Günter Bartosch (1928 - 2013†) schrieb viel (sehr sehr viel) über und aus seine(r) Zeit beim ZDF in Eschborn und Mainz .....
Der ZDF Mitarbeiter Günter Bartosch war 30 Jahre beim ZDF - also von Anfang an dabei -, ebenso wie sein deutlich jüngerer Kollege Knapitsch. Angefangen hatte sie beide bereits vor 1963 in Eschborn, H. Knapitsch in der Technik, Günter Bartosch im Programmbereich Unterhaltung.
Und Günter Bartosch hatte neben seiner Arbeit und seinen Büchern so einiges aufgeschrieben, was er damals alles so erlebt hatte. In 2013 habe ich die ganzen Fernseh- und Arbeits-Unterlagen erhalten / geerbt und dazu die Erlaubnis, die (die Allgemeinheit interessierenden) Teile zu veröffentlichen.
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VOM BROCKENTURM ZUM TELESPARGEL
Die Geschichte dreier Fernsehtürme
von Günter Bartosch im Januar 2000
Zwei kleine aktuelle Meldungen betreffen Fernsehtürme und erinnern daran, daß zum Fernsehen die Empfangbarkeit der Programme gehört - auch die Fernsehübertragung hat ihre Geschichte.
Heutzutage verfügen wir über mehrere Möglichkeiten, die Fernsehbilder zum Zuschauer gelangen zu lassen: Über Kabel, über Satellit und "terrestrisch", wie es heißt; das ist der Empfang über erdgebundene Ausstrahlung der Programme.
Und "erdgebunden" bedeutet die Weiterverbreitung der Fernsehsignale von Fernsehtürmen.
Über die Ausbreitung von Ultrakurzwellen
Schon Ende der 1920er Jahre war man sich darüber klar geworden, daß die große technische Kapazität, die für die Übertragung von Fernsehbildern notwendig war, nur im Bereich der Ultrakurzwellen zur Verfügung stehen könnte.
Diese Wellen aber haben gegenüber den Kurz-, Mittel- und Langwellen die Eigenschaft, daß sie nicht der Erdkrümmung folgen, sondern sich nur geradlinig ausbreiten und somit im Weltraum verlieren.
Wollte man die Ultrakurzwellen nutzen, so war man, um ein Übertragungsnetz zu schaffen, gezwungen, die Signale zu entfernten Standorten zu leiten, sie dort wieder zu verstärken und zum nächsten Punkt weiterzuvermitteln.
Somit ergab' sich die Notwendigkeit, auf hochgelegenen Bergen zur Verbreitung der UKW-Wellen Türme zu errichten.
Erste Reichweitenmessungen bereits 1934
Schon 1934 begann man mit fahrbaren Sendeanlagen, die in einem Konvoi von LKWs eingerichtet waren, Reichweitenmessungen vorzunehmen.
Von Berlin, dem Zentrum des damaligen Sendebetriebs, ausgehend, boten sich als bedeutende natürliche "Höhepunkte" der Brocken im Harz und der Große Feldberg im Taunus an.
Es zeigte sich, daß es hier ideale Voraussetzungen gab, um Türme zu errichten, die mit Fernsehsignalen ein weites Gebiet abdecken konnten.
Die Anbindung der Türme mit Breitband-Kabeln
Die Zuführung des Programms sollte allerdings über in der Erde verlegten Breitband-Kabeln mit einem System von Verstärkeranlagen erfolgen.
Eine erste Kabelverbindung wurde am 1. März 1936 zwischen Berlin und Leipzig eröffnet, aber noch nicht mit dem Fernsehprogramm belegt.
Die eine aktuelle Meldung, die ich anfangs erwähnte, besagt, daß der Harz seit kurzem "eine besondere Herberge" zu bieten habe:
"Im wohl ältesten Fernsehturm der Welt können bis zu 35 Gäste in 14 Zimmern übernachten (...) Der Turm wurde innerhalb von zwei Jahren komplett ausgebaut und saniert." Der Bau in 1.142 m Höhe beherbergt ein Turmcafe und eine Aussichtsplattform.
Der Brocken - der wohl älteste Fernsehturm der Welt
Der wohl älteste Fernsehturm der Welt - das dürfte stimmen ! Zwar wurden Fernsehsendungen schon länger von Türmen abgestrahlt, doch handelte es sich dabei um schon bestehende Funktürme und Sendemasten für das Radio.
Das gemauerte Gebäude auf dem Brocken war sicherlich der erste spezielle Fernsehturm der Welt. Mit dem Bau begonnen wurde schon 1936, im Juni 1937 war Richtfest, im April 1939 sendete der Turm zum ersten Mal.
Es handelte sich um einen Probebetrieb mit einem im Turm installierten Filmabtaster. Der Krieg verhinderte, daß der Turm seine Funktion, das Berliner Fernsehprogramm auszustrahlen, aufnehmen konnte.
Berlin - Frankfurt/Main war die nächste Planung
Zwar war 1939 die von Berlin nach Frankfurt/Main in Angriff genommene Kabelstrecke bis Braunlage im Harz fertiggestellt, die Verbindung von dort zum Brockenturm aber fehlte noch. So wurde das Gebäude von 1939 erst viele Jahre später zum Sendeturm für ein Fernsehprogramm.
Im August 1955 starte dort oben das Ost-Fernsehen
Am 1. August 1955 nahm er den Betrieb auf für das Programm des Ostberliner Fernsehzentrums Berlin-Adlershof - ab Anfang 1956 offiziell "Deutscher Fernsehfunk". Damit wurde der Brocken zur Frontspitze der kommunistischen Propaganda, die weit nach Westen strahlte.
Den Harz durchschnitt die scharfe Trennungslinie zwischen Ost und West.
Später gab es noch viel mehr Technik auf dem Brocken
Der Brocken, westlichster Punkt des Ostblocks, wurde im Kalten Krieg zu einem der am meisten mit Sende- und Empfangsanlagen, ja mit modernster Elektronik bestückten Ort der Welt.
Dieser gigantische Aufwand diente allerdings militärischen und Spionagezwecken der DDR und der Sowjets. Nach der Wende mußte der Berg regelrecht von der Zivilisation und der Normalität zurückerobert werden.
Während der Brocken für das Militär uninteressant wurde, dient er nun dem Tourismus und den friedlichen Zwecken der Fernsehübertragung, diese allerdings von einem neuerrichteten Turm aus.
Der 2. Turm auf dem Großen Feldberg ging nie in Betrieb
Der zweite noch in den 1930er Jahren erbaute Fernsehturm auf dem Großen Feldberg im Taunus war Anfang 1940 fertiggestellt, noch mit Bild- und Tonsendern ausgestattet, jedoch nicht mehr in Betrieb
genommen worden.
Erst 1953 kam er für den Hessischen Rundfunk zum Einsatz. Er war dann allerdings der erste Träger eines zweiten Fernsehprogramms. Am 1. Mai 1961 begann der Hessische Rundfunk mit einem 2. Fernsehprogramm (aus dem später das 3. wurde) im UHF-Bereich.
Als das ZDF am 1. April 1963 sein Programm in Eschborn startete, wurden die Sendesignale zur Schaltstelle der Deutschen Bundespost im Frankfurter Fernmeldehochhaus und von dort auch auf den Großen Feldberg geleitet.
Der 3. Turm in Stuttgart
Die zweite aktuelle Meldung besagt, daß der Erbauer des Stuttgarter Fernsehturms, Professor Fritz Leonhardt, in seiner Heimatstadt Stuttgart im Alter von 90 Jahren gestorben ist. - Der Stuttgarter Fernsehturm !
Das ist ein Meilenstein in der Nachkriegsgeschichte des deutschen Fernsehens. Die 1954 begonnene und am 5. Februar 1956 eingeweihte Betonnadel wurde zum Urbild moderner Fernsehtürme in aller Welt.
Prof. Walter Bruch schrieb dazu in seinem Buch: "Die Fernseh-Story": "Als 1954 der Süddeutsche Rundfunk einen Stahlgittermast (•••) für die schwierige Fernsehversorgung im Stuttgarter Kessel auf dem Hohen Bopser plante, da machte Architekt Prof. Fritz Leonhardt seinen Einfluß gegen eine solche Verschandelung des Stadtbilds geltend.
Er schlug einen Betonturm vor, mit einem Panorama-Restaurant hoch oben und den Räumen für die Sendeapparaturen ebenfalls oben auf dem Turm. (...)
Leonhardt setzte sich durch (...) Aus allen Teilen der Welt kamen die Besucher, wie einst zum Eiffelturm, um die 211m hohe Betonnadel zu bewundern (...) Inzwischen hat das Bauwerk auch Schule gemacht." - Der Stuttgarter "Tele-spargel" des Professor Leonhardt - Vorbild für eine ganze Generation von Fernsehtürmen !
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von Günter Bartosch im Januar 2000
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