Sie sind hier : Startseite →  Historie und Geschichte→  Zeitzeugen 1 (Kino+Fernsehen)→  Akio Morita (SONY)→  A.Morita Made in Japan - 07

Die Lebensbiografie von Akio Morita (aus 1986), dem berühmten SONY Mitbegründer - Er war "Mister Japan"

Wenn Sie über eine Suchmaschine hier gelandet sind, gehen Sie bitte zurück auf die einführende Seite, um sich einen Überblick über die Inhalte von "MADE IN JAPAN" zu verschaffen. - Es lohnt sich.

.

Der Gedanke mit den Auslandsmärkten

Der Gedanke, die Auslandsmärkte zu beschicken, war uns schon sehr früh gekommen. Ibuka und ich hatten also ausgedehnte Geschäftsreisen in Kauf zu nehmen.

Als das Tonbandgeschäft 1952 schon sehr gut lief, beschloß Ibuka, nach Amerika zu fliegen, um festzustellen, auf welchen Gebieten Tonbandgeräte Verwendung fanden. Außerdem gedachte er, sich über die Produktionsverfahren zur Herstellung der Bänder selbst zu informieren.

Ibuka konnte kaum Englisch, kam aber zurecht und machte wertvolle Beobachtungen. Zu seiner Enttäuschung bemerkte er, daß Tonbandgeräte zwar in manchen Sprachlabors verwendet wurden, an den amerikanischen Schulen jedoch längst nicht so häufig wie bei uns anzutreffen waren.

Noch mehr enttäuschte es Ibuka, daß kein amerikanischer Magnetbandhersteller Besuchern die Fabrikationsstätten zeigte. Dennoch brachte uns seine Reise großen Nutzen.
.

Das in den Bell Labs erfundene Bauelement - der Transistor

Schon 1948 hatten Ibuka und ich im >Bell Laboratory Record< Berichte über die Forschungsarbeiten William Shockleys und anderer von den Bell Labs gelesen. Seither hatten wir die Fortschritte der Gruppe mit großem Interesse verfolgt.
.
Auch in der amerikanischen Presse und andernorts waren immer wieder kleinere Artikel über das von den Bell Labs erfundene Bauelement, den sog. Transistor, zu finden gewesen.

Auf seiner Amerikareise erfuhr Ibuka nun, daß möglicherweise schon bald mit einer Lizenzvergabe zu rechnen sei. Seiner Art entsprechend, machte er sofort Pläne.

Mit der Entscheidung, wie sich der Transistor, ein an unserem Kenntnisstand gemessen vollkommen neuartiges Bauelement, einsetzen ließ, waren zwei Elektronikingenieure allein überfordert - damit mußte sich ein interdisziplinärer Wissenschaftlerstab befassen.

Während einer schlaflosen Nacht im alten Taft-Hotel am lärmenden New Yorker Times Square fiel Ibuka ein, daß etwa ein Drittel unserer auf 120 Angestellte angewachsenen Belegschaft diplomierte Ingenieure der verschiedensten Fachrichtungen waren - wir hatten Elektroniker, Metallurgen, Chemie- und Maschinenbauingenieure unter uns. Die Entwicklung eines Transistors für den Eigengebrauch verlangte den vollen Einsatz und das Können aller Beteiligten.
.

Der Transistor als technologischer Durchbruch

Ibuka wußte damals noch nicht einmal, was wir mit dem Transistor anstellen sollten, falls wir mit dieser Technologie überhaupt vertraut werden sollten; aber er fand den Transistor als technologischen Durchbruch als solchen schon aufregend.

Tags darauf versuchte er den für die Lizenzvergabe zuständigen Direktor der Western Electric zu sprechen, mußte sich jedoch sagen lassen, der Herr sei zu beschäftigt, um ihn empfangen zu können. Ibuka wandte sich daher an seinen Freund Shido Yamada, der als ehemaliger Mitarbeiter eines japanischen Handelshauses in New York lebte, und bat ihn, einige Erkundigungen einzuziehen. Anschließend kehrte Ibuka nach Tokio zurück.

Was man bisher über den Transstor wußte

Es sei hervorgehoben, daß man damals keineswegs nur eine Lizenz erwerben mußte, um den Transistor sofort für den gewünschten Zweck nutzen zu können. Wenngleich dieses großartige Bauelement einen Durchbruch in der Elektronik darstellte, war es jedoch nur im Niederfrequenzbereich zu gebrauchen.

Für Radios gab es noch keine Transistoren; nur Hörgeräte und dergleichen ließen sich damit bestücken. Als ich ein Jahr nach Ibukas Amerika-Besuch den Lizenzvertrag tatsächlich unterschrieb, erklärten mir die Leute der Western Electric, falls wir Konsumgüter zu transistorisieren gedachten, so kämen als einzige Produkte nur Hörhilfen in Betracht.

Natürlich interessierte uns der begrenzte Hörgerätemarkt überhaupt nicht. Wir beabsichtigten, unsere Wissenschaftler und Techniker einen eigenen Hochfrequenztransistor entwickeln zu lassen, Radios damit zu bestücken und somit ein für jedermann interessantes Produkt zu schaffen.

Was könnte man damit sonst noch alles machen ?

Zunächst überlegten wir, welcher Empfängertyp sich für die Transistorisierung anbot. Damals kam weltweit ein neuer Trend auf. High Fidelity beziehungsweise Hi-Fi war als Begriff sehr schnell in aller Munde. Man legte plötzlich großen Wert auf Klangreinheit, realistische Wiedergabe oder zumindest doch aufregende Geräuschreproduktionen.

Einige der ersten Hi-Fi-Fans kauften sich bereits Demonstrationsplatten, um mit dem Geräusch vorbeirasender Lokomotiven, startender Flugzeuge, galoppierender Pferde, heulender Polizeisirenen und dergleichen die Leistungsfähigkeit ihrer neuen Anlagen unter Beweis zu stellen.

Die Lautsprecher wurden größer, der Klang wurde besser, und Wörter wie Woofer und Tweeter (Baß- beziehungsweise Hochtonlautsprecher), Distortion (Klirrfaktor) und Feedback kamen in den Sprachgebrauch.

Mit möglichst vielen Röhren bestückte Verstärker lieferten angeblich den reinsten Klang. Wir bewegten uns in die entgegengesetzte Richtung. Nach unserem Willen sollte der Transistor die unförmigen, hitzeabstrahlenden und unzuverlässigen Kathodenstrahlröhren ablösen.
.

Schon damals war der Stromverbrauch im Gespräch

Damit wäre es nicht nur möglich, die Abmessungen elektronischer Gebrauchsgüter zu reduzieren, auch der Stromverbrauch ließe sich drosseln. Wenn uns die Entwicklung eines für ausreichend hohe Frequenzen geeigneten Transistors gelänge, könnten wir auch ein ganz kleines, batteriegespeistes Radio bauen. Wir hofften, bei minimalem Energieverbrauch zu einer realistischen Klangwiedergabe gelangen zu können.

Miniaturisierung und Kompaktheit haben die Japaner schon immer gereizt. Unsere Kisten und Kästen passen ineinander, unsere Fächer sind zusammenklappbar, unsere gemalten Kunstwerke lassen sich säuberlich zusammenrollen; Wandschirme, die komplette Städteansichten zeigen, lassen sich falten und bequem beiseite tun, wenn man sie nicht zur Freude, Unterhaltung und eigenen Belehrung oder auch nur als Raumteiler aufzustellen gedenkt.
.

Wir hatten ein festes Ziel: ein ganz kleines Radio

Wir setzten uns ein festes Ziel: ein kleines Radio, das in eine Hemdtasche passen sollte; es sollte, wie ich mich ausdrückte, nicht nur portables sondern >pocketable< sein.

Die RCA hatte bereits vor dem Krieg ein Kofferradio mittlerer Größe gebaut. Da es sich aber zwangsläufig um ein Röhrengerät handelte, nahm die teure Batterie die Hälfte des Gehäuses in Anspruch, ohne indes mehr als etwa vier Stunden Betriebsdauer zuzulassen. Dem Platz- und Energieproblem, so glaubten wir, müßte über den Transistor beizukommen sein.

Als ich 1953, ein Jahr nach Ibukas Besuch, zur Unterzeichnung des Lizenzvertrages erstmals in Amerika war, fieberten wir bereits alle dem Beginn unserer Forschungsarbeit am Transistor entgegen. Der Abschluß des Transistorgeschäfts war nur ein Grund für meine Amerikareise.
.

Mal in Amerika schaun, was die Welt so alles noch braucht

Gleichzeitig wollte ich mich in der Welt umsehen, um festzustellen, ob und wo unser Unternehmen in diese Welt hineinpaßte. Deshalb wollte ich nach Abschluß meiner New Yorker Verhandlungen auch einige europäische Länder besuchen.

Da es meine erste Auslandsreise war, kletterte ich mit Köfferchen und Reisetasche recht aufgeregt an Bord des "Stratocruiser". Zugegeben, anfangs bedrückte mich die Weite der Vereinigten Staaten ein wenig.

Alles dort war so ungeheuer groß, die Entfernungen waren gewaltig und regionale Unterschiede unübersehbar. Deshalb sah ich zunächst keine Absatzmöglichkeit für unsere Produkte.
.

Das Land war überwältigend.

Die Wirtschaft hatte Hochkonjunktur, und niemandem schien etwas zu fehlen. (Aus einer anderen Publikation entnehme ich : Morita sagte damals, er wisse jetzt, warum Japan den Krieg nie hätte gewinnen können.)
.

Unsere Bürokratie und unser MITI Ministerium

Als ich Ibuka brieflich über den Abschluß des Lizenzvertrages mit Western Electric informierte, schwamm ich auf einer Welle größter Zuversicht. Doch Japan unterlag damals noch einer strengen Devisenbewirtschaftung, daß die Überweisung der Lizenzgebühr in Höhe von 25 000 Dollar vom Ministerium für Außenhandel und Industrie (MITI) genehmigt werden mußte.

Der Transistor war so neu, und Devisen waren so knapp, daß die Ministerialbürokraten keine sinnvolle Verwendung erkennen konnten und die Genehmigung lange hinauszögerten.

Zunächst war uns die Devisenexportlizenz sogar verweigert worden, aber Ibuka wußte die möglichen Verwendungsweisen des kaum bekannten Bauelements so beredt zu schildern, daß er die Beamten nach sechs Monaten endlich überzeugt hatte.

Im Gegensatz zur Ansicht mancher Kritiker scheint das MITI der große Wohltäter der japanischen Elektronikindustrie also doch nicht gewesen zu sein.
.

Dann flog ich nach Europa.

Während das MITI noch unseren Antrag bearbeitete, war ich auf Reisen. Ich flog nach Europa. Nachdem ich dort einige Unternehmen und Produktionsstätten besucht hatte, sah ich die Zukunft unseres Unternehmens wie die meines Landes in etwas helleren Farben. Ich war bei Volkswagen, Mercedes, Siemens und bei vielen kleineren Firmen, die heute teilweise gar nicht mehr existieren.

Und natürlich wollte ich die weltbekannte holländische Elektronikfirma Philips kennenlernen. Der Besuch dort gab mir dann Mut und führte mich zu einer neuen Erkenntnis, nachdem ich Deutschland einigermaßen deprimiert hinter mir gelassen hatte. Dort schien sich die allgemeine Lage so schnell zu bessern, daß Japan nur vergleichsweise hinkend vorankam.

Auf der Königsallee in Düsseldorf hatte ich mir in einem Restaurant einen Eisbecher bestellt, der mit einem kleinen Bambusschirm als Dekoration serviert wurde. »Der kommt aus Ihrer Heimat«, erklärte der Ober mit einem Lächeln, das vermutlich als Kompliment gemeint war.

Das ist wahrscheinlich alles, was er von Japan und seinen Möglichkeiten weiß, dachte ich, und womöglich war sein Kenntnisstand für Deutschland charakteristisch. Welch weiter Weg stand uns noch bevor!
.

Holland - eine völlig andere Welt - und dann Phlips

Als der Zug von Düsseldorf nach Eindhoven die deutsch-holländische Grenze passierte, fand ich mich in einer völlig anderen Welt wieder.

Nur wenige Jahre nach dem Krieg war Deutschland schon weitgehend motorisiert - Volkswagen baute täglich siebenhundert Autos -, jedermann war am Wiederaufbau beteiligt und produzierte irgend etwas. In meinen Augen ging es in Deutschland rasch aufwärts, hatte die neue Zeit dort längst begonnen.

In Holland aber fuhren viele Menschen noch mit dem Fahrrad. Holland war ein reines und zudem nur kleines Agrarland. Man traf noch die gleichen Windmühlen wie auf den ältesten Gemälden an. Alles und jedes erschien mir altmodisch und sonderbar.

Als ich schließlich nach Eindhoven kam, war ich daher verblüfft, daß Philips ein modernes Großunternehmen war. Selbstverständlich wußte ich, daß die Firma auf dem Elektrogerätemarkt in Südostasien und auch weltweit eine starke Stellung hatte, aber ich könnte nicht sagen, was ich wirklich erwartet hatte.
.

Ein Traum - alle Erwartungen meinerseits wurden übertroffen

Zu meiner Überraschung stellte ich also fest, daß die großartige N.V. Philips meiner Phantasie nach in einer Kleinstadt, in einem abgelegenen Winkel eines kleinen Agrarlandes beheimatet war.

Während ich Dr. Philips als Denkmal vor dem Bahnhof von Eindhoven betrachtete, mußte ich an unser Heimatdorf Kosugaya und das stattliche Bronzestandbild meines Vorfahren denken, das dort einmal gestanden hatte.

Mit den Gedanken immer noch bei Dr. Philips, sah ich mir zunächst die Stadt an, ehe ich die Fabrik besichtigte. Daher wunderte es mich um so mehr, daß ein Mann aus dieser ländlichen Umgebung ein so großes, technisch modernes Unternehmen von Weltruf hatte aufbauen können.

Nun, dachte ich, vielleicht gelingt dir in Japan dasselbe. Es war nicht mehr als ein Traum. Doch erinnere ich mich genau, daß ich Ibuka von Holland aus in einem Brief geschrieben hatte: »Wenn Philips das geschafft hat, dann können wir das vielleicht auch.«
.

Meine Erkenntnis - außerhalb Japans war ich ein "Niemand"

Ich sprach damals kaum Englisch und besichtigte die europäischen Fabrikanlagen gewissermaßen als Tourist. Da ich nur der Vertreter einer kleinen, unbekannten Firma war, lernte ich nirgendwo die Unternehmensleitung kennen.

Doch im Laufe der folgenden drei Jahrzehnte fanden Sony und Philips, zwei an kleinen und anscheinend weltabgeschiedenen Orten ansässige Unternehmen, zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit auf den Gebieten der Planungsnormung und Simultanentwicklung.
.

30 Jahre später - SONY und PHILIPS

Wir brachten unsere Erfahrungen auf dem Gebiet der Pulskodemodulation (PCM) ein, und Philips steuerte seine Forschungsergebnisse auf dem Sektor der Laser-Technologie bei. Daraus erwuchsen viele Neuerungen, angefangen bei der Audio- Kompakt-Kassette bis hin zur revolutionierenden digitalen Kompaktplatte (Digital Audio Disk). Weitere Simultanentwicklungen befinden sich noch im Forschungsstadium oder stehen vor der Serienreife (Das Buch ist Stand 1985).
.

Wir mußten einen eigenen Transistor entwickeln

Unmittelbar nach meiner Rückkehr aus Europa machte sich unser Forschungslabor an die mühselige Aufgabe, die neue Technologie der Western Electric für unsere Zwecke zu modifizieren.

Der neue Transistortyp mußte eine größere Leistungsfähigkeit haben, wenn er für den Rundfunkempfang brauchbar sein sollte. Trotz Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit hofften und irrten wir lange Zeit, probierten immer wieder neue oder andere Materialien aus, um den Transistor für höhere Frequenzen tauglich zu machen. Im Grunde genommen mußte der Transistor als Verstärker noch einmal neu erfunden werden.
.

Wie der BELL Transistor funktionierte - eine Erklärung

Bei dem von Bell erfundenen alten Transistor hatte es sich zunächst um ein beidseitig mit Indium legiertes Germaniumscheibchen gehandelt. Dem Germanium als negativer Zone stand das positive Indium gegenüber.

Da sich negative Elektronen schneller als positive bewegen, glaubten wir durch Umkehrung der Polarität höhere Frequenzen erreichen zu können. Das heißt wir mußten versuchen, von der Positiv-negativ-positiv- Anordnung zu einer Negativ-positiv-negativ- Schichtung überzugehen.

Dazu fehlten uns aber offenbar die richtigen Werkstoffe. Indium zum Beispiel hatte einen für unsere Zwecke zu niedrigen Schmelzpunkt. Daher warfen wir die alten Elemente gewissermaßen über Bord und begannen mit Gallium und Antimon an einem gezogenen Flächentransistor herumzuexperimentieren, ohne jedoch voranzukommen.

Zum Vorschlag, statt Antimon einmal Phosphor zu probieren, bemerkte jemand, das sei in den Bell Laboratories schon ohne Erfolg versucht worden.
.

Makoto Kikuchi erinnert sich ..

Makoto Kikuchi, als Chef unseres Forschungslabors, heute ein führender Fachmann auf dem Gebiet der Halbleitertechnik, erinnert sich, daß die USA seinerzeit in Forschung und Entwicklung einen so hohen Standard hatten, daß >ein Wort von Bell dem Wort Gottes gleichkam<.

Trotzdem versuchte es jemand aus unserer Mannschaft mit dem heute sogenannten >Phosphordotierungsverfahren<, das heißt, er setzte dem Ausgangsmaterial Gallium nach und nach immer mehr Phosphor zu.

Nach einiger Zeit glaubte er erste Ergebnisse zu erkennen, die er bei einer der nächsten Besprechungen sehr skeptisch vortrug. Da außer ihm niemand von positiven Erkenntnissen zu berichten hatte, meinte mein inzwischen verstorbener Schwager Kazuo Iwama, der damalige Projektleiter und spätere Aufsichtsratsvorsitzende des Unternehmens:

»Na also, wenn es so aussieht, als ob Sie zu interessanten Ergebnissen kommen, warum machen Sie dann nicht kurzerhand weiter und warten ab, wie es weitergeht?«
.

Unsere Phosphordotierungstechnik brachte den Erfolg

Die Phosphordotierungstechnik brachte uns schließlich ans Ziel; ihrer Vervollkommnung verdanken wir den Hochfrequenztransistor. Ein Jahr später verblüfften wir die Bell-Truppe, die eigentlichen Erfinder des Transistors, mit der Meldung, daß uns auf Grund dieser Dotierungstechnik - an der sich auch Bell versucht, aber offenkundig vorzeitig aufgegeben hatte - die Entwicklung des gezogenen Flächentransistors gelungen sei.

Im Zuge unserer Halbleiterforschung entdeckte und beschrieb Leo Esaki übrigens den Tunneleffekt in Grenzschichten und entwickelte die sog. Esaki-Diode; 1973 wurde ihm der Nobelpreis für Physik zuerkannt.*)
* Gemeinsam mit I. Giaever und B. D. Josephson. (A. d. Ü.)
.

Dennoch war es ein mühsamer Weg nach oben

Da wir nun über den geeigneten Transistor verfügten, war die Beschaffung oder Fertigung der Miniaturbauelemente für das Kleinradio das nächste Problem. Fast alle Einzelteile mußten von uns neu konstruiert und selbst hergestellt werden.

Irgendwie stieß Ibuka auf eine kleine Firma, die irgendwo in Tokio winzige Abstimmkondensatoren baute. Das Unternehmen ließ sich dazu bewegen, fast ausschließlich für unseren Bedarf zu produzieren.

Trotzdem kam das Projekt eines einsteckbaren Radios nur langsam voran, denn wir hatten uns ja immer noch um das Tonbandgeschäft etc. zu kümmern. Außerdem mußten wir den Transistor noch verbessern und ein Massenproduktionsverfahren entwickeln.
.

1955 - wie unser Firmenname "SONY" entstand

Als ich 1953 meine erste Auslandsreise antrat, sagte ich mir bereits, daß sich unser voller Firmenname - "Tokyo Tsushin Kogyo Kabushiki Kaisha" - als Markenname nicht anbot. Es war ein richtiger Zungenbrecher.

Selbst in Japan verkürzten wir ihn daher oft auf Totsuko. In Amerika merkte ich dann, daß man dort die eine Version ebensowenig wie die andere aussprechen konnte.

Die englische Entsprechung - Tokyo Telecommunications Engineering Company - war zu lang. Wir versuchten es für eine Weile mit Tokyo Teletech, doch erfuhren wir dann, daß sich eine amerikanische Firma bereits Teletech nannte.
.

Wir müssen einen zugkräftigen Namen haben

Ich dachte, wenn wir uns keinen zugkräftigen Namen einfallen lassen, dann wird niemand Kenntnis von uns nehmen. Gleichzeitig war mir klar, daß dieser neue Name einen doppelten Zweck erfüllen mußte: er sollte Firmenname und Warenzeichen zugleich sein. Nur so konnte man mit einfachem Werbeaufwand Produkt und Hersteller mit einem Schlage bekannt machen.

Zunächst hatten wir es mit einem Symbol versucht - ein Kreis um eine auf der Spitze stehende Pyramide, aus der man der seitlich herausgeschnittenen Keile wegen ein stilisiertes >T< herauslesen konnte.

Aber für unsere ersten Transistoren und Transistorradios brauchten wir einen besonderen Markennamen, der sich sofort einprägte. Wir beschlossen daher, das Transistorradio der Öffentlichkeit unter einem neuen Markennamen vorzustellen.
.

Wieder in Amerika gelernt - wenige Buchstaben

In Amerika fiel mir auf, daß viele Firmen unter einem Logogramm - zumeist aus drei Buchstaben - bekannt waren, zum Beispiel ABC, NBC, RCA, AT&T. Andere führten als Logogramm sogar noch ihren vollen Namen.

Mir kam das sehr sonderbar vor, denn als Junge hatte ich die ausländischen Autofirmen anhand ihrer Symbole zu identifizieren gelernt - Mercedes am dreizackigen Stern, Ford am blauen Oval mit Namenszug, Cadillac an der Krone; der Pfeil verwies auf Pierce Arrow, der Indianerhäuptling stand für Pontiac, und die Nike symbolisierte Rolls-Royce.

Später gingen viele Autohersteller - Ford etwa, Chevrolet und Buick - dazu über, Firmennamen und Warenzeichen gleichzeitig zu benutzen, so daß ich die Namen am Schriftbild erkannte, ohne sie im eigentlichen Sinne lesen zu können.
.

Ibuka und ich brauchten sehr lange für die Namensfindung.

Zunächst einmal waren wir einer Meinung, daß nicht ein Zeichen, sondern nur ein Name in Betracht kam, der aber, da er zugleich das Firmensymbol sein sollte, kurz und prägnant sein und daher aus höchstens vier oder fünf Schriftzeichen bestehen dürfe.

Alle Beschäftigten in japanischen Unternehmen tragen das Firmenzeichen als Aufnäher oder Anstecknadel, ohne daß der Außenstehende weiß, um welche Firma es sich handelt (von wenigen Gegenbeispielen, wie etwa den drei Mitsubishi-Rauten, einmal abgesehen).

So, wie sich die amerikanischen Autofirmen nach und nach immer weniger auf ihre Symbole verließen, meinten auch wir, daß nur ein Name die Produktaussage vermitteln könne. Tag für Tag schrieben wir uns neue Einfälle auf und ließen sie uns immer wieder durch den Kopf gehen.

Es sollte ein Name sein, der in jedem Land der Erde verstanden und überall gleich ausgesprochen wurde. Ibuka und ich prüften und verwarfen Dutzende von Möglichkeiten.
.

Die lateinische Vokabel >sonus< war der Aufhänger

Im Lexikon stießen wir auf die lateinische Vokabel >sonus<. Das Wort schien uns bereits vom Klang her seiner Bedeutung gerecht zu werden. Und da wir es von Berufs wegen mit Klängen und Tönen zu tun hatten, benutzten wir >sonus< zunächst einmal als Aufhänger.

Damals bezeichnete man selbst in Japan muntere, aufgeweckte und gescheite Jungen als Sonnyboys, und auch >sunny<, das englische Wort für heiter und sonnig, erinnerte neben seiner gleichermaßen optimistisch stimmenden Bedeutung an die lateinische Vokabel, an die wir uns geklammert hatten. Und da wir uns damals selbst für Sonnyboys hielten, wäre das Problem der Namensfindung eigentlich schon gelöst gewesen.

Leider aber warf >Sonny< in Japan ein neues Problem auf; denn jeder bei uns zulande würde auf Grund der amtlichen lateinischen Schreibweise unserer Sprache das Wort wie >sohnni< aussprechen und dabei zuallererst an >Geld Verlierer< denken. So ließ sich ein neues Produkt gewiß nicht vermarkten.
.

Mein Geistesblitz : SONY

Nachdem wir uns eine Weile den Kopf zerbrochen hatten, kam mir die Erleuchtung: Warum nicht einfach ein >n< fallenlassen? SONY - das war's! Das Wort hatte den Vorteil, daß es außer eben "Sony" in keiner Sprache etwas bedeutete. Es war leicht zu merken und weckte genau die Assoziationen, auf die es uns ankam.

Außerdem, so gab ich Ibuka zu bedenken, konnten viele Leute auf Grund der lateinischen Schreibweise in dem Begriff >SONY< ein Wort ihrer Muttersprache vermuten. Überall in der Welt ließen es sich die Regierungen, wie in Japan auch, viel Geld kosten, die Bevölkerung Englisch und mithin das lateinische Alphabet zu lehren; damit waren immer mehr Menschen in der Lage, unsere Firma und ihre Produkte zu identifizieren - ohne daß es uns etwas gekostet hätte.
.

Dennoch änderten wir unseren Namen nur langsam

Wenngleich unsere Produkte das Logogramm Sony trugen, firmierten wir noch eine Weile als "Tokyo Tsushin Kogyo", aber schließlich änderten wir den Namen in "Sony Corporation".

Unser erstes Warenzeichen war ein großes, schlankes, schrägliegendes >S< in einem quadratischen Kästchen, doch merkte ich schnell, daß sich der Name mit besserer Lesbarkeit auch schneller einprägte.

Deshalb gingen wir zu den schlichteren und herkömmlichen Großbuchstaben über, die wir bis heute beibehalten haben. Das Logogramm ist nunmehr der Name an sich.
.

1955 unser erstes volltransistorisiertes Radio

Nachdem wir 1955 unser erstes volltransistorisiertes Radio auf den Markt gebracht hatten, kam 1957 unser erstes winziges >Taschenradio< heraus. Es war der kleinste Rundfunkempfänger der Welt, aber leider paßte er trotzdem nicht ganz in eine normale Hemdtasche.

Das beunruhigte uns eine Zeitlang, obwohl wir uns nie festgelegt hatten, welche Tasche bei der Formatvorgabe >pocketable< gemeint war. Allerdings hatten wir an der Idee Gefallen gefunden, daß unsere Vertreter das Gerät demonstrativ in die Hemdtasche schieben könnten.

Die Lösung des Problems war ebenso einfach wie naheliegend: Wir ließen für unsere Vertreter Hemden mit leicht überdimensionierten Brusttaschen anfertigen.
.

Wir waren leider doch nicht die "Ersten"

Unser Stolz auf diese Errungenschaft wurde ein wenig gedämpft, denn leider hatten wir nicht als erste ein Transistorradio auf den Markt bringen können.

Eine amerikanische Firma namens Regency hatte mit Unterstützung der Texas Instruments Co. (und unter Rückgriff auf deren Transistoren) wenige Monate vor uns ein Transistorradio vorgestellt, aber das Produkt wurde zurückgezogen, ohne daß man sich viel Mühe mit der Vermarktung gemacht hätte.

Als erste auf diesem Gebiet hätten die Amerikaner aus ihrer Position Kapital schlagen und sich einen ungemein großen Markt erschließen können, wie wir es dann taten. Aber anscheinend unterlagen sie einer Fehleinschätzung und gaben zu früh auf.
.

Mit dem neuen Markennamen Sony kam der Erfolg

Unser schönes kleines Radio trug den neuen Markennamen Sony. Wir hatten auf dem Gebiet der Transistorelektronik große Zukunftspläne und hofften, daß unser kleines Taschenradio nur einen Vorgeschmack auf künftige Riesenerfolge geben würde.

Im Juni 1957 machten wir mit dem Namen Sony gegenüber dem Eingang zum internationalen Flughafen Haneda erstmalig Außenwerbung, und gegen Ende desselben Jahres war der Name auch im Herzen des Tokioter Ginza-Viertels zu lesen. Im Januar 1958 wurde die Firma in Sony Corporation umbenannt, und im folgenden Dezember wurden wir an der Tokioter Börse zugelassen.

Wir hatten den Namen Sony in 170 Ländern und Territorien nicht nur auf dem Elektroniksektor, sondern gleich mehrfach schützen lassen, um zu verhindern, daß andere sich unseren guten Ruf zunutze machten.
.

Nur einmal hatten wir gepennt

Sehr bald mußten wir aber feststellen, daß wir vergessen hatten, uns im eigenen Lande vor gewissen Unternehmen abzusichern. Eines Tages erfuhren wir, daß jemand tatsächlich Sony-Schokolade in den Handel brachte.

Wir waren sehr stolz auf unseren neuen Namen, und deshalb ärgerte es mich maßlos, daß jemand für sich Kapital aus ihm zu schlagen versuchte.

Das Unternehmen, das unseren Namen mißbrauchte, hatte seine Produkte früher ganz anders genannt. Sobald wir einen entsprechenden Bekanntheitsgrad erreicht hatten, taufte es seine Waren um, ließ den Namen Sony für eine ganze Produktlinie von Schokoladen und Snacks als Warenzeichen registrieren und benannte sogar die Firma in Sony Foods um. Das Logogramm dieses Unternehmens war von dem unseren nicht zu unterscheiden.

Bei unserer Firmenreklame bedienten wir uns damals oft einer kleinen Symbolfigur namens Sonny Boy, die der Karikaturist Fuyuhiko Okabe von der Asahi Shimbun ursprünglich als >Atchan< geschaffen hatte; nun aber warben diese Schwindler mit einer ähnlichen Figur für ihre angebliche Sony-Schokolade. Ich wurde krank vor Wut, wenn ich das Zeug in den Kaufhausregalen sah.

Wir brachten die Betrüger vor Gericht. Um den uns zugefügten Schaden anschaulich zu machen, holten wir einige berühmte Persönlichkeiten in den Zeugenstand. Eine dieser Zeugen erklärte, als er das erste Mal Sony-Schokolade gesehen habe, sei ihm der Verdacht gekommen, die Sony Corporation müsse in finanziellen Schwierigkeiten sein, wenn sie anstatt hochklassiger Elektronik nun schon Schokolade verkaufe.

Ein anderer Zeuge meinte, da Sony eigentlich ein technisches Unternehmen sei, habe er den Eindruck, es müsse sich bei der Schokolade um ein synthetisches Produkt handeln.

Wir befürchteten, daß unsere Kunden, wenn diese Schokoladen weiterhin auf dem Markt blieben, jedes Vertrauen in unser Unternehmen verlieren würde. Ich war seit jeher der Ansicht, daß ein Warenzeichen als Inbegriff eines Unternehmens mit allen verfügbaren Mitteln geschützt werden müsse.

Warenzeichen und Firmennamen waren in meinen Augen nicht bloß zu Werbezwecken da, sie waren auch Ausdruck der Verantwortung, die ein Unternehmen für die gleichbleibend hohe Qualität eines Produktes übernommen hatte.

Wenn jemand aus dem Ansehen und Können eines anderen, der sich durch harte Arbeit das Vertrauen der Öffentlichkeit erworben hat, Kapital zu schlagen versucht, kommt dies einem Diebstahl gleich. Wir fanden die widerrechtliche Nutzung unseres Namens daher alles andere als schmeichelhaft.
.

Prozesse sind in Japan sehr langwierig

In unserem Falle schleppte sich das Verfahren beinahe über vier Jahre hin, aber am Ende gewannen wir. Zum erstenmal in der japanischen Rechtsgeschichte beruhte das Urteil nicht auf dem Patent oder Warenzeichenrecht, statt dessen berief sich die Kammer auf das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb.

Die Schokoladenfirma hatte den Namen als Schutzmarke registrieren lassen, schön und gut; aber erst, als unser Name schon bekannt war. Um den Beweis anzutreten, daß der Name Sony ungeschützt sei, machten die Anwälte der Gegenpartei sich auf den Weg in die großen Bibliotheken des Landes.

Ihre Enttäuschung war groß, sie kamen mit leeren Händen zurück, denn in keinem Nachschlagewerk hatten sie den Namen Sony gefunden. Wir hätten ihnen dies vorher sagen können, denn wir hatten lange vor ihnen ebenfalls vergeblich gesucht. Der Name Sony ist einmalig und gehört allein uns.
.

Auch nach 35 Jahren - wir bleiben bei SONY

Anläßlich unseres fünfunddreißigjährigen Firmenjubiläums erwogen wir eine Änderung des Warenzeichens. Die Bekleidungsmode, die Produktgestaltung - praktisch alles unterlag einem raschen Wandel.

Wir dachten daher, es sei vielleicht an der Zeit, unserem Namen ein anderes Schriftbild zu geben. Wir schrieben einen internationalen Wettbewerb aus und bekamen Hunderte von Vorschlägen; hunderte unserer Händler baten uns dringend, von jeder Änderung abzusehen. Nachdem wir alle Zuschriften geprüft hatten, beschlossen wir, alles beim alten zu belassen.

In unseren Augen macht sich Sony nach wie vor sehr gut.
.

- Werbung Dezent -
Zur Startseite - © 2006 / 2024 - Deutsches Fernsehmuseum Filzbaden - Copyright by Dipl.-Ing. Gert Redlich - DSGVO - Privatsphäre - Redaktions-Telefon - zum Flohmarkt
Bitte einfach nur lächeln: Diese Seiten sind garantiert RDE / IPW zertifiziert und für Leser von 5 bis 108 Jahren freigegeben - Tag und Nacht, und kostenlos natürlich.