Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45
Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Die Reichs-"verordnung" über den Sicherheitsfilm
vom 30. Oktober 1939
aus KINOTECHNIK 1939 - Heft 11 / Nov. - Zeitschrift für die Technik im Film
Von Dr. Joachim Graßmann
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Die vom Reichsarbeitsministerium in engster Verbindung mit der Reichsfilmkammer *1) ausgearbeitete „Verordnung über den Sicherheitsfilm", das mit dem Datum vom 30. Oktober 1939 im Reichsgesetzblatt I S. 2136 veröffentlicht worden ist, bestimmt, daß vom 1.4.1940 ab neue Filmkopien nur noch auf Sicherheitsfilm hergestellt, und vom 1.4.1942 ab überhaupt nur noch Sicherheitsfilmkopien bearbeitet, gelagert und vorgeführt werden. Für Ausfuhrkopien und besondere Vorführungen von Nitrofilmkopien bestehen Ausnahmemöglichkeiten.
*1) Wir verweisen auf den soeben erschienenen 1. Band der Schriftenreihe der Reichsfilmkammer „Reichsverordnung über den Sicherheitsfilm mit ihrer Durchführungsverordnung", Einführung und Erläuterungen von Dr. J. Graßmann, Fachgruppenleiter in der Reichsfilmkammer und O. Limprich, Ober-Reg.-Rat im Reichsarbeitsministerium, RM 1.60, herausgegeben im Max Hesses Verlag, Berlin-Halensee.
Die Verordnung sieht die ausschließliche Verwendung von Sicherheitsfilm vorläufig nur für Filmvorführungen jeder Art und für die Filmverleihbetriebe vor. Für die Filmkopieranstalten ist die Verwendung von Sicherheitsfilm zunächst auf die Herstellung der zur Vorführung innerhalb des Reichsgebietes bestimmten Positivfilme beschränkt worden, da die Brauchbarkeit des neuen Filmstoffes für den Negativfilm noch nicht genügend erprobt ist und ferner die Ausfuhr auf Nitro-film hergestellter Filmkopien, wenn solche vom Ausland gewünscht werden, nicht unterbunden werden soll. Aus diesem Grunde sind auch die Rohfilmfabriken in die Verordnung nicht einbezogen worden. Man darf aber hoffen, daß im Laufe der Jahre zur ausschließlichen Verwendung von Sicherheitsfilm übergegangen werden kann.
Die Ausgabe der Verordnung, die schon vor längerer Zeit in Angriff genommen war, ist jetzt erfolgt, nachdem sich herausgestellt hat, daß die Fabrikation, Bearbeitung und Vorführung des Sicherheitsfilms keine Schwierigkeiten mehr macht. Die Qualität des Sicherheitsfilms kann jetzt der des bisher gebrauchten Nitrofilms nahezu gleichgesetzt werden.
Die Rohstoffbeschaffung für den Sicherheitsfilm und die an sich geringe Abhängigkeit des Kinefilms von ausländischen Rohstoffen ist ebenfalls der des Nitrofilms ungefähr gleich. Die maßgeblichen Rohfilmfabriken haben sich im Zuge der Entwicklung der Sicherheitstilmverordnung bereits darauf eingerichtet, ihre Nitrofilmmaschinen entsprechend den, wie vorgesehen, allmählich zu steigerndem Bestellungen auf Sicherheitsfilm umzustellen.
Die Bedeutung der deutschen Reichsverordnung über den Sicherheitsfilm ist in seiner Größe fast unübersehbar. Sie liegt vornehmlich in der vielfältigen Auswirkung der Verordnung auf große und wichtige Teile unseres privaten und öffentlichen Lebens.
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Die Verwendung von Sicherheitsfilm fördert:
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- Den Arbeitsschutz für die Volksgenossen, die mit der Herstellung, Bearbeitung, Vorführung und Lagerung von Filmen zu tun haben.
- Den Schutz der Allgemeinheit, besonders unter dem Gesichtspunkt des Nachbarschutzes.
- Die Durchführung des Vierjahresplans, da die für das Bearbeiten, Vorführen und Lagern der Filme erforderlichen Einrichtungen und Baulichkeiten teilweise einfacher und mit geringerem Werkstoffaufwand hergestellt werden können.
- Den Luftschutz, da hierdurch die Brandgefahren, die bei Luftangriffen durch die vielfach in Dachgeschossen untergebrachten Filmbetriebe verursacht werden, wesentlich vermindert werden.
- Die Herabsetzung der "Unkosten" (??) der Filmwirtschaft und Vereinfachung des Betriebes betr. Versicherungen, Transport, Lagerung usw., da Sicherheitsfilm wie Papier anzusehen ist.
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- Anmerkung :
Auch hier wird bereits auf den Vorteil für den "Luftschutz" hingewiesen. Dabei hat doch der Angriffs-Krieg gerade erst und auch noch recht erfolgreich begonnen und dennoch ..... jetzt schon denken weise Vorausdenker daran, daß sich das Kriegsglück auch mal umkehren könnte.
Gleiches hatte ich bereits in der 1936er Publikation "Berliner Illustrierte" des arisierten Berliner Ullstein Blättchens bemerkt, weil dort von über 1.800 Flugabwehr-Kanonen samt der großen teuren Hochleistungs- Flak-Scheinwerfer "berichtet" wird.
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Für Wirtschaft und Verkehr bringt die gesetzliche Einführung des Sicherheitsfilms die völlige Befreiung von allen den drückenden Bestimmungen und Verpflichtungen, die im Laufe der Jahre den Erzeugern und Benutzern des Zellhornfilms auferlegt werden mußten.
Die Verordnung über Sicherheitsfilm ist der Abschluß einer jahrelangen Vorarbeit, die in der Stille unter Führung der Reichsfilmkammer von allen an der Schaffung und Verwendung des Sicherheitsfilms beteiligten staatlichen und privaten Stellen geleistet worden ist.
Die Einführung des Sicherheitsfilms ist der Beginn eines neuen und wichtigen Abschnitts in der Entwicklung des Filmwesens und bedeutet einen wesentlichen Fortschritt für den Schutz des schaffenden Volksgenossen. Mit dem Inkrafttreten der Neuregelung wird das Deutsche Reich das erste Land sein, in dem für Filmvorführungen ausschließlich Sicherheitsfilm benutzt werden darf.
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