1936-Das "Berliner Illustrirte" Jahrbuch
Der Rückblick - "Das Jahr im Bild 1935"
überarbeitet im Januar 2016 von Gert Redlich - Inzwischen ist es ganz selten, daß solche raren Zeitschriften oder Jahrbücher aus der Zeit vor 1945 noch irgendwo auftauchen.
Günter Bartosch hatte sie aufgehoben, aufgehoben von seinem Vater und dem Opa für seine beiden Kinder.
Dieses inzwischen 80 Jahre alte Jahrbuch - bestehend aus ca. 50 großen doppelseitig bedruckten DIN A3 Seiten - ist natürlich arg mitgenommen, da es sowieso schon aus ganz gewöhnlichem Zeitungspapier bestand.
Die Seiten sind eingerissen und vergilbt und brüchig. So habe ich die meisten Seiten von Hand auf den A3 Scanner auflegen müssen. Auch ist das Tesseract OCR Programm für die alte Fraktur-Schrift bei weitem nicht so komfortabel wie z.B. Finereader 7 oder 8 oder noch höher. Es hat schon recht lange gedauert, das zu digitalisieren.
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Was ist das so "Besondere" an diesem 1935er Jahrbuch ?
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Die schon vollständig nationalsozialistisch "gleichgeschaltete" und seit 1934 bereits komplett ausgetauschte Redaktion der "Berliner Illustrirten" aus dem (ehemals multikulturell ausgerichteten jüdischen) Ullstein Verlag hatte es "bravorös" verstanden .........
"Mythen, Legenden, Wahrheiten, Fälschungen und Lügen"
....... so geschickt kreuz und quer zu verketten, zu vermischen und so zu verstricken, daß im Jahr 1936 selbst ein gebildeter und informierter Leser fast keine Chance mehr hatte, Wahrheit und Fälschung oder Lüge auseinander zu halten bzw. zu unterscheiden oder abzugrenzen.
Und das ist bereits eine nicht zu unterschätzende redaktionelle Kunst !!! und genau das will ich hier ganz besonders herausstellen - und auch kommentieren.
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.... und beschrieben und kommentiert. Denn ohne Kommentar sind viele der Seiten und vor allem viele der suggestiven Bilder nicht zu verstehen.
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Das patriotische heroische Editorial innen auf der Seite 2 :
Der (Mit-) Herausgeber der "Berliner Illustrierten" - Wilfried Bade - schreibt freiwillig oder mußte es so schreiben, was oder wie es der Reichspropagandaminister Josef Goebbels hören wollte und was die deutschen Leser lesen sollten.
Es waren aber erst die Anfänge der heroischen martialischen Darstellungen des neuen Deutschlands. Der Sprachgebrauch ist aber nicht auf dem hohen Niveau eines Eduard Rhein oder Hoimar von Ditfurth oder eines Günter Bartosch.
Es kommt die Vermutung auf, daß nach dem Zwangsverkauf (man nannte es Arisierung) des ehemals jüdischen Ullstein- Verlages zum Ende 1934 schon einige der alten Führungskräfte durch (nur noch) mittelmäßige NSDAP-Parteisoldaten ersetzt worden waren.
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Und so schreibt Wilfried Bade im März 1936:
(ohne eine hervorgehobene Überschrift !)
Wenn ein Jahr es verdient, im Gedächtnis der Menschen festgehalten zu werden, dann ist es dieses Jahr 1935. Denn kein Jahr der Nachkriegszeit (Anmerkung : Gemeint war die Zeit nach dem 1. Weltkrieg) war so randvoll von Geschehen wie dieses, ja, es konnte fast scheinen, als verdrängte immer ein neues Ereignis das vorangegangene aus der Erinnerung, so daß "am Schlusse" nur ein dunkles Gefühl übrigblieb von zahllosen entscheidenden Dingen, die im einzelnen zu nennen aber der mitten in der Arbeit des Tages stehende Mensch gar nicht mehr in der Lage war.
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Entscheidend für Deutschland, ja für die ganze Welt . . .
Schon aus diesem Grunde erscheint es überaus notwendig, sich nun am Ende des Jahres 1935 noch einmal zurückzuerinnern, noch einmal alle jene zahllosen Einzelheiten zu betrachten, die dem Jahre 1935 in der Nachwelt nicht nur den Namen eines großen Jahres, sondern sogar die Bezeichnung ,,ein entscheidendes Jahr" eintragen werden, entscheidend nicht nur für Deutschland, sondern ebensosehr für Europa, ja für die ganze Welt.
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Und jetzt sogar ein wenig Prosa zum Verwirren
Noch im Zurückblicken wollen die Bilder sich verwirren, so mannigfaltig sind sie in Erscheinung, Ausdruck und Wichtigkeit. Klar aber hebt sich der Gesamteindruck heraus in Deutschland Friede, Kraft und Aufbau, in großen Teilen der Welt Unfriede, Schwäche und Verfall.
Die Dauer des Dritten Reichs nach Jahrhunderten rechnen
Am Anfang dieses Jahres der Freiheit aber steht als ein leuchtendes Fanal das Freiheitsbekenntnis der Saar, dessen flammende Gewalt erst all das in diesem Jahr für das Deutschtum des Dritten Reiches Geschaffene möglich machte. An jenem glorreichen 13. Januar 1935 begriff die Welt, daß das Dritte Reich seine Dauer nicht nach Tagen oder Jahren, sondern nach Jahrhunderten rechnen darf.
Deutschland, einig, treu, stark und wiederhergestellt
So sehen wir Deutschland, da das Jahr 1935 sich zum Ende neigt, einig, treu, stark und wiederhergestellt. Die Fundamente sind gelegt, das neue Haus ist errichtet, hoch leuchtet aus dem Dachgestühl das heilige Zeichen der Bewegung, der allein Deutschland alles verdankt, was ihm seit 1933 zufiel - das Hakenkreuzbanner.
Mit Recht weht es nunmehr allein über dem Neubau des Reiches, dessen Richtfest wir begehen können. Was noch zu tun bleibt, ist der Ausbau. Unermeßliche Arbeit ist dazu noch vonnöten, der Bestand aber ist gesichert. Fürwahr, eine unfaßbare Leistung! .
Unruhen, Streiks, Aufstände, Währungen verfallen
Unfaßbarer noch, wenn man nun auf Europa schaut, auf die Welt, wo Unruhe herrscht, zerstörende Streiks toben, Aufstände in blutigen Bürgerkrieg überzugehen drohen, Währungen verfallen, Regierungskrisen einander ablösen, wirtschaftlicher Verfall sich ausbreitet.
Wenn die Völker aber beginnen, auf Deutschland zu blicken
Die Völker aber beginnen, auf Deutschland zu blicken, wo Ruhe ist, Zukunft, Aufbau und Sicherheit, auf Deutschland, das den Schutz der europäischen Kultur vor dem bolschewistischen Ansturm in seine treuen Hände genommen hat.
Das neue Europa beginnt am Horizont heraufzudämmern
Zu Ende ist die Epoche von 1918. Ganz Europa ist wieder in Bewegung. Das Jahr 1935 hat die Wandlung gebracht. Entscheidungen von unabsehbarer Tragweite sind gefallen und nicht mehr rückgängig zu machen. Das neue Deutschland ist geschaffen, das neue Europa beginnt am Horizont heraufzudämmern.
Kaum übersehbar die Fülle der Ereignisse dieses Jahres
Unermeßlich die Wichtigkeit dieses Jahres, kaum übersehbar die Fülle seiner Ereignisse. Viele sind noch nicht zu beschreiben, viele gehen in ihrer Wirkung, ja in ihrer endgültigen Gestalt über dieses Jahr hinaus, manche sind in der verwirrenden Vielfalt fast untergegangen. Sie alle aber lassen sich nicht ausschöpfen auf den hundert Seiten dieses Heftes.
Wenn Sie mit den Kindern und Enkeln über 1935 sprechen werden . . . . (Wenn er 1935 das Ende gewußt hätte . . . .)
so schreibt Wilfried Bade weiter :
Aber es ist auch nicht wichtig, sie bis ins kleinste aufzuzeichnen. Entscheidend allein ist die Tatsache, daß von diesem Jahre 1935 als Ganzem noch Kinder und Enkel sprechen werden; und das ist die Berechtigung dieser Chronik, die das Gesicht dieser Monate spiegeln will.
Und wenn einer in dieser Chronik Dinge vermißt, die gerade er nicht vermissen möchte, so möge er bedenken, daß ein anderer andere Geschehnisse und wieder ein anderer noch andere Dinge dargestellt sehen möchte, die gerade ihm aus seinem persönlichen Erleben in diesem Jahre als besonders belangvoll erscheinen und an die er sich wiedererinnert beim Lesen und Anschauen der folgenden Seiten.
Aber gerade daß ihm nun mit einem Male, wo er diese Chronik in Händen hält, auch die Dinge wieder gegenwärtig werden, die nicht in Text und Bild enthalten sind, beweist nicht nur die Wichtigkeit, sondern auch die Notwendigkeit dieser Darstellung, die Gedächtnis sein soll dieses Jahres größter Vielfalt und tiefster Entscheidung.
"Deutschland verdankt alles nur seinem Führer . . ."
Alles aber, was Deutschland wurde, verdankt es ihm, vor dessen Größe wir uns neigen, nun das Jahr zu Ende geht: dem Führer, der die Vergangenheit überwand, der die Gegenwart gestaltet, der die Zukunft sichert.
Ihm schlägt unser Herz. - verfaßt von Wilfried Bade im März 1936.
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Die Danksagung kam leider erst im April 1945, als Familie Goebbels und der Führer bereits Selbstmord begangen hatten.
So konnte sich der obige Schreiber bei seinem Führer gar nicht mehr dafür bedanken, was der alles für Deutschland und Europa getan hatte. Jedenfalls Deutschland hatte mehr als 20 Jahre an den Heldentaten des totalen Krieges zu knabbern.
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