Aus der Fachpresse des In- und Auslandes
Ein neuartiger Kopfhörer zur Tonkontrolle
(H. F. 0lson in „JL Soc. Mot. Pict. Eng." XXVII, Nr. 5,
November 1936.)
Der Verfasser nennt zunächst die Vorzüge, die der Kopfhörer für die Zwecke der Tonkontrolle besitzt: Die Hörbarkeit des Tons ist beschränkt, er stört also nicht im Raume, der Bedarf an Raum und elektrischer Leistung ist gering im Vergleich zum Lautsprecher, der Kopfhörer läßt sich leicht mitführen und ohne Mühe anschließen.
Aus diesen Gründen wird der Kopfhörer zur Tonkontrolle bei Tonfilm und Rundfunk viel benutzt, besonders wenn die Räumlichkeit beschränkt ist und nur vorübergehend zur Tonaufnahme in Frage kommt; er dient dann gewöhnlich zur Beurteilung der Tonqualität und zum Ausgleich der Lautstärke, und es ist deshalb wichtig, daß die Frequenzwiedergabe des Telephons der der besten Lautsprecher, die letzten Endes zur Tonwiedergabe Verwendung finden, gleichkommt.
- In dem vorliegenden Aufsatz wird die Frage erörtert, welche Anforderungen an ein derartiges Kontrolltelephon hoher Qualität zu stellen sind; weiterhin beschreibt der Verfasser ein schwingendes System für ein Telephon, das sich durch gleichmäßige Frequenzwiedergabe über einen ausgedehnten Bereich auszeichnet.
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Anforderungen
Ein idealer Kopfhörer müßte auf dem Trommelfell des Ohres denselben Schalldruck erzeugen wie der Originalton; die Frequenzkurve des Schalldrucks, der auf das Ohr einwirkt, darf also auf dem Wege über das Mikrophon, den Verstärker usw. sowie den Kopfhörer keine Änderung erfahren.
Wenn der Kopf in den Bereich einer Schallwelle gerät, so ist der Druck auf den Kopf in Gegend der Ohren eine Funktion der Frequenz des Tons und der Stellung des Kopfes mit Bezug auf die Ausbreitungsrichtung des Tons.
Es ist theoretisch *1), *2) und experimentell gezeigt worden, daß die Ablenkung des Schalles durch den Kopf unterhalb 1000 Hz vernachlässigbar ist; überdies sind Abmessungen und Gestaltung der Ohrhöhle derart, daß für diesen Bereich der Druck in der Tiefe derselben der gleiche ist wie an der Oberfläche des Kopfes.
Bei den höheren Frequenzen ist der Druck in diesem Punkt, wenn der Kopf so gedreht wird, daß ein Ohr gegen die Schallquelle gerichtet ist, doppelt so groß wie im freien Raum, während der Druck auf das abgewendete Ohr nur sehr gering ist.
Bei der normalen Kopfstellung, also Gesicht der Schallquelle zugewendet, ist der Druck auf die Kopfoberfläche in Gegend der Ohren praktisch der gleiche, wie im freien Raum.
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Der reflektierte Schall
In Innenräumen tritt zu dem direkten Schall im allgemeinen noch der reflektierte hinzu. Unterstellt man, daß der Schall hier aus allen Richtungen kommen kann, so wird praktisch an keiner Stelle des Kopfes ein Frequenzunterschied auftreten. Das Verhältnis des Druckes auf dem Grunde der Ohrhöhle zu dem auf der Oberfläche des Kopfes hängt weitgehend von der Resonanzfrequenz der Ohrhöhle ab; diese Resonanz wird naturgemäß durch den Gebrauch eines Telephons stark beeinträchtigt.
Die relative Bedeutung der vorstehend genannten Faktoren wird durch subjektive Versuche offensichtlich. Nimmt man an, daß das Verhältnis des akustischen Eingangs zum elektrischen Ausgang des Mikrophons und Verstärkers unabhängig von der Frequenz ist, so sollte auch das Verhältnis der an das Telephon angelegten Spannung zu dem auf dem Grunde der Ohrhöhle erzeugten Druck unabhängig von der Frequenz sein.
Paßt sich der Kopfhörer dem Ohr vollkommen an, so daß zwischen Ohr und der Muschel des Telephons keine Lücke vorhanden ist, so stellt der akustische Widerstand, der durch die so entstehende Ohrhöhle gebildet wird, eine rein akustische Leistung dar.
Aus diesem Grunde muß, damit das Verhältnis des Schalldrucks in der Höhle zu der angelegten Spannungfrequenz unabhängig sei, das Verhältnis der Schwingungsamplitude der Membran zur angelegten Spannung ebenfalls frequenzunabhängig sein.
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Weitere Forderungen
Kopfhörer mit weichen, schmiegsamen Muscheln sind für längeren Gebrauch unbequem. (Anmerkung : Die Ohen schwitzen) Bei festen Muscheln entsteht ein Zwischenraum zwischen diesen und dem Ohr, und der akustische Widerstand, der den Kopfhörern dargeboten wird, ist sehr viel verwickelter als bei vollständigem Abschluß; er ändert sich überdies mit der Art, in der der Kopfhörer angelegt wird.
Vom praktischen Standpunkte wäre es erwünscht, wenn die Leistung des Telephons von der Lücke zwischen diesem und dem Ohr unabhängig wäre. Im nachstehenden wird ein Schwingungssystem beschrieben, das einen konstanten Schalldruck in der Ohrhöhle erzeugt, auch wenn zwischen Ohr und Muschel eine Lücke vorhanden ist.
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Theoretische Betrachtungen
Um das schwingende System so gestalten zu können, daß bei konstanter Spannung ein konstanter Druck auf die Ohrhöhle ausgeübt wird, muß der akustische Widerstand bekannt sein, der durch die Öffnung in der Muschel betrachtet, zur Geltung kommt.
Der akustische Widerstand wird durch die (resistive und inertive) Rückwirkung bedingt, die der Zwischenraum zwischen Ohr und Muschel verursacht, sowie durch die kapazitive Rückwirkung, die durch die Höhle ausgelöst wird. Eine graphische Darstellung der resistiven und reaktiven Komponenten des akustischen Widerstandes bei Betrachtung durch die Öffnung eines Telephons zeigt Abb. 1.
Man sieht, daß der Widerstand positiv ist und bis 400 Hz mit Zunahme der Frequenz wächst; zwischen 300 und 500 Hz ist er praktisch resistiv, und über 400 Hz ist er negativ und nimmt mit der Frequenz ab.
Um unter diesen Umständen einen konstanten Druck in der Ohrhöhle zu erhalten, muß die Geschwindigkeit der Membran unter 300 Hz umgekehrt proportional der Frequenz sein; zwischen 300 und 500 Hz sollte sie frequenzunabhängig, oberhalb 500 Hz proportional der Frequenz sein.
Zu Abb. 2
Das in Abb. 2 skizzierte System liefert der Ohrhöhle bei passend gewählten Konstanten gleichbleibenden Schalldruck zwischen 50 und 7000 Hz. Es besteht aus einer V-förmigen Membran M1, die durch einen geradlinigen Leiter an der Spitze des V bewegt wird, einem Aufhängesystem R1C1, welches die Membran trägt und den Konduktor ausrichtet; dem Feld eines Permanentmagneten, einer Hohlraumbegrenzung hinter der Membran R3C2, einem Stoffpolster R2M2, das akustischen Widerstand und Gegenwirkung ausübt, einem Rohr M2 mit der Durchbohrung M5R4.
Die Abbildung zeigt ferner die miteinander gekoppelten äquivalenten Stromkreise des akustischen Systems und des Ohrs. Der Schalldruck in C2 für konstante Spannung am Konduktor kann aus dem äquivalenten elektrischen Stromkreis berechnet werden.
Die theoretische Frequenzwiedergabe für einen bestimmten Satz passender Konstanten ist in Abb. 3 wiedergegeben; die Kurve zeigt nahezu gleichmäßige Wiedergabe im Bereich von 50-7000 Hz an.
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Experimentell gefundene Frequenz-Wiedergabe-Kurven
Eine Beschreibung der Untersuchung von Telephonempfängern hat der Verfasser an anderer Stelle gegeben *3) *4). Im allgemeinen läßt sich sagen, daß die Frequenzwiedergabe-Charakteristik eines Empfängers den Druck anzeigen sollte, der bei den verschiedenen Frequenzen in einem durchschnittlichen Ohr erzeugt wird, wenn an den Empfänger eine konstante Spannung angelegt wird. Eine der Variablen, die gesondert betrachtet werden muß, ist die normale Lücke, die beim Anlegen des Hörers ans Ohr entsteht.
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Versuche mit dem künstlichen Ohr
Ein künstliches Ohr zur Untersuchung von Telephonempfängern sollte die aus Abb. 1 ersichtlichen Konstanten besitzen; ein derartiges künstliches Ohr mit einer Einrichtung zur Druckmessung an einer dem Trommelfell entsprechenden Stelle wurde andernorts beschrieben *5). In Abb. 4 zeigt die ausgezogene Linie die mit dem künstlichen Ohr aufgenommene Kurve der Frequenzwiedergabe des neuen Kopfhörers; die gerissene Linie läßt die nur geringe Änderung in der Wiedergabe erkennen, die durch Beseitigung der Lücke zwischen Ohr und Muschel entsteht; sie zeigt, daß diese Änderung bei verschieden großer Lücke sehr gering ist.
In Abb. 5 stellt die ausgezogene Kurve die Frequenzwiedergabe bei einem zweipoligen Empfänger üblicher Art dar, wie sie die Aufnahme mit dem künstlichen Ohr liefert; die gerissene Kurve zeigt das Anwachsen der Niederfrequenzwiedergabe, das bei Beseitigung des Zwischenraums zwischen Ohr und Muschel eintritt. Diese beiden Kurven lassen erkennen, daß bei diesem Empfängertyp die Niederfrequenz-Empfindlichkeit davon abhängt, wie weitgehend der Abschluß zwischen Kopfhörer und Ohr erreicht wird. Selbstverständlich läßt sich der Zwischenraum bei Muscheln aus festem Material nicht vollkommen vermeiden.
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Subjektive Versuche
Zur Nachprüfung der mit dem künstlichen Ohr ermittelten Kurven wurden subjektive Untersuchungen durchgeführt, bei denen die Kopfhörer verschiedenen Personen angelegt wurden. Mittels eines durch einen Oszillator erregten Lautsprechers wurde eine freie fortschreitende Schallwelle erzeugt, und der Schalldruck in 1,5m Abstand vom Lautsprecher mittels eines geeichten Systems aus Mikrophon, Lautsprecher und Ausgangsmesser gemessen.
Der Beobachter hörte zunächst den Ton in dem Punkte ab, in dem sich das Mikrophon bei Messung des Schalldrucks befunden hatte; darauf legte er sich die Kopfhörer an und der Ausgang des Oszillators wurde über einen geeigneten Abschwächer vom Lautsprecher zu den Kopfhörern umgeschaltet.
Die Spannung an den Kopfhörern wurde geregelt, bis die Lautstärke im Ohr des Beobachters die gleiche war wie zuvor bei der vom Lautsprecher aufgenommenen Schallwelle. Dieses Verfahren wurde bei verschiedenen Frequenzen unter Konstanthaltung des Drucks der freien Welle wiederholt.
Der reziproke Wert der Spannung an den Kopfhörern, die erforderlich ist, um die Intensität der freien Welle zu erzeugen, ist der Empfindlichkeit des Empfängers bei den einzelnen Frequenzen proportional. Abb. 6 zeigt die Kurve, die sich für die durchschnittliche Frequenzwiedergabe aus einer Reihe von Versuchen ergibt, die mit verschiedenen Personen durchgeführt wurden; die maximale Abweichung von dieser mittleren Kurve betrug bei den einzelnen Beobachtern noch nicht 3 Dezibel.
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Bildunterschriften
Abb. 1. Akustischer Widerstand des menschlichen Ohrs durch die Schallöffnung des Kopfhörers betrachtet [nach
Inglis, Gray und Jenkins].
Abb. 2. Aufbau des neuen Kopfhörers, zeigend das Schwingungssystem und den äquivalenten elektrischen Stromkreis zur Erzeugung konstanten Schalldrucks in der Ohrhöhle bei Vorhandensein eines Zwischenraums zwischen Muschel und Ohr. Der äquivalente elektrische Stromkreis des akustischen Widerstands bei Betrachtung durch die Schallöffnung ist punktiert gezeichnet.
Abb. 3. Theoretisch angenommene Wiedergabe durch den neuen Kopfhörer in Verbindung mit dem menschlichen Ohr, berechnet nach dem Stromkreis und den Konstanten der Abb. 2.
Abb. 4. Kurve der Frequenzwiedergabe durch den neuen Kopfhörer, aufgenommen mit dem künstlichen Ohr; die gerissene Linie zeigt den Kurvenverlauf bei vollkommenem Abschluß zwischen Kopfhörer und Ohr (Mr,RF = OO in
Abb. 2)
Abb. 5. Kurve der Frequenzwiedergabe eines üblichen zweipoligen Telephonempfängers, aufgenommen mit dem künstlichen Ohr; ausgezogene Linie bei normalem Zwischenraum zwischen Kopfhörer und Ohr, gerissene
Linie bei vollkommenem Abschluß.
Abb. 6. Kurve der Frequenzwiedergabe des neuen Kopfhörers, gewonnen durch Vergleich mit konstantem Schalldruck im Freien, Die Punkte entsprechen dem Mittel aus den Feststellungen von sechs Beobachtern.
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