Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45
Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
Hier geht es zur einführenden Seite.
.
Fachschule und Filmakademie
aus KINOTECHNIK Heft 8 / Aug. Berlin 1938 von Rudolf Thun, Schöneiche
.
Unter dem Titel „Kunst und Technik im Film" hat Rudolf Thun, Schöneiche in der Zeitschrift „Der Deutsche Film" 3. Jg. Nr. 1 die künstlerischen und technischen Bestandteile des Films untersucht und den Schluß gezogen, daß die ausübenden Künstler auch eine technische Schulung, und die Techniker eine künstlerische Schulung in stärkerem Maße, als bisher üblich, erhalten müssen.
Der Künstler muß die technischen Zusammenhänge so weit übersehen, daß er die Möglichkeit bestimmter künstlerischer Leistungen durch den Einsatz verschiedener technischer Mittel erkennen kann. Der Techniker muß künstlerisch so weit geschult sein, daß er die Bedeutung technischer Maßnahmen auf das künstlerische Endergebnis abschätzen kann.
Die werdende Filmakademie
Diese Zusammenhänge sind von Bedeutung für die werdende Filmakademie.
Es ist zwischen Fachschule und Akademie zu unterscheiden.
Die Fachschule vermittelt alle Grundlagen, die der Sonderfachmann, Künstler oder Techniker, im Rahmen seiner engeren Tätigkeit benötigt. Die Akademie hat einen tiefgehenden Überblick über alle Zusammenhänge zu geben, die für ein Gesamtgebiet bestimmend sind.
Auch die Akademie muß je nach der späteren Tätigkeit des Besuchers einzelne Sondergebiete bevorzugt behandeln, es besteht aber gegenüber der Fachschule auch dann noch ein Unterschied.
Die Akademie hat die gemeinsamen Grundlagen viel ausführlicher zu behandeln, die Sondergebiete werden dann auf dieser breiteren Grundlage derart dargestellt, daß auch die Zusammenhänge mit den Nachbargebieten deutlich hervortreten. Für den Akademiker wird es dadurch möglich, auch später von einem Sondergebiet auf ein anderes überzugehen, und Fragen zu behandeln, die sich aus der Überschneidung mehrerer Sondergebiete ergeben.
Beispiel : Technische Hochschule
Als Beispiel kann die Technische Hochschule gelten. Die Anfangssemester bis zum Vorexamen sind für alle Fakultäten mehr oder weniger gemeinsam, erst nach dem Vorexamen werden Sondergebiete stärker berücksichtigt.
Aus diesem Gesichtspunkt heraus betrachtet ist der Lehrplan der Filmakademie mehr der Lehrplan einer Fachschule, als der einer Akademie. Dies ist insofern auch berechtigt, als die Filmindustrie eine viel größere Zahl von Fachschülern als von Akademikern benötigt. Die Zahl der erforderlichen Akademiker würde es nicht rechtfertigen, nur für sie eine Institution zu schaffen.
Die zu schaffende Institution muß gleichzeitig Fachschule und Akademie sein. Dieses ist auch durchführbar, denn sehr viele Vorlesungen können für Fachschüler und Akademiker gemeinsam sein.
Der Lehrplan
Der vorliegende Lehrplan stellt sozusagen den fachschulmäßigen Teil der Akademie dar. Der eigentliche Akademiker kann in diesen Lehrplan derart eingegliedert werden, daß er unabhängig von der später von ihm zu wählenden Fakultät in den ersten Semestern an den Vorlesungen der künstlerischen, der technischen und der wirtschaftlichen Fakultät teilnimmt.
Es ist hierzu nur erforderlich, diese Vorlesungen derart zu legen, daß sie zeitlich nicht zusammenfallen. Darüber hinaus sind für die eigentlichen Akademiker Seminarübungen einzurichten, welche eine Vertiefung der gemeinsamen Grundlagen ermöglichen. Diese Seminarübungen können den Forschungsabteilungen angegliedert werden.
Außerdem ist noch ein Übergang begabter Fachschüler zu dem Ausbildungsgang des eigentlichen Akademikers vorzusehen. Da die Zahl der Akademiker nur gering sein wird, und Seminarübungen die Persönlichkeit des einzelnen stärker berücksichtigen können als Vorlesungen, wird ein solcher Übergang von Fachschülern zur eigentlichen Akademie immer zwanglos vollzogen werden können.
Der Forschungsrat
Neben den bereits vorgesehenen Organen der Filmakademie ist noch ein Forschungsrat vorzusehen, dem alle maßgebenden Fachleute des Filmwesens in einem gewissen Turnus angehören. Die Aufgabe dieses Forschungsrates würde hauptsächlich darin bestehen, die zu bearbeitenden Forschungsaufgaben aufeinander abzustimmen, und aus ihren Ergebnissen das herauszuziehen, was die Ausbildung der werdenden Akademiker fördert. Die Seminarübungen der Akademie würden von den Mitgliedern des Forschungsrates zu halten sein. Wie der Forschungsrat seine Aufgabe anfaßt, hängt in der Hauptsache davon ab, aus welchen Persönlichkeiten er sich zusammensetzt. Es ist deshalb nicht möglich, schon jetzt nähere Richtlinien hierfür zu geben.