramann das aufzunehmende Bild genau beobachten.

Unterdessen bahnte sich im besetzten Paris Merkwürdiges an: zwischen deutschen und französischen Fernsehteams entwickelte sich eine äußerst fruchtbare Zusammenarbeit nach deutscher Norm und Berliner Muster.

Alles, was sich an Geräten und Apparaten bewegen und beschaffen ließ, wurde im Laufe von zwei Jahren zusammengetragen und auf insgesamt etwa 5.000 Quadratmetern Raum einsatzfähig gemacht.

In beispielhafter Eintracht arbeiteten Techniker, Fernseh-Fachleute, Spielleiter und Akteure verschiedener Nationalitäten an einer Programmgestaltung, die äußerst dankbar aufgenommen wurde - und zwar von denjenigen, die vor den rund 200 in Truppenunterkünften und Lazaretten aufgestellten Fernsehempfängern und, grob geschätzt, vor 800 bis 1000 privaten Geräten saßen.

  • Anmerkung : Auch hier schreibt Gerhart Göbel deutlich mehr über die Wahrheit und Hintergründe.

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Deutsches Fernsehen in Paris nach 1944

Auch nach dem Einzug der Alliierten (der Amerikaner sowie Charles Degaulle's Kämpfer) am 6. Juni 1944 setzte der Fernsehsender Paris unbekümmert sein Programm fort. Alle Beteiligten ignorierten den absurden Befehl, die gesamte Anlage in die Luft zu sprengen; im August setzten sie lediglich einige Sender außer Betrieb, das deutsche Personal verließ Frankreich.

Der Chefkorrespondent des amerikanischen CBS bescheinigte diesem deutsch-französischen Fernsehen bald darauf „erstaunliche Fortschritte". Er schrieb, daß es in Paris ein Fernsehen gab, dessen „Bilder klarer und schärfer waren, als irgendein Fernsehen in England oder Frankreich vor dem Kriege".

So hatte Paris nach dem Kriege mit den geschonten Anlagen die besten Voraussetzungen für einen Fernseh-Neubeginn und nutzte sie auch. Noch heute werden Teile des damaligen Studios von der Radiodiffusion Francaise verwendet.
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Aufbruch aus den Trümmern

Was im Trümmerchaos von Berlin nach der Deportation noch übrig war, kam nach Hamburg. Im Hochbunker auf dem Heiligengeistfeld begannen einige wenige, aus den kläglichen Überresten neue Sende- und Empfangseinrichtungen "zu basteln" - alles noch inoffiziell.

In ganz Deutschland hatten die Siegermächte die Rundfunkversorgung übernommen und neue Sendeanstalten gegründet. Getreu dem jeweils heimischen Muster der Besatzungstruppen wurde auch das deutsche Sendernetz organisiert. Wie in den Vereinigten Staaten entstanden in der amerikanischen Zone in jedem Bundesland eigene Sender: Radio Bremen, der Hessische Rundfunk in Frankfurt, der Süddeutsche Rundfunk in Stuttgart und der Bayerische Rundfunk in München.

Die Nachkriegs Sendersysteme

Die Franzosen und Engländer entschieden sich jeweils für ein zentrales Sendersystem. Im Süden entstand der Südwestfunk in Baden-Baden und im Norden der Großsender NWDR - der Nordwestdeutsche Rundfunk mit Funkhäusern in Hamburg, Köln und Berlin.

Zur gleichen Zeit - 1946 - eröffnete die BBC London wieder ihren regulären Programmdienst mit dem gleichen Mickymaus-Film, mit dem sich die Sendeanstalt 1939 verabschiedet hatte. In Deutschland kämpften die Techniker gegen schier unüberwindlich scheinende Schwierigkeiten. Es fehlte an allem, was für die Neuentwicklung nötig war. Das änderte sich erst nach der Währungsreform am 20. Juni 1948.
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  • O Der Ausbau des UKW-Sendernetzes beginnt. Neue Sendeeinrichtungen und Studios entstehen. In München wird am 5. August 1950 die Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands (ARD) gegründet.
  • O Adolf Grimme wird zum ersten deutschen Generaldirektor des NWDR ernannt, und Dr. Werner Nestel wird Technischer Direktor.
  • O Trotz emsiger Aktivitäten dauert es noch rund zwei Jahre bis zu den ersten Versuchssendungen der Nachkriegszeit.
  • O Die neue Deutsche Fernseh-Norm wird auf 625 Zeilen festgelegt.
  • O Während der NWDR die Weiterentwicklung des Fernsehens in Deutschland wieder aufnimmt, geht es jenseits der deutschen Grenzen schon wieder sehr viel zügiger weiter.
  • O Die BBC überträgt 1948 bereits die ersten Olympischen Spiele der Nachkriegszeit aus dem Wembley-Stadion. O Im Niederländischen Eindhoven beginnt Philips mit regelmäßigen Fernsehversuchssendungen - zunächst dreimal in der Woche.
  • O 1949 sendet das französische Fernsehen wieder die erste Tagesschau: „Journal Televise".
  • O In den Vereinigten Staaten beginnen erste offizielle Farbfernsehversuchssendungen.

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Dr. Werner Nestel und Dr. Werner Pleister

Doch schließlich ging es auch in Hamburg weiter: Dr. Werner Nestel gründete eine „Deutsche Fernsehkommission"; Dr. Werner Pleister wurde Programmbeauftragter des Fernsehens, und aus dem Hochbunker auf dem Heiligengeistfeld in Hamburg kam das erste deutsche Nachkriegs-Fernsehbild; zunächst dreimal wöchentlich wurden Versuchssendungen ausgestrahlt.

Unter sehr viel schwierigeren Bedingungen - ohne finanzielle Hilfe oder technische Unterstützung - wurde auch in Berlin wieder Fernsehen „gemacht"; ganz ähnlich primitiv übrigens wie seinerzeit in der Charlottenburger Rognitz-straße.

Durch die besondere Lage der Viersektorenstadt und die Transportschwierigkeiten nach Berlin hatten es die wenigen engagierten Fachleute und Techniker hier erheblich schwerer, überhaupt etwas Fernsehähnliches auf die Beine zu bringen. Zumal sie sehr viel strengeren Geboten und Verboten unterworfen waren als die Kollegen im westdeutschen und norddeutschen Raum.

Mit beispielhaftem Einsatz und nie versiegender Energie gelang es ihnen, 1951 bereits ein tägliches Fernsehversuchsprogramm aus dem Poststudio in der Ringbahnstraße in Berlin-Tempelhof zu senden.

Schneidetisch der ersten Tagesschau mit ihrem Leiter Martin S. Svoboda (April 1952 bis September 1960)

Bilanz des Jahres 1951

Zu Beginn des Jahres 1951 wies die Fernsehteilnehmer-Statistik ein bezeichnendes Gefälle aus:

  • USA 10 000 000
  • Großbritannien 600 000
  • Frankreich 4 000
  • Bundesrepublik einschließlich West-Berlin 60


Nur ganze 60 Fernsehteilnehmer - vorwiegend die Fernsehschaffenden der ersten Nachkriegsstunde - erlebten am 2. März 1951 das erste Fernsehspiel des Bundesgebietes, das vom NWDR ausgestrahlt wurde, am Bildschirm: Goethes „Vorspiel auf dem Theater".

Bereits im Herbst des Jahres folgte das erste, eigens für dieses Medium geschriebene Fernsehspiel „Es war der Wind" von Martin Schede. Die Premiere des Stückes fand während der Deutschen Industrie-Ausstellung 1951 in Berlin statt, die von Bundeskanzler Konrad Adenauer eröffnet worden war.

Hier, auf dieser ersten großen Berliner Nachkriegsausstellung war wieder eine „Fernsehstraße" aufgebaut - mit 40 Empfängern von zwölf Industriefirmen. Sie war - wie 1935 - der Publikumsmagnet schlechthin. Noch im gleichen Jahr begannen einige bekannte Firmen mit der Serienfertigung von Fernsehgeräten. Alle waren sich einig: Fernsehen ist das Medium der Zukunft.

Auf der ersten Europäischen UKW-Fernsehkonferenz 1952 in Stockholm entschieden sich neun Länder für die neue deutsche Fernsehnorm (nach dem Schweizer Ingenieur Dr. Walther Gerber) von 625 Zeilen bei 25 Bildwechseln pro Sekunde.

  • Anmerkung : Leider auch wieder dieser Telefunken Unsinn: Es war keine neue "Deutsche Fernsehnorm". Diese Norm wurde gemeinsam entwickelt und spezifiziert. Dr. Gerber hat die Spezifikationen auf diesem Treffen vorgetragen.


In der Bundesrepublik einschließlich West-Berlin war die Teilnehmerzahl inzwischen auf rund 300 angewachsen. Mit 15 Millionen führten die USA in der Weltrangliste, gefolgt von Großbritannien mit 1,2 Millionen Teilnehmern und Frankreich mit knapp 11 000 zum Jahresbeginn.

Als erster zahlender Fernsehteilnehmer im Bundesgebiet wurde Eduard Rhein registriert, Journalist und „Erfinder" der ersten deutschen Fernsehprogrammübersicht „Zauberspiegel" in der „Hörzu".

  • Anmerkung : Das Buch von Eduard Rhein "Ein Jahrhundertmann" lesen Sie komplett hier im Fernsehmuseum.



Versuchsweise wurde die Fernseh-Übertragungsstrecke Berlin-Hamburg in Betrieb genommen. Im Oktober begannen vom Berliner NWDR-Studio regelmäßige Programmübertragungen auf diesem Wege nach Hamburg. Die erste Fernseh-Außenübertragung fand in Berlin statt: Bundespräsident Theodor Heuss wurde auf dem Flughafen Tempelhof von einem Fernsehreporter interviewt, und seine Begrüßung durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Ernst Reuter, wurde übertragen.
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Proteste gegen das Fernsehen

Die deutschen Bierbrauer stiegen auf die Barrikaden, um dem Medium Fernsehen den Kampf anzusagen. Lautstark forderten sie, das Fernsehprogramm auf ein Minimum zu reduzieren. Pro Woche gestanden sie allerhöchstens zwei Fernseh-Abende zu.

Nachdem der Protest wirkungslos verhallte, ließen sich die Gastwirte einen sehr sinnvollen Kundendienst einfallen: sie kauften Fernsehgeräte und stellten sie in ihren Lokalen auf - sehr zur Freude ihrer Gäste und zugunsten ihres Umsatzes!

Damals wurde noch jeder Käufer eines Fernsehgerätes bei dessen amtlicher Anmeldung namentlich und mit Berufsangabe registriert. Dadurch weiß man, daß von rund 4.000 angemeldeten Geräten bis zum Jahresende 1952 allein 1.632 von Gastwirten erworben worden waren. Sie bildeten - mit Abstand - den größten Anteil unter den verschiedenen Käufergruppen.

Zu Beginn der fünfziger Jahre kosteten Fernsehtischgeräte immerhin noch zwischen 1200 und 1500 DM, Fernsehtruhen im Durchschnitt sogar 2100 DM.
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Der Programmstart 1952

Kurz nach der Grundsteinlegung für das NWDR-Fernseh-studio in Hamburg-Lokstedt durch den ersten NWDR-In-tendanten Dr. Adolf Grimme fiel der Startschuß für das offizielle Fernsehnachkriegsprogramm in der Bundesrepublik.

Am 25. Dezember 1952 eröffneten Dr. Werner Pleister und Professor Dr. Werner Nestel das Programm des Deutschen Fernsehens. Irene Koss war die erste Programmansagerin beim NWDR. Wenige Tage später stand die „längste Fernsehbrücke der Welt" zwischen Berlin und Hamburg - etwas später reichte sie weiter bis Köln -, und damit war ein Gemeinschaftsprogramm der drei NWDR-Studios Hamburg, Berlin und Köln möglich.

Eines der bedeutendsten technischen Ereignisse war die Übertragung der Krönungsfeierlichkeiten von Königin Elisabeth in fünf bzw. sechs kontinentale Länder - am 2. Juni 1953. In Deutschland gab es zu dieser Zeit etwa 7.500 Fernsehteilnehmer. Zu Recht kann diese technische Großleistung als Vorläufer der ersten Eurovisionssendung bezeichnet werden.

Nur drei Jahre nach den ersten Versuchssendungen im Bundesgebiet stellten sich die Techniker dieser ungeheuren Herausforderung. Die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Frankreich, die Bundesrepublik einschließlich West-Berlin mußten an das Sendenetz der Londoner BBC angeschlossen werden.

Fernseh- und Richtfunktechnik

Fernseh- und Richtfunktechnik befanden sich im Anfangsstadium der Nachkriegszeit. Verschiedene Zeilennormen mußten umgewandelt werden: die englische Norm betrug 405 Zeilen, die französische 819 und die deutsche 625. Das Sendernetz im Bundesgebiet verfügte erst über acht Stationen.
Und hier - wie in den anderen Ländern - bestand nur jeweils eine einzige Richtfunklinie zwischen Fernsehstudios und Fernsehsendern.

Der englische Kanal mußte mit einer provisorischen Richtfunkstrecke überbrückt werden. Der gesamte Weg führte von London bis Swingate, von hier über den Kanal auf französischen Boden bis Blanc Nez, weiter durch Frankreich, Belgien bis Breda in den Niederlanden. Hier endete das britische Fernsehsignal mit der 405-Zeilen-Norm.

Ein Philips-Normenwandler setzte nun das Fernsehsignal in die deutsche 625-Zeilen-Norm um. Über eine provisorische Richtfunkstrecke wurde es nach Deutschland weitergeleitet und hier - vereinfacht gesagt - von Ü-Wagen des Fernmeldetechnischen Zentralamtes (FTZ) und des NWDR per Richtfunkantennen in das deutsche Netz eingegeben.

Dieses ebenso geniale wie gigantische Provisorium war am Krönungstag vom frühen Morgen bis kurz vor Mitternacht in Betrieb und versorgte die angeschlossenen Länder nahezu völlig störungsfrei mit recht guter Bildqualität. Zum Jahresende 1953 löste sich der NWDR-Dreierbund auf.
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Der „Sender Freies Berlin" (SFB)

Das Berliner Funkhaus wurde aus dem Gemeinschaftsverbund herausgenommen und die selbständige Anstalt „Sender Freies Berlin" (SFB) gegründet. Die ersten Sendungen des SFB begannen am 1. Juni 1954. Zur gleichen Zeit startete übrigens Japan - als erstes Land Asiens - einen regelmäßigen Fernsehversuchsdienst. In den USA wurde die erste Farbfernsehsendung ausgestrahlt. Und RCA brachte ein Monstrum auf den Markt - so groß wie ein Kleiderschrank, das Bilder aufzeichnen und wiedergeben konnte.

  • Anmerkung : Leider auch völlig falsch bzw. schlecht recherchiert. Es war die Firma AMPEX an der Westküste und nicht die RCA an der Ostküster der USA.

Dieses welterste Video-Gerät verschlang 21 600 Meter Magnetband pro Stunde - war also für den Hausgebrauch nicht unbedingt geeignet.

Wenig später führte AEG-Telefunken die Schrägspur-Aufzeichnungsmöglichkeit für Video-Bänder ein, ohne die jede heutige Video-Technik undenkbar wäre.

  • Anmerkung : Auch wieder (absichtlich ?) sehr mißverständlich formuliert. AEG-Telefunken kam erst viel später zum Videobereich hinzu, als andere, nämlich GRUNDIG und LOEWE und die deutsche Philips und die Fernseh GmbH bereits Vorreiter bei der Helical Scan Technik waren.

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Der Durchbruch zum Massenmedium

Das Wirtschaftswunder der fünfziger Jahre machte noch keine riesenhaften Sprünge. Erst Ende 1957 war die erste Fernsehteilnehmer-Million im Bundesgebiet erreicht, und erst da wurde das Fernsehgerät zum Prestigeobjekt.

Der Durchbruch zum Massenmedium gelang 1959: mit einem täglichen Zuwachs von 5.000 Geräten erzielten Industrie und Handel Traumumsätze, die mit endlosen Lieferzeiten verbunden waren. Ende des Jahres war die Zweimillionengrenze der Fernsehteilnehmer überschritten.

Anläßlich des 100. Geburtstages von Paul Nipkow zeigte das Deutsche Fernsehen am 22. August 1960 in einem Interview mit Oberpostrat Gerhart Goebel Fernsehbilder mit 30 und 180 Zeilen; längst vergessene „Visionen" aus den Jahren 1929 und 1934.

Der Start in die sechziger Jahre brachte enorme Qualitätssteigerungen. Jahr für Jahr erzwang der rapide technische Fortschritt völlig neue Chassis. Die Verkaufszahlen stiegen, die Preise fielen, Leistung, Bedienungskomfort, Lebensdauer und Service-Vereinfachung wuchsen. Die Bildschirmgröße wuchs mit. 59er und 61er Bildröhren setzten sich durch.

Die kaum zu bewältigende Nachfrage zwang zur Rationalisierung in der Fertigung. Jeder neue Schritt brachte neue Erkenntnisse, Wissen und Erfahrungen, die jeder neuen Geräte-Generation zugute kamen.

Berlin war wieder dabei

Zum erstenmal nach 22jähriger Zwangspause öffneten sich am 25. August 1961 wieder die Pforten zur Deutschen Rundfunk-, Fernseh- und Phono-Ausstellung: Berlin war wieder dabei!

Und wieder mit einer spektakulären Ouvertüre: in der Deutschlandhalle wurde der erste Eidophor-Großbildprojektor von Philips mit acht mal zehn Metern Bildformat vorgestellt; eine Weiterentwicklung der Großprojektionsanlagen von Professor August Karolus.

Inzwischen gab es in 26 Ländern der Welt weit über 100 Millionen Fernsehteilnehmer. Viele von ihnen verfolgten die wichtigsten Ereignisse des Jahres an ihren Bildschirmen: den Bau der Berliner Mauer, die Begrüßung Juri Gagarins, des ersten Menschen im Weltraum nach seiner Erdumkreisung im Raumschiff „Wostok I", und über Eurovision erstmalig Aufnahmen einer totalen Sonnenfinsternis.

Zum erstenmal wurden Fernsehsendungen von und nach den USA mittels Satelliten übertragen. „Telstar I" war in 36.000 Kilometer Höhe stationiert. Das Fernsehsignal mußte die doppelte Strecke, also 72 000 Kilometer überwinden. Die Übertragungen klappten auf Anhieb.

Fernsehen auf zwei Kanälen

Ein Jahr später: das Fernsehen wurde vielseitiger. Nach Jahren der Planung begann das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) am 1. April 1963 - zunächst aus einem Barackenstudio in Eschborn bei Frankfurt am Main - mit seinem eigenen Programm. Die erste Ansage machte Viktoria Voncampe.

Die erste große Unterhaltungssendung wurde unter dem Titel „Berlin-Melodie" ausgestrahlt. Anfangs konnten nur wenige Fernsehteilnehmer per Knopfdruck auf das ZDF „umschalten" - aber die Industrie hatte vorgesorgt: bei neuen Geräten waren nicht nur das ZDF, sondern auch weitere Kanäle „eingebaut". Man sprach von „zukunftsweisenden Fernsehempfängern" und überließ es zunächst den interessierten Käufern sich auszumalen, wie es sein könnte, wenn sie - einfach per Knopfdruck - Fernsehprogramme aus aller Welt auf ihren Bildschirm zaubern konnten.

Insgesamt 17 Stunden Sendezeit widmeten ARD und ZDF 1963 den Übertragungen vom Besuch des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy in der Bundesrepublik und West-Berlin. Es waren die bis dahin aufwendigsten Livesendungen des Deutschen Fernsehens überhaupt: 40 elektronische Kameras waren dabei, zwölf Übertragungswagen, ein Hubschrauber. Über 400 Ingenieure, Techniker und Kameramänner sorgten dafür, daß jeder Schritt des hohen Gastes über die Bildschirme verfolgt werden konnte - in der Bundesrepublik allein von mittlerweile acht Millionen Zuschauern.

PAL - die Jahrhundert-Idee ???

Fast auf den Tag genau 80 Jahre nach Eintragung des weltersten Fernsehpatents verzeichneten die Annalen des Deutschen Patentamtes eine neue epochemachende Erfindung.

Mit dem Datum vom 3. Januar 1963 erhielt der Erfinder Walter Bruch das DBP Nr. 1 179 986 auf ein Farbfernsehverfahren, das unter der Bezeichnung „PAL" schon bald weltberühmt werden sollte.

  • Anmerkung : DaS ist leider auch grundfalsch. Es ist exakt aus den Telefunken Pressinformationen falsch abgepinselt worden. Nicht Walter bruch sondern die Firma Telefunken erhielt endlich im 3. Anlauf !!! das genannte Patent auf eine ganz kleine Feinheit der PAL Technik. PAL selbst konnte gar nicht mehr patentiert werden. Es war nämlich 6 Jahre früher breits publiziert worden und nicht von Walter Bruch. Richtig wäre, daß Walter Bruch mit ungeheurem persönlichen Einsatz das PAL System in Europa und Südamerika durchgefochten hatte.

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PAL = eigentlich ein Stück NTSC

PAL = Phase Alternation Line - war die konsequente Weiterentwicklung des amerikanischen NTSC-Verfahrens. Der überragende Vorteil: PAL korrigiert jeden auf der Strecke vom Sender zum Empfänger entstehenden Farbfehler automatisch und garantiert somit permanent gleichbleibende Farbstabilität und -qualität.

Der Kampf der Systeme folgte auf dem Fuße. Das deutsche PAL-System, das amerikanische NTSC-Verfahren oder das französische SECAM? Die Entscheidung ließ auf sich warten.

Unterstützung bekam das PAL-System 1965 ausgerechnet in Washington D.C. Hier führte Philips eine neuartige Farbfernsehkamera unter der Bezeichnung „Plumbicon" vor, die unter erheblich günstigeren Beleuchtungsbedingungen arbeitete als bisherige Farbaufnahmegeräte. In Verbindung mit dem PAL-System wurde damit eine Bildqualität von höchster Brillanz erzielt.
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  • Anmerkung : Auch völliger Unsinn. Alleine die Aufnahemröhre(n) war(en) nicht mehr Super Orticon Röhren sondern jetzt Plumbicon Röhren.

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Noch im gleichen Jahr wurde im Rahmen der Deutschen Industrie-Ausstellung in Berlin erstmals öffentlich Farbfernsehen vorgeführt. Und über „Telstar I" wurden die ersten Farbfernsehsendungen von den Vereinigten Staaten nach Frankreich übertragen.

Und als dann die Bilder farbig wurden ...

Nach jahrelangem zähem Ringen hatte Professor Walter Bruch es geschafft: "sein" PAL-System, das beste Farbfernseh-System der Welt, hatte sich durchgesetzt. Am Eröffnungstag der 25. Großen Deutschen Funkausstellung in Berlin, am 25. August 1967, gab der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Vizekanzler Willy Brandt, den „Start frei" für das deutsche Farbfernsehen.

17 Plumbicon-Farbkameras von ARD und ZDF übertrugen zum erstenmal „in Farbe".

  • Anmerkung : Nicht erwähnt wurde hier, daß die Entwickler der deutschen Fernseh GmbH in Darmstadt ihre Farb-Technik nicht zur Eröffnung zum Laufen gebracht hatten, troz eines Mr. PAL ..... und daß die LDK3 Farb-Kameras von Philips aus Holland eingesetzt werden mußten. Das war ein Tiefschlag für die deutsche Vorzeige-Technik.

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Das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF)

Das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) präsentierte aus der Deutschlandhalle den „Goldenen Schuß" mit Vico Torriani, am nächsten Tag gefolgt von der ARD mit einem farbigen „Gala-Abend der Schallplatte".

Zu Beginn des Jahres 1968 sahen erst 135.000 von inzwischen 14 Millionen Fernsehteilnehmern im Bundesgebiet die noch seltenen Farbsendungen.
Nach zwei weiteren Funkausstellungen - 1969 in Stuttgart und 1970 in Düsseldorf - kehrte die größte Messe der Unterhaltungselektronik endgültig wieder dahin zurück, wo sie herkam und hingehört - nach Berlin.

Durch Verbandsbeschluß wurde sie auch für ausländische Aussteller zugänglich. Als „Internationale Funkausstellung Berlin" startete sie 1971 - im Zweijahres-Turnus - eine neue Karriere.

Karriere machte auch die Elektronik rund um den Bildschirm:

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  • O Auf der 1971er Funkausstellung machen die ersten Video-Cassetten-Recorder nach dem „VCR-System" auf den Ständen von Philips und Grundig Furore.
  • O Der weiterentwickelte Bildplattenspieler „Philips Video-Long-Play" (VLP) feiert erste Triumphe.
  • O Prototypen der ersten Ultraschall-Fernbedienungen - 1960 bereits von Grundig vorgestellt - finden den Beifall der Messebesucher.
  • O Unter dem Thema „50 Jahre Deutscher Rundfunk" wird die zweite Internationale Funkausstellung 1973 Berlin eröffnet.
  • O Mit einer Sonderschau vom „Dampfradio" über den „Volksempfänger" bis zur supermodernen Stereo-Anlage der Gegenwart würdigt das Deutsche Rundfunkmuseum unter dem Funkturm die „halbe" Zentenarfeier.
  • O HiFi-Anlagen aus in- und ausländischer Produktion begeistern die Messebesucher.

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Zentraler Mittelpunkt jedoch waren der Bildschirm und die kompromißlose Weiterverbesserung des Mediums Fernsehen:
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  • O Die erste Suchlaufsteuerung mit automatischer Tonunterdrückung von Blaupunkt zeigt interessante Aspekte.
  • O Das erste mit Halbleitern bestückte Farbfernseh-Tischgerät von Siemens mit vollelektronischer Programmwahl für sieben Sender weckt das Interesse der Fachwelt.
  • O Händler und Service-Techniker begrüßen ein ausgeklügeltes TV-Diagnose-System von Saba.
  • O Die „TED-Bildplatte" von AEG, Telefunken und Teldec dokumentiert Neues auf dem Video-Sektor.
  • O Nordmende präsentiert das drahtlose „Fernhören" über Infrarot-Kopfhörer.

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Genug der Einzelheiten!

Mehr und mehr wurde die Internationale Funkausstellung in Berlin zum Dorado elektronischer Großleistungen im Miniformat. Genug der Einzelheiten! Alles, das die folgenden Funkausstellungen zeigten, steht heute in den Rundfunkfachgeschäften. Sensationelles gehört längst schon zum Selbstverständlichen.

Im Jahre 1981 wurde die Funkausstellung vom „Stereo-Fernsehton" beherrscht. Als neues „Ton-Erlebnis" im Bereich des Fernsehens kündigte das ZDF den Start des Mehrkanaltonsystems an. Vom 6. September an strahlten 29 von insgesamt 90 Grundnetzsendern der Deutschen Bundespost für das ZDF-Programm Sendungen in dieser neuen Tontechnik aus. Etwa zwei Drittel aller Fernsehteilnehmer im Bundesgebiet konnten sofort mit Stereo-Fernsehton versorgt werden. Übrigens: die erste Fernsehsendung, die in Stereo ausgestrahlt wurde, war „Musik ist Trumpf" am 5. September 1981.

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus ...

„Innovationen für die Zukunft" - unter diesem Motto stehen Neuentwicklungen der Deutschen Bundespost und der Landespostdirektion Berlin im Jahre 1983: „Bigfon" (Glasfasertechnik) - das breitbandige, integrierte Glasfaser-Fernmelde-Ortsnetz: das wohl vielseitigste Telekommunikations-System der Zukunft. Das Satelliten-Pilot-Projekt „TV-SAT": Hören und Sehen via Satellit.

Kabelfernsehanlagen bzw. Breitbandkommunikations-Netze für zusätzliche Programmangebote. Bildschirmtext als Fernmeldedienst für den Haushalt - mit Dialogmöglichkeiten zu Unternehmen, Versandhäusern, Geldinstituten, Reisebüros usw.

Videotext zum permanenten Abruf von Informationen aller Art. Leistungen, die unsere Zukunft mehr bestimmen und stärker beeinflussen dürften als sämtliche kommunikationstechnischen Errungenschaften der Vergangenheit. So betrachtet ist die Internationale Funkausstellung Berlin 1983 Ende und Anfang zugleich.

Das Ende eines 100jährigen Kapitels Fernsehgeschichte - die einzigartige Biographie von mehr als drei Erfinder-Generationen. Und der Anfang in ein neues, elektronisches Zeitalter von unvorstellbarer Vielfalt.

Wie sagte Robert Lembke? Es werde ihm immer ein Rätsel bleiben, wie jemand das Fernsehen erfinden konnte, obwohl es doch damals gar kein Programm gab. Das Rätsel der Erfindung ist gelöst, aber die Rätsel der Tele-Visionen der Zukunft bleiben abzuwarten.

Über den Autor

Wilhelm Keller Geboren 1929 in Radolfzell am Bodensee; seit mehr als zwei Jahrzehnten als Werbeberater, Texter und Journalist tätig. Einer abgeschlossenen Banklehre folgte das Studium der Naturwissenschaften. Anschließend arbeitete er als freier Journalist zunächst in Bonn und Frankfurt, danach mehrere Jahre im Ausland: Indien, Ostasien, Pakistan.

Seit 1958 lebt er in Hamburg, absolvierte hier die Werbefachschule, war in namhaften Agenturen tätig, bevor er sich 1968 als selbständiger Werbeberater und Texter niederließ. Jahrzehntelange enge Kontakte zur Unterhaltungselektronik bewirkten eine intensive Auseinandersetzung mit der Entstehungsund Entwicklungsgeschichte von Rundfunk und Fernsehen.

Die Schriftenreihe Berliner Forum wird herausgegeben vom Presse- und Informationsamt des Landes Berlin. Die Hefte erscheinen in zwangloser Folge. Grafische Gestaltung nach dem Berlin-Layout. Redaktion: Wolfgang Kruse; Mitarbeit: Gerd Grassme.

Copyright 1983 by Presse- und Informationsamt des Landes Berlin. Printed in Germany. „Forum"-Hefte dürfen nicht gegen Entgelt weitergegeben werden.

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