Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45
Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Das geschäftliche Ergebnis der Leipziger Frühjahrsmesse für die deutsche kinotechnische Industrie
aus KINOTECHNIK Heft 8 / Aug. Berlin 1938
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Blickt man heute auf die Technische Messe dieses Frühjahrs zurück, so kann man feststellen, daß auch die Fachgruppe „Kinotechnik" einen nennenswerten geschäftlichen Erfolg zu verzeichnen hatte. Allerdings liegt dieser weniger auf Seiten der Großprojektoren für Kinotheater.
Dies ist auch ganz erklärlich, da diese immerhin kostspieligen Apparaturen nur von wenigen Firmen hergestellt und vertrieben werden, so daß die Fachwelt es leicht hat, sich über alle einschlägigen Fortschritte zu unterrichten.
Dies um so mehr, als die hier maßgebenden Firmen über eine ausgezeichnete Vertriebsorganisation verfügen, die jede Neuerung unmittelbar an den Interessenten heranträgt.
Aus diesen Gründen kommt der Kinobesitzer auch nicht nach Leipzig, um unbedingt kaufen zu müssen, er wird sich hier vielfach nur entscheiden, welches Fabrikat er auswählt, da es ja Aufgabe der Technischen Messe ist, die Erzeugnisse der einzelnen Firmen nebeneinader im praktischen Betriebe zu zeigen und so ihre besonderen Vorzüge erkennen zu lassen.
Von dieser Vergleichsmöglichkeit wurde auch von der deutschen Fachwelt ausgiebig Gebrauch gemacht, das Ergebnis war dann die endgültige Entscheidung für das eine oder andere Fabrikat.
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Fachleute aus dem Auslande denken anders
Der ausländische Kinofachmann kommt dagegen mit einer anderen Einstellung auf die Technische Messe. Er will in erster Linie die deutsche Qualitätsarbeit kaufen, die ihm gerade in der Kinotechnik ein Begriff geworden ist.
So konnten hier eine Reihe von recht "belangreichen" Kaufabschlüssen getätigt werden, wobei es sich in vielen Fällen um Kunden handelt, die mit den ausstellenden Fabriken erstmalig in Geschäftsverbindung gekommen sind.
Betont wird auch von Seiten der hier maßgebenden Industrie, daß noch zahlreiche Nachmessegeschäfte in der Schwebe sind, die den Erfolg der Messe in bezug auf Kinomaschinen und Zubehör als sehr zufriedenstellend bezeichnen lassen.
Gesucht : der technische Fortschritt
Es zeigte sich, daß bei den Kinomaschinen auch in diesem Frühjahr wieder der technische Fortschritt mit besonderem Eifer gesucht wurde. So fand, um aus der Menge der Verbesserungen nur ein Beispiel herauszugreifen, bei einem neuen Bildwerfer eine Feuerschutzeinrichtung lebhafte Beachtung, die den Zweck hat, den Lichtweg zum Bildfenster sofort zu verschließen, wenn der Film reißt oder sich eine Klebestelle löst.
Hierdurch ist eine zusätzliche Sicherung gegen Filmbrand (in 1938 gab es nur den leicht brennbaren Nitrofilm) geschaffen, falls durch den Riß der Film im Bildfenster zum Stillstand kommt. Auch kann diese Einrichtung zur Erzielung einer einwandfreien Bild- und Tonüberblendung beim Aktwechsel mit einer elektrischen Überblendung kombiniert werden.
Durch einfaches Öffnen von Lichtklappen an der ablösenden Maschine schließt sich dann selbsttätig die Lichtklappe an der abzulösenden Maschine, wobei auch gleichzeitig der Verstärker und die Tonlampen umgeschaltet werden. Diese Neuerung hat, wie auch viele andere, besonderen Anklang gefunden.
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Viele neue Schmalfilmgeräte
Der Schwerpunkt des Messegeschäftes lag aber ohne Zweifel bei den Schmalfilmgeräten. Während das 16mm Format immer dann in Betracht kommt, wenn es sich um Vorführungen für einen größeren Zuschauerkreis handelt, greift der Amateur in letzter Zeit in größerem Umfange zum 8mm Format, das bekanntlich in der Verarbeitung billiger und für das Heim ausreichend ist.
- Anmerkung : Kein Wort davon, daß sowohl 8mm Kameras wie auch 8mm Filmmaterial in 1938 sehr knapp geworden sind und vielzu oft von der NSDAP Parteimitgliedschaft abhängig waren.
Die Unterscheidung zwischen diesen zwei Formaten zeigte sich deutlich auf der Frühjahrsmesse, wobei hinzukommt, daß diesmal auch ganz erstklassige Geräte für den 8mm Film gezeigt wurden.
So fand eine neue Kino-Kamera für 8mm-Film große Beachtung, bei der Film in Kassetten verwendet wird. Die Kassette wird mit einer Spule beschickt, die einen 7,5m langen, 16mm breiten Film enthält, der zweimal durch die Kamera läuft. Nach dem ersten Durchlauf wird das Federwerk der Kamera selbsttätig stillgesetzt, ein Zeichen, daß die Kassette umgelegt werden muß. Auch das Umlegen geschieht mit nur einem Griff, so daß die Kamera sofort wieder aufnahmebereit ist.
Beim zweiten Durchlauf des Films wird die andere Seite belichtet. Man braucht nicht immer mit der Normgeschwindigkeit - dem 16er-Gang - zu filmen, da die Kamera eine Einrichtung für Zeitdehner- und Zeitrafferaufnahmen (64er- und 8er-Gang) hat. Eine weitere Geschwindigkeit, der 24er-Gang, ist für die Aufnahme schnell bewegter Gegenstände vorgesehen.
8mm Schmalfilmprojektoren
Der Nachfrage nach Aufnahmegeräten entsprach das Interesse für Schmalfilmprojektoren. Auch hier standen die neuen Geräte für den 8mm-Film im Vordergrund.
Bei einer Ausführung ist das Einlegen des 8mm-Films durch große Vor- und Nachwickelzahnwalzen wesentlich erleichtert und somit eine noch sichere Führung gewährleistet.
Ferner fand ein Großraum-Projektor für 16mm-Tonfilm große Anerkennung, der mit einer Lichtleistung von 350 lm z. Z. der lichtstärkste Projektor der Welt mit Glühlampe ist. Diese außerordentlich hohe Lichtleistung wird erzielt durch genauen Ausgleich aller Bauteile: Projektionslampe, Optik, Blende.
Das Schaltverhältnis ist 1:8, d. h. die Schaltzeit beträgt etwa 1/200 Sekunde. Dabei ist die bei Tonfilmen notwendige Vorführgeschwindigkeit von 24 Bildern in der Sekunde zugrunde gelegt. Bei einer anderen Konstruktion wird der Film absatzweise mittels einer Schaltwalze durch das Bildfenster gezogen. Diese wird durch ein achtteiliges Malteserkreuz absatzweise gedreht.
Eine sinnreiche Verfeinerung sorgt dafür, daß die Schaltung sehr schnell vorgenommen wird, der Blendenflügel, der die Schaltung des Bildes abdeckt, also recht klein ist. Auch dieses Gerät ist außerordentlich lichtstark, es können Lampen für 375 oder 500 Watt Verwendung finden.
Weitere Neuerungen
Aus dem in Leipzig reichhaltig ausgestellt gewesenen Zubehör seien noch einige Neuerungen erwähnt. So gestattet ein neues mikro-kinematographisches Aufnahmegerät in Verbindung mit einer Schmalfilkamera und einem für die Mikrophotographie geeigneten Mikroskop die Kinoaufnahme mikroskopische Vorgänge.
Auch kann durch ein Einblickfernrohr das aufzunehmende Präparat eingestellt und während der Aufnahme beobachtet werden. Ein für die Schmalfilmkamera und für die Aufnahme zweckmäßiges Zusatzgerät ist auch die Betrachtungslupe, mit der man das Objekt vor der Aufnahme durch das Kameraobjektiv hindurch beobachtet und bei jeder Entfernung den Bildausschnitt in vergrößertem Maßstabe vor sich hat. Dadurch werden Fehler vermieden, die sonst bei Aufnahmen aus kleineren Entfernungen mit Hilfe des Durchsichtsuchers infolge der zunehmenden Parallaxe möglich sind.
Ein gutes Nachmessegeschäft
Diese kurzen Hinweise genügen, um anzudeuten, was alles in Leipzig auf dem Gebiete der Schmalfilmtechnik Beachtung fand. Man verzeichnete hier ein gutes Messegeschäft und ein gutes Nachmessegeschäft.
Neben den vielen Inlandsaufträgen, die fast ausschließlich aus dem Handel kamen, war auch das Ausland maßgebend daran beteiligt. Gute Käufer waren Schweden, Norwegen, Holland, England, Italien, die Tschechoslowakei, Polen und nicht zuletzt die überseeischen Staaten, insbesondere auch Kolonialländer wie z. B. Indien.
Dieses allgemein befriedigende Messeergebnis ist ohne Zweifel ein Erfolg aller an der Kinotechnik beteiligten Firmen. Er muß aber auch ein Ansporn dafür sein, die Technische Messe noch mehr als bisher als Plattform für den Umsatz zu benutzen und der internationalen Nachfrage ein gegeschlossenes Angebot der deutschen Industrie gegenüberzustellen.
Will doch die Messe gerade dem kleinen und mittleren Fabrikanten den Weg zum geschäftlichen Erfolg erschließen und auch ihn in den Außenhandel einbeziehen. Aus diesem Grunde wäre es zu begrüßen, wenn die bisher noch abseits stehenden Firmen die Beschickung der kommenden Großen Technischen Messe und Baumesse Leipzig, die vom 5. bis 13. März 1939 stattfindet, erwägen.
Dies gilt besonders für die Hersteller von kinotechnischem Zubehör, bei dem man bisher mehr oder minder nur die bekannten Erzeugnisse sah, während doch gerade hier eine Fülle von Neuerungen und Verbesserungen aus den kleinen Betrieben kommt.
Auch diese müssen sich in Leipzig zeigen, denn für praktische Hilfsmittel und Ergänzungen besteht auf dem Gebiete der Kinotechnik ein überaus reges Interesse, besonders seitdem der Farbenfilm auch dem Amateur zugänglich geworden ist.
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