Eine Heft-Seite aus dem Jahrbuch 1935 der "Berliner Illu."
Dies ist ein Einblick in die längst vergessenen 99 Heft-Seiten einer heroisch martialisch überzogenen Verdummungs- und Beschwichtigungs- Propaganda- Zeitschrift der NS Zeit 1935/1936 aus der Reichshauptstadt Berlin. Das AEG Magnetbandgerät "Magnetophon" und das Fernsehen waren bereits erfunden, und die 36. Olympiade warf ihre Schatten voraus. Die Arisierung und die Jundenverfolgung waren in vollem Gange sowie auch die heimliche Aufrüstung von Heer, Marine und Luftwaffe. (Dieses Heft wurde gescannt und überarbeitet im Jan. 2016 von Gert Redlich.)
.
Heftseiten 67/68/69 : Der Parteitag der Freiheit
Der Nürnberger Parteitag 1935
Der Parteitag der Freiheit versammelte wieder die Nation in ihren Abordnungen - der Wehrmacht, der SA und SS, des Arbeitsdienstes, der politischen Leiter, der Hitlerjugend und der Frauenschaft.
.
.
- Bildunterschrift : Der Mann, dem alle Herzen gehören : Wo sich auch der Führer in Nürnberg sehen ließ . . . . . überall umbrandete ihn endloser Jubel, überall strahlten ihm die Gesichter entgegen.
.
Was ihn von allen Parteitagen bisher unterschied, war die Tatsache, daß er der erste Parteitag war, der im Zeichen der wiedererrungenen Wehrfreiheit und der Arbeitsdienstpflicht stand, und daß aus ihm der Deutsche Reichstag fundamentale Gesetze für den inneren Aufbau des Reiches mit dem Reichsbürgergesetz und dem Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre legte, indem er gleichzeitig das Zeichen der Bewegung, die Hakenkreuzflagge, als alleiniges Hoheitszeichen über dem Reiche aufzog.
Nicht nur einen Abschluß aber zeigte der Parteitag an, der nach dem "Sieg des Glaubens" und dem "Triumph des Willens" in den vergangenen Jahren nun den Tag der Freiheit feiern konnte - er wies auch in die Zukunft vieler Jahre mit der großen Schlußrede des Führers vor dem "Kongreß", dem tiefergriffen nicht nur die Anwesenden lauschten, sondern auch die ganze Nation:
- ,,Wann ich die Augen schließen werde, weiß ich nicht, aber daß die Partei weiterleben wird, das weiß ich, und daß sie über alle Personen, über schwache und starke hinweg, die Zukunft der Deutschen Nation erfolgreich gestalten wird, das glaube ich und das weiß ich. Denn sie garantiert die Stabilität der Führung des Volkes und des Reiches, und in ihrer eigenen Stabilität garantiert sie dieser Führung die nötige Autorität.
- Aus diesem festen Boden heraus wird die Verfassung des neuen Deutschen Reiches wachsen. Die Partei als weltanschauliche Gestalterin und politische Lenkerin des deutschen Schicksals hat der Nation und damit dem Reich den Führer zu geben. Je selbstverständlicher und unumstrittener dieser Grundsatz aufgestellt und gehalten wird, um so stärker wird Deutschland sein. Die Armee als die Repräsentantin und Organisatorin der Wehrkraft unseres Volkes aber muß dem von der Bewegung der Nation gegebenen Führer in Treue und Gehorsam die organisierte, ihr anvertraute militärische Kraft des Reiches stets bewahren und zur Verfügung stellen. Denn nach der Proklamation des jeweiligen neuen Führers ist dieser der Herr der Partei, das Oberhaupt des Reiches und der Oberste Befehlshaber der Wehrmacht.
- Wenn diese Grundsätze das unerschütterliche Fundament des deutschen, Volks- und Staatsaufbaues werden, wird Deutschland allen kommenden Stürmen gegenüber zu bestehen vermögen. Heute kann ich als Führer des Reiches und der Nation selbst noch helfen und raten. Allein die Grundsätze müssen vom persönlichen den Weg zum Ewigen führen. Führer werden kommen, und Führer werden sterben, aber Deutschland muß leben.
- Ein Blatt der Weltgeschichte wird einst uns, den Männern gewidmet sein, die aus Nationalsozialistischer Partei und deutscher Armee gemeinsam das neue Deutsche Reich bauten und sicherten. Dann werden wir einst im Pantheon der Geschichte verewigt nebeneinanderstehen, verewigt in unlöslicher Treue verbunden, so wie in der Zeit des großen Kampfes und der großen Erfüllung."
So wurde der Parteitag der Freiheit zu einer Offenbarung des deutschen Schicksals.
.
- Anmerkung : Die "Offenbarung des deutschen Schicksals" hatte sich zum Ende 1939 mit dem Einmarsch in Polen angekündigt. - Nach vorliegenden Augenzeugenberichten war in den hinteren Reihen dieses Riesenspektakels abseits der SS und SA Schergen nichts mehr von endlosem brandendem Jubel zu bemerken. Wer dort hin mußte, wer also nicht kneifen konnte, blieb ganz ganz hinten stehen und hielt sich zurück, so gut es eben ging.
.
Alle Bilder in riesigem Großformat :
.
Dieses Bild zeigt das gigantische Spektakel :
.
- Anmerkung : Das Initiieren solch einer Massenpsychose war eines der Merkmale der Göbbelschen Propagandatricks. Zu Zeiten ohne Fernsehen und mit bescheidenen Kinoerlebnissen (Cinemascope kam erst lange nach dem Kriegsende 1954) war für die überwiegend sehr einfache Bevölkerung aus den ländlichen Teilen Deutschlands, vor allen aus den hintersten Ecken Schlesiens, Pommerns und Ostpreußens, solch eine gigantische Vorstellung ein unvergeßliches Erlebnis. Es fiel damals nicht auf, daß doch eine ganze Menge der hinbeorderten 100.000 Teilnehmer diese Meinung nicht teilten, weil sie ja dort hin mußten. Von den Aufpassern bemerktes Fernbleiben war extrem ungesund - bis hin zu "lebensgefährlich".
- Auch die Arbeitsdienstler in dem Bild links oben marschierten nicht freiwillig in Landser-Klamotten der Wehrmacht voll bepackt mit kriegerischem Marschgepäck und diesem dämlichen Spaten. Es war alles nur Propaganda.
.
Heftseiten 70/71 - unverfänglich und doch politisch :
Und schon sind wir beim Sport, beim Motorsport . . .
Die "Großen Preise" der Autorennzeit 1935
Die ,,Grandprix-Formel" des Internationalen Autosport-Verbandes, die bis einschließlich 1937 ihre Gültigkeit behält, schreibt vor: Wagen-Höchstgewicht ohne Bereifung und Betriebsstoff 750 kg, Motorenstärke und Treibstoff unterliegen keinen Beschränkungen. Die sechs bedeutendsten Rennen Europas werden nach dieser Formel ausgefahren, sie sind als die ,,Großen Preise" von Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, Spanien und der Schweiz Wertmesser für Leistung von Fahrern, Rennwagen und ihrem Helferstab.
Das Jahr 1935 ist von Anfang bis zu Ende ein fast lückenloser Siegeszug deutscher Rennwagen und Fahrer mit Rudolf Caracciola auf Mercedes-Benz an der Spitze. Und ausgerechnet nur der Große Preis von Deutschland auf dem Nürburgring fiel an den draufgängerischen italienischen Meisterfahrer Tazio Nuvolari, der seinen roten Alfa-Romeo als Erster durchs Ziel brachte, nachdem in der letzten Runde Manfred von Brauchitsch im Karussell des Nürburgrings beide zerfetzten Hinterreifen von den Felgen sprangen.
Alle Rennwagen steigerten ihre Leistung in Anzug, Höchsttempo und Kürze des Bremswegs. Die Reifenindustrie wurde vor schwerste Aufgaben gestellt, und das Reifenproblem und der Reifenwechsel in Rekordzeit spielten entscheidende Rollen in allen Rennen. Bei trockener, warmer Witterung kommen die schnellsten Rennwagen in einem Grandprix-Rennen von 500 km Länge heute nicht mehr ohne mindestens einmaligen Wechsel der Hinterradreifen aus. Die deutschen Werkmannschaften drückten die Rekordzeit eines doppelten Reifenwechsels auf die schier unglaubliche Zeit von einer halben Minute! Ausschlaggebend wurde das in der Fachsprache so benannte ,,runde Fahren" der Meister, das heißt, der geschmeidige Übergang beim Anfahren, Bremsen, Kurvensteuern, Überholen. Earacciola und auch Stuck gelten als die berühmten ,,Reifenschoner".
Die unerhörte körperliche, fahrtechnische und psychische Leistung der ,,Asse" wird dem Außenstehenden vielleicht erst klar, wenn er sich vergegenwärtigt, daß beispielsweise bei dem schwersten, hindernisreichen Grand Prix in Monza in jeder Runde vor und nach Passieren der Schikanen elfmal heraus- und heruntergeschaltet werden muß. Elf Doppelschaltungen in 73 Runden ergeben also rund 1600 Schaltungen in einem Rennen von nicht einmal vier Stunden! Beim Nürburgring kann man 15 Doppelschaltungen pro Runde : 660 Schaltungen für den Großen Preis rechnen.
Die gewaltige Leistungssteigerung der modernen deutschen Motoren bei dem vorgeschriebenen Höchstgewicht war nur durch Verwendung zerreißfester, leichtester Baustoffe und durch Betriebsstoff möglich, der sich zum größten Teil aus reinem Alkohol und chemischen Zusätzen zusammensetzt. In den Grandprix-Rennen verbrauchen unsere Rennwagen auf 100 km etwa 65 Liter Treibstoff, für die ganze Distanz also etwa 325 - 350 Liter. Ersatztanken, mit modernsten Preßluft-Geräten vorgenommen, ist daher unvermeidlich.
Interessant ist die Entwicklung des Brennstoffverbrauchs. Der Mercedes-Benz-SSK mit einer Leistung von 200 - 240 PS und 6,7 Liter Inhalt brauchte vor fast einem Jahrzehnt 40 Liter für 100 km und lief 200 - 225 km/std. Der 8-Zylinder-Alfa-Romeo brachte es vor vier Jahren mit 26 Liter und 180 PS auf 190 km/std.
Heute liegt die PS-Zahl der deutschen Grandprix-Wagen bei 400 PS. Im nächsten Rennjahr wird die 500-PS Grenze überschritten werden, denn auch Alfa-Romeo ist mit seiner Neukonstruktion in den Versuchen so weit, daß die neuen Schneider-Pokal-Flugzeugmotoren von 500 PS in das in diesem Jahr schon erprobte Chassis eingebaut werden können.
Auch Bugatti wird endlich mit einer Neukonstruktion von Jean Bugatti, dem Sohn Ettore Bugattis, auftreten, nachdem 1935 nur das verbesserte bisherige Grandprix-Modell mit einer Spitzenleistung von 240 km/std mitwirkte. An ernster Gegnerschaft wird es für die deutschen Rennwagen, die den Ruhm der deutschen Autoindustrie und unserer Fahrer in alle Welt trugen, im kommenden Rennjahr daher gewiß nicht fehlen.
.
Weiter geht es mit den Segelfliegern
Der Segelflieger spricht davon, daß die meisterhafte Aussnutzung der Thermik die neuen Rekordflüge ermöglicht hätte. Was ist damit gemeint ? Die Sonnenstrahlung der heißen Tage heizt den Boden, aber sie heizt ihn nicht überall gleichmäßig. Moore und dunkle Wälder verschlucken viel Wärme; Kornfelder, Dörfer geben die Wärme rasch wieder an die darüber liegende Luftschicht ab; und diese warme Luft ist leichter als kalte, sie will nach oben steigen: Eine Blase warmer Luft, eine Thermik-Blase, löst sich ab und steigt aufwärts. (Ein modernes Segelflugzeug hat eine Sinkgeschwindigkeit von etwa 0,50 m/sek, d. h. es sinkt in jeder Sekunde in der umgebenden Luft um 50 Zentimeter tiefer. Gerät es in eine aufsteigende Thermik-Blase - die mit etwa 2 Sekundenmetern nach oben zieht, so wird es von der warmen Luft mit in die Höhe genommen, denn diese steigt schneller, als das Flugzeug sinkt. Die Kunst des Flugzeugführers besteht darin, solch eine unsichtbare Thermik-Blase zu finden. Hat er sie irgendwie erreicht, beginnt sein Flugzeug zu steigen, was der Steiggeschwindigkeitsmesser, das ,,Variometer" anzeigt, so heißt es, sich in engen Kurven in dieser aufsteigenden Blase zu halten. Allerdings steigt die Luft immer etwas schneller als das Segelflugzeug, das deshalb langsam, aber sicher nach dem unteren Ende der Blase zu rutscht., Das ist der Grund, weshalb man nicht beliebig hoch steigen kann, sondern immer wieder eine neue Thermikstelle suchen muß.
Der Rhönwettbewerb 1935
Der 16. Rhönwettbewerb 1935 hat wieder eine ungeahnte Steigerung der Rekorde und vor allem der Durchschnittsleistung gebracht. Vier Flieger überflogen die 500 Kilometer- Grenze. Vor zehn Jahren stand der Weltrekord noch aus 24,4 Kilometern.
Bei 513 Starts segelten in diesem Jahr die 61 Maschinen insgesamt 35.000 Kilometer. 9 Flüge überschritten die 400 Kilometer und überboten damit den erst beim vorigen Wettbewerb aufgestellten Weltrekord Heini Dittmartzl (375 Kilometer). Die höchste Höhe betrug 3.600 Meter, 110.000 Kilometer haben die Transportautos auf der Landstraße abgefahren.
.
Die 5 Gewinner
- Peter Riedel war diesmal der beste Flieger der ,,alten Garde", deren Beispiel das Rekordergebnis der Rhön 1935 erst möglich gemacht hat.
- Ludwig Hofmann überbot gleich mit dem ersten Start des diesjährigen Wettbewerbs die alte Streckenbestleistung um 100 Kilometer.
- Rudolf Deltzschner, der erfolgreichste Flieger des Rhönwettbewerbes 1935, stellte in diesem Jahre mit 502 Kilometern einen neuen StreckenWeltrekord auf.
- Hans von Miakich, der erst 19jährige Berliner Segelflieger, segelte 344 Kilometer bis in die Tschechoslowakei.
- Bräutigam-Merseburg aus der mitteldeutschen Segelfliegerschule konnte mit dem »Bau 10« den Kampf gegen die Neuschöpfungen bestehen.
.