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Die Lebensbiografie von Akio Morita (aus 1986), dem berühmten SONY Mitbegründer - Er war "Mister Japan"

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2. Kapitel - FRIEDEN: EIN NEUES LEBEN BEGINNT

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Unsere Welt hatte sich von einem Tag auf den anderen verändert.

Der Kaiser, der sich noch nie zuvor direkt an sein Volk gewandt hatte, malte ein düsteres Bild der Zukunft. Er sagte, wir könnten »allen künftigen Generationen den Weg zu einem dauerhaften Frieden ebnen«, allerdings bedeute das »ein Ertragen des Unerträglichen und Hinnehmen des Unannehmbaren«.

Er rief zur Zuversicht auf. Die Japaner sollten sich mit vereinten Kräften an die Gestaltung der Zukunft machen. Der Kaiser forderte das Volk auf, mit der technologischen Entwicklung in der Welt Schritt zu halten.

Ich wußte, daß ich mich zu meiner Forschungsstation begeben und dort alle weiteren Befehle abwarten mußte.
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Was würde als nächstes geschehen?

Ich rechnete mit einem allgemeinen Durcheinander. Ich konnte mir vorstellen, wie es in Zushi aussah. Unsere zivilen Dienstkräfte, darunter viele Mädchen, waren ausnahmslos sehr jung.

Als Offizier vom Dienst war ich für alle verantwortlich. Sie alle so schnell wie möglich nach Hause zu schicken, hielt ich für das Vernünftigste. Ich wußte weder, ob es eine schwierige Besatzungszeit geben würde, noch wie man die japanischen Soldaten und Militärpersonen behandeln würde. War es denkbar, daß man uns alle verhaften und einsperren würde?
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Zurück zum Dienst mit etwas Wegzehrung

Ich erklärte meiner Mutter, daß ich unter allen Umständen zurück müsse, und bat sie um etwas Wegzehrung. Sie wickelte mir ein paar gekochte Reisklöße ein.

Für den Fall, daß der Bahn- und Busverkehr eingestellt sein sollte, rechnete ich mit einer dreitägigen Reise. Eigentlich ging ich von einem Stillstand des öffentlichen Verkehrs aus und befürchtete, per Anhalter fahren zu müssen.

Unterwegs würde Proviant nur schwer zu beschaffen sein. Mit einem geborgten Fahrrad fuhr ich die sechs Kilometer zum nächsten Bahnhof, an dem ich als Offizier problemlos eine Karte für den Nachtzug lösen konnte.

Ich richtete mich auf eine größere Verspätung ein, aber zu meiner Überraschung fuhr der Zug genau nach Fahrplan - sehr japanisch, dachte ich. Die Reise verlief glatt und angenehm, so daß ich bei Ankunft in Zushi noch den größten Teil meiner für drei Tage berechneten Reisration bei mir hatte.
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Heilloses Durcheinander in ganz Japan

Meine Aufgabe war einfacher - oder doch zumindest anders als ich erwartet hatte. Bei genauerem Hinsehen zeigte sich, daß in ganz Japan neben der Furcht heilloses Durcheinander herrschte.

Wie ich erwartete, gab es tatsächlich ein paar militärische Versuche, die Kapitulation zu verhindern. Ganz in unserer Nähe, in Atsugi, versammelte der Kapitän z. S. Yasuna Kozono, Kommandeur eines Luftgeschwaders, seine Männer und erklärte ihnen, daß er jede Form von Kapitulation als Verrat ansehe.

Mehrere Luftwaffeneinheiten der Gegend drohten daher mit Kamikaze-Angriffen auf die amerikanische Flotte, die zur Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde Kurs auf die Bucht von Tokio genommen hatte.

Die Militärbehörden ordneten daraufhin vorsichtshalber die Entwaffnung aller Maschinen und die Entleerung ihrer Kraftstofftanks an.

Wie befürchtet, kam es auch noch zu anderen Zwischenfällen, ohne daß man jedoch, wie ich es von der Marine eigentlich erwartet hätte, von einem letzten großen Aufbäumen sprechen konnte.
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Doch kein letztes großes Aufbäumen der Militärs

Später war zu erfahren, daß man die Übertragung der Kaiserrede hatte verhindern wollen. Ein paar junge Offiziere planten die Besetzung des Kaiserpalastes, um dadurch das Heer zur Beteiligung an der Rebellion gegen die Kapitulation zu bewegen.

Ein kleines Häuflein Aufrührer überfiel den Amtssitz des Ministerpräsidenten, Kantaro Suzuki, der nur durch seine Geistesgegenwart durch den Notausgang seiner Privaträume flüchten konnte.

Die Aufrührer suchten auch den Lordsiegelbewahrer, aber der Marquis Kido hatte sich im Kaiserpalast in Sicherheit gebracht. Einige Heeres- und Marineflugzeuge warfen über Tokio Flugblätter ab, die die Bevölkerung zum Widerstand aufriefen und die Rundfunkerklärung des Kaisers für gegenstandslos erklärten.

Aus Protest gegen die Kapitulation begingen einige Heeresoffiziere Selbstmord; denn theoretisch war die japanische Armee noch nicht geschlagen, auch wenn die Verluste groß waren.
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Mindestens 2,75 Millionen japanische Soldaten waren gefallen

Mindestens 2,75 Millionen japanische Soldaten hatten zu Lande, zu Wasser und in der Luft ihr Leben verloren. Am Ende aber mußten sich selbst die fanatischsten Militärs dem Unvermeidlichen beugen und »das Unerträgliche ertragen«.

Einige meiner Offizierskameraden reagierten überrascht, als ich am 16. August in meiner Forschungsstation wieder auftauchte. Besonders erstaunt war der Oberleutnant, den ich mit der Bemerkung, im Fall angeordneten Selbstmords nicht zurückzukommen, auf den Arm genommen hatte. Er kennt mich wohl nicht gut genug, dachte ich. Alle Offiziere machten einen bedrückten Eindruck.
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Was konnte man nun noch glauben ?

Sehr schnell kehrten viele japanische Soldaten von ihren rings um Japan gelegenen Stützpunkten nach Hause zurück und bevölkerten Eisenbahnzüge und Busse.

Viele von ihnen konnten die Kapitulation kaum begreifen. Die japanische Wehrmacht, im Felde unbesiegt, hielt noch überall in Asien dünne Fronten.

Die Serie der fürchterlichen Verluste bei den Kämpfen um Leyte, Iwo Jima, Saipan und Okinawa, die Angriffe der überlegenen amerikanischen Luftwaffe auf die Mutterinseln und der Einsatz der Atombomben bewiesen aber hinreichend, daß der Krieg nicht mehr zu gewinnen war.

Hinzu kam, daß die Sowjetunion nach dem Abwurf der Hiroshima-Bombe Japan den Krieg erklärt hatte. Viele hegten die Befürchtung, daß sich der bis vor kurzem noch rein hypothetische Feind unsere geschwächte Position zunutze machen und uns besetzen könnte.

Die Sowjets besetzten die südliche Hälfte der Insel Sachalin und vier Hokkaido unmittelbar vorgelagerte Inseln - eine von ihnen liegt in Sichtweite des Mutterlandes -, die sie bis heute noch nicht zurückgegeben haben.

Okinawa, seit 1945 von den Amerikanern besetzt, wurde 1972 wieder japanischer Souveränität unterstellt.
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Die Russen haben die Chance genutzt und .....

Die Russen eroberten die Mandschurei, die jahrelang als Puffer zwischen Rußland und Japan gedient hatte. Verglichen mit der schlagkräftigen russischen Panzertruppe waren die japanischen Verbände dort relativ klein und schwach.

Zu chaotischen Verhältnissen kam es, als japanische Zivil- und Militärpersonen sich vor den anrückenden Russen in Sicherheit zu bringen versuchten. Schließlich marschierte etwa eine halbe Million japanische Soldaten in russische Kriegsgefangenschaft und wurden in Sibirien oder andernorts in Arbeitslager gesteckt. Manche von ihnen blieben 12 Jahre in Kriegsgefangenschaft, wo sie zu Sklavenarbeit gezwungen wurden.
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Familienzusammenführung nach 40 Jahren

In dem allgemeinen Durcheinander in der Mandschurei wurden viele japanische Familien auseinandergerissen. Waisenkinder wurden von chinesischen Familien aufgenommen; in manchen Fällen überredeten japanische Eltern, die nicht flüchten konnten, chinesische Familien, ihre Kinder in Pflege zu nehmen.

Selbst heute noch, vierzig Jahre nach Kriegsende (das Buch ist aus 1985), kommen chinesische Staatsbürger auf der Suche nach ihren Angehörigen in unser Land, weil sie sich für Japaner halten, die in den Wirren der Niederlage von ihren Familien getrennt wurden.

Erstaunlicherweise finden manche ihre betagten Eltern oder sonstige Verwandte. Manchmal führen bruchstückhafte Kindheitserinnerungen zur Zusammenführung, ein anderes Mal erkennt man sich an Narben oder sonstigen unveränderlichen Kennzeichen.

Aber natürlich treffen im Laufe der Jahre immer weniger ihre Eltern noch lebend an. Manche behaupten bis auf den heutigen Tag, der Kaiser habe den Entschluß zur Kapitulation nicht allein nach den entsetzlichen Ereignissen von Hiroshima und Nagasaki gefaßt, sondern auch weil er fürchtete, die Sowjetunion könnte die Hauptinseln besetzen oder das Land nach deutschem Beispiel teilen.
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Hin und her zwischen Erleichterung und gewaltiger Tragödie

Für die meisten Japaner war das Kriegsende nicht nur eine große Erleichterung, sie sahen darin auch eine gewaltige Tragödie. Japanische Zeitungen schrieben erregende Artikel über die beginnende Besatzungszeit.

Die Besatzer selbst wurden gelegentlich auf sonderbare Weise geschildert. So beschrieb zum Beispiel die Nachrichtenagentur Domei einige amerikanische Marineflieger: »Sehr sorglos und ganz in Ordnung; weder durch ihr Reden noch durch ihr Verhalten prahlten sie mit ihrem Sieg ... An das tadelsfreie Verhalten dieser Piloten sollte jeder Japaner denken, wenn er von jetzt an mit der amerikanischen Besatzungsmacht in Berührung kommt.«

Manche Japaner tranken zwar sogar auf die Ankunft der Amerikaner, die meisten sahen den Besatzungssoldaten jedoch mit Furcht, Besorgnis und Argwohn entgegen.
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Wir Soldaten hatten keine Befehle mehr.

Wir warteten tagelang und tranken Sake, da es nichts anderes zu tun gab. Als erstes erhielten wir den Befehl, alle wichtigen Unterlagen zu verbrennen.

Manchmal glaube ich, daß wir diesen Befehl voreilig ausführten. Ich verbrannte alle meine Papiere, darunter die Berichte und Daten unserer Experimente.

Außerdem hatte ich ein paar private Notizbücher und Aufzeichnungen, die ich ebenfalls verbrannte. Ich habe mir seither oft gesagt, daß ich ein Esel war, diese Unterlagen, die heute sehr interessant wären, zu vernichten.

Später bekamen wir Befehl, bestimmtes Datenmaterial in Sicherheit zu bringen, aber es war schon zu spät; alles war längst in Rauch aufgegangen. Viele Japaner vernichteten ihre Unterlagen, da niemand wußte, wie die Amerikaner uns als Besiegte behandeln würden.

Man fürchtete, daß sie nach belastendem Material oder Ähnlichem suchen könnten. Die Zeitungen verbrannten ihre Fotoarchive, manche Unternehmen vernichteten ihre gesamten Betriebsunterlagen - alles samt und sonders unnötig. Manche Leute vergruben wichtige Papiere und Familienaufzeichnungen in ihren Gärten.
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Es entpuppte sich alles als ganz großer Unsinn

Ich erwähne dies nur als Beispiel, daß nicht nur im Marinehauptquartier, sondern landauf, landab ein großes Durcheinander herrschte.

So waren wir auch angewiesen, alles wichtige Gerät zu vernichten; aber wir hatten keine Spezialmaschinen, wir besaßen nicht einmal Waffen. Zum Schluß wurde mir befehlsgemäß aufgetragen, unsere Arbeitsgruppe aufzulösen.

Darauf hatte ich nur gewartet; dennoch war die Maßnahme leichter zu befehlen als durchzuführen. Für die Rückführung der normalen Arbeiter fehlte es an Transportmitteln. Manche unserer Mitarbeiter waren von ihren Familien getrennt worden, weil die Angehörigen evakuiert worden waren und in weit abgelegenen Gegenden lebten.

So galt es, jeden Tag zu planen, wie ich die Betroffenen schnell fortschaffen konnte. Aber wie, wenn es an Transportmöglichkeiten und Verpflegung fehlte?
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Jetzt waren schon wieder Ideen gefragt

Der Leutnant, der sich mit dem Fischhändler angefreundet hatte, brachte mich auf eine überraschende Idee.

Wir stellten fest, daß unsere Büromöbel und die Laborausrüstung in einer Zeit allgemeiner Knappheit sehr wertvoll waren, jedenfalls wertvoller als Geld. Möbel und Laborgerätschaften hätten befehlsgemäß unbrauchbar gemacht werden müssen. In manchen Einheiten nahmen die demobilisierten Männer die Sachen mit nach Hause und verkauften sie auf dem Schwarzen Markt.

Wir ließen uns vom Beispiel dieser Schieber anregen, gingen zum größten Transportunternehmen der Gegend und tauschten die vielen Autobatterien, die wir für unsere Experimente gebraucht hatten, gegen die Zusage ein, die Habseligkeiten unserer Bediensteten nach Hause zurückzubringen.

Da das Unternehmen um Batterien sehr verlegen war, ging man dort nur zu gern auf den Tauschhandel ein. Für den guten Zweck legten wir noch ein paar Büromöbel dazu.

Auch der Bahnhofsvorsteher von Zushi war sehr froh, als Gegenleistung für D-Zugfahrkarten und Gepäckscheine für unsere Zivilangestellten ein paar gebrauchte Büromöbel der Kriegsmarine zu erhalten.
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Zuerst die Oberschüler und jungen Mädchen durften nach Hause

Als erstes schickte ich die Oberschüler und jungen Mädchen nach Hause. Gerüchteweise hieß es, wir Marineoffiziere könnten unter Umständen zu Kriegsverbrechern erklärt werden, und auch die Zivilisten würden möglicherweise verhaftet.

Ich hielt solche Parolen für unwahrscheinlich und unlogisch; denn wir hatten ja zu keiner Zeit gegen die Amerikaner gekämpft. Da solche Befürchtungen jedoch für das Durcheinander der damaligen Zeit typisch waren, hielt ich es für das sicherste, unsere Leute so schnell wie möglich nach Hause zu schaffen.

Wir hatten nicht die geringsten Vorstellungen vom Verhalten der amerikanischen Soldaten; daher wollten wir die Mädchen unbedingt in Sicherheit bringen.

Da während des Krieges Ingenieure knapp waren, hatte man uns etwa zwanzig Schüler der vorletzten Jahrgangsstufe der naturwissenschaftlichen Züge der höheren Schulen geschickt.

Diese noch sehr jungen Männer gehörten mit zu den ersten, die ich nach Hause schicken wollte. Zwei von ihnen wußten aber nicht wohin, da ihre Eltern entweder in der Mandschurei oder in Korea wohnten; genau weiß ich es nicht mehr.

Die beiden schickte ich zu uns nach Hause und gab ihnen einen Brief an meine Mutter mit: »Ich kann nicht sagen, wie lange wir hier festgehalten werden. Vielleicht bringen uns die Amerikaner sogar um. Kümmere Dich deswegen bitte um die beiden Jungen.«

Später hat mich meine Mutter deswegen ausgeschimpft. »Wie konntest du uns nur zwei große Esser auf den Hals schicken, wo es ohnehin keinen Reis gab?« wollte sie von mir wissen.
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Und so saßen wir tagelang tatenlos herum

Bis neue Befehle eintrafen, saßen wir tagelang tatenlos herum. Als alle Jungen und Mädchen fort waren, gab es nichts mehr zu tun. Durchs Fernrohr konnten wir zusehen, wie die Amerikaner ihre Kriegsschiffe in der Sagami-Bucht zusammenzogen, um anschließend zur Unterzeichnung der Kapitulationsurkunden an Bord des Schlachtschiffes >USS Missouri< in die Bucht von Tokio einzulaufen.

Es war ein einmaliger Anblick - es sah so aus, als hätten die Amerikaner ihre gesamte Kriegsmarine vor unseren Augen auffahren lassen.
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Die Moritas hatten Glück, alle Brüder waren unversehrt

Ich wollte schnell hier heraus, und als es dann soweit war, nahm ich den ersten Zug nach Hause. Es gab ein frohes Wiedersehen; denn zur großen Freude meiner Eltern kehrten etwa zur gleichen Zeit auch meine Brüder unversehrt aus dem Krieg zurück.

Wir alle hatten unsere Pflicht getan und kamen nun ohne äußere Blessuren nach Hause. Wir hatten uns indessen auch von dem Fanatismus fernhalten können, der den größten Teil der Kriegsjugend gepackt hielt, der man die Verehrung des Kaisers und den Glauben an ruhmreichen Heldentod eingebleut hatte.
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Das psychologische Klima des Fanatismus

In Japan spricht man oft von einem gelegentlich herrschenden psychologischen Klima besonderer Art. Gleichgesinnte stürzen sich dann in bestimmte Aktivitäten, so als ob sie eine ganz besondere Luft einatmeten.

Während des Krieges machten sich die Behörden dies zunutze, indem sie Kampagnen zur freiwilligen Meldung starteten; wie erwähnt, wurde der jüngere meiner Brüder als Mittelschüler ebenfalls Opfer einer solchen Stimmung.

Viele schneidige junge Japaner ließen sich von einer solchen Atmosphäre einfangen und meldeten sich freiwillig an die Front. Aber viele als Kamikaze-Flieger vorgesehene junge Männer, die sehr enttäuscht waren, daß sie nicht mehr zum ersten und letzten Einsatz kamen, sind heute sehr dankbar, daß es ihnen damals an Gelegenheit zum Heldentod fehlte.

Als sich der Kaiser an das Volk wandte und nach dem Kriege - nicht mehr als Gott, sondern als Symbol der Nation und eine Art verehrter Vaterfigur - das Land bereiste, kehrte nach und nach ein beruhigender Geist der Normalität zurück.

Jetzt, da der Krieg aus war, hatten viele Menschen das Gefühl, als ob das Land Opfer einer gewaltigen Naturkatastrophe geworden wäre.
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Die neue Friedenszeit hatte einen eigenartigen Beginn.

Die Bomber blieben aus; aber viele Städte machten den Eindruck, daß es auch nichts mehr zu bombardieren gab. In den Stadtkernen von Osaka, Nagoya, Yokohama und Tokio waren nur die massivsten Beton- und Steingebäude stehen geblieben.

Die hinfälligen Häuser, Geschäfte und Fabriken aus Holz und Papier brannten unter dem Bombenhagel der B-29 wie Zunder. Die Brandschneisen, die man in manche Stadtviertel gebrochen hatte, um die Schäden in Grenzen zu halten, erwiesen sich als sinnlos, da der Wind die Flammen und glühende Flugasche darüber hinwegtrieb.

In Tokio waren mit Beginn der Bombenangriffe weniger als die Hälfte der Vorkriegsbevölkerung von sieben Millionen zurückgeblieben. Fast vier Millionen Menschen waren aufs Land oder in die kleineren Städte ausgewichen.

Das Elend war größer als nach dem Erdbeben von 1923, wenngleich die Brandverwüstungen vergleichbar waren. Viele Tokioter mußten mitansehen, wie ihre Häuser zu ihren Lebzeiten zum zweiten Male vernichtet wurden.

Bei Kriegsende verkehrten nur noch zehn Prozent der städtischen Straßenbahnen, dazu gab es noch sechzig Omnibusse. Von den privaten Kraftfahrzeugen war vielleicht noch eine Handvoll verkehrstüchtig; da kein Kraftstoff mehr zu haben war, hatte man die meisten von ihnen lange vor Kriegsende schon auf Holzgas umgerüstet.
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Die Tuberkulose grassierte

Der Krankenstand in der Bevölkerung war erschreckend hoch; in etwa 22 Prozent der Fälle war Tuberkulose die Ursache. In den Krankenhäusern fehlte es an allem, Verbandsmaterial, Watte und Desinfektionsmittel nicht ausgenommen.

Die Regale der Kaufhäuser waren leer oder man hielt eine Menge nutzloser und daher unverkäuflicher Artikel wie Violinbogen und unbespannte Tennisschläger feil.

Manche Filmtheater gaben noch Vorstellungen. In den Zuschauerräumen drängten sich Scharen von Menschen, die nichts Besseres zu tun wußten und sich wenigstens für ein paar Stunden von ihrem Elend ablenken lassen wollten.
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Die Familie Morita hatte großes Glück gehabt.

Niemand von uns war im Krieg geblieben, und die Fabrik- und Geschäftsgebäude und selbst unser Wohnhaus in Nagoya hatten die Bombenangriffe unbeschadet überstanden.

Nach den ersten paar Tagen gelöster Wiedersehensfreude begannen wir uns um die Zukunft Gedanken zu machen. Die Frage, was aus mir als ältestem Sohn werden sollte, interessierte dabei besonders.

Vater war noch immer robust und kerngesund und der Verantwortung für das Unternehmen voll und ganz gewachsen, so daß ich damals im Betrieb nirgends gebraucht wurde.
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Ich war gerade erst vierundzwanzig und wurde nicht gebraucht

Da wir - wie gesagt - bis zuletzt für Heer und Marine gearbeitet hatten, konnte der Betrieb nun ohne weiteres auf Friedensproduktion umgestellt werden. Ich machte ein paar Verbesserungsvorschläge, aber unbedingt gebraucht wurde ich nicht, da meinem Vater genügend Mitarbeiter zur Seite standen. Außerdem war ich gerade erst vierundzwanzig; alle waren mit mir der Auffassung, daß der Eintritt in das Geschäft nicht eilte.
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Ein Brief von Professor Hattori

Einige Wochen nach meiner Rückkehr erhielt ich einen Brief von Professor Hattori, der mich seinerzeit als Physiklehrer auf der höheren Schule gefördert hatte.

Er schrieb, daß er jetzt an der Technischen Hochschule Tokio im Fachbereich Physik arbeitete. Man versuche dort eine besondere Fakultät für Studenten ins Leben zu rufen, die ihre Studien wegen der Einberufung zum Kriegsdienst hatten abbrechen müssen.

Da Lehrpersonal jedoch knapp sei, wurde ich gebeten - im Grunde genommen nachhaltig gedrängt -, mich dieser Fakultät anzuschließen. Der Vorschlag gefiel mir sehr, konnte ich so der Physik doch verbunden bleiben und nach Tokio gehen, wo ich andere interessante Arbeitsmöglichkeiten zu finden hoffte. Meine Eltern erlaubten mir, den Lehrauftrag anzunehmen.
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Und wieder erinnere ich mich an Ibuka

Glücklicherweise gelang es mir noch von zu Hause aus, mit Ibuka erneut Kontakt aufzunehmen. Ibuka, dieser glänzende Ingenieur, der als Zivilist an unseren militärischen Forschungsprojekten mitgearbeitet hatte, setzte in Tokio zu dieser Zeit gerade einen neuen Laborbetrieb in Gang.

In den letzten Kriegsmonaten war ich mit Ibuka nicht mehr ganz so oft in Berührung gekommen. Da seine Fabrik in Tokio mit etlichen anderen Kleinbetrieben mitten im Bombenzielgebiet lag, hatte er das Unternehmen in den Regierungsbezirk Nagano, mehrere Eisenbahnstunden nordwestlich Tokios gelegen, verlagert.

Die Anreise zu unserer Strandvilla wurde ihm nach und nach immer mehr erschwert. Trotzdem kam er zu Besprechungen immer noch nach Zushi, und auch ich fuhr mehrfach zu der Obstwiese in Nagano, auf der er seinen Betrieb errichtet hatte.

Einziges Thema - was machen wir nach dem Krieg

Eines Tages sprach ich dort mit ihm über unser Vorhaben nach dem Krieg. Da er den Krieg ebenfalls verloren gab, hatte er wohl auch die Kurzwelle abgehört.

Aber Ibuka besaß andere interne Informationsquellen. Tamon Maeda, sein Schwiegervater, war ein Vertrauter des Fürsten Fumimaro Konoe. Konoe war mehrfach japanischer Ministerpräsident gewesen und hatte die Offiziersclique bekämpft, die schließlich die Oberhand über die Regierung gewonnen und das Land in den Krieg gestürzt hatte.

Maeda wurde später zum ersten japanischen Erziehungsminister der Nachkriegszeit ernannt, mußte jedoch sechs Monate danach im Zuge einer Säuberungskampagne auf Grund seiner Kontakte zu regierungsamtlichen Stellen der Kriegszeit zurücktreten.

Kurz vor Kriegsende wurde Maeda in Tokio ausgebombt und zog sich daher nach Karuizawa, einem Erholungsort in den Bergen unweit von Nagano, zurück. Ibuka, der ihn dort häufig besuchte, erfuhr bei dieser Gelegenheit so manches über die diplomatischen und militärischen Aktivitäten des Landes.

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