Die Lebensbiografie von Akio Morita (aus 1986), dem berühmten SONY Mitbegründer - Er war "Mister Japan"
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7. Kapitel - TECHNOLOGIE: EIN ÜBERLEBENSTRAINING
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Wenn unter unseren Füßen die Erde bebt
Wir Japaner sind von der Idee des Überlebens geradezu besessen. Buchstäblich jeden Tag bebt unter unseren Füßen die Erde. Der Alltag auf unseren Vulkaninseln ist gekennzeichnet durch das immerwährende Drohen von schweren Erdbeben, Taifunen, Springfluten, verheerenden Schneestürmen und Frühjahrsüberschwemmungen.
Unsere Inseln haben außer Wasser so gut wie keine Rohstoffe, und nicht einmal ein Viertel unseres Landes ist bewohnbar oder kommt als Anbaufläche in Betracht.
Das bißchen, das uns bleibt, gilt deshalb als besonders kostbar. Deswegen lernten wir die Natur zu achten, zu erhalten, gärtnerisch zu miniaturisieren und in der Technologie eine Überlebenshilfe zu sehen.
Wir Japaner halten uns nicht für ausgesprochen fromm, wenngleich wir es eigentlich sind; nach unserer gängigen Ansicht west und waltet Gott in Materie und Kreatur.
Wir sind Buddhisten, Konfuzianer, Shintoisten, Christen und zudem noch sehr pragmatisch. Bei uns heißt es oftmals im Scherz, die meisten Japaner kommen als Shintoisten zur Welt, leben nach Konfuzius' Lehren, lassen sich christlich trauen und nach buddhistischem Ritus begraben.
Wir haben zwar unsere eigenen Riten und Gebräuche und in jahrhundertealter religiöser Tradition wurzelnde Feste, aber es gibt keine Tabus. So steht es uns frei, nach der besten und praktikabelsten Weltanschauung zu suchen.
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Das Schlüsselwort und der Wertbegriff ist "Mottainai"
Zu den bedeutsamsten und seit ewigen Zeiten hochgehaltenen Wertbegriffen gehört >mottainai<, dem mit wörtlicher Übersetzung allerdings nicht beizukommen ist.
Mottainai ist ein Schlüsselwort, das zum Verständnis Japans, der Japaner und unserer Industrie entscheidend beitragen kann. Dem Sinne nach bedeutet Mottainai, diese Erde sei ein Geschenk des Schöpfers, für das man dankbar zu sein habe. Daher solle man nichts vergeuden.
Die wörtliche Übersetzung dagegen lautet respektlos, pietätlos, gottlos, unehrerbietig, als tiefere Nebenbedeutung ist Frevel an der göttlichen Weltordnung gemeint.
Wir Japaner sehen in allen Dingen ein heiliges Lehen, das uns nur befristet, aber zu bestmöglicher Nutzung übertragen wurde. Schamlose Vergeudung gilt als Sünde. Selbst liederlichen Umgang mit unbedeutenden Dingen wie etwa Wasser oder Papier bezeichnet man bei uns als Mottainai.
Kein Wunder, daß wir diesen über das rein Haushälterische und Substanzerhaltende weit hinausgehenden religiösen Begriff entwickelt haben. Ich weiß, daß er bis zu einem gewissen Grade auch im Westen und in anderen orientalischen Ländern gültig ist; doch in Japan hat er eine ganz besondere Bedeutung.
Im Angesicht schwerer Zeiten und permanent drohender Naturkatastrophen um die Existenzsicherung zu kämpfen und bei einem Minimum an heimischen Rohstoffen Güter produzieren zu müssen, wurde für die Japaner zur Lebenseinstellung; Vergeudung wurde daher als schändlich und verbrecherisch angesehen.
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Wie wir "Krisenmanagement" lernten
In alter Zeit, als Japan sich völlig isoliert hatte, mußte das Land aus eigener Kraft mit Katastrophen fertig werden. Es gab Hungersnöte, Erdbeben; die Holzhäuser unserer Städte fielen immer wieder verheerenden Feuersbrünsten zum Opfer, und die Bevölkerung mußte stets von vorn bei Null anfangen. So lernten wir Krisenmanagement.
Manch einer, der Japan gleich nach dem Kriege besuchte, wunderte sich darüber, wie sich die Japaner an den Wiederaufbau ihrer in Schutt und Asche gesunkenen Städte machten.
Mehrere dieser Besucher schrieben, wir hätten uns an die Arbeit gemacht, als ob wir von einer Naturkatastrophe heimgesucht worden wären wie am 1. September 1923, als das Große Kanto-Erdbeben *) in Tokio alle großen Gebäude zum Einsturz brachte und Hunderttausende von Häusern abbrannten.
*) Kanto ist die gut 16.000 km2 große Tieflandsbucht um Tokio. (A. d. Ü.)
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1946 noch überall zu sehen, das Erbe des Krieges
Die Brand- und Sprengbomben des Zweiten Weltkriegs richteten einen vergleichbaren Schaden an. Wenn ich 1946 von unserem vorläufigen Firmensitz im Shirokiya-Kaufhaus zum Tokyo-Bahnhof ging - ein Weg von vielleicht anderthalb Kilometern Länge —, kam ich an keinem heilgebliebenen Gebäude vorbei.
Aus den Trümmern ragten nur ein paar Schornsteine heraus, doch man sah zahllose unversehrt gebliebene Geldschränke herumliegen, die einmal in den zerstörten Geschäften und Fabriken gestanden hatten. Etwa eine Meile rings um den Bahnhof erstreckte sich ein einziges Trümmerfeld.
Tausende von B-29 >Superfortress< hatten wegen der dort konzentrierten Industrie (ein japanischer Planungsfehler! Fast die Hälfte aller Flugzeugmotoren wurde in einer einzigen Stadt gebaut; in zwei Städten wurden sämtliche japanischen Flugzeuge montiert; in drei Städten wurden 90 Prozent aller Kathodenstrahlröhren hergestellt) über den Großstädten ihre Brandbomben abgeworfen.
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Es ging bei uns schneller als z.B. in Deutschland
Wie nach der Naturkatastrophe, so wurde die Stadt auch nach den Luftangriffen mit einer Geschwindigkeit wiederaufgebaut, die selbst manche Japaner verblüffte.
Die an Entbehrungen und Notbehelf infolge von Naturkatastrophen gewöhnte Bevölkerung hauste in den Kellern der ausgebrannten Häuser (soweit vorhanden oder zugänglich) und bastelte sich aus Wellblech, Pappe und geborgenen Brettern und Hölzern einen vorläufigen Unterschlupf.
Man nahm das Mißgeschick als gegeben hin - doch nicht länger, als not tat. Daher machte man sich sofort an den Wiederaufbau. Was sich in den Trümmern an brauchbarem Material fand, wurde zunächst >irgendwie< zu Kochgelegenheiten zusammengebaut.
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Diesmal neue Wege beim Wiederaufbau
Beim Wiederaufbau der Stadt Tokyo suchte man neue Wege. Um das nächste Unheil - gleich wie, wann und in welcher Form es über uns kommen würde - besser zu überstehen, bemühte man sich um neue Bautechniken.
Das nach Plänen des großen amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright erbaute Imperial-Hotel zum Beispiel hatte die Erschütterungen durch das Erdbeben von 1923 verkraftet; also vertiefte man sich in Wrights Bauweise, um sie von der statischen Einsturzsicherheit her schließlich noch zu übertreffen.
In Erdbeben-Forschungslabors an der Tsukuba-Universität und andernorts wird die Bautechnik auch heute noch immer weiter verbessert. Fundamente und oberirdische Statik können jetzt durch Computersimulation auf Erdbebensicherheit getestet werden; die japanische Bautechnologie ist heute wahrscheinlich die beste der Welt - das muß sie auch sein, da von ihr unser Überleben abhängt.
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Nicht nur in Gelddingen - auch bei Rohstoffen sehr sparsam
Wir Japaner sind auch sehr sparsam, nicht nur in Gelddingen, wenngleich uns das hervorragend liegt. Als ich das erste Mal in Amerika war, bemerkte ich mit Erstaunen, daß die Amerikaner ihre Zeitungen wegwarfen. Mottainai, dachte ich.
Ich konnte es kaum glauben, daß man nach kurzem morgendlichem Überfliegen der Schlagzeilen das Blatt sofort zur Seite oder in den Papierkorb warf. Manche hoben ihre Zeitungen auch eine Weile lang auf, um sie dann säuberlich gebündelt auf den Müll zu werfen.
Als das Fernsehen aufkam, pflegten die Amerikaner das ausgedruckte Programm herauszureißen und bis Sendeschluß aufzubewahren; der redaktionelle Teil der Zeitung verschwand gleich im Mülleimer.
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Eine für einen Japaner erstaunliche Erfahrung
Zudem erstaunte mich der bloße Umfang der Zeitungen. Unsere japanischen Blätter sind viel dünner. Daß eine Zeitung wie zum Beispiel die >Sunday New York Times < gelegentlich mehrere Pfund wog, hatte ich noch nicht erlebt. Nach längerem Aufenthalt in Amerika kam es mir dann selbstverständlich vor, seine Zeitungen fortzuwerfen.
Eines Tages traf ich in New York einen schon eine Weile in Amerika ansässigen Landsmann. Er ließ mich ganz im Vertrauen wissen, wie verlegen er sei, weil er vor einem unlösbaren Problem stehe. Ob ich ihm vielleicht helfen könne?
Ich erklärte mich dazu gern bereit, doch wollte er sein Problem nicht gleich beim Namen nennen. »Sie müssen schon in meine Wohnung kommen«, beharrte er. Dort wurde mir sein Problem schlagartig bewußt. Das winzige Zimmer war mit Zeitungen buchstäblich vollgestopft; sie stapelten sich an den Wänden, füllten die Schränke und lagen auch unter dem Bett.
Der Mann brachte es nicht über sich, sie wegzuwerfen, wußte aber andererseits auch nichts mehr damit anzufangen. Zu seiner großen Erleichterung sorgte ich kurzerhand für Abtransport und erklärte ihm beruhigend, Mottainai sei in der amerikanischen Gesellschaft kein so tiefverwurzelter Wertbegriff wie zu Hause in Japan.
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Die Zahl unserer Zeitschriften und Bücher nimmt immer noch zu
Da wir praktisch alle lesen können, nimmt die Zahl unserer Zeitschriften, Bücher und Tageszeitungen immer noch zu. Außerdem brauchen wir Papier für Devotionalien, Lampenschirme und Fenster, als Werkstoff der Künstler sowie zum Verpacken und zu Dekorationszwecken jeder Art; Japan ist deswegen mit einem Jahresausstoß von über 190 Millionen Tonnen nach den USA der zweitgrößte Papierhersteller der Welt.
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1984 wurden bereits 50 Prozent des Papiers recycelt
Doch im Papier-Recycling sind wir Weltspitze; 1984 wurden 50% der Produktion der Wiederaufarbeitung zugeführt (in den USA waren es 27%, in Frankreich 34%, in der Bundesrepublik Deutschland 38%, in Holland 46% und in Großbritannien bloße 28%).
Eine altväterliche, doch effiziente Sammelmethode macht es möglich: Bei uns ziehen die Papierhändler in regelmäßigen Abständen mit dem Lautsprecher durch die Stadtviertel und tauschen Toilettenpapier gegen alte Zeitungen und Zeitschriften.
Auf den Straßen New Yorks würde ein solches Gewerbe vielleicht seltsam anmuten, aber klug und empfehlenswert wäre es wohl auch dort.
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Blicken wir auf Aluminium, Stahl, Glas, Zink, Kupfer und Blei
Bei Aluminium, Stahl, Glas, Zink, Kupfer und Blei findet bei uns ebenfalls in erheblichem Umfang eine Wiederaufbereitung statt. Zur Erleichterung des Ganzen wird der Haushaltsmüll von den Japanern bereits verläßlich vorsortiert.
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..... und jetzt zum Heizen :
Weil an Sparsamkeit gewöhnt, halten es die Japaner für sinnvoller und weniger aufwendig, mit einem fußwärmenden Kohlebecken oder Heizlüfter für ausreichende Körperwärme zu sorgen statt mit großem Energieeinsatz die ganze Wohnung zu heizen, damit sich eine oder zwei Personen vielleicht rundum wohl fühlen können.
Selbst die heißen japanischen Bäder sind für die ganze Familie gedacht (die eigentliche Körperreinigung findet vorher statt), um die Körpertemperaturen kurzfristig so zu erhöhen, daß man im Winter während des Nachtessens in den zugigen traditionellen japanischen Häusern nicht friert, bevor man sich schlafen legt.
In Amerika werden große Häuser im Winter geheizt und im Sommer gekühlt, damit es ein paar Menschen besser darin aushalten können. Die ältere Generation der Japaner, der ich schließlich auch angehöre, hält dies für Verschwendung, doch setzt sich diese Praxis in Japan inzwischen ebenfalls durch.
Manchmal muß man im Winter die Jacke ausziehen, weil das Büro überheizt ist; im Sommer der Klimaanlage wegen eine wärmende Jacke anziehen.
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Das mit der Art Sommer-Safarianzug klappte nicht
Nach dem zweiten Ölembargo versuchte der japanische Ministerpräsident, Masayoshi Ohira, unsere Beamten und zivilen Angestellten dazu zu bewegen, im Büro statt Hemd, Krawatte und Jacke eine Art Sommer-Safarianzug zu tragen, damit die Raumtemperaturen nicht mehr so stark heruntergekühlt zu werden brauchten; er selbst trug eine Weile einen solchen Anzug, zeigte sich gar den Pressefotografen in seinem sogenannten >Energiesparanzug<;
doch irgendwie sind die Japaner zu sehr auf steife Förmlichkeit bedacht, so daß eine ungezwungene Arbeitskleidung keinen Anklang findet.
Also schwitzt man lieber; denn zwecks Energieeinsparung wurden für den Sommer Mindest-(tiefst-)temperaturen vorgeschrieben, auf die heruntergekühlt werden durfte. Bei Sony legen wir zu jeder Jahreszeit Wert auf wohltemperierte Arbeitsräume; eine Tafel an unserem Verwaltungsgebäude weist alle Besucher auf die Gründe unserer Energiesparpolitik hin.
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Der Glaube an die schier unerschöpflichen Ölquellen
Bis zum ersten Ölembargo schienen viele Japaner zu glauben, unser Wirtschaftswachstum beruhe auf schier unerschöpflichen Ölquellen, die man nur zu finden und zu erschließen brauchte, um unsere Industrie in alle Ewigkeit expandieren zu lassen.
Mit der Ölkrise wurde uns die Bedeutung von >mottainai< wieder einmal bewußt gemacht. Gleichzeitig lernten wir die mit diesem Wertbegriff gemeinten Verhaltensmaßregeln besser anwenden, so daß wir heute (1984) trotz einer zwischenzeitlich kräftig expandierten Volkswirtschaft weniger Energie verbrauchen als im Jahre 1973.
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- Anmerkung : Das hate sich nach 1985 wieder geändert. Inzwschen haben die Japaner durch Fukushima gelernt, daß man noch deutlich mehr Energie einsparen muß als bislang überhaupt vorstellbar war. Klimaanlagen mußten gänzlich abgeschaltet werden.
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So wurde Öl in unseren Augen richtig kostbar
Die Fähigkeit der Japaner zu gemeinsamen Anstrengungen kam unserem Land während der beiden Ölkrisen zugute. Da Japan beinahe hundertprozentig von ausländischer Ölzufuhr abhängig ist, wurde Öl in unseren Augen so kostbar, daß Sparmaßnahmen das Denken und Trachten aller Japaner beherrschten.
Die gesamte Industrie des Landes wurde zur Energieeinsparung aufgefordert und angehalten, weniger energieintensive Verfahren und Produkte zu entwickeln. Dies lag im Grunde genommen genau auf unserer SONY-Linie.
Ibuka war von jeher ein leidenschaftlicher Verfechter verminderten Energieverbrauchs gewesen; hauptsächlich deswegen wollte er dem Transistor als Bauelement zum Durchbruch verhelfen.
Wir überprüften alle unsere Produktionsabläufe und Erzeugnisse und nahmen Änderungen vor, wo immer sich eine winzige Energiemenge einsparen ließ. Wenige Monate nach der Verkündung des Embargos hatten wir unsere Trinitron-Röhre von indirekter auf direkte Kathodenheizung umgestellt; dies brachte eine Energieersparnis von zwölf Prozent.
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Mein Patent der Plastik-Schaumabdeckung aus 1969
Als ich 1969 in Tokio-Aobadai ein neues Haus baute, hatte ich mich mit solcher Energiekostenanalyse auch schon beschäftigt. Ich wollte mir im Keller ein beheiztes Schwimmbad einrichten, was zwei Probleme aufwarf: erstens einmal würde die Feuchtigkeit in die Wohnetagen dringen; zweitens würde das Wasser sehr große, jedoch völlig nutzlose Wärmemengen abstrahlen.
Ich schlug beide Fliegen mit einer Klappe, indem ich eine Plastik-Schaumabdeckung entwickelte, die die gesamte Wasseroberfläche abdeckte und sowohl Feuchtigkeit als auch Wärme unter sich festhielt. Die Idee ließ ich mir in Japan und Amerika patentieren.
Die japanische Abhängigkeit vom Öl betrug fast 100%
1973 wetteiferten alle Hausgerätehersteller um Drosselung des Stromverbrauchs ihrer Geräte; verminderter Energiebedarf wurde ein wichtiges Wettbewerbskriterium und ein hervorragendes Verkaufsargument zugleich.
Zu meiner Enttäuschung mußte ich feststellen, daß man sich in anderen Ländern kaum um energiesparende Konstruktionsverbesserungen der Konsumgüter bemühte. Ich vermute daher, daß in Ländern wie Amerika und England auf Grund eigener Ölvorkommen der einzelne Bürger von den Folgen der Krise längst nicht so schwer betroffen worden war wie wir in Japan. Wir erkannten, daß wir mit dem Zudrehen des Ölhahns vollends am Ende wären.
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Wieder auf die japanische Landwirtschaft besinnen ?
Einige hemmungslose Pessimisten mahnten bereits, Japan solle sich beizeiten auf seine Landwirtschaft besinnen, um einer weiteren Zuspitzung der Lage begegnen zu können.
Bei realistischer Betrachtung war Öl aber nicht verknappt, sondern nur erheblich verteuert worden, doch wir sahen ein, daß sich unsere Gewohnheiten ändern mußten.
Verschwendung konnten wir uns nicht länger leisten. Jäh wurden wir aus unseren Träumen vom anhaltenden Wirtschaftswachstum gerissen. Während Japan 1973 mit einer Zunahme des Bruttosozialprodukts um 8,8 Prozent noch die größte Wachstumsrate aller Industrieländer aufweisen konnte, ging die Zuwachsrate nach dem ersten Olembargo im Jahr darauf auf minus ein Prozent zurück. Damit hatte Japan den kräftigsten Abschwung zu verzeichnen.
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Aus jeder Krise mußten wir zwangsläufig lernen
Wieder einmal sah Japan sich von einer Krise gefordert, doch begegneten wir ihr durch Steigerung der Effizienz. Unter Rückgriff auf modernste Technologien entwickelten wir sparsamere Leuchtmittel und leistungsfähigere Generatoren.
Besucher, die im Ginza-Viertel und in den Geschäftszentren anderer Städte die vielen flammenden Lichter sahen, wollten kaum glauben, daß Japan Energie sparte.
Die Fabriken gingen zur Nutzung von Abwärme und Abgasen über und lernten bei geringerem Energieeinsatz zu produzieren. Durch Übergang zu neuen Technologien wurde der Wirkungsgrad von Automotoren verbessert. Sehr schnell bemerkten wir, daß wir aus einem Faß Rohöl mehr Leistung herausholen konnten als beinahe die gesamte internationale Konkurrenz.
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Weniger Flächenausdehnung bedeutet effizienteres Transportwesen
Interessant ist übrigens in diesem Zusammenhang, daß in Japan auf Grund seiner geringen Flächenausdehnung im Transportwesen weitaus weniger Mineralöl verbraucht wird als von der produzierenden Industrie.
In den Vereinigten Staaten verhält es sich genau umgekehrt. Dort werden mehr als fünfzig Prozent des nationalen Rohölbedarfs von den Verkehrsmitteln verschlungen.
Eine Zeitlang haben wir die Briten um ihr Nordseeöl beneidet, doch als die Preise zu purzeln begannen und die Welt seit Beginn der achtziger Jahre vor einer Ölschwemme steht, ist das teure Nordseeöl zu einer Belastung der englischen Volkswirtschaft geworden.
Wir sind immer noch zu 99,7 Prozent von Importöl abhängig; der gesamte Aluminium-, Eisenerz- und Nickelbedarf, über 95 Prozent des Kupfererz- und über 92 Prozent des Erdgasbedarfs müssen durch Importe gedeckt werden. Wir müssen jederzeit befürchten, von der Versorgung abgeschnitten zu werden.
Für diesen Ernstfall versuchen wir Erdöl in Lagertanks und aufliegenden Supertankern jederzeit für mindestens hundert Tage in Vorrat zu halten. Dies ist natürlich eine kluge, vorausschauende Maßnahme, gleichzeitig aber, meine ich, ein Rückgriff auf während schwerer Zeiten unserer Vergangenheit erlerntes Verhalten.
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Weil wir sie nicht haben, werden Metalle besonders hoch wertgeschätzt
Wenn man von Kindesbeinen an zu hören bekommt, daß jeder metallische Gegenstand, den man gerade in der Hand hat, aus Erz entstanden ist, das in fernen Ländern abgebaut und für teures Geld nach Japan geschafft wurde, um hier verhüttet zu werden, wozu Gas und Kohle aus anderen fernen Ländern benötigt werden, bekommen solche Gegenstände einen besonderen Wert.
In Amerika mag es ja zweckmäßig sein, die Produktion von Kraftfahrzeugachsen aufzunehmen und bei späterer Qualitätskontrolle des Fertigprodukts alles auszusondern, das den Standards nicht genügt.
In Japan kann man das aufgrund einfacher Wirtschaftlichkeitsüberlegungen nicht machen. Nach der Philosophie der japanischen Industrie ist jeder Mitarbeiter zugleich auch Prüfer, der darüber zu wachen hat, daß die Erzeugnisse in jedem Stadium des Produktionsprozesses den vorgegebenen Anforderungen entsprechen.
Für uns etwas absolut Selbstverständliches. Diese vorsichtige, material- und energiesparende Philosophie leistet uns gute Dienste. In Amerika rechnet man von vornherein mit einer bestimmten Ausschußquote, doch wir versuchen jeglichen Ausschuß zu meiden.
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Unsere Ausbute bei Transistoren lag anfänglich bei 5%
Man wird sich daher vorstellen können, wie besorgt wir angesichts unserer geringen Mittel zu Beginn der fünfziger Jahre waren, als bei der Produktion unserer ersten Transistoren die Ausbeute, das heißt das Verhältnis von brauchbaren zu unbrauchbaren Stücken, bei nur fünf Prozent lag.
Vorrangigste Aufgabe aller an der Transistorproduktion Beteiligten war es daher, den Anteil auf über neunzig Prozent zu steigern. Nach etlichen Monaten rastloser Arbeit war uns die Umkehrung der Verhältnisse dann geglückt.
Ich selbst bemerkte sehr schnell, daß Sony die Garantieleistungen in Übersee so teuer zu stehen kommen würden, daß es auf lange Sicht billiger wäre, in jedem Produktionsstadium für Qualitätssicherung zu sorgen.
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In Amerika wurden Rohstoffe geradezu verschwendet
Außerdem erkannte ich, daß die Amerikaner mit Rohstoffen viel gleichgültiger umgehen als wir Japaner. Amerika hat von allem - Öl, Kohle, Kupfer, Gold, Uran, Holz usw. - so reichlich, daß sich dort selbst heute offenbar noch niemand ernsthaft um Einsparungen bemüht.
Das erinnert mich an die amerikanische Redensart: >Wo das herkommt, da gibt es noch viel mehr davon<. Solche Sprüche kennt man in Japan nicht.
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Von unseren Schriftzeichen zur Genauigkeit gezwungen
Unsere Bevölkerung scheint sich von Hause aus auch mehr um Präzision zu bemühen. Das muß von der peinlichen Genauigkeit herrühren, die die komplizierten Schriftzeichen unserer Sprache bereits dem Erstkläßler abverlangen. Doch gleichviel, aus welchem Grunde.
Wenn wir einem Japaner zum Beispiel eine Toleranz von plus/minus fünf Maßeinheiten vorgeben, dann bemüht er sich automatisch, dem Sollwert so nahe wie möglich zu kommen. Als wir in Amerika mit der Produktion begannen, folgten die Arbeiter auf das genaueste unseren Anweisungen.
Bei gleicher Vorgabe lagen die Ist-Werte immer innerhalb der Toleranzgrenzen, doch kamen sie dem Sollwert nur selten so nahe wie in Japan.
Wir machten uns deswegen Gedanken und fanden sehr schnell Abhilfe: Bei den für Amerika gedachten Spezifikationen ließen wir nur eine Toleranz von plus/minus zwei Maßeinheiten gelten, und innerhalb dieser Grenzen erfüllten die amerikanischen Arbeiter jederzeit unsere Erwartungen.
Wenn wir den Amerikanern einen Spielraum von plus/minus Null vorgeben, dann halten sie sich auch daran, doch man muß es ihnen halt ausdrücklich vorschreiben.
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Es lag an uns, die richtigen Vorgaben festzulegen
Ich möchte dem ausländischen Arbeiter keineswegs zu nahe treten; nur: wer an andere Auffassungen und Arbeitsweisen gewöhnt ist, an den muß man eben auf andere Weise herantreten. Ich bin mir ganz sicher, daß amerikanische Führungskräfte, die es in Japan mit heimischen Arbeitern zu tun hatten, ähnlich interessante Erfahrungen machten.
Als wir in San Diego Fernsehgeräte zu montieren begannen, waren unsere Arbeitskräfte so unerfahren, daß wir uns zu Recht um die Produktqualität sorgen mußten.
Wir hatten den ahnungslosen Mitarbeitern eine Vorstellung zu vermitteln, was von ihnen erwartet wurde, und warum wir es von ihnen erwarteten. Wir setzten uns mit Mike Morimoto, Junidri Kodera und Ron Dishno, den für den Montagebetrieb Verantwortlichen, zusammen und hatten im Nu die einfachste Lösung gefunden: wir demonstrierten jedem einzelnen Mitarbeiter, wozu mangelnde Sorgfalt in seinem speziellen Aufgabenbereich führt.
Wir zeigten ihnen zum Beispiel Geräte, die an ganz bestimmten Punkten kalte Lötstellen aufwiesen, so daß sie sich von den Folgen für die Bildqualität überzeugen und den Ursachen rückwärts nachgehen konnten. Sehr schnell wurde daraufhin die gleiche Qualitätsarbeit wie in Japan geliefert.
Nach der Betriebseröffnung in Bridgend/Wales holten wir die dort hergestellten Bauteile eine Zeitlang zur Endkontrolle nach Japan, um sie anschließend wieder, zum Einbau freigegeben, nach Großbritannien zurückzuschicken. An dieser Praxis hielten wir so lange fest, bis wir sicher sein konnten, daß alle Bauteile unseren Qualitätsnormen entsprachen.
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Die japanischen Schriftzeichen und die Technologien
Wir Japaner haben uns schon immer mit großem Eifer um die Entwicklung eigener Technologie bemüht sowie fremde Technologien aufzugreifen und so zu modifizieren versucht, daß sich brauchbare Produkte oder Verfahren ergaben.
Wir benutzen in unserer Sprache noch immer chinesische Wortzeichen, daneben eine rein japanische Silbenschrift, die die recht einfache chinesische Grammatik sozusagen höchst kompliziert überlagert.
Dann haben wir noch eine zweite Silbenschrift, die als Lautschrift für Fremdwörter gedacht ist. Damit läßt sich jedes neu aufkommende Fremdwort (zumindest so, wie es bei uns ausgesprochen wird) in die Sprache aufnehmen, ohne auf eine Folge wesentlich komplizierterer chinesischer Schriftzeichen zurückgreifen zu müssen.
Geschriebenes Japanisch eignet sich auch sehr gut zum Schnell-Lesen: Um den Sinn eines Schriftstücks zu erfassen, braucht man sich mit flüchtigem Blick nur um die chinesischen Zeichen zu kümmern. Auch das ist Technologie.
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Die Legende der zwei portugiesischen Musketen
Es war purer Zufall, daß sich einige Portugiesen an Bord eines chinesischen Kauffahrteischiffes (vielleicht war es auch ein Pirat, es läßt sich nicht mehr genau feststellen) befanden, das 1543 auf der Reede der kleinen, der Südküste Kyushus vorgelagerten Insel Tanegashima ankerte, um sich mit Proviant und Wasser zu versorgen.
Die Portugiesen hatten zwei Musketen dabei, mit denen sie auf der Insel jagten, während das Schiff neue Vorräte übernahm. Als Tokitaka, der Herr der einsamen Insel, die fremden Waffen sah, wollte er sich damit vertraut machen.
Die Portugiesen brachten ihm offenbar das Schießen bei; denn als das Schiff auslaufbereit war, wollte Tokitaka die beiden Musketen nicht mehr missen und kaufte sie den Portugiesen gegen teures Geld ab.
Danach ließ er sich seinen geschicktesten Schwertschmied kommen und die Waffen originalgetreu nachbauen. So wurden in Japan die Feuerwaffen eingeführt.
Dem Vernehmen (die Legende) nach war die japanische Variante, heute >Tanegashima< genannt, nach wenigen Jahren bereits besser als das portugiesische Original; doch möchte ich mich dafür nicht verbürgen.
Die Japaner waren jedenfalls fortan von Schußwaffen fasziniert, bis diese Verblendung 1945 ein tragisches Ende fand.
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Wir haben so gut wie keine japanische Rüstung (in 1985)
Heute steht die japanische Rüstung an letzter Stelle aller Industriestaaten.
Auf Fürst Tokitakas kleiner Insel befindet sich jetzt das Raketenabschußgelände des Amts für Raumerschließung; wegen der geografisch günstigen Lage werden von dort aus unsere Fernmelde- und Wettersatelliten gestartet. Es ist eine Ironie der Geschichte, daß Tanegashima damit zum zweiten Male in der japanischen Spitzentechnologie eine bahnbrechende Rolle spielt.
Doch was heute dort erforscht und erprobt wird, gibt uns Überlebenshilfe. Über die geostationären Satelliten können wir mit der übrigen Welt kommunizieren, und die von den Wettersatelliten gewonnenen meteorologischen und sonnenobservatorischen Daten stellen wir auch anderen Staaten des westlichen Pazifik zur Verfügung.
Die verschleppten Handwerker aus Korea im 16.Jahrhndert
Im sechzehnten Jahrhundert fielen japanische Soldaten unter Toyotomi Hideyoshi in Korea ein; unter den Menschen, die sie nach Japan verschleppten, waren auch Töpfer und Metallhandwerker, die in Japan damals noch unbekannte Techniken zu hoher Kunst vervollkommnet hatten.
Von ihnen lernten unsere Kunsthandwerker. Wie man sieht, war der japanische Hunger nach neuen Technologien zu allen Zeiten groß. Ich sprach bereits davon, daß wir in der Meiji-Ära die für uns neuen Technologien des Westens eifrig übernahmen und von Reifröcken bis hin zu Dampflokomotiven alles selbst zu produzieren lernten.
Doch meine Vorstellungen von Technologie und ihrem Nutzen für die Menschheit fangen nicht bei den neuesten Erfindungen irgendeiner Epoche an. Man kann im Besitz höherer Technologie sein, ohne sie vernünftig anwenden können zu müssen. Daneben kann man sich mit einfachster Technologie am Leben halten.
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Die schier unglaubliche Geschichte von Unteroffizier Yoichi Yokoi
Als im Januar 1972 zwei Fischer auf Guam in einer einsamen Gegend in der Nähe des Talofofo Flusses durch das Schilf wateten, um ihre Garnelenreusen aufzustellen, bemerkten sie plötzlich eine sonderbare Bewegung. Sie blieben stehen und warteten.
Kurz darauf teilte sich das Schilf, und ein kleiner, hagerer, bärtiger Mann in einer Art Sackleinenuniform kam zum Vorschein. Als er die Fischer erblickte, bekam er einen solchen Schreck, daß er seine eigenen Reusen fallen ließ und die Arme bittend in die Höhe hob, um gleich darauf den einen Fischer unverhofft anzuspringen.
Gemeinsam war der merkwürdige Zeitgenosse jedoch zu überwältigen; sicherheitshalber fesselte man ihm die Hände und brachte ihn zum nächsten Polizeirevier. Dort nahm der Mann Habtachtstellung ein und stellte sich als Unteroffizier Yoichi Yokoi von der Nachschubtruppe des Kaiserlich japanischen Heeres vor.
Als die Amerikaner 1944 Guam zurückeroberten, hatte er sich versteckt und achtundzwanzig Jahre lang Entdeckung und Gefangennahme auszuweichen verstanden.
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Wie er sich am Leben erhielt
Wie er sich am Leben erhielt, ist eine schier unglaubliche Geschichte. Yokoi, ein gelernter Schneider, wurde 1941 eingezogen. Er diente in einer Nachschubeinheit in China, bevor er im März 1944, kurz vor dem Fall der Insel, nach Guam versetzt wurde. Nach der Landung der Amerikaner war er für tot erklärt und posthum zum Feldwebel befördert worden. Am Familienaltar wurde zwar eine Gedenktafel angebracht, doch beide Eltern starben im festen Glauben, daß der Sohn noch am Leben sei.
Yokoi wurde ins Krankenhaus gebracht und untersucht. Er war ein wenig blutarm, doch ansonsten bei bester Gesundheit. Vor dem Abtransport ins Spital verlangte er lediglich >irgend etwas Salziges< zu essen; denn auf Salz hätte er achtundzwanzig Jahre lang verzichten müssen. Gelebt hatte er in einer Erdhöhle in der Nähe eines kleinen Wasserlaufs. Die Höhle, etwa zweieinhalb Meter tief, hatte er mit einer alten Artilleriekartusche gegraben, das Dach ruhte auf Bambusstützen. Yokoi hatte Wasserabzugsgräben angelegt und selbst an eine Latrine gedacht.
Als die Amerikaner die Insel besetzten, hatte er seine Heeresuniform befehlsgemäß verbrannt und sich mit zwei Kameraden zur unbewohnten Seite der Insel durchgeschlagen. Dort habe man sich getrennt, erzählte Yokoi, allerdings seien die Kameraden bereits Jahre vor seiner Entdeckung verstorben.
Aus dem Rindenbast des Pagodenbaums drehte Yokoi Fäden, die er auf einem primitiven Rahmen zu Tuch verwob. Da er seine Schneiderschere gerettet hatte, konnte er Hosen, Hemden und Jacken zuschneiden. Nadeln hämmerte er sich aus Patronenhülsen. Ein weggeworfener MG-Kasten und leere .50er Hülsen dienten als Aufbewahrungsgefäße.
Aus Strandgut - Sackleinen, Draht, leere Bierdosen, Plastik - verfertigte Yokoi Gürtelschnallen, Knöpfe usw. Aus dem Fruchtfleisch der Nüsse preßte er Öl, das in den Schalen aufbewahrt wurde; aus den Kokosfasern flocht er Stricke und Lunten, die - einmal entzündet - tagelang glommen; das erste Feuer hatte Yokoi durch Aneinanderreihen von Hölzern entfacht. Er aß Ratten, die sich in seinen Schlingen verfangen hatten; hin und wieder war es auch ein Stück Rotwild, das er zerlegte und in einer Art Korb in die Abzugsöffnung seiner Höhle hängte, um es über dem Feuer zu räuchern.
Er fing Süßwasserkrabben und Fische und zog sogar ein paar Gemüsepflanzen. Yokoi wurde zu Hause wie ein Kriegsheld empfangen. Er bekam seinen Sold nachgezahlt, schrieb ein Buch, und heute hält er Vorträge über das Leben mit der Natur.
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Die ständige Suche nach Mitteln und Wegen zum Überleben
Zum Glück wird den meisten von uns Feldwebel Yokois Schicksal erspart bleiben.
Ich habe seine Geschichte nur erzählt, um noch einmal darauf zu verweisen, daß Technologie und Überleben in elementarster Form in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen können. Technologie bezieht sich also nicht nur auf die wunderbaren Dinge, die unser Dasein heute so bequem und sorglos machen.
Vielleicht liegt es an der ständigen Suche nach Mitteln und Wegen zum Überleben, daß sich unsere Wissenschaft zu Lasten der Theorie mehr der Praxis zuwendet. Wir haben eine Menge fremde Grundgedanken übernommen und in brauchbare Objekte umgesetzt, die in manchen Fällen von den Schöpfern der jeweiligen Technologie noch nicht einmal geahnt worden waren.
Das kann natürlich gar nicht anders sein. Trotzdem denke man noch einmal daran, wie wir den Transistor für rundfunktechnische Zwecke umstrukturierten. Heute entwickeln wir neue Werkstoffe und Elemente für Geräte und Maschinen, die erst auf dem Reißbrett existieren; doch wir wissen, daß diese Teile in der Realisierungsphase einmal gebraucht werden.
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Eine neue Technologie ins Bewußtsein der Öffentlichkeit rücken
Die größte Schwierigkeit jedoch besteht darin, eine neue Technologie ins Bewußtsein der Öffentlichkeit zu rücken. Sind einmal die damit verbundenen Vorteile bekannt, will niemand sie mehr missen. Welche Hausfrau möchte wieder an den Waschtrog zurück?
Ein anderes Beispiel: Bevor sich Computer und bordeigene Mikroprozessoren durchgesetzt hatten, erkannten nur sehr wenige, daß es einmal so wirtschaftliche, bequeme und sichere Autos wie die der jetzigen Generation (1985) geben würde, weil erst der Computer derartige Konstruktionsverbesserungen ermöglichte.
Manche Modelle bieten erhöhte Sicherheit, weil Sensoren bei einbrechender Dunkelheit automatisch die Beleuchtung einschalten oder bei den ersten Regentropfen bereits die Scheibenwischer betätigen.
Kleinere, wirtschaftlichere Motoren verdanken ihre besondere Effizienz gleichfalls winzigen Bordcomputern. Besonders belastete Motorenteile werden in zunehmendem Maße aus keramischen Werkstoffen gefertigt, so daß deren größerer Hitzebeständigkeit wegen die Motoren im ganzen immer langlebiger werden.
Stahl wird durch neuartige Kunststoffe ersetzt. In der Autoelektrik werden Glasfaserkabel in Kürze den herkömmlichen Kupfer- oder Aluminiumdraht entbehrlich machen.
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