60 Jahre Berichterstattung über Film und Fernsehen
Norbert Bolewskis gesammelte Rückblicke von 1947 bis 2007
1959 - Magnettonbänder von Agfa aus Polyester
Das Jahr 1959 begann mit einer Vorstellung neuer Magnettonbänder von Agfa auf Polyesterbasis. Bislang war die Magnetitschicht auf einem Azetylzelluloseträger aufgebracht. Der neue Kunststoff Polyester (PE) hatte eine weitaus höhere Reißfestigkeit und ist unempfindlich gegen Einrisse und Feuchtigkeit. Polyester ist wärmebeständiger als Azetylzellulose und vereinigt somit die Vorteile der beiden anderen Stoffe und vermeidet deren Nachteile. Die von der Agfa verwendeten Polyesterfolien wurden durch Vorreckung in Längs- und Querrichtung in ihrer Dehnungs- und Reißfestigkeit wesentlich verbessert. Durch diese Vorbehandlung wurde die Reißfestigkeit von Stahl erreicht.
Immer noch galten die USA als technischer Vorreiter bei der Ausrüstung von Filmateliers und Kopieranstalten. Insbesondere bei dem letzteren gab es auch auf Grund der vielen Massenkopien weitaus mehr Neuentwicklungen als im vergleichsweise kleinen Deutschland. Eine der Neuerungen war, ein Farbnegativ direkt elektronisch in ein Farbpositiv zu übersetzen. Bei diesem von der Firma Hazeltine entwickelten Electronic Colour Analyzer wurde das Originalnegativ durch eine Kathodenstrahlröhre abgetastet und in die roten, grünen und blauen Komponenten zerlegt. Diese Bildinformationen erscheinen nach entsprechender Modulation als positives Farbbild auf einem Fernsehschirm.
Der Beobachter konnte es dann auf die gewünschte Dichte und Farbabstimmung korrigieren. Aus der Einstellung der dabei benötigten Drehknöpfe ließen sich dann die Licht- und Farbfilterwerte für das Kopieren des Negativs ablesen. Wenn man diese Zeilen heute liest und die immer noch vorhandenen Schwierigkeiten zwischen der farblichen Umsetzung auf dem Farbdisplay und in der Filmkopie denkt, kann man sich kaum vorstellen, dass damals schon mit solchen Verfahren gearbeitet wurde. Allerdings war man bei der Einführung schon etwas unsicher und so wollte Hazeltine seinen Electronic Analyzer auch nicht verkaufen, sondern erst einmal nur verleihen.
Kopiermaschinen für schwarz/weiß und Farbe
Auch die Kopiermaschinen arbeiteten in den amerikanischen Labors im Allgemeinen mit einer höheren Geschwindigkeit und kamen bei Farbe auf etwa 4000 Meter, beim Schwarzweiß-Kopieren auf etwa 6000 Meter Stundenleistung. Standardgerät in den USA ist die Bell & Howell-Durchlaufkopiermaschine, während in Deutschland Schrittkopiermaschinen bevorzugt wurden.
Die Kopienzahlen lagen bei dem einheimischen Markt bei etwa 300. Rund die Hälfte der Farbkopien wurde in den USA damals bereits auf additivem Wege hergestellt. Es gab verschiedene Formen der additiven Lampenhäuser, meist mit einer einzigen Lampe und Aufteilung des Lichts in drei Lichtkanäle durch additive Filter. Die Intensität des Lichtstrahls wurde dabei über Photozellen abgetastet und automatisch durch Jalousieblenden jede Schaltung der Lichtbestimmung reguliert.
Bereits erwähnt wurde die Umstellungsmöglichkeit bei den Filmtheatern auf 1800-m- Filmrollen, die den Automatikbetrieb weiter vereinfachten. Üblich waren damals 600-m- Filmspulen mit einer Laufzeit von etwa zwanzig Minuten. Durch den Übergang auf 1800- m-Spulen ließ sich ein komplettes Abendprogramm mit zwei Projektoren durchführen, und es erfolgte nur eine einzige Umstellung während des Betriebs. Das aber wiederum würde erfordern, dass der Filmvorführer die Startbänder vor der 2., 3. Rolle usw. entfernt, um den Film in zwei Rollen zusammenzukleben.
Dieser Prozess musste anschließend wieder rückgängig gemacht werden. Man umging diesen Nachteil dadurch, dass man die Akte 1, 3, 5 und die Akte 2, 4, 6 zusammenklebte, die Start- und Endbänder beließ man und blendete nach jedem Akt automatisch über. Man erhielt dadurch zwar fünf Überblendungen, während sonst nur eine nötig war, durch die neuen Vorführautomaten war das aber nicht mehr störend. Die Startbänder konnten aber beim einfachen Auseinandernehmen der großen Filmrollen bleiben.
Das Nasskopierverfahren bringt Vorteile
Eine Neuheit war 1959 auch die Vorstellung eines Nasskopierverfahrens, um altes, vor allem verschrammtes Filmmaterial zur Herstellung neuer, brauchbarer Kopien zu benutzen. In der Kopiermaschine Typrocolor von Debrie war zu diesem Zweck ein Gefäß angeordnet. Es enthielt handelsübliches Trichloräthylen, das überall angeboten wird. Diese Flüssigkeit ist unbrennbar und deshalb völlig ungefährlich. Durch eine besondere Vorrichtung war dafür gesorgt, dass der Kopiermaschine je nach Verbrauch neue Flüssigkeit zugeführt wurde. Der Wechsel zwischen einem trockenen und feuchten Kopieren ließ sich schnell bewerkstelligen indem einfach das Gefäß mit der Flüssigkeit an der Maschine entweder gesenkt oder gehoben wurde und somit der Film entweder frei oder durch den Flüssigkeitsfilm lief.
Das Ganze war weitaus komplizierter als hier beschrieben, denn bei der Kopiermaschine befand sich als Abschluss des Lampenhauses in der Höhe des Bildfensters eine Glasscheibe, die durch Luftdruck in Richtung Film gedrückt wurde. Wichtig war, dass sie einen konstanten Abstand zum Film hielt, damit die aufgetragene Flüssigkeit immer die gleiche Dicke hatte und so beim Kopieren keine Veränderungen auftreten konnten. Eine zweite Glasscheibe befand sich fest eingebaut im sogenannten V-Kanal (übrigens auch eine Erfindung von Debrie). Mit ebenfalls gleichmäßigem Abstand drückt sie auf der anderen Seite gegen den Film. Aber immer so, dass für die Flüssigkeit noch genügend Raum ist. Aus dem V-Kanal läuft der Film dann in der üblichen Schleife auf die Transportrolle und dann durch eine Trockenvorrichtung, die als Absauganlage ausgebildet ist.
Völlig neue Technik in der Elektronik und der Telepromter
Das Jahr 1959 sah auch zunehmend die Anwendung einer neuen Technik, die sich "gedruckte Schaltung" nannte. War es bislang üblich, bei elektrischen Geräten, seien es Verstärker, kinotechnische Anlagen oder Rundfunk- und Fernsehempfänger, die Befestigung der Einzelteile, das Verlegen der Verdrahtung und das Löten der Verbindungen fast ausschließlich von Hand vorzunehmen, so ließ sich dies nun anhand gedruckter Schaltungen weitgehend mechanisieren.
Der Grundgedanke war schon früher, sogar schon 1940 aufgetaucht. Bei Philips kam die gedruckte Schaltung erstmals 1955 in einem kleinen Phonogerät zur Anwendung. Erste Verstärker im Kinobereich wurden auf der photokina 1958 vorgestellt und 1959 in den Filmtheatern eingeführt.
Bei den Sprechern im Fernsehen war es bis dato nötig, dass sie ihre Texte auf Papierseiten wie ein Buch auf dem Tisch liegend ablasen. Aber schon damals suchte man nach Möglichkeiten, den Sprecher oder Kommentator vom Manuskript unabhängig zu machen, ihm also Gelegenheit zu geben, den Zuschauer unmittelbar anzusprechen. Zu seiner Unterstützung wurde deshalb eine Einrichtung entwickelt, die den Text auf einen kleinen Bildschirm projiziert, der unmittelbar unter dem Aufnahmeobjektiv der Fernsehkamera angebracht ist und eine bequem lesbare Schriftgröße liefert.
Dabei wurde von einem im Handel befindlichen langbrennweitigen Diapositivprojektor mit einem ausnutzbarem Bildfenster von 8×10 cm ausgegangen. Durch die Diapositivebene läuft eine 11 cm breite, mit den erforderlichen Texten graphischen Unterlagen oder Zahlen beschriftete transparente Plastikfolie. Den Transport des Schriftbandes besorgte ein kleiner Elektromotor mit entsprechender Untersetzung. Der Textprojektor, wie er sich nannte, war auf einem fahrbaren Unterbau montiert und konnte im Studiobetrieb an beliebiger Stelle Verwendung finden (Bild 42).