Die Lebensbiografie von Akio Morita (aus 1986), dem berühmten SONY Mitbegründer - Er war "Mister Japan"
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Der Arbeiter ist nicht nur Mittel zum Zweck ...
Das anhaltend gute Verhältnis zu unseren Mitarbeitern liegt darin begründet, daß sich alle über unsere Grundeinstellung im klaren sind. Ein japanischer Unternehmer nimmt den Geschäftsbetrieb nicht auf, indem er eine Organisationsform entwickelt, in der der Arbeiter nur Mittel zum Zweck ist.
Statt dessen gründet er ein Unternehmen und stellt Personal ein, um eine unternehmerische Idee zu verwirklichen. In jedem seiner Mitarbeiter muß er einen Kollegen oder Helfer sehen, nicht ein Instrument zur Gewinnmaximierung.
Der Unternehmensleiter muß natürlich eine optimale Kapitalverzinsung anstreben, aber er darf darüber nicht seine Mitarbeiter oder Kollegen vergessen, die ihm behilflich sind, das Überleben des Unternehmens zu sichern, und er muß ihre Leistungen entsprechend honorieren.
Kapitalgeber und Arbeitnehmer befinden sich in derselben Ausgangslage, nur daß der Arbeitnehmer manchmal die wichtigere Rolle spielt, da er für lange Zeit im Unternehmen bleibt, während der Kapitalgeber Gewinne machen will und ein- und aussteigt, wann immer es ihm beliebt.
Der Arbeitnehmer sucht während seines ganzen Berufslebens zum Gedeihen des Unternehmens wie zum eigenen Wohlergehen täglich aufs neue seinen Beitrag zu leisten. Das macht ihn unersetzlich.
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Obliegenheiten sind gewissenhafte und redliche Lenkung
Selbst in Japan gehen nicht unbedingt alle Unternehmer von dieser Auffassung aus; grundsätzlich aber muß bei gegenseitiger Achtung voreinander auch das Bewußtsein vorhanden sein, daß ein Unternehmen nicht Eigentum einiger weniger ist, sondern allen Mitarbeitern gehört.
Der obersten Führungsspitze freilich obliegen die gewissenhafte und redliche Lenkung dieser Großfamilie und die Fürsorge für das Wohlergehen ihrer Angehörigen.
Wir selbst behandeln alle unsere Mitarbeiter an jedem beliebigen Standort der Erde grundsätzlich als Angehörige der Sony-Familie und als geschätzte Kollegen. Bevor wir unseren Waliser Produktionsbetrieb eröffneten, holten wir zunächst einmal das vorgesehene Führungspersonal einschließlich der Ingenieure nach Tokio, um sie einzuweisen und in die Familie aufzunehmen.
Als sichtbares Zeichen tragen alle die gleichen Jacken und essen in derselben Kantine (am selben Tisch und aus einem Topf, sozusagen). So lernen sie, daß man bei der Behandlung von Menschen keine Unterschiede machen sollte.
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Die tägliche Beurteilung der Zufriedenheit
Unsere leitenden Angestellten, selbst die Werksdirektoren, haben keine eigenen Büros. Wir halten unsere Spitzenkräfte dazu an, sich mit ihren engsten Mitarbeitern die Räumlichkeiten zu teilen. Im Produktionsbereich ruft jeder Vorarbeiter vor Dienstbeginn seine Gruppe zusammen und bespricht mit den Kollegen die für den Tag anfallende Arbeit; berichtet über die Leistungen des Vortages und betrachtet währenddessen aufmerksam die Gesichter seiner Gruppe.
Schaut jemand bedrückt oder sonstwie unwohl aus, so hat der Vorarbeiter herauszufinden, ob der Betreffende krank ist, Probleme oder Sorgen hat. Stimmt etwas nicht, ist der Mitarbeiter nicht zufrieden, so kann er seiner Aufgabe nicht gerecht werden.
Ein Blick auf die SONY Ingenieure
Manchmal wird weder die Aufgabe noch der Arbeitsplatz dem betreffenden Stelleninhaber gerecht. Da in unserem Wirtschaftssystem die Mobilität nicht so hoch ist wie etwa in Amerika, wo der Arbeitnehmer ohne weiteres kündigen und eine neue Stellung antreten kann, sagte ich mir, daß wir uns hierzu etwas einfallen lassen mußten.
Uns liegt am Wohlergehen des Unternehmens und an der Zufriedenheit der Belegschaft; wir möchten, daß jeder seinen Arbeitsplatz behält und produktiv tätig bleibt.
Alle unsere Ingenieure werden zunächst so lange dem Fertigungsbereich zugeteilt, bis sie erfaßt haben, inwieweit ihre eigentliche Aufgabe produktionstechnisch erfüllbar ist.
Einigen ausländischen Ingenieuren paßt dies nicht, ihre japanischen Kollegen hingegen begrüßen offensichtlich die Möglichkeit, Erfahrungen aus erster Hand vermittelt zu bekommen.
In Amerika kann ein Vorarbeiter zeitlebens Vorarbeiter bleiben - wogegen nichts einzuwenden wäre, solange es dem Mann gefällt und dem Unternehmen nicht schadet -, ich halte es jedoch für besser, Stellenumbesetzungen vorzunehmen, bevor jemand dieselbe Tätigkeit zu lange ausübt und dabei abstumpft.
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Das Betriebsklima im Sinne der Kollegialität
Um das Betriebsklima im Sinne der Kollegialität zu verbessern und Zugang zum Denken und Trachten der Mitarbeiter zu behalten, pflege ich fast jeden Abend mit den jungen Leuten der unteren Führungsebene gemeinsam zu essen und stundenlang mich mit ihnen zu unterhalten und zu diskutieren.
Dabei habe ich manche neue Einsicht gewonnen. Eines Abends bemerkte ich, daß einer der jungen Leute nicht so guter Dinge wie die übrigen war, weshalb ich ihn zu einer offenen Aussprache ermunterte.
Ein paar Schnäpse sorgten für die nötige Ungezwungenheit. »Bevor ich hier eintrat«, sagte er in voller Aufrichtigkeit, »hielt ich dies für eine phantastische Firma. Ich wollte nirgendwo sonst arbeiten, jetzt aber arbeite ich nur für den Abteilungsleiter Soundso. In meiner bescheidenen Stellung arbeite ich nur für den einen Mann, aber nicht für Sony. Er symbolisiert die Firma, dabei ist er ausgesprochen dumm. Und trotzdem läuft alles, was ich mache oder vorschlage, zwangsläufig über ihn. Ich bin furchtbar enttäuscht, daß ausgerechnet dieser Abteilungsleiter - jedenfalls soweit es mein eigenes Vorwärtskommen betrifft - Sony repräsentiert.«
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Seine Worte wirkten ernüchternd.
Ich sagte mir, daß viele Mitarbeiter die gleichen oder ähnliche Probleme haben müßten, so daß wir hier etwas tun müßten. So gab ich eine wöchentliche Werkszeitung mit hausinternen Stellenangeboten heraus.
Jeder Mitarbeiter konnte sich nun vertraulich um eine andere Verwendung bewerben. Wir versuchen ohnehin, etwa alle zwei Jahre unsere Mitarbeiter mit artverwandten oder auch völlig neuen Aufgaben zu betrauen, aber tatkräftige junge Leute ohne Sitzfleisch müssen sich auch außerhalb des Turnus betriebsintern verändern können, um eine ihren Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit zu finden.
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Der doppelten Nutzen für das Unternehmen
Das Unternehmen selbst zieht daraus doppelten Nutzen: der Veränderungswillige findet in der Regel eine befriedigendere Tätigkeit, und die Personalabteilung kommt potentiellen Problemen mit Vorgesetzten auf die Spur; denn grundlos streben Untergebene nicht von ihnen weg.
Wir haben mehrfach festgestellt, daß ein Vorgesetzter fehl am Platze war. In derlei Fällen lösen wir den Vorgesetzten ab, stufen ihn zurück und setzen ihn an anderer Stelle ein. Damit ist das Problem gewöhnlich gelöst.
Aus Gesprächen mit der Belegschaft können wir nur lernen, denn letztlich ist Klugheit kein Privileg der Geschäftsleitung.
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Über die unternehmensinterne Mobilität
Die unternehmensinterne Mobilität hat noch einen weiteren wichtigen Aspekt. So ist es zum Beispiel vorgekommen, daß ein Mann, den wir als Torwächter oder für eine andere unqualifizierte Tätigkeit eingestellt hatten, sich um Übernahme als Werbetexter bewarb, nach entsprechender Befähigungsprüfung die Position auch bekam und sich hervorragend darin bewährte.
Auf unsere Stellenangebote bewerben sich viele - ohne über ihre wahre Qualifikation nachzudenken - als Schreibkraft, Fahrer oder Werkschutzmann, weil sie gerade einen Arbeitsplatz suchen.
Zu Anfang weist natürlich die Personalabteilung neuen Belegschaftsangehörigen einen Arbeitsplatz an, aber weder Personalabteilung noch Unternehmensleitung sind allwissend und längst nicht immer fähig, den rechten Mann an den rechten Platz zu stellen.
Lieber soll der Arbeitnehmer herausfinden, welche Tätigkeit ihm am besten liegt. Deshalb sagte ich dem jungen Mann, der sich über seinen Abteilungsleiter beschwert hatte: »Wenn Sie mit Ihrer Arbeit nicht zufrieden sind, sollten Sie sich bei uns etwas Passenderes suchen. Warum haben Sie das nicht schon längst getan?«
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Sich die Arbeit aussuchen erzeugt Motivation
Wer sich die Arbeit aussuchen kann, wird schon allein dadurch zuversichtlicher, wird sich seiner neuen Aufgabe mit besonderer Sorgfalt widmen. Jedenfalls haben wir diese Erfahrung gemacht. Wir haben sehr viele Arbeitsplätze und ebenso viele Beschäftigte.
Es gibt also keinen Grund, einem Mitarbeiter eine Tätigkeit gemäß seiner Begabung und seinen Fähigkeiten zu verwehren. Leider ist diese Einstellung für japanische Unternehmen nicht typisch.
Schon vor langer Zeit hatte ich beschlossen, vom üblichen System abzuweichen und es durch eine Organisation zu ersetzen, in der unablässiger Wandel stets möglich sein sollte. Alles, das diesen Weg zum Besseren versperrte, war meiner Auffassung nach falsch.
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Die Ergebnisse der Schulausbildung sind irrelevant
Dies ist auch der Grund, warum ich anordnete, daß mit der Einstellung eines Mitarbeiters die Ergebnisse seiner Schulausbildung der Vergangenheit angehören und nicht mehr zur Bewertung seiner Leistungen und bei Entscheidungen über Beförderungen herangezogen werden sollten.
Das Buch, das ich über dieses Thema schrieb, stieß auf Zustimmung; denn in Japan wurden 250.000 Exemplare verkauft - ein Indiz für die Einstellung der Öffentlichkeit zu einer Praxis, die in den meisten Unternehmen noch heute gängig ist.
Nach Erscheinen des Buches konnten wir eine Zeitlang nur mit Mühe Absolventen >namhafter< Universitäten anwerben, da uns die jungen Leute Vorurteile unterstellten, dabei hatten wir lediglich darauf hinweisen wollen, daß uns Befähigung wichtiger sei als der klangvolle Name einer Universität, ohne daß das eine das andere ausschließen mußte. Seitdem man das begriff, haben wir auch wieder Zulauf von den berühmten Hochschulen des Landes.
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.... bei der Realisierung von Ibuka's Träume helfen
In der Gründungszeit unseres Unternehmens waren wir auf dem Gebiet des Management noch völlig unerfahren. Wir behalfen uns daher zwangsläufig mit unorthodoxen Methoden.
Unser Betrieb war damals noch so klein, daß wir jedes einzelne Problem mit der gesamten Belegschaft diskutieren und von verschiedensten Ansätzen aus zufriedenstellend oder umfassend lösen konnten.
Diese Atmosphäre der offenen Diskussion gehört meiner Meinung nach mit zu den Gründen für das bemerkenswert schnelle Wachstum unseres Unternehmens. Zu keiner Zeit haben wir Vorschläge und andere Ansichten zu unterdrücken versucht.
Ibuka zum Beispiel ist eine geachtete Persönlichkeit mit großen Führungsqualitäten - man fühlt sich zu ihm hingezogen und möchte unbedingt mit ihm zusammenarbeiten. Im Grunde genommen ist unsere Firmengeschichte die Story einer Gruppe von jungen Leuten, die Ibuka bei der Realisierung seiner Träume helfen wollten.
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Ibuka glaubte nicht an einsame unternehmerische Entscheidungen.
Er ist nicht nur eine geniale, selbständige technologische Begabung. Mehrmals konnte er neben seiner Weitsicht und präzisen Vorausschau künftiger Entwicklungen auch unsere jungen, forschen Ingenieure zu einer Führungsgruppe zusammenschweißen, in der jeder durch den kooperativen Geist zur freien Meinungsäußerung ermuntert wurde.
Die meisten japanischen Unternehmen reden von Kooperation und Konsens, meinen damit aber gewöhnlich die Ausschaltung jeder Individualität. In unserem Unternehmen fordert man dazu auf, seine Gedanken und Ansichten frei zu äußern - je konträrer, desto besser, denn vielleicht entsteht daraus ein gelungeneres Produkt oder ein effizienteres Verfahren.
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Noch ein Grund, warum wir so erfolgreich wurden
Viele japanische Unternehmen reden gern von Kooperation und Konsens , weil sie für Individualisten nichts übrig haben. Gefragt oder ungefragt, behaupte ich: Wenn ein Unternehmer zuviel von Kooperation redet, gesteht er damit die Unfähigkeit ein, sich Eigenbrötler und ihre Ideen nutzbar zu machen und mit den Vorstellungen anderer zu harmonisieren. Weil wir diese Kunst beherrschen, wurde unser Unternehmen erfolgreich.
Selbst in meinem Unternehmen mußte ich diesen Standpunkt nachdrücklich und lautstark unterstreichen. Vor ein paar Jahren - ich war seinerzeit stellvertretender Präsident, Michiji Tajima Aufsichtsratsvorsitzender - hatten wir beide einen Zusammenstoß, der meine Auffassung beleuchtet.
Tajima, ein prachtvoller Mann und durch und durch Kavalier der alten Schule, war zuvor als Generaldirektor des Kaiserlichen Haushalts für die alltäglichen Belange des Herrscherhauses verantwortlich gewesen.
Ich wußte, daß ihn einige meiner Ansichten furchtbar ärgerten, trotzdem wollte ich meinen Standpunkt gegen seinen Willen durchsetzen (worum es im einzelnen ging, weiß ich nach so vielen Jahren nicht mehr). Jedenfalls gab ich keine Ruhe, obwohl Tajimas Gereiztheit offensichtlich zunahm.
Schließlich wurde es ihm zuviel. »Morita«, sagte er, »Sie und ich sind verschiedener Ansicht. Ich möchte in einem Unternehmen wie diesem, in dem Sie niemals meiner Auffassung sind und wir deswegen dauernd aneinandergeraten, nicht länger arbeiten.«
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Eine kluge Antwort an den Aufsichtsratsvorsitzendern
Da ich von der Richtigkeit meiner Auffassung damals schon überzeugt war, ließ ich mich zu einer kühnen Antwort hinreißen.
»Herr Tajima«, erwiderte ich, »wenn Sie und ich jederzeit und grundsätzlich dieselbe Ansicht verträten, wäre einer von uns beiden entbehrlich, und wir könnten ein Gehalt sparen. In diesem Falle sollten entweder Sie oder ich kündigen. Aber genau deswegen, weil Sie und ich verschiedener Auffassung sind, ist in diesem Unternehmen die Gefahr geringer, daß wir Fehler machen. Bitte, Herr Tajima, betrachten Sie auch meinen Standpunkt einmal ohne Zorn. Wenn Sie auf Grund meiner unterschiedlichen Meinung ausscheiden wollen, beweisen Sie damit mangelnde Loyalität gegenüber diesem Unternehmen.«
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Dies waren für ein japanisches Unternehmen völlig neue Töne.
Tajima war zunächst bestürzt, blieb aber bei uns. Eigentlich war meine Einstellung innerhalb des Unternehmens nicht gänzlich neu. Ganz zu Anfang hatten wir zwar keinen Firmen-Song (wer könnte sich den nachdenklichen, introvertierten Ibuka schon beim Singen vorstellen!), aber wir hatten sein schon erwähntes Memorandum.
Es war beinahe so etwas wie ein Glaubensbekenntnis. >Sony ist ein Pionier<, hieß es darin, >und daher nicht bereit, anderen zu folgen. Sony sieht den Fortschritt als Möglichkeit, der ganzen Menschheit zu dienen.<
Um diese selbstgewählte Rolle ausfüllen zu können, müsse das Unternehmen >immer wieder in unbekannte Bereiche vorstoßen<.
Weiter hieß es: >Der Weg eines Pioniers ist mühsam und steinig, aber diesen vielen Widrigkeiten zum Trotz schließen sich die Sony-Mitarbeiter eng und harmonisch zusammen, weil die Teilnahme an kreativer Arbeit durch Einbringung der eigenen, besonderen Talente stolz und zufrieden macht. Sony respektiert und fördert grundsätzlich die Fähigkeiten des einzelnen - der rechte Mann soll am rechten Platze stehen - und versucht stets, die besten Seiten seiner Mitarbeiter zu fördern und ihnen die Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten fortwährend zu ermöglichen. Dies ist die Lebenskraft des Sony-Unternehmens<.
Der Mensch im Zentrum unserer Bemühungen
Bei uns sollte der Mensch im Zentrum unserer Bemühungen stehen. Insofern unterscheiden wir uns unseres Wissens von fast allen japanischen Unternehmen. Normalerweise werden die Aufgaben von den Personalabteilungen willkürlich verteilt, Mitarbeiter hin und her geschoben. Diese haben sich den Erfordernissen ihrer jeweiligen Arbeitsplätze anzupassen.
Ich lege großen Wert darauf, die Belegschaft zu kennen, was mit zunehmender Expansion natürlich immer schwieriger wurde. Heute (1984) beschäftigen wir mehr als 40.000 Menschen. Da ist es völlig unmöglich, den einzelnen wirklich kennenzulernen, trotzdem bemühe ich mich weiterhin darum, fordere alle leitenden Angestellten dazu auf, sich mit ihren Untergebenen persönlich bekannt zu machen, statt den Tag hinter dem Schreibtisch zu verbringen.
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Der wichtige Kontakt mit unseren Mitarbeitern
Ich selbst lasse mich sehr gern einmal in unseren Fabriken oder Zweigniederlassungen sehen, um die Gelegenheit zu einer kleinen Unterhaltung wahrzunehmen.
Unlängst erst stieß ich in Tokio auf ein kleines Büro des Sony-Reisedienstes, das ich noch nicht aufgesucht hatte. Ich trat ein und stellte mich vor. »Ich wollte mich nur einmal zeigen«, erklärte ich. »Sicher kennen Sie mich aus der Zeitung oder vom Fernsehen her. Deshalb dachte ich, Sie würden Morita gern einmal leibhaftig kennenlernen.«
Alle lachten. Ich ging von einem zum anderen und unterhielt mich mit jedem ein Weilchen. Das Gefühl, einer gemeinsamen Aufgabe zu dienen, tat uns allen sehr gut.
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In Amerika : Sie haben die Sony-Familienpolitik begriffen.
Als ich vor kurzem bei Palo Alto/Kalifornien ein kleines Sony-Labor besuchte, fragte mich der Geschäftsführer, ein Amerikaner, ob ich vielleicht zu ein paar Fotos mit der Belegschaft bereit sei. Selbstverständlich gern, erwiderte ich.
Nachdem ich mich mit allen dreißig oder vierzig Mitarbeitern hatte fotografieren lassen, sagte ich dem Geschäftsführer: »Ihre Einstellung gefällt mir. Sie haben die Sony-Familienpolitik begriffen.«
Zum fünfundzwanzigjährigen Jubiläum der Sony America flogen Yoshiko und ich in die Staaten, um mit allen unseren Beschäftigten zu feiern. Für unsere New Yorker Mitarbeiter veranstalteten wir ein Picknick. Alle drei Schicht-Gruppen unserer Magnetbandfabrik in Dothan/ Alabama wurden zum Essen eingeladen.
In San Diego, Chicago und Los Angeles wurde nach Tisch getanzt. Das Zusammensein mit den Kollegen war für mich ein befriedigendes Erlebnis, und meine und Yoshikos Anwesenheit wird wohl auch die Mitarbeiter gefreut haben.
Für mich war dieses gemeinsame Feiern keine notwendige Pflichtübung - ich mag unsere Leute, sie gehören zur Familie.
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Auch ganz wichtig : Verbesserungsvorschläge
Solange die Denkarbeit ausschließlich dem Management überlassen bleibt, kommt ein Unternehmen zu nichts. Jeder Mitarbeiter muß seinen Beitrag dazu leisten.
Auch die Tätigkeit minder qualifizierter Arbeitnehmer darf sich nicht allein auf das rein Manuelle beschränken. Wir legen auf geistige Mitarbeit allergrößten Wert und erhalten heute pro Beschäftigtem im Jahresdurchschnitt acht neue Anregungen.
Die meisten Verbesserungsvorschläge berühren den unmittelbaren Arbeitsbereich des einzelnen, doch es werden auch effizientere Verfahren oder generelle Unfallverhütungsmaßnahmen empfohlen.
Im Westen spottet man vielfach über dieses betriebliche Vorschlagswesen. Es zwinge, so sagt man dort, zum Wiederkäuen von Selbstverständlichkeiten oder beweise mangelnden Führungswillen des Management.
Solche Auffassungen deuten auf fehlendes Verständnis hin. Wir wollen nicht Verbesserungsvorschläge um jeden Preis, nehmen aber jede Anregung ernst und setzen die besten in die Tat um. Da die meisten Vorschläge den Wirkungsbereich des einzelnen berühren, halten wir sie für nützlich. Wer eine Arbeit verrichtet, weiß schließlich am besten, wie seine Tätigkeit strukturiert sein sollte.
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Zeit und Kraft der Zukunftsplanung gewinnen
Jeder Fortschritt kommt dadurch zustande, daß Untergebene oder Jüngere einen Schritt über die Erkenntnisse der Vorgesetzten oder Älteren hinaus taten.
Ich rate meinen Mitarbeitern immer, nicht allzuviel auf die Worte ihrer Vorgesetzten zu geben. »Warten Sie nicht erst auf Anweisungen«, pflege ich zu sagen, »machen Sie so weiter, wie sie es für richtig halten.«
Den leitenden Angestellten sage ich, daß man anders den Fähigkeiten und kreativen Kräften der Untergebenen wohl kaum zum Durchbruch verhelfen könne.
Junge Menschen sind beweglich und kreativ; Vorgesetzte sollten ihnen deshalb keine fertigen Meinungen aufzuzwingen versuchen, man läuft sonst Gefahr, geistige Selbständigkeit noch vor ihrer vollen Entfaltung zu ersticken.
Japanische Arbeiter, die sehr viel Zeit miteinander verbringen, schaffen sich aus eigenem Antrieb eine beflügelnde Atmosphäre, für deren Schwung gerade die jüngeren unter ihnen sorgen. Im Vertrauen darauf, daß die Alltagsgeschäfte von energischen, schwungvollen jungen Mitarbeitern wahrgenommen werden, kann die Geschäftsleitung ihre Zeit und Kraft der Zukunftsplanung und -gestaltung widmen.
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Bei Fehlern ist es wichtiger die Ursache zu finden
Vor diesem Hintergrund halte ich es weder für klug noch erforderlich, die individuellen Verantwortungsbereiche allzu deutlich gegeneinander abzugrenzen, weil jeder gelernt hat, von sich aus das Notwendige zu tun.
Geht etwas schief, so zeugt die Suche nach dem Schuldigen vom schlechten Geschmack der Geschäftsleitung. Man mag dies für gefährlich oder auch für töricht halten, aber wir halten an dieser Auffassung fest. Es kommt nicht so sehr darauf an, wer einen Fehler gemacht hat; viel wichtiger ist es, die Ursache zu finden.
Der amerikanische Direktor eines Tokioter Joint Venture beklagte sich einmal bei mir, daß er trotz intensivster Nachforschungen den Verschulder eines Betriebsunfalls nicht ausfindig machen konnte.
Ich machte ihm klar, daß es seiner Firma zur Ehre gereiche, wenn sich die gesamte Belegschaft für den Unfall verantwortlich fühle. Die Ermittlung des Schuldigen könne nur die Moral aller zersetzen. Einmal macht jeder etwas falsch.
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Ibuka und ich haben auch Fehler gemacht.
Wir haben beim Chromatron-System viel Geld zugesetzt. Die SONY-L Kassette (Elcaset) stellte sich ebenfalls als ein geschäftlicher Mißerfolg heraus, obwohl das breitere Magnetband eine wesentlich bessere Klangwiedergabe gestattete als die herkömmliche Philips CC Compact-Kassette.
Außerdem haben wir uns nicht genug Mühe gegeben, andere Firmen auf das Betamax-System einzuschwören. Der VHS-Konkurrenz gelang dies, trotz schlechterer Wiedergabequalität setzte sich dieses System weithin durch. (Wir haben daraus unsere Lehren gezogen. Im Falle unseres neuen 8mm-Video-Systems und der 3,5"-Diskette für Minicomputer konnten wir namhafte japanische und überseeische Firmen zur Übernahme unseres Prinzips bewegen.)
Auch der Rückzug aus dem Tischrechnergeschäft war ein Fehler.
- Anmerkung : Der Abschluß des OEM Vertrages in 1955 mit den 3 Brüdern in Amerika mit Namen Superscope (die Tushinsky brothers) wird auch hier mit keinem Wort erwähnt ????? War der vermeintliche Fehler so groß ? und so teuer ?
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Machen Sie nicht zweimal den gleichen Fehler
Aber derartige Fehler und Fehlentscheidungen sind normal und unvermeidlich; langfristig gesehen haben sie dem Unternehmen jedoch nicht geschadet. Ich selbst bin jederzeit bereit, meine unternehmerischen Entscheidungen zu verantworten.
Wenn ein Mitarbeiter, der einen Fehler gemacht hat, öffentlich bloßgestellt und von der nächsten Beförderung ausgeschlossen wird, kann er für den Rest seines Berufslebens die Motivation verlieren. Dem Unternehmen entgeht dann alles, was er später noch zu bieten gehabt hätte.
Wird dagegen die Ursache des Fehlers geklärt und bekanntgemacht, dann wird der Betreffende sie nicht vergessen, und andere werden den gleichen Fehler nicht wiederholen. Ich sage unseren Mitarbeitern immer:
»Machen Sie weiter, wie Sie es für richtig halten. Aus Fehlern können Sie nur lernen. Aber machen Sie nicht zweimal den gleichen Fehler.«
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Wie gesagt: Die Ermittlung der Ursachen ist wichtiger
Im übrigen: Löst man jemanden ab, der nach längerer Betriebszugehörigkeit etwas falsch gemacht hat, bringt der Nachfolger nicht unbedingt ebensoviel Können und Erfahrung mit; der Schaden wird also eher größer.
Wenn dieser Nachfolger neu im Unternehmen ist und einen Fehler macht, kann man ihn erst recht nicht tadeln.
Wie gesagt: Die Ermittlung der Ursachen ist wichtiger, so daß sich eine Wiederholung in Zukunft vermeiden läßt. Wenn bekannt ist, daß nur den Ursachen nachgespürt wird, ohne jemandem das Weiterkommen verbauen zu wollen, können alle aus der Aufdeckung nur lernen. Nach so vielen Jahren im Geschäftsleben erinnere ich mich nur an sehr wenige Mitarbeiter, die ich wegen eines Fehlers am liebsten vor die Tür gesetzt hätte.
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"hinauswerfen" - Für mich ganz neue Gedanken in Amerika
Unmittelbar nach Gründung unserer amerikanischen Tochtergesellschaft suchten wir in aller Eile zahlreiche Mitarbeiter für unsere Absatzorganisation, da sich die Geschäftslage schneller als erwartet zu unserer vollsten Zufriedenheit entwickelte.
Wir stellten sehr gute Kräfte ein, auf manch anderen Mitarbeiter - so stellte sich heraus - hätten wir besser verzichten sollen. Zu meiner Verärgerung und ständigen Besorgnis machte ein ganz bestimmter Angestellter immer wieder Schwierigkeiten.
Schließlich brachte ich seinen Fall bei meinen amerikanischen Kollegen zur Sprache: »Was machen wir bloß mit dem Kerl?« fragte ich. Alle sahen mich an, als ob ich schwer von Begriff wäre. »Na, hinauswerfen natürlich«, meinten alle übereinstimmend. Ich war perplex.
Noch nie hatte ich jemanden hinausgeworfen, und auch in diesem Fall spielte ich nicht einmal mit dem Gedanken. Probleme durch Hinauswurf zu lösen, entsprach eben dem amerikanischen Prinzip. Es erschien so selbstverständlich, naheliegend und logisch, daß ich Amerika für ein Arbeitgeberparadies zu halten begann, in dem jeder nach Gutdünken verfahren konnte; doch nach ein paar Monaten bekam ich die Kehrseite der Medaille zu sehen.
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Bittere Erfahrungen mit dem amerikanischen Wirtschaftssystem
Ein Bezirksverkaufsleiter machte auf mich einen so vielversprechenden Eindruck, daß ich ihn für eine Weile nach Tokio schickte, um das Stammhaus, mithin Geist und Philosophie des ganzen Unternehmens, kennenzulernen. Er machte sich dort ganz hervorragend, jedermann war von ihm beeindruckt. Nach Rückkehr in die Staaten nahm er seine Aufgabe gewissenhaft und zufriedenstellend wahr, bis er mir eines Tages ohne jede Vorwarnung erklärte: »Vielen Dank für alles, Herr Morita, aber ich kündige.«
Ich glaubte nicht recht gehört zu haben, aber es war sein Ernst. Eine Konkurrenzfirma hätte ihm das doppelte oder dreifache Gehalt geboten, und dem hätte er nicht widerstehen können. Auch das gehört zur amerikanischen Methode, mußte ich mir sagen.
Ich war wegen des Vorfalls sehr verlegen und verärgert und wußte, ehrlich gesagt, nicht so recht, wie ich damit fertig werden sollte. Monate später traf ich auf einer Elektronik-Messe am Stand eines Konkurrenten diesen Verräter wieder.
Ich meinte, wir müßten uns aus dem Weg gehen; aber statt sich zu verkriechen, kam dieser Mensch auf mich zugeeilt und verwickelte mich nach überschwenglicher Begrüßung in ein Gespräch, als wenn er sich für nichts zu schämen hätte.
Er stellte mich seinen Kollegen vor und demonstrierte mir sein neues Produkt, als ob von einem Treuebruch keine Rede sein könnte. Da begriff ich, daß es in seinen Augen nichts Ehrenrühriges war, irgendwo auszuscheiden und sämtliche Marketinginformationen und Firmengeheimnisse mitzunehmen.
Anscheinend gehört solches Verhalten zum amerikanischen Wirtschaftssystem, so daß von einem Arbeitgeberparadies nicht die Rede sein kann. Ich nahm mir fest vor, in meinem Hause diese Methoden amerikanischer Unternehmensführung nicht zu praktizieren.
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Als auch in Japan die Paradigmen umfielen
Rasch fiel mir auf, daß in den westlichen Ländern bei einsetzender Rezession Arbeitsplätze vorübergehend abgebaut werden. Auch diese Erkenntnis war ein Schock für mich; denn in Japan greift man erst zu dieser Maßnahme, wenn es nicht mehr anders geht.
- Anmerkung : Akio Morita (Jan. 1921 - Okt. 1999) hatte es sogar zweimal (1982 und 1990) miterlebt, daß die Wirtschaft so sehr eingebrochen war, daß die japanischen Grundsätze nicht mehr galten.
Wegen vollständiger Abhängigkeit von fremden Ressourcen hatte es Japan während der Ölkrise sehr schwer. 1973/74 lag die auf Jahresbasis umgerechnete Inflationsrate bei über 25%. Manche Unternehmen mußten Entlassungen vornehmen, weil der Betrieb einfach nicht mehr aufrechtzuerhalten war.
Die entlassenen Kollegen aber mochten nicht tatenlos zu Hause herumsitzen und ihr Unternehmen in der Not alleinlassen. In vielen Fällen gingen die Arbeiter weiterhin täglich in den Betrieb, räumten auf, mähten Rasen und stellten sich für alle möglichen Ausbesserungs- und Verschönerungsarbeiten zur Verfügung.
Ein Elektrogerätehersteller schickte seine Leute als unbezahlte Helfer in den ebenfalls notleidenden örtlichen Elektrofachhandel. Diese Initiativen gingen nicht etwa von Arbeitgeberseite aus.
Die Arbeiter selbst begriffen sich und ihr Unternehmen als Schicksalsgemeinschaft. In Osaka wurde ein entlassener Matsushita-Arbeiter auf dem Weg in den Betrieb von einem Reporter nach den Gründen seines freiwilligen Einsatzes gefragt.
Der Mann gab unumwunden zu, von seiner Frau mit dem Vorwurf bei der Ehre gepackt worden zu sein: »Wie kannst du bloß den ganzen Tag lang untätig zu Hause herumsitzen, wenn deine Firma in solchen Schwierigkeiten steckt?«
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