Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45
Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
Hier geht es zur einführenden Seite.
.
Kinorama - Plastisch wirkende Filmprojektion
aus Kinotechnik Heft 18 - September 1936 von Ing. K. Köfinger, Wien
Das dreidimensionale Laufbild
Das scheinbar dreidimensionale Laufbild beschäftigt intensiv nicht nur Fachmänner, sondern auch Laien und ist neben der Naturfarbe gegenwärtig eines der Hauptziele aller auf dem Gebiete der Kinematographie arbeitenden Erfinder.
Aus diesem Grunde dürfte es von Interesse sein, über eine patentrechtlich geschützte Einrichtung zu berichten, die im Grundgedanken zwar nicht neu, in der Durchführung aber als originell bezeichnet werden muß. Die Erfinder, Eduard Bankl, Vater und Sohn, hatten beruflich nie mit Filmvorführungen zu tun, haben sich in mühevoller Eigenarbeit in ihrem Wohnhause in Baden bei Wien sogar ein kleines Versuchskino eingerichtet, in welchem geladenen Gästen plastisch wirkende Steh- und Laufbilder vorgeführt werden. Mit bescheidenen Mitteln, meist behelfsmäßig, wurde die Einrichtung geschaffen, die aber hinsichtlich räumlicher Wirkung der vorgeführten Bilder verblüffend ist.
.
Rechts- und Linksbilder in rascher Folge
Das Prinzip dieser plastischen Kinovorführung, das, wie schon erwähnt, nicht neu ist, besteht darin, in rascher Folge Rechts- und Linksbilder auf nahezu dieselbe Stelle der Bildwand zu projizieren und die Einzelbilder nur für das zugehörige Auge sichtbar zu machen. Also ein Linksbild dem linken und ein Rechtsbild dem rechten Auge.
Derzeit wird noch mit zwei gekuppelten Kinomaschinen vorgeführt, die von einem Synchronmotor angetrieben werden und abwechselnd das rechte und das linke Bild projizieren. Die Blenden, die sich vor den Augen der Zuseher befinden, werden ebenfalls von einem Synchronmotor, der auf der Blendenwelle sitzt und mit 1500 minutlichen Umdrehungen läuft, betätigt.
Die Blenden sind zylinderförmig und mit dem Motor eingekapselt. Wie aus der Abbildung ersichtlich sein dürfte, hat jeder Zuseher einen Betrachtungsapparat.
Der Blendenzylinder desselben ist in der Höhe verstellbar und das Ganze samt der Armstütze beliebig umlegbar. Der Lauf der Blenden ist vollkommen geräuschlos und erschütterungsfrei. Da vor jedem Auge durch diesen Betrachtungsapparat in der Minute 3000mal die Sicht unterbrochen wird, sind Flimmererscheinungen vollkommen ausgeschlossen. Die in den Blenden eingebauten kleinen Drehstrom-Synchronmotoren sind einfach und billig herzustellen und sichern verläßlich den Gleichlauf von Maschine und Blenden.
.
Ein Patent für die optische Einrichtung
Die Erfinder erhielten auch einen patentrechtlichen Schutz auf eine optische Einrichtung, die es ermöglicht, die vorgeführten Bilder von jedem Punkte des Zuseherraumes plastisch und in richtiger Perspektive zu sehen.
Die konstruktive Lösung des Betrachtungsgerätes ist aus den bereits angeführten Gründen und als bewegliche Armstütze, wie das Bildchen zeigt, als eine sehr glückliche zu bezeichnen. Das Vermeiden der Brille und die Möglichkeit, normale Schwarzweiß- oder Farbenfilme beliebig vorführen zu können, erhöhen die Verwendbarkeit der Einrichtung.
Was nun die vorgeführten Filme betrifft, die einfache Szenen, Reportagen beinhalten, so überraschen dieselben durch ihre räumliche Wirkung. Man hat den Eindruck, im Theater, vor einer Weltbühne zu sitzen. Diese plastische Filmvorführung bietet einen Vorgeschmack, um wieviel eindrucksvoller und genußreicher Filmvorführungen würden, wenn die Bilder wirkliches, körperliches Leben vortäuschen könnten. Nach Angaben der Erfinder wurden die Aufnahmen mit zwei improvisiert gekuppelten Kinamos selbst hergestellt.
.
Zur Zeit noch 2 Kinomaschinen erforderlich
Die Vorführung erfolgt derzeit noch mit zwei Maschinen. Nach Schaffung einer besonderen Kopiermaschine soll es möglich sein, mit nur einem Filmbande und einer Vorführungsmaschine auszukommen. Da im vorliegenden Falle die Schwarzweiß-Filmbilder nur auf einer Filmbandseite liegen, wird dieselbe Bildschärfe und Bildhelligkeit erzielt, die wir von guten Schwarzweißfilmen her gewöhnt sind.
Für die Vorführung von Farbenfilmen besteht nach diesem plastischen Verfahren kein Hindernis. Wenn auch „Kinorama", wie diese plastische Filmvorführung genannt wird oder genannt sein will, noch keine endgültige Lösung darstellt, so muß doch auf Grund des persönlichen Eindruckes der plastischen Wirkung festgestellt werden, daß der erstrebte Effekt erreicht ist.
Es wäre im Interesse aller im Kinogewerbe Tätigen zu begrüßen, wenn der plastische Film ins Marschieren käme. Ob die durch die Anschaffung der Toneinrichtungen ausgebluteten Kinobesitzer in der Lage sind, noch besondere Aufwendungen in ihren Betrieben zu machen und die Filmindustrie bald Material zur Vorführung herstellen wird, sind Fragen, die für die Einführung des plastischen Filmes entscheidend sind. Wer guten Vorführungen von plastischen Filmen beigewohnt hat, dürfte die Ueberzeugung gewonnen haben, daß die Einführung des plastischen Filmes wohl hinausgeschoben, aber nicht verhindert werden kann.
.