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Die Lebensbiografie von Akio Morita (aus 1986), dem berühmten SONY Mitbegründer - Er war "Mister Japan"

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Wieder ein Rückblick auf die Meiji-Ära

Das war nicht immer so. Seit der Meiji-Ära bestimmten die >zaibatsu< das Wirtschaftsgeschehen, alle gewerkschaftlichen Organisationsbestrebungen wurden als radikal oder kommunistisch gebrandmarkt.

Bis zum letzten Krieg gab es keine wirkliche Demokratie im Lande. Bergleute und Fabrikarbeiter wurden ausgebeutet. Lebenslange Beschäftigung wurde sehr einseitig ausgelegt, das heißt von der Arbeiterschaft wurde zwar verlangt, nur >einem Herrn zu dienen<, aber der Arbeitgeber selbst konnte nach Belieben - selbst fristlos - entlassen.

Das betriebliche Ausbildungswesen war nicht weniger berüchtigt. Wenn ein Lehrling in einen Betrieb eintrat, mußte er zunächst einmal einige Jahre lang unentgeltlich arbeiten, man nannte das >Gefälligkeitsdienst<.

Bei zehn oder zwölf täglichen Arbeitsstunden bekamen die jungen Leute durchschnittlich einen oder zwei Tage im Monat frei. Glücklicherweise wurde uns nach dem Kriege ein Arbeitsrecht aufgezwungen, zu dem die westlichen Länder allerdings auch erst nach vielen Jahren der Ausbeutung und der Arbeitskämpfe gefunden hatten.
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Nicht alle Unternehmer waren Ausbeuter .....

In der schlechten alten Zeit waren zwar nicht alle Unternehmer Ausbeuter; dennoch gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen dem paternalistischen Prinzip jener Tage und dem egalitären, auf Schicksalsgemeinschaft abstellenden System der Gegenwart.

Ich selbst kann Personalentlassungen beim besten Willen nichts Gutes abgewinnen. Wenn der Unternehmer das Risiko der Personaleinstellung tragen will, bleibt er auch für die ständige Beschäftigung im Wort.
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Die folgende Meinung hatte Akio Morita später doch geändert

Die Hauptverantwortung für Betriebserweiterungen fällt nicht dem Arbeitnehmer zu; weshalb soll er also in Krisenzeiten unter einer Unternehmerentscheidung leiden?

Deshalb greifen wir in Phasen der Hochkonjunktur nur sehr zurückhaltend zu Neueinstellungen. Da wir uns als Schicksalsgemeinschaft sehen, verzichtet das Unternehmen während einer Rezession gern auf Gewinne, um die Belegschaft halten zu können; es kann durchaus sein, daß Lohnerhöhungen und Gratifikationen gestrichen werden müssen.

Schwierige Zeiten müssen von allen gemeinsam bewältigt werden. Unsere Belegschaft weiß, daß das Management sich keine üppigen Gratifikationen bewilligt - die stehen nur unseren Arbeitnehmern zu, und für unsere leitenden Angestellten - ich sagte es schon - gibt es keine >goldenen Fallschirme<, dafür die Garantie lebenslanger Beschäftigung und die Möglichkeit zu konstruktiver Arbeit.
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Wo wird im Zweifelsfalle zuerst gespart ?

Zeichnen sich Schwierigkeiten ab, werden zunächst einmal die Bezüge der Topmanager gekürzt, ehe andere Einkommenseinbußen hinnehmen müssen.

Ich möchte meine leitenden Angestellten nicht zu dem Glauben verleiten, daß sie eine besondere Rasse wären und von Gott persönlich dazu ausersehen, die stupide Masse anzuleiten, Wunderdinge zu tun. Ich möchte diese Auffassung deswegen nicht aufkommen lassen, weil im Geschäftsleben einige besondere Regeln gelten.
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Der Vergleich mit der Welt der Künstler

In der Welt der Künste zum Beispiel läßt man nur als Künstler gelten, wer hervorragende, unnachahmliche Leistungen erbringt oder seine Virtuosität unter Beweis stellt. Niemand hätte es sich etwas kosten lassen, um Horowitz, Kempff oder Serkin am Klavier zu hören, wenn nicht alle drei herausragende Interpreten gewesen wären.

Ohne Übertreibung läßt sich sagen, daß es bei einem Trapez- oder Hochseilkünstler nicht anders ist. Sie alle haben erst nach endlos langem, hartem Training ihre exzellente Technik erlernt.

Das Wichtigste aber ist: sie alle wissen, daß dem Publikum auch nicht der kleinste Fehler entgeht. Ein Fehler könnte die ganze Karriere ruinieren, und für einen Zirkusartisten kann er gar tödliche Folgen haben.
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Im Mangement ist es anders

Ein Manager hingegen kann sonderbarerweise jahrelang Fehler machen, ohne daß es jemand bemerken muß. Anders gesagt: Betrug und arglistige Täuschung sind nicht von vornherein auszuschließen.

Der Grund hierfür liegt darin, daß trotz der Arbeit der Harvard Business School und anderer Universitäten und der zunehmenden Zahl der MBA-Absolventen die unternehmerische Leistung sich nicht immer an den Zahlen des nächsten Vierteljahres-Abschlusses messen läßt.

Die Geschäftsleitung legt vielleicht gute Abschlüsse vor, ruiniert aber möglicherweise das Unternehmen, wenn sie versäumt, in die Zukunft zu investieren.
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Die Bewertung eines Managers

Ich meine, die Leistungsfähigkeit eines Managers wird daran gemessen, wie erfolgreich er eine große Anzahl Menschen organisieren und jeden einzelnen im Rahmen koordinierter Anstrengungen zur höchsten Effizienz führen kann.

Wie gesagt, so verstehe ich unternehmerisches Können. Mit roten oder schwarzen Zahlen läßt sich nichts aussagen, weil jedes Unternehmen ohne eigenes Verschulden von heute auf morgen in die Verlustzone geraten kann.

Vor nicht allzu langer Zeit sagte ich meinen Managern: »Sie sollen ihren Mitarbeitern nicht beweisen, daß Sie ein Artist auf dem Hochseil sind, sondern ihnen zeigen, mit welchen Mitteln Sie versuchen, eine große Zahl von Menschen dazu zu bewegen, Ihnen gern und begeistert zu folgen, um so zum Erfolg des Unternehmens beizutragen. Wenn Ihnen das gelingt, stimmen die Bilanzen von selbst.«
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Harvey Schein - und die verschiedenen Führungsstile

Es gibt verschiedene Führungsstile, die nicht auf jedes Umfeld zu übertragen sind. Von 1972 bis 1978 war Harvey Schein geschäftsführender Direktor der Sony America. Unter seiner Leitung erlebte das Amerika-Geschäft einen bemerkenswerten Aufschwung.

Seine Grundeinstellung war nicht japanisch, beruhte vielmehr auf nüchterner, zielbewußter Logik, die geradenwegs auf ihr Ziel zusteuert. Die Schwäche der Logik ist, daß in diesem Spiel nur wenig Platz für den Menschen ist.

Unser altes, den Familiensinn betonendes Führungsprinzip war in den Vereinigten Staaten nicht üblich oder nur sehr selten anzutreffen, obwohl es Tom Watson sen. gelungen war, die IBM durch eine mitarbeiterorientierte Unternehmenspolitik zu einem Industriegiganten zu machen.

Nur einige kleinere amerikanische Konzerne orientierten sich an seinem Beispiel. Schein glaubte, daß ein Führungsstil dieser Art eine Expansion der Sony America unmöglich mache. Nach vielen Gesprächen gestand ich ihm die Reorganisation nach seinen Vorstellungen zu, weil ich glaubte, dieses interessante Experiment in gewissen Grenzen vertreten zu können.

Schein amerikanisierte das Unternehmen von Grund auf. Er entließ ein paar Spitzenmanager, stellte einen neuen Stab zusammen und führte ein Planungssystem mit genauer Kontrolle des Finanzbereichs ein (er selbst begnügte sich bei Inlandsflügen mit einem Sitz in der Touristenklasse). Er bedachte alles unter dem Gesichtspunkt der Kosten, und es gab niemanden, der besser als er Gewinnchancen witterte und nutzte.
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1975 war unser Betamax-System marktreif

Als das Betamax-System 1975 marktreif war, schwebte mir eine gewaltige Werbe- und Einführungskampagne ohne Rücksicht auf Etat-Überlegungen vor. Da nunmehr erstmals ein richtiger Heim-Video-Recorder zur Verfügung stand, glaubte ich die potentielle Kundschaft nur durch einen aufwendigen Werbefeldzug vom wahren Gebrauchswert des Geräts überzeugen zu können.

Mein Sony-Amerika-Chef aber wollte kein Geld herausrücken. Wenn die teure Werbung keinen hinreichenden Absatz nach sich ziehe, würden wir draufzahlen, meinte er.

»Harvey, denken Sie doch nicht immer nur an Augenblicksgewinne«, erklärte ich ihm immer und immer wieder. »Sie müssen doch auch bedenken, welche Ertragslage wir in fünf oder zehn Jahren haben werden.«

Aber Harvey hatte von Einführungswerbung seine eigenen Vorstellungen, und die genügten ihm vollauf.
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Die Markteinführung rückte näher

Je näher das Markteinführungsdatum rückte, desto besorgter wurde ich. Ich hätte gern gewußt, wie Harveys Kampagne aussehen sollte und welchen Erfolg sie haben würde.

Was ich in Erfahrung brachte, machte meine Besorgnis nur noch größer; denn ich hielt seine Maßnahmen weder für massiv noch eindrucksvoll genug, um dem innovativen Charakter dieses brandneuen Produkts gerecht zu werden.

Ich machte mit der Familie in unserem Sommerhaus bei Karuizawa Urlaub, aber meine Gedanken kreisten ausschließlich um das Problem der Einführung des Betamax-Systems (in USA).
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Zum ersten Male in meinem Leben jemanden angeschrien

Eines Nachts wälzte ich mich, schlaflos vor Besorgnis, hin und her, bis ich es nicht mehr aushielt, zum Telefon griff und New York anrief. Harvey war gerade in einer Besprechung, aber ich ließ ihn herausholen und schrie ihn an: »Wenn Sie in den nächsten beiden Monaten nicht eine oder zwei Millionen Dollar in die Betamax-Kampagne stecken, fliegen Sie raus!«

Ich hatte noch nie mit Hinauswurf gedroht, Harvey hatte mich noch nie schreiend erlebt. Er war beeindruckt. Er rückte das Geld heraus, und Betamax wurde ausgezeichnet und gekonnt eingeführt. Später entdeckte ich, daß SonAm das Geld an anderer Stelle abgezogen hatte, so daß der Gesamtetat für Werbung unverändert blieb.

Man hatte, da sich unsere Audio- und Fernsehgeräte damals hervorragend verkauften, kurzerhand die entsprechenden Einzeletats gekürzt. Vielleicht hätte sich der Absatz noch weiter steigern lassen, wenn die Betamax-Einführung nicht zu Lasten dieser beiden Bereiche gegangen wäre.
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In USA ist Gewinnerzielung das Hauptziel

An Scheins amerikanischen Führungsmethoden störte mich besonders, daß Gewinnerzielung das Hauptziel war. Nach meiner Meinung brauchen die Gewinne nicht so hoch zu sein, weil die Aktionäre in unseren japanischen Gesellschaften nicht auf kurzfristige Rendite sehen.

Ihnen ist langfristiges Wachstum und Wertsteigerung lieber. Wir erhalten Bankkredite zu günstigen Zinssätzen und brauchen keine vorzeitige Kündigung zu befürchten.

Natürlich müssen auch wir Gewinne machen, aber nicht kurzfristig, sondern langfristig. Dies bedeutet, daß wir fortwährend in Forschung und Entwicklung - bei Sony seit langem regelmäßig 6% der Umsatzerlöse - sowie in Dienstleistungen investieren müssen.
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Kundendienst durfte und dürfe nie lästig sein

Oft genug hieß es, der Kundendienst sei nur lästig. Sobald sich irgendwo diese Auffassung breit machte, ließ sofort die Qualität des Kundendienstes merklich nach.

Durch die Ersatzteillagerhaltung erhöhen sich die Bestände und damit die Zinskosten. Folge man den Theorien der Harvard Business School, hieß es, müsse man die Reduzierung der Ersatzteilbestände anstreben. Als wir in Kansas City ein zentrales Ersatzteillager mit weitgespanntem Kundendienstnetz planten, konnte ich Harvey Schein und das übrige SonAm-Management nur mit Mühe von Sinn und Notwendigkeit des Vorhabens überzeugen.

Ich sagte ihnen immer wieder vor, daß man durch Verzicht auf Investitionen vielleicht kurzfristig Gewinne erzielen kann, eigentlich aber werden dabei nur Erträge des in der Vergangenheit geschaffenen Betriebsvermögens abgeschöpft. Gewinne sind notwendig, aber durch Investitionen muß man Werte schaffen, die sich in der Zukunft auszahlen.
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Akio Moritas Denke und seine Vorgaben

In der modernen Elektronik-Industrie ist alles schnellem Wandel unterworfen. Sicher können wir nur sein, daß es keinen Stillstand gibt. Die japanischen Unternehmen stehen untereinander in scharfem Wettbewerb.

Wir sind über Tonbandgeräte und Video-Recorder auf Compact-Discs gekommen; von Elektronenröhren auf Transistoren, Halbleiter, integrierte Schaltkreise, Größtintegration. Biochips sind zu erwarten.

Dieser technologische Schub wird eines Tages zu jedermann zugänglichen Geräten führen, die heute noch nicht einmal ansatzweise erkennbar sind. Wir gehen einer atemberaubenden Zukunft entgegen.

Mag es sich auch merkwürdig anhören: Ich machte die Erfahrung, daß die eigene Absatzorganisation zum Feind jeder Innovation werden kann; denn auf Grund zu großen Einflusses des Vertriebs werden Innovationen sehr oft unterdrückt.

Innovationen verlangen die Umerziehung der Öffentlichkeit, viel Geld für Forschung und Entwicklung, für neue Produktionsanlagen, für Werbung und Absatzförderung.
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Wenn ein profitables Spitzenprodukt plötzlich alt wird

Innovationen besagen aber auch, daß so manches beliebte und gewinnbringende Produkt plötzlich als überholt und veraltet gilt. Häufig handelt es sich gerade um jene Artikel, die den größten Gewinn abwerfen, da die Entwicklungskosten längst hereingeholt, die Produkte selbst mühelos zu vertreiben sind.

Wollen Sie aber nur Gewinne machen, verlieren Sie den Blick für die Möglichkeiten, die die Zukunft Ihnen bietet.
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Der Bumerang einer Gewinnbeteiligung der Manager

Wird, wie in Amerika beinahe üblich, der Geschäftsleitung eine Gewinnbeteiligung zugestanden, werden sich viele Manager fragen: »Warum soll ich zugunsten meines Nachfolgers auf meine heutige Tantieme verzichten?«

Nur allzu oft stellen amerikanische und europäische Manager die Arbeiten an einem vielversprechenden Produkt ein, weil ihnen die Entwicklungskosten zu hoch erscheinen. Eine so kurzsichtige Betrachtungsweise kann zum Verlust der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens führen.

Manchmal prescht der Verkauf vor, ohne jedoch entsprechende Kundschaft mitzureißen. Als wir unseren tragbaren U-Matic- Video-Recorder, zunächst nur ein Schwarzweiß-Gerät, zu vertreiben suchten, orderte ein amerikanischer Groß-Kunde (es war nicht der GM-Auftrag) fast sofort fünftausend Stück.

Ich riet unserem Verkauf ab, weil nach meiner Meinung der Markt für diese Größenordnung noch nicht aufnahmefähig sei. Noch waren einfach zu wenige zum Kauf eines solchen Geräts bereit. Ich sagte, eine Neuheit wie das U-Matic-System setze viel Umerziehung voraus. Zunächst müsse man die Kundschaft von ihren festverwurzelten Ansichten abbringen, ehe man mit Markterfolgen rechnen könne.
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Eine altehrwürdige japanische Gartentechnik sagt

Es gibt eine altehrwürdige japanische Gartentechnik, einen Baum allmählich auf den bevorstehenden Verpflanzungsschock vorzubereiten.

Zu diesem Zweck werden die Wurzeln über längere Zeit nach und nach vorsichtig aus dem Boden gelöst und sorgfältig vor dem Verdorren bewahrt. Diese Methode (>Nemawashi<) verlangt Zeit und Geduld, bewahrt den Baum aber vor Schäden durch den Standortwechsel.

Absatzförderung und Werbung für ein brandneues Produkt sind nicht weniger wichtig. Im Fall der ersten U-Matic-Maschine war das amerikanische Publikum kaum auf das neue Gerät vorbereitet worden.
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Sie konnten die U-Matic-Systeme nicht verkaufen

Es überraschte mich daher nicht, daß unser Kunde und seine Einzelhändler die Maschinen nicht verkaufen konnten. Aus Enttäuschung über den Mißerfolg taten sie das in unseren Augen Schlimmste: sie verkauften die Ware weit unter Preis und schadeten so unserem Ansehen.
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Die Story mit dem roten Feuerwehrhelm

Man wirft mir oft Ungeduld und zu große Hast vor (weil ich es immer so eilig habe, schenkten mir die Mitarbeiter meines New Yorker Büros einmal einen roten Feuerwehrhelm).

Ich habe aber auch eine Art sechsten Sinn für Menschen und Produkte, der sich schon einmal über jede Logik hinwegsetzen kann. Irgendeine Eingebung sagte mir, daß das U-Matic-System in größeren Mengen noch nicht absetzbar war.

Durch Werbung und Verkaufsförderung allein ist ein schlechtes oder verfrühtes Produkt nicht durchzusetzen. Heim-Video war zwar das richtige Produkt und wurde (später) zu einem durchschlagenden Erfolg, aber seine Zeit kam erst ein wenig später.
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Oft das rechte Gespür bei Personalentscheidungen - Norio Ohga

Auch bei Personalentscheidungen habe ich oft das rechte Gespür gehabt. Jedenfalls glaube ich, mehr kreative als mittelmäßige Mitarbeiter eingestellt zu haben. Sie waren nicht immer meiner Ansicht, aber an diesem Widerspruchsgeist war mir ja gerade gelegen.

Eines der besten Beispiele für meine glückliche Hand ist Norio Ohga, jener junge Musikstudent, der unseren Vertretern 1947 so viele aufmüpfige Fragen stellte, daß sie ihn schließlich in den Betrieb mitbrachten und mit den Ingenieuren reden ließen.
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Ohga war lange Jahre unser musikalischer Berater.

Er machte für uns eine der ersten Bandaufnahmen: >Ein Deutsches Requiem< von Johannes Brahms, gespielt vom Sinfonieorchester der Tokioter Kunsthochschule; Baßbariton-Solist war kein anderer als Ohga selbst.

Ich versuchte ihn zu einer festen Anstellung zu bewegen, aber Ohga sträubte sich hartnäckig. Als er zum ersten Mal in den Betrieb kam, fing er gleich mit mir zu streiten an, ohne daß er wußte, mit wem er es zu tun hatte.

Die ob seiner munteren Dreistigkeit belustigten Mitarbeiter klärten ihn schließlich über meine Person auf. Ohga sagt, er sei sehr verlegen geworden. Das glaube ich aber nicht, denn er behielt seine Art bei.

Als er zur Fortsetzung des Studiums nach Deutschland ging, baten wir ihn, von dort über elektronische Neuentwicklungen nach Hause zu berichten. Wir ließen ihn eins unserer ersten Transistorradios vorführen und hielten Kontakt, bis er nach Abschluß seiner Studien wieder nach Japan zurückkehrte, um zu heiraten und mit seiner Frau, der Pianistin Midori Matsubara, gemeinsam zu konzertieren.
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1959 gingen wir zusammen nach Europa

1959 bat ich ihn, mich nach Europa zu begleiten, um gemeinsam Verkaufsagenturen für unsere Transistorradios zu suchen. Es wurde eine sehr schöne Reise. Auf mein Hauptanliegen kam ich jedoch erst zu sprechen, als die >United States< in Southampton die Leinen losmachte und Ohga auf der Überfahrt nach New York für viereinhalb Tage mein Gefangener war.

An Bord ging Ohga viel spazieren, aß enorm, übte fleißig seine Opernpartien und redete beinahe unaufhörlich. Ohga, ein kraftstrotzender Bursche mit voluminösem Brustkorb und sonorer Stimme, kritisierte Sony in einem Ton, der mich sehr interessierte.

Zurückhaltung ließ sich jedenfalls nicht heraushören. »In Ihrem Unternehmen wimmelt es von Ingenieuren«, meinte er mißbilligend, »und da diese Ingenieure die Firma einst gegründet haben, halten sie es für richtig, weiterhin die Verantwortung zu tragen. Von außen her betrachtet wird das Unternehmen jedoch rückständig und unzulänglich geführt.«
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Also gut, Sie treten bei uns als Mitglied der Geschäftsleitung ein.

Das war eine ungewohnte und daher aufrüttelnde Kritik. Wir selbst hatten uns stets für wagemutige einfallsreiche Manager gehalten, denen allerdings entging, was ein Außenstehender wie er bemerkte: daß wir uns möglicherweise auf unseren Lorbeeren ausruhten und nach mehr als zehnjähriger Geschäftsführung von der Entwicklung überholt worden waren.

Ohga legte mir seine Auffassung noch des langen und breiten dar, bis ich schließlich sagte: »Also gut, Sie treten bei uns als Mitglied der Geschäftsleitung ein.«

Damit glaubte ich ihn in der Falle zu haben, aber Ohga wehrte sich noch immer. Er benötige seine künstlerische Freiheit und könne sich nicht an einen Schreibtisch fesseln lassen. Ich bot ihm einen Vertrag an, der seinen Konzerten genügend Raum bot.

Einzelheiten des Vertrags müßten allerdings noch ausgearbeitet werden. In Japan angekommen, bat ich Ohgas Frau um Schützenhilfe. Ich weiß nicht, wer oder was Ohga schließlich dazu bewog, bei uns als Abteilungsdirektor für Studiomaschinen einzutreten.

Bereits anderthalb Jahre später wurde er auch mit der Verantwortung für den privaten Bandgerätesektor betraut; 1964, als Vierunddreißigjähriger, nach nur fünfjähriger Betriebszugehörigkeit in den Board of Directors berufen - in einem herkömmlichen japanischen Unternehmen wäre dies ein unerhörtes Ereignis gewesen, aber Sony hielt sich trotz Ohgas erwähnter Kritik für alles andere als traditionsverpflichtet.
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Unter Norio Ohga wurde vieles anders bzw. "neumodisch"

In seinem ersten Jahr tat Ohga mancherlei Neumodisches, unter anderem warb er knapp vierzig Mitarbeiter von anderen Firmen ab. Als wir noch ein junges, kleines Unternehmen waren, konnte man solche Abwerbungen durchgehen lassen, aber bei unserer jetzigen Größe kommt so etwas für uns nicht mehr in Betracht.

Außerdem höhlen Abwerbungen auch die Loyalität der alten Belegschaft aus, weil gelegentlich beförderungsreife Mitarbeiter übergangen werden. In der Anfangszeit suchte ich mir viele Mitarbeiter aus dem Kreis meiner ehemaligen Mitschüler heraus (dies gilt als eine der traditionellen Methoden der Personalbeschaffung) und griff sogar bis auf meine Volksschulzeit zurück.

Doch diese Quellen im Freundes- und Bekanntenkreis versiegten schon vor längerer Zeit, so daß ich mich anderswo nach neuen Mitarbeitern umsehen mußte. Ohga zum Beispiel sah zu Anfang auch die Jahrbücher der Schulen und Universitäten durch und kreuzte die Namen der verheißungsvollsten Absolventen zwecks späterer Einstellung an.
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