Die Lebensbiografie von Akio Morita (aus 1986), dem berühmten SONY Mitbegründer - Er war "Mister Japan"
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8. Kapitel - JAPAN UND DIE WELT : ENTFREMDUNG UND VERBRÜDERUNG
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Japan und die Beziehungen zum Ausland
Die Beziehungen zwischen dem modernen Japan und dem Ausland waren oftmals stürmisch, und es ist nicht verwunderlich, daß die Vereinigten Staaten und die Europäische Gemeinschaft heute (1985) im Handel mit Japan in einem Zyklus wiederkehrender Probleme gefangen sind.
Ich denke, wir sollten die erfreuliche Tatsache zur Kenntnis nehmen, daß unsere Probleme noch nicht in einem Maß politisiert sind, daß eine vernünftige Diskussion unmöglich wäre.
Man kann die Situation mit einer chronischen Krankheit vergleichen; folglich gilt es ein Heilmittel zu finden. Die Vereinigten Staaten und Japan kommen bei einem gemeinsamen Handelsvolumen von mehr als achtzig Milliarden Dollar für mehr als dreißig Prozent der Weltproduktion an Gütern und Dienstleistungen auf.
Daher ist es nur selbstverständlich, daß Umfang und Verschiedenartigkeit dieses Handels einige Schwierigkeiten mit sich bringen. Nun war es schon immer einfacher, dem anderen die Schuld zu geben, als sich eigene Fehler einzugestehen; so schob man nur allzuoft den Schwarzen Peter in dieser oder jener Richtung über den Pazifik.
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Wir Japaner denken anders .....
Wir denken anders und haben auch eine unterschiedliche Betrachtungsweise der Ursachen dieser immer wiederkehrenden Probleme. Nicht weniger groß sind die Unterschiede zwischen unseren Systemen.
Traditionelle Verhaltensweisen, seien sie nun richtig oder falsch, gibt es auf beiden Seiten. So manches Problem hat seine Ursache nicht in rassischen, kulturellen, historischen oder traditionellen Unterschieden, sondern beruht auf Grundhaltungen der Menschen, die eigentlich einfach zu durchschauen sind.
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Ronald Reagan machte sich vorher "kundig"
Bevor Ronald Reagan sein Präsidentenamt antrat, schickte er einen seiner Berater nach Japan, um sich Anregungen zur Ausformulierung der Asien- und ganz besonders der Verteidigungspolitik der künftigen Administration zu holen.
Der Mann sprach mit führenden japanischen Persönlichkeiten, unter anderem auch mit einem Tokioter Volkswirtschaftler. Handelsprobleme mit dem Verteidigungsbereich verknüpfend, meinte der Amerikaner, Japan sollte ein paar Kriegsschiffe bauen und sie der amerikanischen Marine überlassen oder verpachten.
Der Volkswirtschaftler schloß diese Möglichkeit von vornherein aus, weil Artikel neun der japanischen Verfassung Krieg als Mittel der Politik nicht gelten läßt und Unterhaltung oder Export jedweden Kriegspotentials verbietet. Daraufhin meinte Reagans Freund und Berater: »Nun, dann ändern Sie doch die Verfassung.«
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Nun, dann ändern Sie doch die Verfassung.
Das ist zwar leicht gesagt, in demokratischen Staaten wie beispielsweise Japan oder Amerika aber nur sehr schwer durchsetzbar.
(Die amerikanischen Väter unserer Verfassung waren ursprünglich davon ausgegangen, daß Japan sich nach dem Ende der Besatzungszeit eine eigene Verfassung geben würde; doch ist uns die derzeitige dermaßen in Fleisch und Blut übergegangen, daß jedes Gerede über eine mögliche Änderung sofort beargwöhnt wird. Man tut gerade so, als ob uns jede Verfassungsänderung automatisch in die üble alte Zeit des Militarismus zurückversetzen würde. Meiner Meinung nach äußert sich darin die Kurzsichtigkeit der japanischen Politiker, die den Mut haben sollten, zu ändern, was der Änderung bedarf.)
- Anmerkung : Nach dem März 2022 - Einmarsch der russischen Armee Putin's in die Ukraine - hat die obige Meinung eine erstaunliche Rrealitätsnähe ausgedrückt und vorausgesagt.
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Amerikaner und Europäer haben die Weisheit mit Schaufeln gefressen
Amerikaner und Europäer scheinen zu glauben, daß ihre Vorstellungen vom Funktionieren des Welthandels und des Währungssystems allgemeingültig sind und bleiben müssen.
Weil der Westen sich für den Erfinder dieses Spiels hält, faßt er die Regeln als für alle Zeit unabänderlich und verbindlich auf. Da das System dem Westen bis zum heutigen Tag gute Dienste geleistet hat, hält er Änderungen nicht für nötig.
Außerdem gibt es nach wie vor amerikanische und europäische Geschäftsleute, die es gerne sehen, wenn der »Neuling« Japan weiterhin Lehrgeld zahlen muß. Man will die Tatsache, daß wir unser Handwerk gelernt haben und nunmehr derselben "Zunft" angehören, nicht zur Kenntnis nehmen.
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Der japanische Blick ins Jahr 2000 - Klassenziel erreicht
Das japanische Amt für Wirtschaftsplanung fertigte kürzlich (1984) eine detaillierte Studie über die wichtigsten ökonomischen Trends an und extrapolierte sie bis ins Jahr 2000.
Demzufolge werden die USA weiterhin vorn liegen und 19,6% des globalen Bruttosozialprodukts erwirtschaften. Der Beitrag der Sowjetunion wird bei 12,5% liegen (Anmerkung : das ist lange vorbei), dicht gefolgt von Japan mit 11,9%.
Die Bundesrepublik als nächstgrößte Volkswirtschaft wird nur 5,9%, China 5,3% aller Güter und Dienstleistungen produzieren. Frankreich wird 4,3% und Großbritannien gerade 2,9% zum globalen BSP beisteuern.
Damit bekommt die ökonomische Weltkarte ein ganz anderes Aussehen als 1960, als die USA 33,4%, die UdSSR 15,0% und Japan gerade mal 1,8% Anteil am BSP auswiesen. Die Amerikaner sind zwischenzeitlich auf bloße 22,4 Prozent zurückgefallen, während der japanische Beitrag auf 10,1 Prozent stieg. Ich meine, diese Zahlen beweisen eindeutig, daß Japan das Klassenziel erreicht hat.
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Morita : Sie sollten sich und uns auf Augenhöhe betrachten
Industriepotential und Wirtschaftsmacht Japans spielen im Welthandel eine nicht wegzudiskutierende Rolle. Das Ausland sollte versuchen zu begreifen, was sich in Japan bewegt, und darauf hören, was Japan zu sagen hat.
In dieser schnellebigen Zeit, in einer Welt gegenseitiger Abhängigkeiten müssen wir nach Wegen suchen, uns besser kennenzulernen, miteinander zu reden und für fremde Auffassungen und Standpunkte Verständnis aufzubringen.
Wir können streiten und argumentieren, doch müssen wir uns dabei als Gleichgestellte behandeln. Wir sollten es uns zum Ziel machen, voneinander zu lernen und nach gerechten Problemlösungen zu suchen.
Ich weiß, im Westen kann manch einer kaum glauben, daß ein asiatisches Land einen so hohen wirtschaftlichen Stand erreicht hat, und doch steht Japan, als - bislang einziges - Beispiel dafür.
Der japanische Erfolg ist nicht vorgetäuscht, auch wird unser Wirtschaftssystem nicht über Nacht zusammenbrechen. Japan gehört für alle Zeiten zur Völkergemeinschaft und trägt in angemessener Weise zur Wohlfahrt der Weltbevölkerung bei; deshalb nehme ich mir als langjähriger Beteiligter am internationalen Wirtschaftsleben so viel Zeit für die Mitarbeit in bi-nationalen und multi-nationalen Gremien, die sich die Suche nach besseren Verständigungsmöglichkeiten zur Aufgabe gesetzt haben.
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Wir müssen Kompromisse schließen
Die japanische Bevölkerung ist auf engstem Raum zusammengedrängt. Von daher ist uns bekannt, daß man im Wettbewerb seinen Konkurrenten Spielräume und gewisse Freiheiten zugestehen muß. Wir müssen Kompromisse schließen.
Der Sinn für Kompromisse ist ein Grundmerkmal unseres Rechtssystems und unserer zwischenmenschlichen Beziehungen. Wir wissen, daß wir in vielen Situationen auf einen Teil unserer legitimen Ansprüche verzichten müssen.
In Amerika ist von einem Kompromißgeist dieser Art, soweit ich es beurteilen kann, nicht viel zu spüren. Die Amerikaner - zumindest diejenigen, die ich in den letzten vierzig Jahren kennengelernt habe - zeigen sich häufig total von der Richtigkeit ihrer Ansichten und Verhaltensweisen überzeugt.
Wie die Geschichte gezeigt hat, beherrschen die Amerikaner so mancherlei Dinge ganz hervorragend, und wir haben schließlich auch viel von Amerika gelernt, doch ich meine, die Amerikaner müssen lernen, Kompromisse zu schließen und mehr und besser zuzuhören.
In Japan erzielt man den größten geschäftlichen Erfolg nicht dadurch, daß man herumläuft und seinen Untergebenen bis ins letzte Detail genaueste Instruktionen erteilt. Hier erreicht man am meisten, wenn man seinen Untergebenen ein paar generelle Richtlinien gibt, Vertrauen entgegenbringt und die nötigen Hilfen anbietet, damit gute Arbeit geleistet werden kann.
Auf diese Weise fördert man die Leistungsfähigkeit und die Produktion neuer Ideen.
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Arroganz zahlt sich nicht aus - Toleranz schon
Wer in der Überzeugung durchs Leben geht, die eigenen Auffassungen und Methoden seien grundsätzlich die allerbesten, der verschließt sich allen neuen Erkenntnissen.
Die Amerikaner neigen zwar der Auffassung zu, just ihr System müßte überall auf der Welt funktionieren; sie sollten jedoch nicht blind und taub dafür sein, wie man in anderen Ländern an die Dinge herangeht.
Viele amerikanische Firmen, die fremde Methoden sorgfältig studiert und mit eigenen Vorstellungen kombiniert haben, konnten ihre Produktivität verbessern und die Fluktuation der Belegschaft beträchtlich vermindern.
Als General Motors mit Toyota ein Gemeinschaftsunternehmen - übrigens das erste dieser Art - gründete, um in Kalifornien Kleinwagen zu produzieren, überließ man die eigentliche Betriebsleitung dem japanischen Partner, damit GM den japanischen Führungsstil und dessen Praktikabilität in Amerika studieren konnte - ein sehr kluger Schachzug.
Vermutlich ist es ganz natürlich, im Falle einer unerwünschten Entwicklung die Schuldigen zuallerletzt im eigenen Hause zu suchen.
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Das Ungleichgewicht ist gewaltig
Auf dem Höhepunkt der amerikanischen Beschwerden über die geschlossenen japanischen Märkte für Telekommunikationsmittel traf ich mich mit Bill Brock, dem damaligen Beauftragten für den amerikanischen Spezialhandel, auf Hawaii.
»Das Ungleichgewicht ist gewaltig«, meinte Brock rundheraus, sobald wir uns ein wenig in das Thema vertieft hatten. »Die japanischen Verkäufe in Amerika liegen elfmal höher als die entsprechenden amerikanischen Umsätze in Japan. Warum kaufen die Japaner keine amerikanischen Telekommunikationseinrichtungen ?«
Natürlich war der japanische Markt für Fernmeldeeinrichtungen nicht annähernd so offen wie der amerikanische, insoweit hatte Brock schon recht. Nur hatte ich 1985 den Eindruck, daß sich dieser Markt mit der bevorstehenden Privatisierung des japanischen Telefonnetzes sehr weit öffnen würde.
Meine Vermutung war richtig. Trotz einiger verbliebener Probleme verfügen Japan und die Vereinigten Staaten heute von allen Ländern über die offensten Märkte für Fernmeldeeinrichtungen.
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Um nur ein schlichtes Beispiel anzuführen:
Japan ist heute tatsächlich das einzige Land der Welt (außer den USA natürlich), in dem man ein beliebiges amerikanisches Telefon kaufen und in Betrieb nehmen darf. Leider werden die meisten amerikanischen Telefone heute in Singapur gebaut. Doch für Brock hatte ich noch einen wichtigen Hinweis parat.
»Sie wissen ja, Herr Brock«, so begann ich, »daß das in Rede stehende Equipment nicht von der breiten Öffentlichkeit gekauft wird. Die Güter werden von Fachleuten eingekauft, die in High-Tech firm sind und sich auf ihrem Gebiet bestens auskennen. Diese Leute kaufen nicht nach Lust und Laune oder nach vordergründigem Eindruck oder auf Grund vermeintlicher Preis Würdigkeit.«
Brock teilte meine Ansicht. »Wenn also die Amerikaner so gute Fernmeldeeinrichtungen herstellen, daß wir Japaner sie Ihrer Meinung nach importieren sollten, dann frage ich Sie, wieso amerikanische Betreiber statt amerikanischer Einrichtungen japanische Anlagen kaufen? Statt uns vorzuwerfen, wir verkauften zu viel, sollten Sie diese Frage besser an die amerikanische Wirtschaft weitergeben.«
Schließlich könne man nichts verkaufen, was der Kunde nicht haben wolle, gab ich ihm zu bedenken.
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Nocheinmal zurück zu General Motors in Japan
Als General Motors seinerzeit mit meiner Hilfe in Japan erstmalig eine Direktinvestition tätigte, ging ich von der Annahme aus, GM wolle seine Fahrzeuge nunmehr durch Einschaltung des japanischen Partners im Lande vertreiben, statt sich wie bis dato nur auf einen Vertragshändler zu verlassen.
Doch GM ließ den Partner zunächst nur Motoren, später dann auch komplette Kleinwagen für den amerikanischen Markt bauen. (Das Japan-Geschäft wird bis auf den Tag über den Vertragshändler abgewickelt.)
General Motors verlangte noch später gar eine Ausnahme von der freiwilligen Exportkontingentierung der japanischen Automobilindustrie, um noch mehr Fahrzeuge importieren zu können.
Lee Iacocca von Chrysler, eine Zeitlang einer der entschiedensten Befürworter einer drastischen Exportbeschränkung, bestand ebenfalls urplötzlich auf Sonderbehandlung.
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Auf diese Weise wird wird das nichts mit Wettbewerbsfähigkeit
Auf diese Weise wird die amerikanische Industrie nach meinem Dafürhalten weder Wettbewerbsfähigkeit erlangen noch Handelsbilanzdefizite ausgleichen können.
Bei einer Diskussion an der Technischen Hochschule von Massachusetts (dem MIT) wies ich unlängst daraufhin, daß unser Produktionsbetrieb in San Diego fünfundachtzig Prozent aller von uns in Amerika verkauften Fernsehgeräte herstellt; bei den restlichen fünfzehn Prozent handelt es sich um in Japan gefertigte Kleingeräte.
Darüber hinaus exportiert San Diego gar Bildröhren für unsere japanischen Fabriken.
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Die Produktion in USA ist eine Art von Kompromiß
Dutzende japanischer Firmen operieren in den Vereinigten Staaten; sie produzieren Personen- und Nutzfahrzeuge, Autoteile, Musikinstrumente, Werkzeugmaschinen, elektronisches Gerät, Fernsehempfänger, Reißverschlüsse, Sojasoße.
Für alle diese Firmen bedeutet die Produktion im amerikanischen Ausland eine Art Kompromiß. Ich weiß das, weil auch wir bei in den Vereinigten Staaten produzierten und verkauften Gütern auf bedeutende Gewinne verzichten müssen (verglichen mit aus Japan importierten Produkten derselben Art).
Natürlich bringt die Produktion im Ausland neben schnellerer Belieferung auch noch andere Vorteile mit sich, doch leisten die in Amerika produzierenden japanischen Firmen mancherlei Beiträge zur Volkswirtschaft des Gastgeberlandes:
Die Japan-Importe werden verringert, Arbeitsplätze werden geschaffen, es findet ein Technologie-Transfer statt, und Kundendienstnetze werden aufgebaut. Gleichzeitig verschiffen in Japan produzierende amerikanische Halbleiterfirmen heute ihre Güter in großen Mengen in die USA, um (wie Texas Instruments und Motorola) entweder die Konzernmütter oder Fremdfirmen zu beliefern.
Doch diese Verschiffungen steigern die japanischen Exporte und vergrößern das Ungleichgewicht des zwischenstaatlichen Handels nur noch mehr. Bei etwa einem Drittel der japanischen USA-Exporte handelt es sich um Einkäufe der amerikanischen Industrie, die den Konsumenten höchstens mittelbar erreichen.
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Es sind amerikanische Konzerne, die bei uns kaufen
Die neuesten Zahlen für 1985 besagen, daß neunzehn Milliarden Dollar beziehungsweise ein Drittel aller japanischen Amerika-Exporte auf Güter entfallen, die von Tochterunternehmen amerikanischer Konzerne unter dem Namen der Mutter für den amerikanischen Markt produziert wurden.
Auch EG-Länder lassen in beträchtlichem Umfang unter dem Namen ihrer Firmen in Japan fertigen, was, selbstverständlich zu Recht, ebenfalls als japanische Exporte zu Buche schlägt.
Deutsche, englische, französische, belgische und holländische Firmen verkaufen zu Hause in Japan gefertigte Kopiermaschinen unter ihrem jeweils eigenen Markennamen. Die Amerikaner und Italiener halten es, zum Beispiel bei Werkzeugmaschinen, nicht anders. Die Amerikaner, Franzosen, Engländer und Deutschen vertreiben in Japan produzierte Baumaschinen, und drei amerikanische Hersteller von Industrierobotern (zum Beispiel GM/FANUC) lassen ebenfalls bei uns arbeiten.
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Und wieder sprechen wir über Qualität
Da ich gerade beim Thema bin, sollte wohl erwähnt werden, daß im Gegensatz zur landläufigen Annahme buchstäblich Tausende von amerikanischen und europäischen Firmen in Japan ihren Geschäften nachgehen.
Die amerikanische Handelskammer allein zählt annähernd sechshundert Mitgliedsunternehmen; und einhundertvierzehn der zweihundert größten Unternehmen halten die Mehrheitsbeteiligung an ihren japanischen Töchtern.
Die Zahlen unseres MITI zeigen, daß die Betriebsgewinne der in Japan ansässigen Tochtergesellschaften fremder Unternehmen, gemessen am Umsatz, regelmäßig höher liegen als die entsprechenden Kennzahlen von in derselben Sparte tätigen rein japanischen Firmen.
Wenn ausländische Unternehmen mit japanischen Konkurrenten ihre Schwierigkeiten haben, so liegt das meines Erachtens sehr oft ebensosehr an der Tüchtigkeit der japanischen Industrie wie an den Unzulänglichkeiten der ausländischen Industrie. Amerikaner und Europäer sollten es Japan nicht anlasten, so gute und attraktive Erzeugnisse herzustellen.
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Joint Ventures in Japan - die Zeiten haben sich geändert
Ich weiß, zunächst war es unmöglich, später wurde es dann sehr schwierig, hierzulande eine hundertprozentige Tochtergesellschaft oder auch nur ein Joint Venture zu gründen.
Ob und wie sich diese Restriktionen der Vergangenheit rechtfertigen lassen, ist unerheblich; denn die Zeiten haben sich geändert und sind über viele Kritiker Japans, von diesen unbemerkt, hinweggegangen.
Ich habe an anderer Stelle davon gesprochen, daß sich nicht ein einziges amerikanisches Unternehmen für unsere Compact-Disc Technologie interessierte, obwohl dies die Technologie (jedenfalls in 1985) der Zukunft ist (Anmerkung : inzwischen war).
Die von uns gesetzten Normen werden bereits jetzt von allen größeren japanischen und europäischen Herstellern akzeptiert. Während wir uns bereits der nächsten CD-Generation nähern, halten die Amerikaner an den alten zwölf-zölligen Analog-LPs fest, die in Bälde so überholt sein werden wie die 78er-Schellackplatten.
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Wir können "sie" doch nicht zu ihrem Glück zwingen
Wenn andere die Möglichkeiten nicht erkennen und nicht ins Geschäft einsteigen wollen, bieten sich uns Vorteile. Ich kann es aber nicht leiden, wenn sich diese anderen später darüber beschweren, daß jemand bessere Einsicht hatte und den Markt an sich reißen konnte.
Die amerikanische Unterhaltungselektronik sollte sich nicht abwenden und auf diese Technologie verzichten, da der Anwendungsbereich über die bloße Musikwiedergabe bald hinausgehen wird.
Ironischerweise wurden manche Vorarbeiten, die den Durchbruch in dieser neuen Technologie erst ermöglichten, in den Vereinigten Staaten geleistet; heutzutage freilich scheint man sich dort in vielen Industriezweigen mehr um den Dienstleistungsbereich zu kümmern, statt Interesse dafür aufzubringen, wie sich neue Technologien in das breite Publikum ansprechende Produkte verwandeln lassen.
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Warum machen es die Amerikaner nicht mehr selbst ?
Ein Thema, das meines Erachtens immer wieder angeschnitten werden muß, ist die Gefahr, die Amerika durch den Export von OEM-Fabrikaten erwächst.
Statt sich darauf zu konzentrieren, wie sich die eigenen Produkte auf längere Sicht wettbewerbsfähig gestalten lassen, halten viele amerikanische Manager noch immer angestrengt danach Ausschau, wo sich hochwertige Güter zu Niedrigstpreisen zwecks >Produktion< von schnellen Profiten finden lassen.
Infolgedessen greifen amerikanische Firmen in zunehmender Zahl auf japanische und sonstige Hersteller als Lieferanten von Gütern zurück, die unter amerikanischem Etikett verkauft werden.
Ein solches Verhalten mag bis zu einem gewissen Grade für das jeweilige Unternehmen und auch im Interesse des Welthandels sinnvoll sein; es besteht jedoch die Gefahr, daß das Unternehmen hierbei seine Marktstellung verliert oder sich aus der Verantwortung stiehlt.
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Die Franzosen versuchten es mit einem Trick .....
Während die Amerikaner das Heraufziehen einer neuen Ära offenbar bewußt übersehen woll(t)en, haben sich die Franzosen zu einer strafenden Haltung entschlossen.
Ich gebe zu, daß ich die Raffinesse bewundere, mit der sie vorgingen, nachdem sie sich 1983 entschlossen hatten, die Einfuhr von japanischen Videorecordern drastisch zu verringern.
Als Ort für die Einfuhrzollabfertigung wählten sie die Kleinstadt Poitiers; hier hatten die Franzosen den Überfall der Sarazenen abgewehrt.
Es wurden dort nur 9 Zollbeamte eingesetzt, die jedes Gerät einer eingehenden Prüfung unterzogen, bevor es in den Handel gehen durfte.
Entsprechend niedrig war die Zahl der Geräte, die in den französischen Läden angeboten wurden. Natürlich hatte die französische Regierung absolut freie Ortswahl, aber daß sie sich für die Zollabfertigung ausgerechnet das Städtchen aussuchte, in dessen Nähe Karl Martell im Jahre 732 die Invasion der Mauren abwehrte - nun, das ist schon sehr geistreich und typisch französisch.
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1983 - Der "Poitiers-Plan" der Franzosen
Zur damaligen Zeit importierten die Franzosen und andere europäische Hersteller bereits OEM-Geräte; doch von einem oder zwei Unternehmen abgesehen, hinkten sie mit Eigenentwicklungen (Anmerkung : die Thomson Fernseher) noch weit hinterher.
Aufgrund meiner Erfahrung war ich deswegen nicht überrascht, daß uns die Franzosen zuerst mit einer Zollerhöhung den Marktzugang verwehren wollten.
Als dies fehlschlug, verfielen sie schließlich auf den Poitiers-Plan, der die Importe praktisch zum Erliegen brachte.
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Nicht von Japan, aber von Deutschland abhänguíg
Das nun brachte die Deutschen in Harnisch, die verhindern wollten, daß ihre Produkte ebenfalls in Poitiers angehalten wurden.
Sie erklärten in aller Deutlichkeit: Wenn EG-Erzeugnisse auch über Poitiers abgefertigt werden müßten, würde man sie mit japanischen in einen Topf werfen, so daß alle in gleicher Weise gestraft würden.
Dies war nun gerade der Grund, weswegen die Franzosen alle Erzeugnisse durch Poitiers zu schleusen gedachten, doch mußten sie dem deutschen Druck nachgeben und verfügten, daß nur Waren aus Nicht-EG-Ländern in Poitiers abzufertigen seien. Damit blieb Japan als einziges Opfer der Maßnahme übrig. Das hatten wir natürlich schon vorher gewußt.
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Eigentlich amüsierte mich der Poitiers-Trick sehr
In gewisser Weise gereicht ihre Dreistigkeit nämlich den Franzosen zur Stärke, und in diesem Sinne sollte Japan im Rahmen seiner diplomatischen Beziehungen vielleicht auch etwas mehr Frechheit an den Tag legen.
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Eigentlich sind die französischen Minister nicht dumm
Sagte doch ein französischer Handelsminister zur fraglichen Zeit unklugerweise: »Wir können auch ohne japanische Erzeugnisse leben.«
Nun ja, selbstverständlich. Ich meine aber, vermutlich kommt Japan auch ohne französischen Cognac und Champagner und ohne die übrigen Importgüter zurecht, die sich in jenem Jahr auf den Gegenwert von insgesamt 1,2 Mrd. Dollar beliefen. (Gleichzeitig exportierte Japan für umgerechnet 1,9 Mrd. Dollar nach Frankreich.)
Solche Sprüche von Regierungsmitgliedern sind einfach unklug. Als ich mich mit Otto Graf Lambsdorff, dem damaligen deutschen Wirtschaftsminister, über die Poitiers-Geschichte unterhielt, meinte er im Scherz:
- »Warum schlagt ihr Japaner nicht kurzerhand zurück und fertigt den Cognac auf dem Gipfel des Fujiyama ab?«
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Noch haben wir in Japan zur zeit ein paar Handelsschranken
In Japan gibt es noch immer ein paar irritierende, nur schwer zu überwindende Handelsschranken; andererseits aber ist Japan das einzige wichtige Industrieland, das schrittweise und bewußt die vollständige Öffnung seiner Märkte anstrebt, während andere Staaten verstärkt zu protektionistischen Maßnahmen greifen.
Viele Amerikaner scheinen zu glauben, in ihrem Lande gebe es keine Handelsschranken, doch diese Annahme ist irrig - fast die Hälfte unserer Amerika-Exporte unterliegt irgendwelchen einschränkenden Auflagen.
Allerdings muß ich einräumen, daß Amerika, global gesehen, den freiesten aller Märkte darstellt. So sollte es im Interesse des Welthandels auch bleiben, sagte ich Ronald Reagan, als ich 1985 mehrere amerikanische Bundesstaaten in der Absicht bereiste, sie zu einer Abschaffung der Einheitsbesteuerung ausländischer Tochtergesellschaften zu bewegen.
Reagan war auf meinen Ratschlag natürlich gar nicht angewiesen, denn er ist ganz eindeutig der energischste Verfechter des Freihandels. Und ich habe versprochen, mich, wie nun schon seit vierzig Jahren, auch weiterhin dafür einzusetzen und an der Verwirklichung nach Kräften mitzuhelfen.
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Natürlich kann man den Welthandel abwürgen
Doch der Versuch, durch politische Intervention den Wettbewerb auszuschalten oder zu behindern, stellt das Gesamtkonzept des Freihandels und der freien Wirtschaft in Abrede.
Ich selbst versuche unsere Politiker dazu zu bewegen, durch Ausschaltung regierungsamtlicher Interventionen und Rückgriff auf noch bekannte alte Marktordnungen den gesunden Wettbewerb zu fördern. Nur die Konkurrenz gewährleistet die Dynamik eines freien Wirtschaftssystems.
Daher sollten wir Unternehmer die Versuchung meiden, bei der Regierung zwecks Unterdrückung des Wettbewerbs vorstellig zu werden. Wir müssen einsehen, daß Wettbewerb legitim und billig ist, und daß wir beim Versuch, die Situation eindeutig zu erfassen, untereinander offen und ehrlich sein können.
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Wenn US-Senatoren reinen Mist von sich geben
Wie ich bereits feststellte, soll dies nicht bedeuten, daß man bei >Verständnis< für den japanischen Standpunkt diesen jederzeit unbedingt gutheißen müßte.
Es ist viel dienlicher und konstruktiver, Probleme zu ventilieren anstatt sich von vornherein im Recht zu sehen und die Kenntnisnahme fremder Auffassungen für überflüssig zu halten. Wir müssen dies stets bedenken; denn schließlich führen wir ja keinen Krieg; wir stehen im Geschäftsleben.
Selbst Wohlmeinende hegen bisweilen Meinungen, die das Verständnis für die Realität oder den Versuch, sich mit ihr auseinanderzusetzen, offensichtlich vermissen lassen.
Amerikanische und europäische Parlamentarier haben mir bedeutet, sie verstünden die Problematik und gingen gar in manchen Punkten mit den Japanern einig, doch sie hätten der politischen Realität ins Auge zu sehen und müßten sich vor ihren Wählern - die vielleicht >auf Grund japanischer Exporte< arbeitslos geworden seien — den Anstrich der Unbeugsamkeit geben.
Einem amerikanischen Senator geht es vielleicht glatt über die Zunge, man sollte die japanischen Autos im Hafen von Yokohama verrotten lassen; aber schon 1983 waren bereits 111.550 Amerikaner bei japanischen Tochterunternehmen in den Vereinigten Staaten unmittelbar beschäftigt, desgleichen 21.700 Europäer und 27.000 Asiaten.
Beschäftigte, die in amerikanischen Firmen für Absatz und Wartung japanischer Erzeugnisse verantwortlich sind, wurden gar nicht eingerechnet. Nun kann es natürlich sein, daß alle diese Menschen nicht zur Klientel des bewußten Senators zählen.
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