1968 kamen "sie" . . . . ganz leise und ganz dezent . . . .
von Gert Redlich im Sept. 2013 - Erst haben "sie" nur geknipst, was das Zeug hielt und wir haben alle gelächelt. Dann auf einmal kamen japanische Kleinbildkameras von erstaunlicher Qualität nach Europa und dann kamen die Spiegel- reflexkameras aus Japan, daß mancher Lokalpatriot arg ins Wanken kam, ob er sich eine Leica oder lieber eine Minolta (zu einem Drittel des Preises) kaufen solle.
Und diese japanischen Kameras wurden immer besser und intelligenter. Zuvor so um 1961 hatten die Japaner ganz Europa mit erst mal kleinen extrem billigen Transistor-Radios über- schwemmt - und wir Deutschen .... haben immer noch gelächelt.
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Wir müssen aber noch ein Stück weiter zurück bis 1962
Denn dort begannen die Japaner - insbesondere von Sony - mit den ersten Tonbandgeräten auf dem US-Markt (unter dem Namen Supercscope) und dort probierten sie alles das aus, das der Sony Chef Akio Morita bei seinem Besuch in New York so im Unterbewußtsein gespeichert hatte. - Dezent, seriös, geduldig und Qualität, Qualität und nochmals Qualität.
Dann so um 1968 setzte der große Hifi-"Boom" ein und die Japaner - allen voran auch wieder Sony - warfen eine gigantische Fülle an nicht nur überwiegend guten - sondern auch preiswerten - Hifi-Produkten auf den europäischen Markt. Und gleichzeitig boten kleine innovative deutsche Firmen erste japanische Video-Systeme, also Video-Kameras, Videorecorder und Monitore - zuerst von der Firma Sony - als Komplettpaket an. Andere Japaner folgten recht schnell.
Am Anfang waren die Video-Kameras alle grundhäßlich . . .
. . . . doch dafür kosteten sie nur etwa 20% vom deutschen Preis. Und sie konnten genau das, das die Kunden bzw. Käufer erst mal gebraucht hatten. Rechts im Bild ist eine Hitachi-Shibaden s/w Kamera zu sehen neben einer von Matsushita/Panasonic, ebenfalls noch ohne Farbe. Wir haben sie alle geschenkt bekommen.
Die optische Qualität des Fernsehbildes war mit 280 Linien vermeintlich jenseits von Gut und Böse, dachten die drei Platzhirsche, nämlich Philips, Grundig und natürlich die Darmstädter Fernseh GmbH mit ihren Studiokameras mit weit über der doppelten Auflösung.
Doch sie haben sich gründlich verschätzt und die Japaner an sich unterschätzt. Natürlich haben die Japaner auch hier erstmal "Testballons" gestartet und damit auch den machbaren Preis evaluiert. Daß diese offensichtlich primitiven Kameras überhaupt ein akzeptables Fernsehbild erzeugten, war für uns ein Wunder - und wir Deutschen . . . . . haben ab dann nur noch manchmal gelächelt.
Auch diese ersten Sony "open reel" Recorder von 1968 waren absolut unhandlich und (viel zu) schwer . . .
Es war der SONY CV-2100 ACD Recorder (oder eine frühere optisch baugleiche Version), der zusammen mit einer SONY Kamera und einem 9" oder gar 12" Monitor (natürlich auch schwarz weiß) für knappe 8.000.- Mark angeboten wurde. Der Unterschied zu den Geräten von Grundig und Philips für 200.000.- DM !!!! und aufwärts !!! war natürlich gewaltig.
Wegen dieser exorbitanten Preise war gar nicht daran zu denken, in Schulen und Universitäten dieses Medium "Video" überhaupt einzusetzen. Und so kamen wir auch gar nicht erst auf dumme Gedanken, was man damit alles machen könnte, es war ja sowieso eine Luftnummer. Doch für immer noch teure 8.000.- Mark, aha, da wurde diese unerreichbare Luftnummer aus der weiten Ferne auf einmal in eine ganz reale Nähe gerückt. Die Augen begannen zu leuchten. Fernsehen war möglich geworden. Mehr über dieses Angebot von 1968 steht auf dieser Seite.
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Oh weh - "Magere" 200 Linien waren da zu sehen
So etwas hat natürlich bei den Profis zu Lachanfällen geführt. Wie die Japaner damit jemals Erfolg haben wollten oder gar würden, das war die Grundlage für viele Scherze und Unkenrufe. Wer kauft denn solch einen Murks ? - war die Frage.
Offensichtlich hatten aber doch ganz viele die Gelegenheit ergriffen, bewegte Bilder selbst auf Magnetband aufzunehmen und nach eigener Lust und Laune wieder abzuspielen - also genau wie bisher mit dem Tonbandgerät oder dem Kassettengerät.
Und aus dieser Klitsche in FFm wurde eine Werksvertretung
Wie wir heute wissen, wurde nicht jeder Elektronik- oder Video-Krauter gleich eine Werksvertreung, auch nicht in den Anfängen der japanischen Invasion. Die Japaner haben die meisten ihrer Strategien in Amerika ausprobiert. Und sie hatten dabei auch Geduld. Dennoch, diese Frankfurter Firma saß in einem aufstrebenden Ballungsgebiet und war erstaunlich schnell erfolgreich. Die Sony Videoanlagen der ersten Stunden hatten zwar manche Probleme, aber sie funktionierten doch leidlich gut.
Für uns Deutsche ungewohnt, lernten die Japaner ganz erstaunlich schnell
Sony war damals schon der fernöstliche Technologie-Vorreiter und wenn Sony mit einer Idee oder einem Produkt Erfolg hatte, stapften die anderen Japaner in die vorbereiteten Pfade.
So wurde nach dem anfänglichen Marketing für Schulen und Lehranstalten als neue Zielgruppe bald die Familie mit gehobenem Lebensstandard. Dafür mußte aber das Design aufgehübscht werden. Die optisch primitiven Gurken waren da unverkäuflich. Und Sony brachte in kurzer Zeit eine neue Kamera nach der anderen heraus. Und uns Deutschen verging so langsam das Lächeln über diese kleinwüchsigen Schlitzaugen.
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Neue Ideen kamen auf - Eine neue Marktlücke - die Mobilität
Die SONY Recorder mit dieser 1/2" Band-Technik waren mit 40 Kilo - wohlwollend audsgedrückt - nicht gerade leicht. Auch in Schulen war diese Traglast für zwei Schüler unakzeptabel - wie damals bei dem ersten Magnettonbandgerät Phonorex von Max Ihle. Wie auf diesen Tonband-Seiten erzählt, schlummerte dieses Teil im Lehrerzimmer vor sich hin, es war einfach zu unhandlich.
Akai griff 1969 diese Marktlücke auf und entwickelte ein portables Video-Bandgerät auf der Basis von 1/4" Bändern. Von der Qualität her war es noch trauriger als das stationäre 1/2" Videogerät von Sony und den anderen Nachahmern.
Laut Datenblatt soll es 200 Linien aufgelöst haben, doch die Theorie ist geduldig. Bei nur geringster Verschmutzung des Kopfes sackte das ganz schön ab.
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In den Fernsehstudios standen die großen teuren Ampex, RCA oder Fese 2 Zoll Quadruplex Bandmaschinen in speziell befeuchteten und Luft gefilterten MAZ-Räumen. Diese Geräte hier sollten in der normalen staubigen Umgebung funktionieren.
In den Prospekten wurde viel geschummelt
Natürlich wurde diese neue Home- oder Hobby-Videotechnik lautstark angepriesen und von den Randbedingungen und Nachteilen wurde so gut wie nichts vermittelt. Warum auch. Es gab ja noch kein Internet und viele der bislang unbekannten aber erheblichen Macken sprachen sich nur schleppend rum. Diese Akai 1/4" Kisten standen nach den ersten Versuchen meist lange in irgendwelchen hinteren Schränken, bevor sie in Kellern endgelagert oder einem Musem geschenkt wurden.
Sie haben fast nie zufriendenstellend fuktioniert.
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Mit diesen neuen Videoanlagen wurde der 16mm Schmalfim abgeöst
Wie auch in Japan und in Amerika hatten die Japaner den Ausbildungs-Markt (education) im Visier. Der Aufwand einer Filmprojektion stand in keinem Verhältnis zu einer Videovorführung.
Auch Preis und Leistung unterschieden sich gewaltig, wie der Prospekt für eine protable Filmprojektion zeigte.
Und plötzlich bauten "sie" erstaunliche Farbkameras
So ab 1972 ging es Schlag auf Schlag. Den Europäern wurde kaum Zeit gelassen, mal zu veschnaufen oder Luft zu holen. Eigentlich kannte man das ja von unserem deutschen Vorzeigeunternehmer Max Grundig. Der trieb mit seinen Innovationen die ganzen anderen Fernsehgerätehersteller auch vor sich her, und ließ denen in ganz Europa auch kaum Zeit zum Verschnaufen. Jetzt dehte sich der Wind und blies allen - auch dem Max - frontal ins Gesicht.
Schaun Sie sich die Hitachi/Shibaden FP100 (1967/69) und die Hitachi/Shibaden FP1000 Farbkamera (1969/72) mit einem optisch nicht sehr präsenten Fujinon Zoom-Objektiv an. Die CCU steht unten drunter. Und alles für "einen Knopf und einen Klicker". Es waren zwar immer noch mehr als 40.000.- DM, aber überhaupt kein Vergleich zu den 200.000.- DM einer sogenannten preiswerten Industriekamera KCP40 der Fese. Die Studiokameras der Fese kosteten weitere 100.000.- DM - aber auf diese bereits genannten 200.000 noch oben drauf - also nahezu DM 300.000.- und das war schon recht viel.
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Das war aber bislang nur der Einstieg - denn bald kam es noch "viel schlimmer"
Wie auf unseren anderen Museums-Seiten bereits angeführt, hatten die Japaner große Mengen von eigenen guten Ideen, die sie nicht nirgendwo abkupfern konnten. Die SONY Trinitron Bildröhre ist solch ein Beispiel. Man denke nur an den Walkman, die Handycams und die Digi-Beta Technologie, alles von SONY, - und viele andere Innovationen.
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1985 - Sony erzwingt neuen 8mm Video-Kassetten-Standard
Für die Europäer war es nur eine neue Konkurrenz, für die Amerikaner war es eine Provokation. Es waren genau 8,0000mm und keine Zoll oder Inches oder diese merkwürdigen krummen Teilungen dieser angloamerikanischen Maßeinheit. Der ganze Zoll- oder Inch-Kram war hier in Europa sowieso nur nervig. Es gab ja bereits die 1/2 Zoll und 3/4 Zoll Bänder für Sonys U-matic (1971), Betamax (1975) und VCR (1971) und Video 2000 (1979) und natürlich VHS (1976) und eine Menge anderer breiterer Formate im Profibereich, also 1" und 2".
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Der nächste zeitgleiche Paukenschlag kam 1985 - "Handycam"
Zu den Glanzzeiten von Mr. Sony - Akio Morita - kamen viele Ideen von ihm selbst, sagt man. Akio Morita reiste in der ganzen Welt herum und fand die damalige mobile Videotechnik katastrophal, weil viel zu schwer. Ob er den diekten Auftrag zur dieser Entwicklung gab oder (nur) die Anregung, seine Ingenieure zauberten ein kleines "Teil" zusammen, das beinahe wie die CC-Kassette von Philips in wenigen jahren Weltgeltung errang.
Sony bzw. der Chef wußten damals bereits, was das Wort (Welt-) Marktführer für sie ein Segen oder auch ein Fluch sein kann, denn der Sony Walkman hatte über 90% Maktanteil.
Der Camcorder wurde geboren - bei Sony hieß er Handycam.
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