Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45
Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Der Farbenausgleich zwischen Szenen und Szenenteilen beim Farbenfilm
aus KINOTECHNIK Heft 6 / Juni Berlin 1938 - Von Leopold Kutzleb, Berlin-Grunewald
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Das Problem des Farbenausgleichs spielt für die Farbenkinematographie eine bedeutende Rolle; selbst in Farbenfilmen von hohem Niveau konnte man noch in neuester Zeit die recht störende Beobachtung machen, daß beim Sprung von einer zur anderen Szene ein „Farbstich" auftrat, der die Illusion der Naturtreue erheblich beeinträchtigt.
Dabei braucht ein Verstoß gegen die Naturtreue gar nicht einmal vorzuliegen: der Wechsel von einer Innen- zur Außenbeleuchtung vollzieht sich in der Wirklichkeit allmählich, und ein Unterschied in der Lichtfärbung wird deshalb vom Auge kaum oder auch gar nicht empfunden.
Anders naturgemäß, wenn beim Abrollen des Filmbandes der Szenenwechsel schlagartig erfolgt; hier kann ein bewußtes Abweichen von der vielleicht vollkommen naturgetreuen Farbstimmung durch nachträgliche Korrektur notwendig werden, um störende Gegensätze zu vermeiden.
Fühlbare Farbgegensätze zwischen zusammengehörigen Szenenteilen
Ernster noch wird dieses Problem, wenn derart fühlbare Farbgegensätze zwischen zusammengehörigen Szenenteilen, z. B. beim Sprung von der Fern- in die Naheinstellung und von dieser in die Großaufnahme auftreten; hier sind sie naturgemäß untragbar und müssen, wenn sie im Negativ enthalten sind, nachträglich korrigiert werden, so gut das Verfahren es zuläßt.
Bei Atelieraufnahmen sind solche Mängel eigentlich nur beim Arbeiten mit Mischlicht möglich, aber auch dann vermeidbar. Anders bei Freiaufnahmen; hier kann die Aufnahme der einzelnen Teile eines Szenenkomplexes Stunden dauern und die Farbe der Beleuchtung innerhalb dieser Zeit häufig und beträchtlich ändern.
Man sage nicht, daß es doch ganz natürlich sei, wenn diese Wechsel gleicherweise auch im Bilde sichtbar werden; denn in Wirklichkeit vollziehen sie sich ganz allmählich, im Film aber sprungweise von Einstellung zu Einstellung, weil jede derselben bekanntlich mehrfach aufgenommen wird, um später die nach Bild und Ton gelungenste auszuwählen, die ausgewählten Aufnahmen schließen also zeitlich nicht aneinander, ja, es kommt in der Aufnahmepraxis häufig vor, daß die einzelnen Szenenteile gar nicht in der Reihenfolge aufgenommen werden und werden können, in der sie später im fertigen Film erscheinen.
Aus alledem erhellt, daß der Möglichkeit, die Farbstimmung im Bilde zunächst bei der Aufnahme, aber auch nachträglich, d. h. im Positivprozeß beeinflussen zu können, große Bedeutung zukommt.
Der korrekte Ausgleich zwischen den Grundfarben
Bei den subtraktiven Farbenverfahren läßt sich der korrekte Ausgleich zwischen den Grundfarben im Bilde dadurch erzielen, daß man bei der Aufnahme die Belichtung der Teilnegative der jeweiligen Beleuchtung anpaßt und im Bedarfsfalle später, bei Herstellung des Positivs, die drei Teilbilder, die zusammen das endgültige Bild ergeben, entsprechend behandelt.
So kann man beispielsweise bei einem Druckverfahren die Reliefs der farbgebenden Druckmatrizen leichter oder schwerer halten, bei den Ausbleichverfahren kann man den einzelnen Farbschichten je nach Bedarf mehr oder weniger Kopierlicht geben und so durch unterschiedlich starkes Ausbleichen der einzelnen Grundfarben weitgehend auf die Farbenharmonie des endgültigen Bildes Einfluß nehmen, also einen störenden Rotstich oder Blaustich beseitigen.
Theoretisch lassen sich somit bei den subtraktiven Verfahren die einzelnen Szenen und Szenenteile sehr vollkommen aufeinander abstimmen; in welchem Umfange dies geschieht, wird im wesentlichen eine Frage der Zeit sein, die man dieser Arbeit widmet, d. h. mit anderen Worten eine Kostenfrage.
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Farbkorrektur mit Filtern
Auch die additiven Verfahren bieten Ausgleichsmöglichkeiten, wenn sie auch meist nicht so offensichtlich gelagert sind, wie wir das oben sahen. Für das in England in steter Weiterentwicklung befindliche additive Farbrasterverfahren, der Dufaycolor-Film, wurde kürzlich ein Korrekturverfahren veröffentlicht *1), das durch seine Sonderstellung interessiert.
*1) Murray, H. D. u. Spencer, D. A., Correcting overall tints on Dufaycolor (Korrektur von Dufaycolor-Aufnahmen durch Gesamtfärbung). Brit. j. Phot. 84 (1937) Nr. 4022a, S. 3.
Bei dieser Art von Farbfilmen kann lediglich durch Kompensationsfilter, die man während der Aufnahme vor das Objektiv setzt, auf die Farbstimmung im Bilde Einfluß genommen werden. Deren Zahl ist aber sehr beschränkt, die Herstellerfirmen liefern gewöhnlich für ihr Filmmaterial nur ein, höchstens zwei Kompensationsfilter für Aufnahmen bei durchschnittlichem Tageslicht, um das Arbeiten nicht zu komplizieren.
Bei Gebrauch nur eines Tageslichtfilters erhält man bestenfalls Bilder, die im durchschnittlichen Tageslicht den Aufnahmegegenstand so wiedergeben, wie er sich dem Auge zur Zeit der Aufnahme darbot; am späten Nachmittag hergestellte Aufnahmen werden also wärmer im Ton sein, als solche aus den Mittagsstunden, und Bilder, die bei Sonnenschein aufgenommen wurden, werden ganz anders aussehen als gleichartige Aufnahmen, die bei bewölktem Himmel entstanden sind.
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Das weißere Licht der Scheinwerfer
Wie oben bereits betont, tritt vielfach die Notwendigkeit ein, das Bild in einer anderen als der bei der Aufnahme herrschenden Beleuchtung darzubieten. Murray und Spencer weisen darauf hin, daß sich solche Schwierigkeiten - entgegen einer häufig anzutreffenden Meinung - auch bei Kunstlichtaufnahmen einstellen; von dem gleichzeitigen Gebrauch von Bogen- und Nitralicht ganz abgesehen, geben Speziallampen, wie Photo-flood, Nitraphot oder Matelux ein bedeutend "weißeres" !!! Licht, als normale Halbwattlampen, zudem ändert sich das Licht aller Glühlampen mit dem Altern.
Somit können die Lichtquellen verschiedener Ateliers hinsichtlich der spektralen Zusammensetzung sehr beträchtlich voneinander abweiweichen; die verfügbaren Kompensationsfilter werden demgemäß durchaus nicht immer korrekt sein, und es finden sich aus diesen und anderen Gründen häufig Bilder, bei denen die eine oder andere Farbe in unerwünschter Weise vorherrscht.
War nun - wie bis vor kurzem allgemein - ein solcher Farbrasterfilm im Umkehrverfahren entwickelt worden, so läßt sich an dem Ergebnis an sich nichts mehr ändern. Für solche Fälle empfehlen nun die genannten Verfasser ein leichtes Anfärben des ganzen Bildes.
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Den Film teilweise anfärben
Es hat sich gezeigt, daß sechs Farben genügen, um die in der Praxis gewöhnlich vorkommenden Arten von „Farbstich" zu kompensieren.
Zu fordern sind für diesen Zweck Farbstoffe, die sich leicht wieder auswaschen lassen, um zu kräftig ausgefallene Korrekturen oder auch fehlerhafte (z. B. streifige) Anfärbungen beseitigen zu können.
Solche Farbstoffe werden auf Anregung der Dufaycolor-Ges. von der Vector Manufacturing Co., Ltd., unter der Bezeichnung „Revector dyes for correcting Dufaycolor-Transparencies" auch in kleinen Mengen abgegeben. Die Bezeichnung ist: „V. 1 Dufaycolor zu rot", bzw. zu grün, zu blau, zu magentafarben, zu blaugrün und zu gelb. Man badet den Film in einer verdünnten Farbstofflösung 1/2 bis 1 Minute; darauf wird die anhängende Flüssigkeit mit Fließpapier abgesaugt und der Film getrocknet. Bei Überkorrektur wird gewässert; die Farbe ist nach wenigen Minuten vollkommen beseitigt. Nach Zwischentrocknung kann erneut eingefärbt werden.
Nach Murray und Spencer bietet das Verfahren gute Korrekturmöglichkeiten, liefert aber naturgemäß niemals das Resultat, welches man bei Gebrauch des für die jeweiligen Lichtverhältnisse korrekten Filters erhalten hätte.
Tatsächlich werden nämlich durch die Einfärbung nur die Weißen des Bildes korrigiert, während die Schatten den dominierenden Farbstich beibehalten; wenn trotzdem durch die Anfärbung merkliche Verbesserungen erzielt werden, so hat dies seinen Grund darin, daß gerade der Farbstich in den Lichtern Im wesentlichen den Eindruck des Bildes beeinträchtigt.
Die Korrekturen klappen nur bei Umkehrverfahren
Es wurde schon oben bemerkt, daß vorstehendes Korrekturverfahren nur für Bilder gedacht ist, die aus der Umkehrentwicklung hervorgegangen und nicht zur Vervielfältigung bestimmt sind.
Für die Zwecke der Filmindustrie sind naturgemäß Korrekturverfahren, die auf eine Einzelbehandlung der Positive abzielen, unbrauchbar, weil im Großbetriebe dafür keine Zeit zur Verfügung steht. Wie kürzlich berichtet wurde *2), ist aber neuerdings auch für den Dufaycolor-Prozeß ein Vervielfältigungsverfahren ausgearbeitet worden, in dessen Verlauf naturgemäß die Möglichkeit besteht, die Korrekturen für Einzelszenen ein für allemal zu bestimmen und so anzubringen, daß sie später ohne weiteres bei jeder Kopie zur Geltung kommen.
*2) Harri so n.G.B.u. Spencer, D A., Das Negativ-Positiv Verfahren im Dufaycolor-Prozeß; ref. Kinotechnik 19 (1937), Heft 6, S. 138.
Zusammenfassung
Man kann wohl ganz allgemein sagen, daß bei allen gegenwärtig interessierenden Farbenverfahren die Möglichkeit besteht, nachträglich Änderungen an der Farbstimmung der Einzelszenen vorzunehmen, wenn die Vorführung der Musterkopie solche wünschenswert erscheinen läßt; auch für die neuen Dreischichtenverfahren von Agfa und Kodak, wenn sie auch heute noch nicht kopierfähig sind, läßt sich eine solche Möglichkeit denken.
Diesem Problem der nachträglichen Farbenabstimmung ruht nun nicht nur eine ästhetische, sondern auch eine wirtschaftliche Bedeutung inne; denn es liegt auf der Hand, daß das Abstimmen der Szenen und ihrer Teileinstellungen um so mehr Kosten verursacht, ja größer bei einem Farbfilmverfahren der Bedarf an Zeit und Material hierfür ist, und je höher dieses Material im Preis steht.
Von diesem Standpunkt betrachtet nimmt nun das Linsenraster-Verfahren Opticolor (Berthon-Siemens) eine beachtliche Sonderstellung ein. Während nämlich bei allen anderen Farbenverfahren die Musterkopie wohl erkennen läßt, welche Teile zwecks besserer Farbenharmonie einer Änderung bedürfen, für die Bemessung von Art und Umfang der Korrektur hingegen keine greifbaren Unterlagen bietet, ist es beim Opticolorfilm mit Hilfe des von den Siemenswerken entwickelten, sinnreichen Farbensteuerapparates, der am Projektor des Prüfraumes angebracht wird, ohne weiteres möglich, bei mehrmaligem Durchlauf der Musterkopie die Farbgebung für jede Szene bzw. Einstellung derart zu beeinflussen und auf dem Steuerstreifen zu registrieren, daß die Kopierlichter ein für allemal festliegen *3).
Die Musterkopie dient hier also nicht nur der qualitativen, sondern auch der quantitativen Auswertung, ein Vorteil, der gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann; denn es ist zu beachten, daß die bei den anderen Verfahren während des Vorführens der Musterkopie durch Schätzung ermittelten Korrekturwerte selten das Optimum treffen, so daß wiederholt zur Probe kopiert und damit Zeit und Material geopfert werden muß, bis der erwünschte Ausgleich innerhalb eines ganzen Films erzielt ist und mit Herstellung der Serienkopien begonnen werden kann.
Angesichts dieser Schwierigkeit erscheint es um so wichtiger, daß man bei allen Farbenverfahren, bei denen die Ausgleichkorrekturen nur durch Probieren gefunden werden können, anstrebt, diesen Ausgleich weitestgehend schon bei der Aufnahme herbeizuführen.
Verfasser hat bereits vor einer Reihe von Jahren angeregt *4), das Aufnahmelicht mit Hilfe eines nach Art des v. Hübischen Farbenmeßapparats konstruierten Instruments zu analysieren und danach die Filterung zu regeln. Es wäre auf diese Weise nicht allein möglich, in zusammengehörigen Aufnahmen auch dann übereinstimmende Beleuchtung zu erzielen, wenn die Farbe des Lichts im Laufe der Arbeit ändert, vielmehr könnte auch gelegentlich eine Beleuchtung vorgetäuscht werden, die nach dem Manuskript erforderlich, in Wirklichkeit aber im Zeitpunkt der Aufnahme nicht gegeben ist.
Verfasser machte den Vorschlag zu einer Zeit, als noch andere Farbenverfahren im Vordergrund des Interesses standen, als heute. Die Grundsätze sind die gleichen geblieben, für die jetzigen Aufnahmesysteme würde das Problem der Einflußnahme auf die Aufnahme-filterung indessen noch besonderer Überlegungen und Vorkehrungen bedürfen.
*3) Kutzleb, L.f Das Berthon-Siemens-Farbfilmverfahren (Der Opticolorfilm)- Kijiotechnik 18 (1936) Heft 15, S. 241/244.
*4) Kutzleb, LM Die Aufnahmetechnik der Naturfarben-Kinematographie und ihre Bedeutung für die Einführung dieser Systeme. Kinotechnik 7(1925) Heft 13, S. 309/317. (Der Vorschlag findet sich auf S. 313 linke Spalte, 3. Absatz.)
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