"Illustrierte Geschichte des Weltkriegs" ?
Eingescannt und überarbeitet von Gert Redlich im Januar 2025. - Von etwa 1914 bis etwa 1919 (oder war es bis 1922 - über die Ausgabejahre der einzelnen Wochenzeitungen gibt es nur ganz wenige Unterlagen) wurde die Geschichte des 1. Weltkriegs neu und zwar anfänglich sehr patriotisch, populistisch und vor allem illustriert "aufbereitet".
Für anfänglich 25 "Deutsche Pfennige" konnte man sich jetzt ein "neues Bild" von der überall siegreichen deutschen Armee machen. Der am Ende haushoch verlorene Krieg mit Millionen von Toten - Soldaten und Zivilisten aller Nationen - war erst 1918 vorbei und fast alle Länder Europas leckten sich noch über Jahre die erheblichen Wunden.
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Anmerkung und eventuell Korrektur
14. Jan. 2025 - Bislang habe ich nicht eindeutig herausgefunden, ab wann oder wann diese 234 Hefte wirklich geschrieben, gedruckt und verbreitet wurden. Fast alle Datumsangaben im Internet - auch auf dortigen historischen Archiv-Seiten - sind widersprüchlich. In keinem unserer etwa 50 Hefte, die hier in der Redaktion vorliegen, ist ein echtes Ausgabe-Datum zu finden. In der Ausgabe 1 (im Titel steht = 1914) steht etwas von einem Copyright von 1914. Weiterhin wird auf die Kämpfe und die Einnahme von Lüttich "vor einigen Tagen" verwiesen. Doch wann dieser Artikel wirklich geschrieben bzw. erschienen ist, ist nach wie vor nicht belegt.
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Diese alten Texte sind natürlich in alter Fraktur- bzw. Serifen- Schrift gesetzt
So sind sie für die allermeisten jungen Leser fast nicht zu entziffern. Alleine im Gymnasium wird soetwas noch teilweise erlernt. In einem örterreichischen Archiv (und im webarchive.org gesichert) gibt es die bereits mit tesseract OCR Erkennung abgespeicherten lesbaren ascii Texte. Die Textblöcke und Artikel sind in manchen Ausgaben etwas arg zerfleddert aber mit unseren Augen durchaus lesbar. Unser Gehirn substituiert sogar Wortfragmente in Fraktur-Schrift zu sinnvollen Sätzen.
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Es sind / waren 234 Wochen-Hefte - später dann gebunden und in 9 Bänden / Büchern aufgehoben
"Jede Woche erscheint ein Heft" für 20 Pfennige steht überall oben drauf. Dann waren es 25 Pfennige, dann 30, dann 35 und irgendwann waren es 40 Pfennige. Alleine daran erkennt man, die Gesellschaft war auf dem Weg in die Inflation.
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Ab Heft 11 war die Cover-Seite nicht mehr farbig ???
Das könnte ein einzelner Hinweis darauf sein, daß diese Hefte bereits in 1914 gedruckt wurden. Bestätigt ist das aber nicht. Die Material-Engpässe - auch bei der Druckerfarbe - wurden erst nach dem Kriegsende 1919 eklatant - übrigens fast genauso wie später 1946/49, als bei uns in Deutschland nicht mehr bunt gedruckt werden "durfte" - und das ging bis etwa 1952 so !!
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Beim Lesen der Texte der 1914er -1917er Ausgaben .....
Was fällt dem Leser heute in 2025 auf ? Aus unseren gymnasialen Geschichtsbüchern konnten wir entnehmen, daß alleine an der Front von Verdun über 2 Millionen Soldaten auf beiden Seiten völlig unnütz gefallen waren, also von ihren Offizieren in den Tod getrieben wurden - auf beiden Seiten mit unmenschlicher Brutalität. Insgesamt waren es bis Ende 1918 in diesem 1. Weltkrieg über 6 Millionen Tote - Soldaten aller Nationen. Stimmen da unsere Geschichtsbücher nicht mehr ?
Und in diesen populistischen Kriegs-"Berichts"- Blättern lese ich eine nie dagewesene Anzahl von Siegesmeldungen der deutschen Kriegsheere, also wie die Engländer und Russen und Australier und Rumänen und später auch die Amerikaner immer wieder vernichtend geschlagen wurden, die Franzosen immer weiter zurückgedrängt wurden und dann auf dem Balkan Berg um Berg freigekämpft wurde.
Von den Weltmeeren wurden jede Menge an versenkten Schiffen (sowohl neutrale als auch die der Feinde) gemeldet, und sogar daß ein deutsches U-Boot ein uraltes hölzernes englisches Segelschiff versenkt hatte - mit der entsprechenden foto- ähnlichen Handskizze dazu. "Was für ein toller Sieg" ..... wie der Autor stolz berichtet.
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Eigentlich wurde alles ähnlich wie später im 2. Weltkrieg dargestellt. Auch da haben sich die Deutschen - laut der Goebbels Propaganda - ab 1939 von Sieg zu Sieg gesiegt. Komischerweise haben sie ("wir") dann im April 1945 den zweiten Weltkrieg gleich nochmal - also auch wieder - haushoch verloren - mit noch mehr Toten auf allen Seiten.
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Die Frage kommt auf : Warum haben "wir" die Kriege eigentlich verloren ?
In den Heften 1 bis 3 (Aufdruck auf dem Cover "1914") wird - weit ausholend - erklärt, warum das "Große heilige deutsche Reich" sein heiliges Territorium gegen die bösen ausländischen Agressoren (sie hätten Deutschland angegriffen) verteidigen mußte. Eigentlich war doch in Sarajevo der österreichische Tronfolger und seine Frau erschossen worden, nicht der deutsche. Und bislang kam niemand auf die Idee, deshalb in das Großdeutsche Reich einzumarschieren. Hier wird die Wahrheit bereits deutlich verdreht.
Auf der anderen Seite wird in den ersten Artikeln der ersten Hefte das Denken der indoktrinierten reichsdeutschen Bevölkerung recht genau - ab und zu aber leicht überzeichnet - dargestellt.
In den Memoaren des deutschen Jorunalisten Hans Georg von Studnitz (Jahrgang 1907) erzählt er aus seiner Jugendzeit und der kindlichen Bewunderung für Aufmärsche und die kaiserliche Reiterei und sowie von der Hörigkeit des Kaiser-Wahns von 1914 sowie von seinen damaligen Gefühlen.
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Jetzt sind wir beim Thema angekommen :
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"Was ist Wahrheit ?"
Warum wurden 1914 (vermutlich eher ab 1920 oder doch zeitnah im jeweiigen Kriegs- Jahr ?) solche völlig verdrehten kriegsverherrlichenden Pamphlete in Umlauf gebracht bzw. sogar verkauft ? Der Weltkrieg war doch 1918 vorbei, aber mit Millionen von Toten haushoch verloren. Wer war diese "Union Deutsche Verlagsgesellschaft" in Stuttgart, Berlin, Leipzig und Wien, die solche Zeitschriften mit heroisch und schön gefärbten Artikeln oder Aufsätzen jede Woche herausbrachte ? Angeblich gab es diese Verlags-Gesellschaft sogar bis 1978. Laut Wikipedia (Jan. 2025) war das ein Verlag für Kinderbücher ????? (und noch niemand hat das korrigiert) - Kann das wahr sein ?
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Wer lange und ausdauernd sucht, wird fündig.
Es gibt sie noch oder wieder, die 234 eingescannten Wochen-Hefte zu 9 Büchern gebunden, fast alle, als neun riesige PDF- Dateien und auch bereits als per OCR extrahierten Text-Dateien - natürlich mit jeder Menge an Lücken, Löchern, Fehlern und Schwächen bei der Texterkennung.
Wie bei uns in der Redaktion wurde auch hier (an der Universität Illinois) das freie OCR-Programm "tesseract" - vermutlich auch mit einer grafischen Oberfläche - verwendet, mit einigen bereits vorher "angelernten" Fraktur-Text- Erkennungs- Dateien. Klingt doch alles aufregend und scheinbar kompliziert, ist es aber gar nicht. Es lohnt die Installation und das Erlernen der Bedienung aber nur, wenn es eine Mindestmenge an zu wandelnden Fraktur-Text-Seiten gibt.
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Erste Stichproben gelesen - in Buch 1-8 und weiter im Buch 9
Die 234 Hefte sind - vermutlich nach dem Ende der Serie in 1919 (wann es zuende ging, ist ebenfalls nirgendwo zu finden) - zu 9 Büchern mit jeweils über 500 Seiten gebunden -, in manchen Schränken, Regalen oder Archiven aufbewahrt worden.
In den Heften mit den jeweiligen Cover-Seiten- Aufdrucken von "1914" bis zum 4. Jahr "1914/1917" wurde heroisch gejubelt, daß die deutsche Wehrmacht von Sieg zu Sieg geeilt war. Erst in den Heften mit den Aufdrucken "1914/1918" wurde anfänglich dezent, dann aber wahrheitsgemäß von Rückzugsgefechten und den sogenannten Frontbegradigungen und Gelände-Verlusten an allen Fronten geschrieben.
In den letzten Heften vor der Einstellung des Erscheinens - aus dem Zeitraum 1918/1919 - kam dann - erstaunlicherweise - die ganze betrübliche Wahrheit ans Licht - und die wurde sogar erstaunlich wertneutral "analysiert" - wer immer das geschrieben hatte. In der Regel war bei jedem Artikel der Autor angegeben.
Zum Abgleich dieser "Wahrheit" habe ich immer noch die Erzählungen meiner Berliner Großmutter im Gedächtnis, die mir - auf meine Fragen, wie das mit Hitler passieren konnte - von damals erzählte, was in der Reichshauptstadt Berlin wirklich abgegangen war. Unsere Mutter wurde nämlich im Herbst 1919 geboren.
Die uns vorliegenden zusammengefassten PDF-Dateien dieser Hefte sind riesig und unverändert milchig vergilbt und zerfleddert eingescannt. Ein paar andere Scans von deutlich besserer Qualität sind später auch schon aufgetaucht.
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Wichtig : Hier beginnen die Original-Texte (mit Kommentaren)
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Einleitung mit geschichtlichem Rückblick aus der Sicht von 1914
Wir haben zwar nur etwa 50 dieser Hefte, doch in den Archiven in USA habe ich die großen PDF Dateien gefunden, leider in schlimmen Zuständen.
Unsere ersten 10 Hefte sind erstaunlich gut erhalten, also "scangeeignet". Dennoch muß jeder Artikel sorgfältig Korrektur gelesen werden ud das dauert.
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"Illustrierte Geschichte des Weltkriegs" - Heft 1
Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart, Berlin, Leipzig, Wien.
Copyright 1914 bei "Unlon Deutsche Verlagsgesellschaft" in Stuttgart.
Die Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914.
Unsere Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914 (Kriegszeitung) erscheint in wöchentlichen, reich mit Abbildungen geschmückten Heften zum Preise von je 25 Pfennig = 30 Heller mit zahlreichen Kunstbeilagen und Karten.
Nach dem bewährten Vorbild unserer rühmlich bekannten Jllustrierten Geschichte des Krieges 1870/71, die als einzige unter vielen heute noch stark verbreitet wird, bieten wir jegt dem deutschen Volke abermals eine fortlaufende Zeitgeschichte aller wichtigen Kriegsbegebenheiten, bestimmt, die Ereignisse der jetzt über uns aufgegangenen großen Zeit in Wort und Bild dauernd festzuhalten und ein Hausbuch zu werden, das über die Ursachen und den Verlauf des uns aufgedrungenen Kampfes in abgeklärter Art berichtet, Wertloses beiseite läßt und das Bedeutungsvolle und Blejbende sammelt, ein vaterländisches Werk für alt und jung, hoch und niedrig, für die Gegenwart und die Zukunft.
Hinweis
Der billige Preis ermöglicht jedermann die Anschaffung dieser bedeutendsten illustrierten volkstümlichen Kriegsgeschichte. Neben der fortlaufenden erzählenden Geschichte des großen Völkerkampfes enthält jedes Heft Einzelberichte von den verschiedenen Kriegsschauplätzen, Berichte von Mitkämpfern, Ansichten von Gefechtsorten, Festungen, Häfen, Abbildungen von Fürsten, Heerführern, Helden des Krieges, Truppen, Diplomaten, Politikern, hervorragenden Perfönlichkeiten und Einrichtungen.
Man abonniert jederzeit am vorteilhaftesten durch die nächste Buch- oder Kolportagehandlung. Wenn keine solche in der Nähe ist, wird der Verlag über die beste Art des Bezugs Auskunft geben. Auch nimmt jedes Postamt Vierteljahresabonnements entgegen.
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Beiträge von Schriftstellern, Künstlern, Mitkämpfern, Kriegsberichte, Feldpostbriefe, Abbildungen usw. sind willkommen. Man adressiere an die
Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart- Cottastrasse 13 (für die Weltkriegsgeschichte).
Vielen Fragstellern diene zur Aufklärung, daß der auf der ersten Seite jeden Heftes ersichtliche Copyriqhtvermerk den Inhalt gegen Nachdruck in Amerika schützt. Der Wortlaut ist durch gesetzliche Vereinbarung zwischen Deutschland und Amerika vom 4. März l909 vorgeschrieben. Mit England steht der Vermerk in keiner Beziehung.
Hier beginnt der allererste Artikel aus Heft 1 :
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Die Geschichte des Weltkrieges 1914.
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- Auf, Deutschland, auf, und Gott mit dir !
- Ins Feld! Der Würfel klirrt !
- Wohl schnürt’s die Brust uns, denken wir
- Des Bluts, das fließen wird !
- Dennoch das Auge kühn empor,
- Denn siegen wirst du ja:
- Groß, herrlich, frei, wie nie zuvor !
- Hurra, Germania!
- Hurra, Viktoria!
- Hurra, Germania!
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Wir können die Geschichte des Weltkrieges 1914 nicht besser beginnen, als mit diesen Worten Freiligraths, die die Einleitung zu unserer "Jllustrierten Geschichte des Krieges 1870-71 abschlossen.
"Zum drittenmal seit hundert Jahren," schreibt Theobald Ziegler, "stehen wir den Feinden gegenüber; es sind immer dieselben, im Westen die Franzosen; zu ihnen kommen aber diesmal noch die Russen im Osten und unsere germanischen Vettern in England. Unsere Begeisterung ist in allen diesen drei Kriegen gleich groß. Und doch sind unsere Gefühle jedesmal andere.
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Wir zogen aus und wollten Rache .......
Als 1813 der Sturm losbrach, da zogen wir aus zur Hermannsschlacht und wollten Rache haben. Denn das deutsche Volk war gequält und mißhandelt von dem großen Korsen, der unseren Jdealismus halb verachtete und halb fürchtete, und von seinen kleinen französischen Werkzeugen, denen Quälen eine Lust war. Für die Mißhandlungen wollten wir Rache nehmen und haben sie genommen, wie jene Schwaben, die in Frankreich "Uhlbacher" (ein bekannter Württemberger Wein) trinken wollten, weil die Franzosen in Uhlbach "Bordeaux" begehrt hatten. Und trotz dieses Rachegefühls - es war der heiligste Krieg, den je ein Volk geführt hat, ein gerechter Krieg; denn um des Volkes Selbständigkeit und Freiheit ging es, um seine Existenz: darum war jedem als Pflicht aufgegeben der Kampf auf Leben und Tod.
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Und 1870 war es ein nationaler Krieg: nach einem blutigen Bürgerkrieg die Sühnetat des geeinten deutschen Volkes und die Abwehr eines Gegners, der uns nicht zur nationalen Einheit, zur staatlichen Zusammenfassung kommen lassen wollte, weil er wußte, daß das geeinte Deutschland für alle Zeit stärker war als er. Daß wir damals das stattliche Haus des Deutschen Reiches gebaut und im Spiegelsaal zu Versailles die Kaiserkrone erneuert haben, gab diesem Krieg die Weihe. Wir fühlten zum erstenmal nach Jahrhunderten wieder deutsch, nur deutsch und ganz deutsch.
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Hurra Germania ! .... war die Losung !
Und jetzt wir - : jetzt kämpfen wir um unsere Machtstellung gegen die Russen im Osten, gegen die Revanchegelüste im Westen und gegen den Neid und die Eifersucht, die längst schon die britischen Herzen erfüllen und vergiften.
- Anmerkung : Auch in diesem Satz werden absolute Unwahrheiten über die "britischen Herzen" festgezurrt, die so überhaupt nicht stimmten. Es geht um Macht und nichts als die Macht in Europa.
Wir haben unsere Macht wahrlich nicht mißbraucht; wir waren friedlich - zuweilen nur zu friedlich und nur zu geduldig; wir wollten in Ruhe gelassen werden, um arbeiten zu können. Da fielen sie über uns her, Rußland voran, das in Serbien die Mörderbomben bereitgestellt und in Serajewo das blutige Zeichen zum Losschlagen gegeben hat, und wie die russischen Gewehre losgingen, da folgten, freilich zu einer ihnen nicht sonderlich genehmen Stunde, die französischen ganz von selber nach; und in dem edlen Bund zwischen Republik und Zarenreich durfte natürlich auch das parlamentarische England nicht fehlen: es ist das perfideste und schamloseste Glied in diesem edlen Dreierverbande, weil seine Verbindung mit den zwei anderen die unnatürlichste ist.
Wollten wir den Krieg? Keiner von uns, obgleich wir seit Jahresfrist wissen, wie rastlos Rußland rüstet, wie Frankreich gegen uns die dreijährige Dienstzeit einführte und wie England uns durch das auf leichtgläubige Gemüter berechnete Spielen mit dem Abrüstungsgedanken und durch seine scheinheilige Freundlichkeit einzulullen suchte.
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Der Zorn
Und so erfüllt uns diesen sauberen Verbündeten gegenüber der Furor Teutonicus, der deutsche Zorn gegen die Mörderbande im Osten, Zorn gegen die alle ihre freiheitlichen Ideale verleugnenden Franzosen und Zorn vor allem gegen die Niedertracht des englischen Volkes, das sich nicht schämt, da mitzutun.
- Anmerkung : Hier wird ganz deutlich, daß ganz bewußt die Allmacht der Fürsten mit dem Willen des Volkes gleichgesetzt wird. Es ist (war - damals wie heute) ja so einfach, Meinung und Auffassung der Bevölkerung zu manipulieren. Insbesondere der letzte Satz ist völlig aus der Luft gegriffen, daß das englische Volk etwas gegen die Deutschen habe. Auch dort waren es die Militärs, die wieder mal etwas "action" haben wollten.
Zorn aber ist das aktivste Gefühl, das die Faust ballt, das Schwert kraftvoll fassen und den Gewehrkolben auf die Schädel der Feinde niedersausen läßt. Zorn macht stark, und Zorn erfüllt heute die Herzen unserer tapferen Soldaten, die Lüttich gestürmt und die große Schlacht zwischen Metz und den Vogesen geschlagen, die den Feind aus dem Oberelsaß hinausgeworfen haben.
- Anmerkung : Weiter unten ist akribisch aufgelistet, wer wem in welcher zeitlichen Reihenfolge den Krieg erklärt hatte.
Zorn erfüllt uns alle gegen die über uns herfallenden Gegner. Zorn ist etwas echt Menschliches und etwas ganz Männliches; er ist nichts Unheiliges; auch der Gott des "Alten Testaments" ergrimmte über die Bosheit der Menschen und der sanftmütige Jesus von Nazareth ergrimmte über die scheinheiligen Pharisäer. Also seien wir zornig, also lassen wir dem Zorn Raum: er soll uns helfen, er soll uns zum Sieg führen! Und darum rufen wir unserem Heere zu:
"Sei schrecklich heut, ein Schloßenwetter,
Und Blitze laß dein Antlitz spein!"
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Mars schreitet durch die Welt !
Ein europäischer Krieg, der durch das Vorgehen Japans auch nach Asien übergreift, ist entfesselt worden, wie ihn die Weltgeschichte noch nicht gesehen hat.
Sechs Großmächte mobilisierten (Anmerkung : Öst.-Ungarn, Deutschland, England, Frankreich, Russland und viel später auch Amerika und wer noch ?) so tut sich ein Schauspiel von erhabener Schaurigkeit vor unseren Augen auf.
Heilig seien uns jene Helden, die, für deutsche Kultur kämpfend, in diesem Kriege fallen. Und dreifach glücklich die Generation, die diesen Völkerkampf erlebt und als Sieger daraus hervorgeht.
Die Bluttat von Serajewo ist der Markstein, von welchem man ausgeht, wenn man dieses furchtbare Ringen beschreiben will. Wer sich aber auf einen höheren Standpunkt zu stellen vermag, wird erkennen müssen, daß auch ohne den zufälligen Anstoß, den jenes Verbrechen gab, die Welt mit Zundstoff gefüllt war, der sich endlich mit mächtiger Naturgewalt entladen mußte.
Zur Zeit, da wir diese Zeilen schreiben, hat das Ringen erst begonnen, aber es kann nicht zweifelhaft sein, wer in diesem Kampfe Sieger bleiben wird.
- Anmerkung : Hier ein seltener erster Hinweis auf die Zeit, in der dieser Artikel verfaßt worden sein könnte - also noch deutlich vor dem Kriegsende.
Die Welt geht nicht zurück, sie schreitet immer vorwärts, und nur der unbestrittene Sieg des Dreibundes, der mächtigen Schöpfung unseres großen Bismarck und seines hervorragenden Zeitgenossen Grafen Andrassy, kann einen Fortschritt unserer Kultur bedeuten.
Die Bluttat von Serajewo, der der österreichische Thronfolger und dessen Gemahlin zum Opfer fielen, bildete nur den äußeren Anlaß zu der begonnenen Abrechnung. Wie ein Alp lastete es seit langem auf der friedlichen Menschheit Deutschlands und Osterreichs, als ringsum die verbündeten Feinde mit Truppenverschiebungen, Probemobilmachungen, Verstärkung ihrer Streitkräfte durch Verlängerung der Dienstzeit ihre Absichten verrieten, obwohl sie den deutschen Michel mit schönen Worten zu täuschen suchten.
Die Frage in unserem Vaterlande ........... ?
Mit Bangen haben sich Tausende in unserem Vaterlande in dieser Zeit oft die Frage vorgelegt:
Werden wir den rechten Zeitpunkt nicht versäumen? Wird es nicht zu spät sein, wenn wir unsere Gegner erst "ganz fertig" werden lassen? Ein Zug der Befreiung ging durch die österreichischen und deutschen Lande, als der greise Kaiser Franz Joseph den Serben den Krieg erklärte, um die Monarchie freizumachen von den Übergriffen der serbischen Mörderbande. Das war eine Angelegenheit, die allein Österreich und Serbien betraf.
Daß jetzt Rußland, ohne selbst bedroht zu sein, in die Händel zwischen Osterreich und Serbien eingriff, nötigte Deutschland, seinem Bundesgenossen zu Hilfe zu eilen. Auch auf Deutschland lastete ja schon seit Jahrzehnten der Druck der russischen Drohung.
Rußlands Angriffslust war gestärkt worden durch das Drängen der französischen Revanceschreier (Anmerkung : der Krieg von 1971/72, den sie verloren hatten), und von England wußte man im voraus, daß es darauf brannte, dem mächtigen Deutschland, dessen sich immer weiter ausdehnende Handelsbeziehungen es längst mit eifersüchtigen Augen verfolgte, einen Schlag zu versetzen.
Diese Länder wollten den Krieg, und die Bluttat von Serajewo, die man als Ursache des gegenwärtigen Völkerringens ansieht, war nichts weiter als der Funke, der in das volle Pulverfaß europäischer Zwietracht fiel. Es konnte gar nicht anders kommen, als daß Deutschland und Osterreich sich vor die Aufgabe gestellt sahen, durch die Abwehr russischer Kosakengreuel, französischer Revanchegelüste und englischer Habgier das Entstehen von Zuständen zu verhüten, die gleichbedeutend gewesen wären mit dem Verluste ihrer politischen und kulturellen Existenz.
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Der Stand zum 29. August 1914 - Kriegserklärungen
Hier eine authetische Auflistung der Zeit - also am 28. Juli 1914 ging der Krieg los.
Bis zum 29. August 1914 lagen folgende Kriegserklärungen vor:
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- Osterreich-Ungarn an Serbien (28. Juli)
- Deutschland an Rußland (1. August)
- Deutschland an Frankreich (3. August)
- Deutschland an Belgien (4. August)
- England an Deutschland (4. August)
- Osterreich-Ungarn an Rußland (6. August)
- Serbien an Deutschland (6. August)
- Montenegro an Osterreich-Ungarn (7. August)
- Frankreich an Osterreich-Ungarn (11. August)
- Montenegro an Deutschland (12. August)
- England an Osterreich-Ungarn (13. August)
- Ägypten an Deutschland (13. August)
- Japan an Deutschland (23. August)
- Osterreich-Ungarn an Japan (25. August)
- Osterreich-Ungarn an Belgien (28. August).
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- Anmerkung zu diesen Daten aus der Wikipedia :
- Am 4. August um 6:00 Uhr morgens teilte der deutsche Botschafter in Brüssel der belgischen Regierung mit, das Deutsche Reich sehe sich nach Ablehnung seiner Vorschläge gezwungen, die zur „Abwehr der französischen Bedrohung“ nötigen Maßnahmen nötigenfalls mit Gewalt durchzusetzen. Wenige Stunden später marschierten deutsche Truppen unter Bruch des Völkerrechts in das neutrale Belgien ein. Noch am gleichen Tag (4. August) überreichte der britische Botschafter Goschen dem deutschen Reichskanzler Bethmann Hollweg ein auf Mitternacht befristetes Ultimatum, in dem die Zusage verlangt wurde, dass Deutschland die belgische Neutralität entsprechend dem Londoner Vertrag von 1839 achten werde
- Nach Ablauf des Ultimatums befand sich Großbritannien im Kriegszustand mit dem Kaiserreich, die engl. Commonwealth- Staaten folgten umgehend (zumeist ohne gesonderte Kriegserklärung), womit sich innerhalb weniger Tage aus dem Lokalkrieg ein Kontinentalkrieg und aus diesem der Weltkrieg entwickelt hatte. Österreich-Ungarn erklärte Russland am 6. August den Krieg und beendete erst damit die „groteske Situation, daß Deutschland sich sechs Tage früher im Kriege mit Rußland befand als der Verbündete, um dessentwillen es den Kampf überhaupt aufnahm“
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Spätere Nachträge unserer Redaktion:
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- Italien an Österreich-Ungarn (23. Mai 1916)
- Rumänien an Österreich-Ungarn (27. August 1916)
- USA ??
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Kriegserklärungen ....... humoristisch ..... sowie eine Ein- schätzung der europäischen militärischen Macht-Verhältnisse
Einige dieser Kriegserklärungen wirkten geradezu humoristisch, so zum Beispiel die Kriegserklärungen von Serbien und Montenegro an Deutschland. Daß Ägypten seine Neutralität aufgab, war kein Wunder, denn es steht unter dem Protektorate Englands, das dort das Zepter schwingt.
Auf die Neutralität des Suezkanals brauchen Deutschland und Osterreich daher keine Rücksicht mehr zu nehmen. Gegen Deutschland kämpft im Osten Rußland, im Westen Frankreich, Belgien und England. Eine gewaltige Kriegsmacht zu Lande, nicht minder aber zur See, wenn auch die überlegene Flottenmacht Englands uns nicht bange zu machen braucht, denn sein Flottenbauplan ist noch nicht ganz durchgeführt und seine Schiffe sind in der ganzen Welt zum Schutze der englischen Kolonien zerstreut.
Für den europäischen Kriegschauplatz, für eine Seeschlacht gegen uns kommt nur ein Teil der englischen Flottenmacht in Frage. Der Hauptübelstand der englischen Flotte ist aber der Mangel an Besatzung. In Friedenszeiten fehlt etwa ein Drittel der erforderlichen Mannschaften, und wenn auch im Kriege mehr Anstrengungen gemacht werden dürften, um den Bedarf an Mannschaften zusammenzubringen, so ist es bei dem Fehlen der allgemeinen Wehrpflicht sehr fraglich, ob die Bemühungen Erfolg haben werden.
Auch die Kriegsbegeisterung und Disziplin in der englischen Schiffsmannschaft steht weit hinter derjenigen unserer "blauen Jungen" zurück, die für ihr Vaterland, nicht für den täglichen Sold fechten und daher im Seekrieg nicht geringere Kampfbegeisterung und Stoßkraft betätigen werden als unsere unvergleichlich tüchtige Landmacht.
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Die Russen und die Franzosen
Die russische Armee steht ihrer Zahl nach nur auf dem Papier. Die dort genannten Millionen können unmöglich aus dem gesamten russischen Reiche an unseren Grenzen zusammengezogen werden. Überall ist die Korruption in der russischen Beamtenschaft so ungeheuerlich, daß der Kriegsbedarf oft gänzlich fehlt und die Verpflegung der Truppen fast unmöglich gemacht ist.
Die Franzosen stehen in der Kultur höher als die Russen, ihr Heer ist deshalb auch höher einzuschätzen. Aber auch hier fehlt die Kriegsbereitschaft. Die Artillerie steht weit unter der unsrigen; das Proviantwesen liegt im argen. Dazu kommt noch, daß Rußland von aufrührerischen Umtrieben zerrüttet ist und das Volk vom Krieg nichts wissen will.
Ebenso protestiert man in Frankreich gegen den Krieg, kurz, jede Einigkeit fehlt. Belgiens Kriegsmacht spielt für uns nur eine geringe Rolle. Die kriegführenden Mächte Serbien und Montenegro sind zu unbedeutend, um einen großen Einfluß auf den Gang der Ereignisse auszuüben.
Demgegenüber stehen die Heere Deutschlands und Osterreich-Ungarns geeint und gefestet da, einig in dem Willen, die gemeinsamen Feinde niederzuwerfen. Sowohl unser Heer wie auch dasjenige Osterreich-Ungarns ist in allen seinen Einzelheiten in strenger Disziplin ausgebildet, die einzelnen Waffengattungen und das Proviantwesen sind zur höchsten Stufe entwickelt. Es sind mehr Soldaten und mehr Schiffe vorhanden, als auf dem Papier stehen, und vom gesamten Kriegsbedarf fehlt kein Hosenknopf.
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Unsere deutsche Luftflotte
Schließlich sei noch eine Waffe erwähnt, mit der wir unseren Gegnern schwere Wunden schlagen können: unsere Luftflotte. Wenn auch die französisch-russische Luftflotte der Zahl nach größer zu sein scheint als die unsrige, so steht sie ihr an Leistungsfähigkeit doch weit nach. Der Kriegsverlauf wird zeigen, welch überlegene Waffe die deutsche Luftflotte darstellt, wenn ihr erst einmal Gelegenheit geboten sein wird, ihre Wirksamkeit in vollem Umfange zu entfalten.
Bei der Einnahme von Lüttich, also schon etwa am fünften Tage der deutschen Mobilmachung, ist bereits ein Zeppelin-Luftschiff erfolgreich in Tätigkeit getreten. Somit können wir getrost den Kampf gegen unsere Feinde aufnehmen. Die deutsche Nation wird dem greisen Grafen Zeppelin nie genug dafür danken können, daß er ihr eine so herrliche Waffe geschenkt hat.
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Nocheinmal der Rückblick auf den 28. Juni 1914
Der 28. Juni 1914 war für die habsburgische Monarchie ein Schicksalstag, wie es einen gleichen bis dahin nicht erlebt hatte. Der Thronfolger des greisen Kaisers Franz Joseph, Erzherzog Franz Ferdinand, fiel einem Attentat zum Opfer. Der erste Gedanke, der bei dieser Nachricht die ganze Kulturwelt durchzuckte, war: Was wird dem greisen Herrscher Osterreich-Ungarns noch beschieden sein?
Kein Leid ist diesem Dulder auf dem Kaiserthrone erspart geblieben. Kaum achtzehn Jahre alt, war er in dem weltbewegenden Jahre 1848 zur Regierung gelangt und mußte seine ganze Kraft aufwenden, um die in allen Teilen der Donaumonarchie züngelnden Flammen des Aufruhrs zu ersticken. Seinen einzigen Sohn, den Kronprinzen Rudolf, raffte ein dunkles Verhängnis in der Blüte seiner Jahre hinweg. Dann kam der Meuchelmord an der Kaiserin, und als schließlich auch dieser Schmerz überwunden war, mußte der greise Herrscher jetzt im vierundachtzigsten Lebensjahre den Erben seines Thrones unter Mörderhand enden sehen.
Erzherzog Franz Ferdinand hatte an den großen Gebirgsmanövern teilgenommen, die im Juni 1914 in Bosnien stattfanden. Der Aufenthalt in Serajewo, der bosnischen Hauptstadt, und die aus diesem Anlaß vorbereiteten Empfangsfeierlichkeiten sollten die Manöver beschließen.
Am Sonntag früh traf der Erzherzog in Begleitung seiner Gemahlin aus dem Kurort Jlidze in Serajewo ein und begab sich mit seinem Gefolge in mehreren Automobilen nach dem Rathaus. Gegen elf Uhr passierte der Zug die nach dem Rathaus führenden Straßen, in denen sich eine
große Menge eingefunden hatte, die das erzherzogliche Paar ehrfurchtsvoll begrüßte.
Plötzlich wurde gegen das Auto des Thronfolgers eine Bombe geworfen. Der Erzherzog erkannte rechtzeitig die Gefahr, sprang auf und schlug die Bombe zur Seite. Sie fiel hinter dem Kraftwagen zu Boden. Durch die Sprengstücke wurden eine Reihe von Personen aus dem Publikum sowie einige in den folgenden Automobilen fahrende Herren aus dem Gefolge des Erzherzogs verletzt.
Der Täter, der von herbeieilenden Polizisten zu Boden geschlagen wurde, gab an, Cabrinovic zu heißen, Typograph von Beruf zu sein und aus Trebinje (Herzegowina) zu stammen. Die Bombe war eine Flaschenbombe, mit Nägeln und gehacktem Blei gefüllt. Die Explosion war so heftig, daß in einem Geschäft der eiserne Rolladen durchschlagen wurde.
Nach dem Bombenattentat auf den Thronfolger, bei dem Erzherzog Franz Ferdinand unverletzt blieb, setzte das erzherzogliche Paar seine Fahrt nach dem Rathause fort, nach dessen Besicht1gung der Erzherzog ins Garnisonlazarett fahren wolite, um den bei dem Attentat verwundeten Qberstleutnant Merizzi zu besuchen. Als das Automobil an die Ecke des Appelkais und der Franz-Joseph-Straße am Hauptplatz von Serajewo kam, erfolgte der zweite Anschlag.
Der zweite Anschlag
Aus der Menge sprang plötzlich ein gutgekleideter junger Mann hervor und gab auf das Erzherzogspaar aus einer Browningpistole zwei Schüsse ab. Die erste Kugel schlug durch den Wagenrand, traf die Herzogin von Hohenberg in den Unterleib und drang auf der anderen Seite des Wagens wieder heraus. Die zweite Kugel traf den Erzherzog in die Halsschlagader. Die Herzogin war sofort bewußtlos und sank dem Erzherzog in den Schoß.
Der Erzherzog verlor nach einigen Sekunden das Bewußtsein. Das Thronfolgerpaar wurde sofort nach dem Konat gebracht, wo Regimentsarzt Dr. Payer feststellte, daß der Tod bereits eingetreten war.
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Mehr über den Erzherzog Franz Ferdinand
Erzherzog Franz Ferdinand war ein großer Reorganisator der österreichischen Armee; sein Tod bedeutet einen unersetzlichen Verlust. Er wurde als ältester Sohn des Erzherzogs Karl Ludwig, eines Bruders des Kaisers Franz Joseph, aus seiner Ehe mit der Prinzessin Annunziatavon Bourbon-Sizilien am 18. Dezember 1863 geboren.
Durch den tragisch Tod des Kronprinzen Rudolf im Jagdschloß Mayerling wurde er,kaum sechsundzwanzig Jahre alt, der nächste Thronanwärter.
Franz Ferdinand hat wie kein anderer Kronprinz von jeher um seine Stellung kämpfen müssen. Nach Rudolfs Tode wurde in Wahrheit nicht ihm, sondern seinem jüngeren Bruder, dem lebensfrohen Otto, die Krone zugedacht, da man bei Franz Ferdinand ein "unheilbares" Lungenleiden konstatiert haben wollte.
Indes kräftigte sich seine Gesundheit auf einerzweijährigen Weltreise 1893 bis 1895 derartig, daß der physische Befähigungsnachweis für die Rolle eines Thronfolgers nunmehr als erbracht angesehen werden mußte.
Die Eindrücke dieser Weltreise legte Franz Ferdinand in einem sorgsam geführten Tagebuch nieder. Er tat aktiven Dienst in der Armee und wurde gleichzeitig durch Einführung in Staatsrecht und Zivilverwaltung auf den Herrscherberuf vorbereitet.
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Überraschung - die Liebe
Da unterbrach ein Ereignis die idyllische Stille des Thronfolgerdaseins. Franz Ferdinand, den man damals mit der ältesten der sechs Töchter des Erzherzogg Friedrich, der Erzherzogin Christine, zu vermählen gedachte, überraschte seinen Onkel und den ganzen Hof mit der Erklärung, daß er nicht die Erzherzogin, sondern die Hofdame ihrer Mutter, Gräfin Sophie Chotek, zu ehelichen wünsche, die am 1. März 1868 zu Stuttgart als vierte Tochter desdamaligen österreichischen Gesandten am württembergischen Hofe, Grafen Boshuslaw Chotek von Chotkowa und Wognin geboren war.
Franz Ferdinand blieb damals alten offenen und geheimen Widerständen zum Trotz unbeugsam. Nach einjähriger Überlegungsfrist willigte der Kaiser endlich ein, und am 1. Juli 1900 wurde nach einem feierlichen Tronverzicht Franz Ferdinands für die Abkömmlinge dieser Ehe die morganatische Ehe des ThronfoIgers mit der Gräfin Chotek, die der Kaiser zur Fürstin, später Herzogin Hohenberg ernannte, zu Reichstadt geschlossen.
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Die Stellung des Thronfolgers wurde in den letzten Jahren, namentlich auf militärischem Gebiete, immer "hervorragender". Jm Jahre 1898 wurde er "zur Disposition des Allerhöchsten Oberbefehls" gestellt, 1902 zum Admiral ernannt, mit einer eigenen Militärkanzlei ausgestattet und mit der Leitung der großen Manöver betraut.
Am 17. August 1913 wurde er endlich zum Generalinspekteur der gesamten bewaffneten Macht mit dem Oberbefehl über Heer und Flotte ernannt, eine Stellung, die sogar die des letzten Generalinspekteurs Erzherzog Albrecht, des Siegers von Custozza, überragte. Nun mußte diese Stütze der österreichischen Wehrmacht durch Mörderhand fallen.
Die beiden Mörder
Der eine der beiden Mörder, Princip, war erst neunzehn Jahre alt. Er gab bei dem Verhör an, sich schon lange mit der Absicht getragen zu haben, irgend eine Person aus nationalistischen Motiven zu töten. Er habe einen Augenblick gezögert, da sich auch die Herzogin im Automobil befand. Dann aber habe er rasch gefeuert. Er leugnete, Mitwisser zu haben.
Der zweite, der einundzwanzigjährige Typograph Cabrinovic, zeigte beim Verhör ein sehr schamloses Wesen. Auch er erklärte, keine Komplizen zu haben. Cabrinovic war nach seiner Tat in den Fluß gesprungen, jedoch von nachspringenden Wachtleuten und von Personen aus dem Publikum angehalten und verhaftet worden. Wenige Schritte vom Schauplatz der zweiten Tat wurde eine unwirksam gebliebene Bombe aufgefunden. Sie war höchstwahrscheinlich von einem dritten Verschwörer weggeworfen worden, nachdem dieser gesehen hatte, daß der Anschlag gelungen war. Princip erklärte, er habe längere Zeit in Belgrad studiert. Cabrinovic behauptete, die Bombe von einem Anarchisten in Belgrad erhalten zu haben, dessen Namen er nicht kenne.
Bezeichnend ist, daß das Attentat am Vortage des serbischen Nationalfestes Vidovdan, dem Erinnerungstage der Schlacht auf dem Amselfelde, verübt wurde, an dem gewöhnlich das serbische Nationalgefühl durch die chauvinistischen Blätter besonders aufgestachelt wird.
Die sofort eingeleitete Untersuchung ergab auch bald, daß die Fäden der Verschwörung nach Belgrad führten. wo ein weitverzweigtes Komplott zur Ermordung des Thronfolgers bestanden hatte.
Mit einwandfreier Sicherheit wurde festgestellt, daß die Attentäter von der serbischen Regierung gedungen waren. Das Budapester Blatt "Az Est« veröffentlichte die Aussage des einen der Attentäter, Cabrinovic, die beweist, daß der intellektuelle Urheber des Attentats der Souschef Major Milan Pribicsevics im serbischen Generalstabe war.
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Ein Geheimbureau in London
Die weitere Untersuchung wurde in größter Heimlichkeit geführt, und nichts drang weiter in die Offentlichkeit, als daß man auf dem Umwege über Belgrad erfuhr, es seien etwa hundert Serben unter der Anklage des Hochverrats in Bosnien verhaftet worden. Diese zahlreichen, mit der Mordtat in Zusammenhang gebrachten Verhaftungen wollte Serbien nach der Mitteilung des Belgrader Regierungsorgans zum Gegenstand diplomatischer Verhandlungen in Wien machen. Die ungeheuerlichsten Gerüchte wurden laut über die Verbrechen, deren die verhafteten Serben
beschuldigt waren.
Besondere Sensation erregte aber die Veröffentlichung der englischen Wochenschrift "John Bull", die behauptete, Serbien habe vor etwa acht Monaten ein Geheimbureau in seiner Londoner Gesandtschaft errichtet, um gegen Österreich zu agitieren. Dieses Geheimbureau habe die Verschwörung gegen Erzherzog Franz Ferdinand ausgeheckt. Das Blatt fügt jedoch hinzu, daß es das eigentliche Gesandtschaftspersonal nicht ohne Beweise mitanklagen wolle.
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Es erzählt weiter, beim Umzug der Gesandtschaft von Belmrave Mansions Hotel nach Queens Gate im vergangenen April seien viele wichtige Dokumente verbrannt worden. Ein Stück eines halbverbrannten Dokuments sei im Besitze der Redaktion. Ein photographisches Faksimile ist mit dem Artikel veröffentlicht. Von der gedruckten Adresse ist daraus ".....tion Royale de Serbie« (Königlich serbische Gesandtschaft) zu sehen, ferner genug von dem Datum, um den 5. April zu erkennen. Der Jnhalt ist, wie "John Bull" behauptet, in der Privatchiffre des Geheimbureaus geschrieben. Das Blatt gibt an, den Schlüssel dazu zu besitzen, und bringt folgendes als Übersetzung:
»Für die gänzliche Beseitigung (Elimination) von F. F. die Summe von zweitausend Pfund Sterling, zahlbar wie folgt: Tausend Pfund bei ihrer Ankunft in Belgrad aus der Hand des Herrn G. und der Rest von tausend Pfund bei Beendigung der Aufgabe, zahlbar wie oben. Die Summe von zweihundert Pfund für Ausgaben und um Agenten zu bezahlen usw., ehe sie hier abreisen. Ihre Arrangements nicht.«
Hier ist das Blatt abgerissen. F. F. soll, wie das Wochenblatt behauptet, Franz «Ferdinand« heißen.
Ein schwerer Druck lastete auf der ganzen politischen Welt. Alles, was nicht zu den Freunden der serbischen Königsmörder zählte, spähte fragend nach Österreich, ob denn nicht bald von dort aus etwas geschehen werde. Man fand die österreichische Ruhe unbegreiflich, und doch war es keine Ruhe, sondern es war die Stille, die dem Sturm vorauszugehen pflegt.
Ein besonderer Vorgang goß noch Öl ins Feuer. Der russische Gesandte in Belgrad, Hartwig, hatte beim Belgrader österreichischen Gesandten, Baron Giesl, einen Besuch gemacht, wurde während des Gesprächs vom Schlage getroffen und starb nach wenigen Minuten.
Nun beschuldigte man in Belgrad den österreichischen Gesandten, er habe Hartwig vergiftet. Dadurch wurde die Situation für die Osterreicher in Serbien äußerst kritisch, zumal die Menge noch durch Hetzartikel der Belgrader Presse aufgeregt wurde.
Unter solchen Umständen kam es am 12. Juli - (29.Juni) zur Feier des Namenstages des Königs Peter zu aufgeregten Szenen. Dieser Tag sollte zu Ausschreitungen gegen die Gesandtschaft und die Untertanen der Monarchie benutzt werden. Am Nachmittag erhielt der Gesandte Baron Giesl die Nachricht, daß zweihundert Komitatschi nach Belgrad gekommen seien, um die Gesandtschaft in die Luft zu sprengen und unter den österreichischen und ungarischen Untertanen ein Pogrom anzurichten. Giesl suchte sofort Paschitsch, den serbischen Ministerpräsidenten, auf und erklärte, daß er für alle Vorkommnisse nicht nur Serbien, sondern Paschitsch persönlich verantwortlich mache. Diese energische Sprache verfehlte ihre Wirkung nicht.
Das Ultimatum an die Serben
Vor die Gesandtschaft wurde eine Kompanie Infanterie und ein starkes Polizeiaufgebot beordert, und die Polizei von Belgrad wurde die ganze Nacht in Bereitschaft gehalten. Infolge dieser Vorkehrungen waren die befürchteten Angriffe der Serben ausgeblieben, aber nichtsdestoweniger mußten die Österreicher auf ihrer Hut sein und das Schlimmste befürchten.
Bald hieß es allgemein, die österreichische Regierung bereite einen besonderen Schritt vor. Eine "Demarche" nannten es die einen, ein Ultimatum die anderen. Am Donnerstag den 23. Juli (1914) überreichte der k. k. österreichisch-ungarische Gesandte Baron Giesl der serbischen Regierung die folgende Note mit den österreichischen Forderung en :
Am 31. März 1909 hat der königlich serbische Gesandte am Wiener Hofe im Auftrage seiner Regierung der k. k. Regierung folgende Erklärung gegeben:
- "Serbien erkennt an, daß es durch die in Bosnien geschaffenen Tatsachen in seinen Rechten nicht berührt wurde und daß es sich demgemäß den Entschließungen anpassen wird, die die Mächte in bezug auf Artikel 24 des Berliner Vertrags treffen werden. Indem Serbien den Ratschlägen der Großmächte Folge leistet, verpflichtet es sich, die Haltung des Protestes und des Widerstandes, die es hinsichtlich der Annektion seit vergangenem Oktober eingenommen hat, aufzugeben, und es verpflichtet sich ferner, die Richtung seiner gegenwärtigen Politik gegenüber Osterreich-Ungarn zu ändern und künftighin mit diesem letzteren auf dem Fuße freundnachbarlicher Beziehungen zu leben."
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Die Beweislage
Die Geschichte der letzten Jahre nun und insbesondere die schmerzlichen Ereignisse des 28. Juni haben das Vorhandensein einer geheimen Bewegung in Serbien erwiesen, deren Ziel es ist, von der österreichisch-ungarischen Monarchie gewisse Teile ihres Gebietes loszutrennen.
Diese Bewegung, die unter den Augen der serbischen Regierung entstanden, hat in der Folge jenseits des Gebietes des Königreichs durch zahlreiche Schreckenstaten, durch eine Reihe von
Attentaten und durch Mord Ausdruck gefunden. Weit entfernt, die in der Erklärung vom 31.März 1909 enthaltenen formellen Verpflichtungen zu erfüllen, hat die königlich serbische Regierung nichts getan, um diese Bewegung zu unterdrücken. Sie duldete das verbrecherische Treiben der verschiedenen gegen die Monarchie gerichteten Vereine und Vereinigungen, die zügellose Sprache der Presse, die Verherrlichung der Urheber von Attentaten, die Teilnahme von Offizieren und Beamten an untergrabenden Umtrieben, sie duldete eine ungesunde Verhetzung im öffentlichen Unterricht und duldete schließlich alle Kundgebungen, die die serbische Bevölkerung zum Hasse gegen die Monarchie und zur Verachtung ihrer Einrichtungen verleiten konnten.
Diese Duldung, deren sich die königlich serbische Regierung schuldig machte, hat noch in jenem Moment angedauert, in dem die Ereignisse des 28. Juni der ganzen Welt die grauenhaften Folgen solcher Bewegung zeigten.
Es erhellt aus den Aussagen und Geständnissen der verbrecherischen Urheber des Attentats vom 28. Juni, daß der Mord von Serajewo in Belgrad ausgeheckt und daß die Mörder die Waffen und Bomben, mit denen sie ausgestattet waren, von serbischen Offizieren und Beamten erhielten, die dem serbischen Geheimbund Rarodna Odbrana angehörten, und daß schließlich die Beförderung der Verbrecher und deren Waffen nach Bosnien von leitenden serbischen
Grenzorganen veranstaltet und durchgeführt wurde.
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Die Konsequenzen
Die angeführten Ergebnisse der Untersuchung gestatten es der k. u. k. Regierung nicht, noch länger die Haltung zu wartender Langmut zu beobachten, die sie durch Jahre jenen Treibereien gegenüber eingenommen hatte, die ihren Mittelpunkt in Belgrad haben und von da auf die Gebiete der Monarchie übertragen werden. Diese Ergebnisse legen der k. u. k. Regierung vielmehr die Pflicht auf, dem Treiben ein Ende zu bereiten, das eine beständige Bedrohung für die Monarchie bildet.
Um diesen Zweck zu erreichen, sieht sich die k. u. k. Regierung gezwungen, von der serbischen Regierung eine öffentliche Versicherung zu verlangen, daß sie die gegen Österreich-Ungarn gerichtete Propaganda verurteilt, das heißt die Gesamtheit der Bestrebungen, deren Endziel es ist, von der Monarchie Gebiete loszulösen, die ihr angehören, und daß sie sich verpflichtet, diese verbrecherische und terroristische Propaganda mit allen Mitteln zu unterdrücken.
Um diesen Verpflichtungen einen feierlichen Charakter zu geben, wird die königlich serbische Regierung auf der ersten Seite ihres offiziellen Organs vom 26. (13.) Juli nachfolgende Erklärungen veröffentlichen:
- "Die königlich serbische Regierung verurtheilt die gegen Österreich-Ungarn gerichtete Propaganda, das heißt die Gesamtheit ihrer Bestrebungen, deren Ziel es ist, von der österreichisch-ungarischen Monarchie Gebiete loszutrennen, die ihr angehören, und sie bedauert aufrichtig die grauenhaften Folgen dieser verbrecherischen Handlungen. Die königlich serbische Regierung bedauert, daß serbische Offiziere und Beamte an der vorgenannten Propaganda teilgenommen und damit die freundnachbarlichen Beziehungen gefährdet haben, die zu pflegen sich die königliche Regierung durch ihre Erklärung vom 31. März 1909 feierlich verpflichtet hatte. Die königliche Regierung, die jeden Gedanken oder jeden Versuch einer Einmengung in die Geschicke der Bewohner, was immer auch eines Teils, Österreich-Ungarns mißbilligt und zurückweist, erachtet es für ihre Pflicht, Offiziere und Beamte aus der gesamten Bevölkerung des Königreichs ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, daß sie künftighin mit äußerster Strenge gegen jene Personen vorgehen wird, die sich derartiger Handlungen schuldig machen sollten, Handlungen, denen vorzubeugen und die zu unterdrücken sie alle Anstrengungen machen wird.«
Diese Erklärung wird gleichzeitig der königlichen Armee durch einen Tagesbefehl Sr. Majestät zur Kenntnis gebracht und im offiziellen Organ der Armee veröffentlicht werden.
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Es geht noch weiter : 10 Punkte sollen die Serben uterschreiben
Die königlich serbische Regierung verpflichtet sich überdies:
- 1. Jede Publikation zu unterdrücken, die zum Haß und zur Verachtung der Monarchie aufreizt und deren allgemeine Tendenz gegen den ungeschmälerten Bestand der letzteren gerichtet ist.
- 2. Sofort mit der Auflösung des Vereins Narodna Odbrana vorzugehen, dessen gesamte Propagandamittel zu konfiszieren und in derselben Weise gegen die anderen Vereine und Vereinigungen in Serbien einzugreifen, die sich mit der Propaganda gegen Osterreich-Ungarn beschäftigen. Die königliche Regierung wird die nötigen Maßregeln treffen, damit die aufgelösten Vereine nicht etwa ihre Tätigkeit unter anderen Namen oder in anderer Form fortsetzen.
- 3. Ohne Verzug aus dem öffentlichen Unterricht in Serbien sowohl aus dem Lehrkörper als aus den Lehrmitteln alles zu beseitigen, was dazu dient oder dienen könnte, die Propaganda gegen Osterreich-Ungarn zu nähren.
- 4. Aus dem Militärdienst und der Verwaltung im allgemeinen alle Offiziere und Beamte zu entfernen, die der Propaganda gegen Osterreich-Ungarn schuldig sind und deren Namen unter Bekanntmachung des gegen sie vorliegenden Materials der königlichen Regierung bekanntzugeben sich die k. u. k. Regierung vorbehält.
- 5. Einzuwilligen, daß in Serbien Organe der k. u. k. Regierung bei der Unterdrückung der gegen den ungeschmälerten Bestand der Monarchie gerichteten umstürzlerischen Bewegung mitwirken.
- 6. Eine gerichtliche Untersuchung gegen jene Teilnehmer des Komplotts vom 28. Juni einzuleiten, die sich auf serbischem Gebiet befinden. Von der k. u. k. Regierung hierzu
- bestimmte Organe werden an den diesbezüglichen Erhebungen teilnehmen.
- 7. Mit aller Beschleunigung die Verhaftung des Voja Tankkovic und eines gewissen Milan Ciganovic, serbische Staatsbeamte, vorzunehmen, die durch die Ergebnisse der Untersuchung kompromittiert sind.
- 8. Durch wirksame Maßnahmen die Teilnahme der serbischen Behörden an dem Schmuggel von Waffen und Explosivkörpern über die Grenze zu verhindern, jene Organe des Grenzdienstes von Schabatz und Lofnitza, die den Urhebern des Verbrechens von Serajewo mit dem Übertritt
- über die Grenze behilflich waren, aus dem Dienst zu entlassen und streng zu bestrafen.
- 9. Der k. u. k. Regierung Aufklärungen zu geben über die nicht zu rechtfertigenden Äußerungen höherer serbischer Funktionäre in Serbien und dem Auslande, die ihrer Offizierstellung ungeachtet sich nicht gescheut haben, sich nach dem Attentat vom 28. Juni in Interviews in feindlicher Weise gegen Österreich-Ungarn auszusprechen.
- 10. Die k. u. k. Regierung ohne Verzug von der Durchführung der in den vorigen Punkten zusammengefaßten Maßnahmen zu verständigen. Die k. u. k. Regierung erwartet die Antwort der königlichen Regierung spätestens bis Sonnabend, 25. d. M., um sechs Uhr nachmittags.«
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Ein Memoire über das Ergebnis der Untersuchunge von Serajewo, soweit es sich auf die in Punkt 7 und 8 genannten Funktionäre bezieht, war dieser Note beigeschlossen.
Der österreichisch-ungarischeGesandte Baron Giesl war von seiner Regierung zugleich beauftragt worden, die serbische Regierung davon zu verständigen, daß Osterreich-Ungarn sofort den Krieg erklären werde, wenn Serbien nicht innerhalb der gestellten achtundvierzigstündigen Frist den Forderungen Osterreich-Ungarns nachkomme.
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Ein Hinweis auf die "Weltmeinung" (1914) über diese Note :
Es kann nicht wundernehmen, daß eine derartige Sprache das größte Aufsehen in der ganzen Welt erregte. So zum Beispiel schrieb die "Kölnische Zeitung", die vom Auswärtigen Amte inspiriert ist:
- »Die österreichische Note stellt eine Anklagerede von einer Wucht und einem Ernst dar, wie sie zwischen Staat und Staat in der neuesten Geschichte nicht mehr gehört wurde. Die Befristung verstärkt den Zug unbedingter Entschlossenheit. Mit Erstaunen wird Europa aus den Einzelheiten der Note entnehmen, bis wohin die Fäden der VBerschwörung reichten, deren Ergebnis der Mord in Serajewo ist. Man sieht in den Abgrund politischer Entartung und Unkultur, wenn man liest, wie das verbrecherische Treiben wahnwitziger Mörder unterstützt und gefördert wurde. Dies gibt der Angelegenheit eine allgemein europäische Bedeutung.
- Angesichts des bedeutsamen Noteninhalts wird wohl niemand in Europa zweifelhaft sein, daß es das Friedensinteresse erfordert, daß durch die Sprache der europäischen Presse in Belgrad der Eindruck vertieft werde, Serbien müsse solchen gerechten Forderungen nachgeben, um einen Konflikt zu vermeiden. Aus den Tatsachen der Note ergibt sich, daß die politische Vernunft und die elementarste Gerechtigkeit es gebieten, in die Auseinandersetzung nicht einzugreifen und den möglichen Zusammenstoß örtlich begrenzt zu halten. Für alle europäischen Zuschauer der Auseinandersetzung erfordert die Rücksicht des europäischen Friedens, demjenigen, der in dem Streit so schwer unrecht hat, nicht den Rücken zu stärken, sondern ihn mit Entgegenkommen zu mahnen, damit der Streit Sache der österreichisch-serbischen Beziehungen bleibe.
- Vom europäischen Standpunkte aus ist es wünschenswert, daß, nachdem Serbien die nötige Genugtuung gegeben hat, die Beziehungen sich doch wieder normal und ersprießlich gestalten.«
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Sehr unterschiedliche Meinungen werden hier präsentiert
In Osterreich selbst fand das Ultimatum zunächst keine ungeteilt günstige Aufnahme. Glaubten die grundsätzlichen Gegner der Regierung doch wieder einen Anlaß zu haben, um gegen den Krieg zu protestieren. Aber als sie merkten, daß es galt, die höchsten Errungenschaften der Kultur gegen russische Willkür zu verteidigen, standen sie ebenso treu zu ihrem Herrscher wie die Regierungspartei. In Ungarn dagegen fand der österreichische Schritt sofort begeisterte Zustimmung. Hier hatte die Regierung des Ministerpräsidenten Graf Tisza seit Monaten in heftigstem Kampfe mit der von Graf Andrassy geführten Gegenpartei gelegen. Bis zu Tätlichkeiten und persönlichen Angriffen war die Gegnerschaft ausgeartet, wie sie in der Geschichte des Parlamentarismus einzig dastehen. Aber die gemeinsame Not des Vaterlandes hat die Gegensätze, wenn auch nicht vergessen, so doch schweigen gemacht. Andrassy stellte sich an Tiszas Seite, um gemeinsam mit ihm als ein leuchtendes Beispiel für das ganze Ungarland die schweren Tage durchzukämpfen.
Bei Beginn der Sitzung des ungarischen Abgeordnetenhauses am 24. Juli (1914) sagte der Ministerpräsident:
- »Der Schritt Österreich-Ungarns bedarf keiner Rechtfertigung. Es müßte vielmehr erklärt werden, warum der Schritt erst jetzt erfolgte. Wir wollten abwarten, bis die Untersuchung in Serajewo über gewisse Umstände vollständige Klarheit schafft. Auch wollten wir den Anschein vermeiden, als ob die Leidenschaft oder berechtigte Entrüstung uns geleitet habe. Der Schritt ist vielmehr nach reiflicher Überlegung unternommen worden. Der Schritt ist keineswegs aggressiv, noch bedeutet er eine Herausforderung, da wir in der Note nichts anderes fordern als das, was Serbien aus natürlicher nachbarlicher Pflicht gewähren muß. Niemand kann uns vorwerfen, daß wir den Krieg suchen. Wir gingen vielmehr bis zur äußersten Geduldgrenze.
- In der Überzeugung, daß der Schritt durch die Lebensinteressen der Monarchie und der Nation gefordert wurde, werden wir die gesamten Folgen tragen.«
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Der russische Zar meldet sich zu Wort - als Beschützer
Hatten die österreichischen Schritte in der ganzen Welt das größte Aufsehen erregt, so sah man den Folgen des Ultimatums doch mit Ruhe entgegen. In Serbien war man gedrückter Stimmung und schon zum Nachgeben bereit - da trat der Zar, der sich zum Beschützer der Südslawen berufen fühlt, auf den Plan. Schon am 24. Juli wurde aus Petersburg gemeldet, daß der an
diesem Tage abgehaltene Ministerrat fast vier Stunden gedauert habe, und man versicherte, daß Rußland unverzüglich eingreifen und von Osterreich-Ungarn verlangen werde, die Frist des Ultimatums hinauszuschieben, um der europäischen Diplomatie Zeit zu geben, ihren Einfluß
geltend zu machen. Das amtliche Organ der russischen Regierung schrieb:
»Die Kaiserliche Regierung, lebhaft besorgt durch die überraschenden Ereignisse und durch das an Serbien durch Österreich-Ungarn gerichtete Ultimatum, verfolgt mit Aufmerksamkeit die Entwicklung des österreichisch-serbischen Konfliktes, in dem Rußland nicht gleichgültig bleiben kann.«
Am 25. Juli 1914 mittags erschien der russifche Botschafter Prinz Kudaschew in Wien im Ministerium des Auswärtigen und überreichte das Ersuchen Rußlands, die an die serbische Regierung gestellte Frist zu Verlängern. Das Ersuchen wurde in höflicher, aber entschiedener Weise abgelehnt. Überdies verbreitete die österreichische Regierung noch die Nachricht, daß sie jede fremde Einmischung ablehne und ihren eigenen Weg gehen wolle.
Österreich macht mobil
Daß dieser Weg auch zum Kriege führen könne, war nach Lage der Verhältnisse jedem klar. Im Laufe des 25. Juli 1914 wurden bereits an acht Armeekorps die Mobilisierungsbefehle abgesandt, so daß die Monarchie schon in den nächsten Tagen über acht mobilisierte Armeekorps verfügte. Auch bei der Marine erfolgte sofort die Einberufung.
In Wien waren umfassende Maßnahmen zu beobachten. Militärpatrouillen zogen durch die Stadt und wurden von der Bevölkerung lebhaft begrüßt. Die Donaubrücken standen unter militärischem Schutz und alle Eisenbahnbrücken wurden von Soldaten bewacht. Alle österreichischen und ungarischen Familien verließen eiligst die serbische Hauptstadt.
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Serbien macht auch (teil-) mobil
In Serbien wurde ebenfalls schon am 25. Juli 1914 eine Teil- mobilisierung begonnen und zwei Divisionen sogleich auf Kriegszustand gesetzt. Die Entscheidungsstunde nahte heran.
Mit Spannung erwartete die ganze Welt, was nun folgen werde. Auch in Deutschland war bereits "in jede Brust" die Ahnung eingezogen, daß die Entscheidung in Belgrad zugleich die Entscheidung über Krieg und Frieden in Deutschland sei.
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- Anmerkung : Es geht nicht hervor, wieso die Deutschen die Entscheidung in Belgrad mit der Entscheidung über Krieg und Frieden in Deutschland verknüpften.
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Die Extrablätter verkündeten :
Jetzt war Krieg angesagt
Endlich in den späten Abendstunden des verhängnisvollen Tages erhoben sich in allen Großstädten der Kulturwelt die Stimmen der Straßenverkäufer, die ihre Extrablätter ausriefen. Erregt griff alles danach: die Würfel waren gefallen, wie sie fallen mußten. Die kurze amtliche Mitteilung lautete:
- "Wien, 25. Juli. Ministerpräsident Paschitsch erschien wenige Minuten vor sechs Uhr in der k. u. k. Gesandt- schaft in Belgrad und erteilte eine ungenügende Antwort auf die Note. Baron Giesl notifizierte ihm hierauf den Abbruch der diplomatischen Beziehungen und verließ mit dem Gesandtschaftspersonal um sechs Uhr dreißig Minuten Belgrad.
- Die serbische Regierung hatte schon früher, um drei Uhr nachmittags, die Mobilmachung der gesamten Armee angeordnet. Der Hof und die Regierung, sowie die Truppen räumen Belgrad. Die Regierung soll nach Krakujewacz verlegt werden."
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Begeisterung auch bei "den Deutschen" .....
Die Haltung der österreichischen Regierung fand nicht nur in der ganzen österreichisch-ungarischen Monarchie, sondern auch im Deutschen Reiche begeisterte Aufnahme. Schon am 25. Juli vormittags bildeten sich vor dem Kriegsministerium in Wien wiederholt größere Menschenansammlungen. Als Erzherzog Friedrich, der Nachfolger des ermordeten Thronfolgers im Oberkommando der Armee, das Gebäude verließ, wurde er vom Publikum mit lebhaften Hochrufen begrüßt. Am folgenden Tage erneuerten sich die Kundgebungen der Bevölkerung. Bei strömendem Regen sammelten sich Tausende vor dem Kriegsministerium.
- Anmerkung : Der damalige Sprachgebrauch nahm kein Blatt vor den Mund, es war ein "Kriegsministerium", kein "Verteidigungsministerium". Und Krieg bedeute schon immer "Angriff" !
Die Soldaten und Offiziere wurden mit begeisterken Zurufen begrüßt und die Truppen marschierten unter Voraustragung schwarzgelber Fahnen und unter dem Absingen vaterländischer Lieder durch die Straßen. In Budapest durchzogen in der Nacht vom 25. zum 26. Juli 1914 begeisterte Gruppen die Stadt. Vor dem Nationalkasino sang die Menge patriotische Lieder.
Ein deutscher Fabrikant feierte in einer Rede die deutsch-österreichische Bundesgenossenschaft. Graf Aladin Zichy bestieg eine improvisierte Tribüne und rief: »Der treue Bundesgenosse unseres Königs, Kaiser Wilhelm, lebe hoch!«. Nicht minder groß war die Begeisterung in Agram, ebenso in Prag, wo die Nachricht von dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Serbien am 25. Juli gegen halb acht Uhr durch Extrablätter bekanntgegeben wurde.
Vor den Redaktionen der Zeitungen hatten sich Tausende von Menschen angesammelt, die mit größter Spannung die Depeschen erwarteten. Als die entscheidende Meldung herausgegeben wurde, brach die Menge in begeisterte Hochrufe auf Österreich und den Kaiser sowie in Pfuirufe auf Serbien aus.
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Lobhudeleien in der österr. Presse vom August 1914
Mit tief empfundener Genugtuung verzeichnete die öfterreichische Presse die Haltung Deutschlands. Nicht nur gaben die Blätter in allgemeinen Wendungen ihrem Dank dafür Ausdruck, sondern die "Wiener Mittagszeitung" bezeigte ihn auch in einem offenen Brief an den deutschen Botschafter in Wien, Herrn v. Tschirschky. Sie sei überzeugt, damit im Sinne des gesamten österreichischen Volkes zu handeln. Die nachstehenden Meldungen bekunden diese wohlbegreifliche Dankbarkeit.
Der offene Brief der "Wiener Mittagszeitung" hat folgenden Wortlaut:
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- »Die österreichisch-ungarischen Völker haben das Bedürfnis, dem Repräsentanten des verwandten brüderlichen Deutschland ein aufrichtig empfundenes Wort zu sagen. Wenn unsere Politiker dies- und jenseits der Sudeten eine harte Probe auf den dauernden Bestand des gigantischen Bündnisses anstellen, so wissen Sie, daß eine bessere Gewähr in den Herzen der Völker lebt. Ew. EXzellenz! Wir haben gestern und heute eine wundervoll tieferschütternde Manifestation der Nibelungentreue erlebt und sind offen genug, zu gestehen, daß wir zwar eine ähnliche Gesinnung erwartet hatten; aber wir schämen uns ebensowenig, zu bekennen, daß die Einmütigkeit, der Eifer und die heiße, verstehende Teilnahme dieser grandiosen Kundgebung uns zu Tränen gerührt hat. Wir haben natürlich erfahren, daß diese Wesens- und Charakterverwandtschaft der Völker, daß diese Heiligkeit der Tradition und Gefühle magischer und fester knüpfen als die Gesetze des Moments. Empfangen Sie, Herr Botschafter, unserer Völker begeisterten Dank, empfangen Sie das Versprechen, daß wir solch adliger Tat uns durch Handeln und Gedanken wert erzeigen werden. Empfangen Sie dieses fruchtbarer und schirmender Liebe in ernster Stunde geweihte Unterpfand.«
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Die "Reichspost" schrieb:
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- »Mit Dankbarkeit begrüßen wir die Einmütigkeit, mit der die Presse Deutschlands in diesen ernsten Stunden, "wo" es auf mehr ankommt als darauf, ob Österreich-Ungarn sich wird mit Serbien auseinandersetzen müssen, die Treue des Bundesgenossen ausdrückt.
- Es spricht daraus mehr als das Pflichtgefühl des durch Verträge Verbündeten; es sprechen daraus herzliche brüderliche Gefühle, welche in Zeiten der Gefahr doppelt erfreuen.«
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Auch damals gab es "Befremdlichkeiten"
Es ist selbstverständ1ich, daß nach Österreichs Kriegserklärung an Serbien schlimme Stunden für die öfterreichischen Staatsangehörigen in Belgrad heranrückten. Gleich am Abend nach der Kriegserklärung harrten fünfhundert Mitglieder der österreichisch-ungarischen Kolonie vor der ungarischen Agentur in Belgrad vergeblich auf ein Schiff, um nach Semlin zu gelangen. Es war eine wahre Schreckensnacht. Betrunkene Soldaten heulten durch die Straßen, Freudenschüsse krachten alle Augenblicke, wüstes Brüllen: "Nieder mit Osterreich!" ertönte.
Am anderen Morgen erschien endlich ein Schlepper, um Schleppkähne abzuholen. Fünfzehn Personen gelang es, den Kapitän zu bewegen, sie mitzunehmen. In Semlin ersuchten sie die Behörden, die nicht in Belgrad befindlichen Österreicher und Ungarn abzuholen. Das Schiff "Bessarab", das dreihundert Serben nach Belgrad zurückbrachte, nahm die österreichisch- ungarische Kolonie nach Semlin mit. Hof und Regierung in Belgrad verließen schon am 25. Juli 1914 die Stadt, und am 27. Juli beschlossen auch die Bankhäuser, ihre Depots nach dem Inneren bringen zu lassen.
Bald begann ein förmlicher Auszug von Familien, der vielfach auf hochbepackten Wagen erfolgte. Die Stadt bot ein Bild größter Verwirrung und Unruhe. Unter der Bevölkerung entstand eine Panik, die durch Gerüchte über einen bevorstehenden Einmarsch der Osterreicher und ein Bombardement der Stadt noch erhöht wurde. In den Abendstunden des 27. Juli versuchte der Mob aus den Vororten, darunter viele Zigeuner, Plünderungen, die das Militär nötigten, mit der Waffe vorzugehen.
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Am 27. Juli 1914 das erste Scharmützel - der Krieg begann
Am gleichen Tage meldete die Wiener "Sonn- und Montagszeitung", daß die Serben die Eisenbahnbrücke über die Donau zwischen Belgrad und Semlin in die Luft gesprengt hätten. Diese Eisenbahnbrücke führt über die Save südwestlich von Belgrad. Auf der Brücke überschreitet die große Orientbahn Wien - Konstantinopel die Save, die dort eine Breite von vierhundert Meter hat, also schon ein bedeutendes Hindernis darstellt. Diese Brücke ist für das österreichische Heer von großer Bedeutung, weil die ganze österreichische, in Serbien einrückende Armee über sie geführt werden muß. Später stellte sich allerdings heraus, daß nur einige Teile und Pfeiler gesprengt waren, ein Schaden, der alsbald durch österreichische Pioniere einstweilen wieder beseitigt wurde.
Am 27. Juli, an welchem Tage ein Teil der Pester Garnison die Stadt in der Richtung nach Süden verließ, ereignete sich auch der erste Grenzzwischenfall. In der Nähe von Temeskubin, bei Kevevara auf ungarischem Boden an der Donau, wurden hundertzwanzig Mann ungarische Soldaten, die sich auf Schiffen der Donaudampfschiffahrtsgesellschaft befanden, von serbischen Soldaten beschossen, worauf sich ein heftiges Gewehrfeuer entwickelte, das zwanzig Minuten währte. Zwei serbische Schiffe wurden von den ungarischen Soldaten beschlagnahmt. - Der serbische Thronfolgerregent begab sich ins Hauptquartier in Valjevo, weil in militärischen Kreisen der erwähnte Grenzzwischenfall als Kriegsanfang angesehen wurde.
Die serbische Regierung begann nun, in Tschuprina, Semendria und Pozarevac große Truppenmassen zusammenzuziehen, die bestimmt waren, mit dem General Stefanowitsch an der Spitze bei Temeskubin über die Donau zu gehen und in Ungarn einzufallen. Bereits am 25. Juli abends zehn Uhr wurde der serbische Generalstabschef Putnik, der sich auf der Heimreise von einem Kurorte nach Belgrad befand, auf einer kleinen Station, Kölentjöld bei Budapest, festgenommen. General Putnik war außerordentlich überrascht, da er nicht wußte, daß der Kriegszustand eingetreten war. Er versuchte Widerstand zu leisten und weigerte sich, ein bereitstehendes Automobil zu besteigen. Putnik wurde zum Platzkommando gebracht.
Am Bahnhof wurde er von General Sorsich empfangen, der ihn für verhaftet erklärte. Die Personen, wahrscheinlich serbische Generalstabsoffiziere, die den Generalstabschef auf seiner Reise begleiteten, und die Tochter Butniks wurden in einem Hotel untergebracht.
Am nächsten Tage aber wurde der Generalstabschef wieder freigelassen infolge eines Telegramms von Kaiser Franz Joseph, worin wieder einmal die Ritterlichkeit des österreichischen Kaisers zum Ausdruck kam. General Putnik fuhr nach seiner Freilassung sofort in einem Extrazuge nach Belgrad.
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Und jetzt der Bündnisfall für Deutschland
Am 27. Juli 1914 überschritten die österreichischen Truppen die ungarisch- serbische Grenze und marschierten nach Mitrowitz, ihrem vorgesteckten Ziel. Die Serben wurden überall zurückgeworfen und Mitrowitz besetzt. Mitrowitz ist ungarischer Grenzort an der Save mit etwa zwölftausend Einwohnern. Es liegt dem nördlichsten Zipfel Serbiens gegenüber und etwa hundert Kilometer von Valjevo, dem vorläufigen Hauptlager der serbischen Armee. Dieser Vorstoß der Osterreicher wurde nur mit einem kleinen Truppenteil vorgenommen, weil sich ja jener Teil der österreichischen Armee, der zur Aktion in Serbien bestimmt war, noch im Zustande der Mobilmachung befand.
Der Einmarsch der Österreicher in Serbien wurde in Wien mit stürmischem Jubel begrüßt. Der Jubel wurde noch größer, als bald darauf die Kunde kam, daß die ersten serbischen Gefangenen gemacht worden seien. Auf der Donau bei Kocewo wurden die serbischen Truppentransportdampfer "Warda" und "Zar Nikolaus" von den österreichischen Booten der Donauflottille aufgebracht und dabei die ersten serbischen Gefangenen gemacht.
Jetzt kamen aber auch zuverlässige Nachrichten, daß Rußland beginne, seine Truppen an der österreichisch-russischen Grenze zusammenzuziehen. Osterreich-Ungarn war dadurch genötigt, für den Schutz seiner Grenzen auch die Mobilisierung gegen Rußland anzuordnen und schließlich den Krieg zu erklären. Damit war der Bündnisfall für Deutschland gegeben.
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(Fortsetzung fo1gt)
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Anmerkung aus 2025 :
Ich hoffe, daß Sie diese obigen Absätze mit Bedacht aufmerksam gelesen haben. Das war der patriotsche und natürlich auch einseitige Sprachgebrauch aus den Jahren vor 1915.
Sowohl die Masse der Österreicher als auch die Masse der Deutschen Männer ist jubelnd zu den Fahnen der Musterungs- und Rekrutierungsstellen gelaufen.
Der letzte größere Krieg war 1971 gewonnen, gegen Frankreich gewonnen. Das war damals die Rache für Napoleons Armee und deren Wüten in den deutschen Landen. Diese Geschichten wurden den Deutschen immer wieder aufgetischt, um den Krieg zu rechtfertigen. Dennoch hatte die Generation der ab 1880 Geborenen - in beiden Kaiserreichen - keine Ahnung, was Krieg wirklich bedeutet.
Diese Erkenntnis kam erst nach der ersten Million Toten. Wie wir wissen, hatte das aber auch nicht allzu lange gehalten, denn 1939 ging es schon wieder los, Rache für den verlorenen Weltkrieg zu nehmen. Und wieder kam die Erkenntnis erst 1943 nach Stalingrad, daß man solch einen Krieg auch (und schon wieder) verlieren könne. Und das hatte ja auch dann geklappt im April 1945, wieder haushoch verloren und diesmal war Deutschland eingebomt, im ersten Weltkrieg wurden die anderen eingebomt.
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Das waren ja nur die ersten Seiten aus Heft 1 - es geht ja weiter
Nach wie vor ist immer noch nicht herauszufinden, zu welchem Zeitraum diese Artikel verfaßt wurden. In anderen Zeitzeugenberichten und Büchern bis in die 1990er Jahre wurde sowohl der damalige Sprachgebrauch wie auch die Denke der damaligen Bevölkerung bestätigt. "Das Volk" war im Großen und Ganzen obrigkeitshörig, sogar die Mittelschicht und die Oberschicht. Sie wußten es nicht anders bzw. sie - weiter oben in der Hirarchie - akzeptierten die Wahrung ihres Standes und vor allem ihres Wohlstandes durch die Kaiser-Krone(n).
Hier verweise ich nochmal auf die aufgeschriebenen Lebenserinnerungen des Herrn von Studnitz, dessen Familie zur Oberschicht in der reichsdeutschen Bevölkerung gehörte.
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etwas Geduld bite
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