Tagesaktuelle Gedanken - Aufzeichnungen von 1943 bis 1945
Dieses Kriegs-Tagebuch gibt uns einen sehr nachdenklichen Eindruck von dem, das in den oberen Sphären der Politik und der Diplomatie gedacht wurde und bekannt war. In ganz vielen eupho- rischen Fernseh-Büchern, die bei uns vorliegen, wird das Fernsehen ab 1936 in den Mittelpunkt des Weltinteresses gestellt - und hier kommt es überhaupt nicht vor. Auch das Magnetophon kommt hier nicht vor. Alleine vom Radio wird öfter gesprochen. In den damaligen diplomatischen und höchsten politischen Kreisen hatten ganz andere Tagesthemen Vorrang. Und das kann man hier sehr authentisch nachlesen. Im übrigen ist es sehr ähnlich zu den wöchentlichen Berichten des Dr. Wagenführ in seinen Fernseh Informationen.
Diese Aufzeichnungen hier sind aber 1963 - also 20 Jahre danach - getextet worden und wir wissen nicht, ob einzelne Absätze nicht doch etwas aufgehübscht wurden. Auch wurde das Buch 1963 für die alte (Kriegs-) Generation geschrieben, die das alles noch erlebt hatte.
.
Samstag, den 31. Juli 1943 - Ärger mit Schweden
In einer von mir verfaßten »Diplo« heißt es:
»Die schwedische Regierung hat am 29. Juli 1943 das mit der Reichsregierung bestehende Transit-Abkommen über den Verkehr von Wehrmachtsangehörigen und Kriegsmaterial durch Schweden gekündigt. Dieses Abkommen war am 8. Juli 1940 geschlossen worden.
Die schwedische Regierung erkärte sich damals bereit, den Transport durch Schweden von Urlaubern aus Norwegen nach Deutschland und umgekehrt zu gestatten. Sie verpflichtete sich, die Durchfuhr von Sendungen der deutschen Wehrmacht einschließlich Kriegsgerät von Deutschland oder den von Deutschland besetzten Gebieten, Dänemark und Norwegen, durch schwedisches Gebiet nach norwegischen Bestimmungsorten sowie in umgekehrter Richtung im Ausmaß der Verkehrs technischen Möglichkeiten zuzulassen.
Die schwedische Regierung begründete die jetzige Kündigung damit, daß die Voraussetzungen, unter denen das Abkommen geschlossen wurde, entfallen seien. Die schwedische Regierung habe sich damals den deutschen Wünschen in der Erwartung entgegenkommend gezeigt, daß man in Norwegen mit einem militärischen Besatzungsregime rechnen konnte, das ein vollständiges Aufhören der Kämpfe in Norwegen und eine gewisse Befriedung für das norwegische Volk mit sich bringen würden.
Diese Entwicklung sei jedoch nicht eingetreten. Das Fortbestehen des Abkommens belaste die schwedische Neutralitätspolitik gegenüber Norwegen und bilde eine Belastung für die hergebrachten freundschaftlichen schwedisch-deutschen Beziehungen.
Diese Argumentation der schwedischen Regierung hält sachlich und rechtlich keiner Prüfung stand. Das deutsch-schwedische Abkommen vom 8. Juli 1940 trägt die Unterschrift des amtierenden schwedischen Außenministers von Günther. Es ist in einer für den schwedischen Außenminister wie für die schwedische Regierung verpflichtenden Form gehalten.
Das Abkommen sieht keine Kündigungsklausel vor, noch ist es zeitlich begrenzt. Seine rechtliche Gültigkeit erstreckt sich daher auf die Dauer der Besetzung Norwegens durch Deutschland.
Schweden benennt den Staatsnotstand als Grund
Als der schwedische Außenminister in seiner Rede vom 7. Mai 1943 in Eskilstuna auf die Möglichkeit der Kündigung des Abkommens anspielte, wurde er deutscherseits auf die Irrtümlichkeit dieser Auffassung aufmerksam gemacht.
Der schwedische Außenminister gab damals die Versicherung ab, die schwedische Regierung beabsichtige nicht, den Urlauberverkehr aufzuheben, solange nicht ein besonderer Staatsnotstand eintrete, der für Schweden eine militärische Zwangslage schaffe.
Dieser Staatsnotstand ist nicht eingetreten. Abgesehen davon sieht der Text des Abkommens eine solche Einschränkung nicht vor. Ebenso ist in dem Vertrag nicht die Rede von bestimmten Voraussetzungen, auf die sich die schwedische Regierung in ihrer Kündigung vom 29. Juli beruft.
Selbst wenn das Transit-Abkommen unter den von der schwedischen Regierung angeführten Voraussetzungen geschlossen worden wäre, entbehrte die Behauptung vom Entfallen dieser Voraussetzungen der Grundlage. Die Kündigung des Urlauberabkommens durch die schwedische Regierung steht im Widerspruch zur schwedischen Neutralitätspolitik.
Man nennt das - sich aus einer schwierigen Lage herauswinden
Am 7. Mai 1943 hatte Herr von Günther in Eskilstuna über die Neutralitätspolitik seines Landes erklärt:
>Im großen gesehen kann man sagen, daß die Neutralität eine Verpflichtung enthält, Unparteilichkeit gegenüber den Kriegführenden zu beobachten und vor allem zu verhindern, daß das eigene Territorium zum Schauplatz für Kriegshandlungen oder zur Basis für Kriegsoperaüonen gemacht wird.<
Herr von Günther führte aus, daß mit dem Aufhören des Krieges in Norwegen für Schweden eine Situation entstanden sei, aus der es nützlich war, bestimmte Konsequenzen zu ziehen. Aus diesen Erwägungen, aus Erwägungen also, die eine Bekräftigung der schwedischen Neutralität zum Gegenstand hatten, schloß Schweden zwei Abkommen.
Das eine gestatte den deutschen Urlauberverkehr über schwedisches Territorium nach Norwegen, während das andere der britischen Regierung 600.000 Tonnen schwedischen Schiffsraum zur Verfügung stellte.
Hierüber sagte Herr von Günther: >Es ist klar, daß ein solcher Tonnagezuschuß von großer praktischer Bedeutung für England war.<
Wenn die schwedische Regierung das Abkommen mit Deutschland kündigt, das Abkommen mit Großbritannien aber in Kraft läßt, so begeht sie einen einseitigen Bruch ihrer Neutralität.«
(Ende meiner "Diplo".)
.
Die Beurteilung unserer Kriegschancen durch die Neutralen
Die Episode ist symptomatisch für die Beurteilung unserer Kriegschancen durch die Neutralen. Die Schweden suchen sich auf die Seite derer zu schlagen, denen sie die größeren Siegesaussichten zumessen. Ihre Haltung überrascht mich nicht.
Über die politische Mentalität der Schweden habe ich mich niemals Illusionen hingegeben. Während die Schweizer sich in diesem Kriege am deutschfeindlichsten aufführten, solange Hitler von Sieg zu Sieg schritt, mit dem Sinken unseres Sterns aber zunehmend freundlicher wurden, verhalten sich die Schweden umgekehrt.
Nachdem der deutsche Kräfteschwund offensichtlich ist, folgen den schwedischen Verbeugungen der ersten Kriegsjahre vor den »Tatsachen« in Dänemark und Norwegen Stiche in unseren Rücken. Ich bin gewiß, daß wir mit nachlassendem Kriegsglück weitere zu erwarten haben.
Dienstag, den 3. August 1943 - Sizilien scheint stabilisiert
Unsere beiden Divisionen in Sizilien haben die Lage für den Augenblick stabilisiert. Aber wird es gelingen, sie im Falle einer Kapitulation Badoglios mit unseren Truppen nördlich des Apennin zu vereinigen?
Unsere Besetzung Oberitaliens schreitet fort. Die Lage in Mailand und anderen italienischen Großstädten ist gespannt. Sollte es dazu kommen, daß wir Oberitalien gegen seinen Willen verteidigen, so wird man wohl eine faschistische Gegenregierung aufziehen, womöglich mit Mussolini an der Spitze.
Nachdem wir uns für das Festhalten an Mussolini und dem Faschismus entschieden haben, hat die Presse Weisung erhalten, die Geburtstagsartikel für den Duce nachzuholen und über das Geburtstagsgeschenk des Führers an hervorragender Stelle zu berichten.
Gedanken über die Tragweite der Absetzung Mussolinis
Es stellt sich nun heraus, daß sich der Faschistische Großrat, als er gegen Mussolini stimmte, der Tragweite dieser Handlung gar nicht bewußt war. Es bestand lediglich die Absicht, die Macht des Duce etwas zu beschneiden. Bei diesem Experiment ist nicht nur Mussolini, sondern der ganze Faschistische Rat über Bord gegangen.
Die Berufung Badoglios kam den Faschisten völlig unerwartet. Viele hatten damit gerechnet, daß Grandi oder ein anderer Parteimann die Nachfolge des Duce antreten würde.
Wie schon oft, hat die Berichterstattung der Botschaft in Rom kläglich versagt. Doertenbach war der erste, den Badoglio von der deutschen Botschaft schließlich empfing.
Offensichtlich weitere schwere Angriffe auf Berlin geplant
Das Schicksal Hamburgs droht auch Berlin. In der Nacht vom Samstag zum Sonntag wurden den Haushaltungen Flugblätter zugestellt, die Frauen und Kinder auffordern, Berlin zu verlassen. Ein Massenansturm auf die Bahnhöfe hat eingesetzt.
Das heiße Wetter mit Temperaturen bis zu 35 Grad erhöht die Furcht vor Brandbomben. Eine Weltuntergangsstimmung greift um sich. Gerüchte sagen den Angriff für den 8. August voraus, weil sich an diesem Tage der Beginn unseres Luftkrieges gegen London zum zweiten Mal jährt.
Man geht früh zu Bett, schläft unruhig, blickt bei jedem Erwachen auf die Uhr und ist erleichtert, wenn mit der Morgendämmerung die Gefahr noch einmal abgewendet scheint.
Donnerstag, den 5. August 1943 - im Auswärtigen Amt in Berlin
Heute ereignete sich ein für die Arbeitsweise des Auswärtigen Amtes bezeichnender Vorgang. Ich hatte einen »Politischen Bericht« verfaßt, der sich mit dem Schweigen der Türkei zu Neutralitätsverletzungen der Engländer und Amerikaner beschäftigt, die auf Flügen nach Ploesti den türkischen Luftraum verletzten.
Braun-Stumm wollte das Memo nicht abzeichnen und rief dieserhalb bei Unterstaatssekretär Henke, dem Leiter der Politischen Abteilung, an, dem die ganze Angelegenheit völlig neu war.
Obwohl seit zwei Tagen Pressemeldungen zum Überfliegen der Türkei durch englische und amerikanische Bomber vorliegen, obwohl acht dieser Flugzeuge in der Türkei notlanden mußten, und unsere Botschaft in Ankara eingehend darüber berichtet hatte, war der Komplex dem Leiter der Politischen Abteilung unbekannt. Auch der Leiter des zuständigen Referats Pol I M wußte von nichts.
Freitag, den 6. August 1943 - Schweden kündigt das Abkommen
Die Kündigung des Transit-Abkommens durch Schweden erschwert die Lage unserer Truppen in Norwegen. Die Handelspolitische Abteilung im Auswärtigen Amt tut zwar so, als ob der Transitverkehr heimlich zu achtzig Prozent aufrechterhalten werden könne.
Ich habe meine Zweifel, da es zu den Praktiken des Auswärtigen Amtes gehört, diplomatische Niederlagen mit dem Mantel des Geheimnisses zu umgeben und die Außenwelt in dem Glauben zu wiegen, daß man noch Trümpfe in der Hand hält.
Erneut ist die Frage aufgetaucht, wie der britische Luftterror publizistisch behandelt werden soll. Hepp, der gestern aus Schweden kam, erzählte, daß dort kein Mensch etwas vom Ausmaß des Grauens in Hamburg ahnt. Kein Schwede wisse, daß es dort mehr als 50.000 Tote gegeben habe.
Vielmehr nehmen die Schweden an, es handele sich um Repressalien für Coventry im Rahmen unserer damaligen Angriffe. Daß ein Luftkrieg mit chemischen Mitteln in Gang gekommen ist, weiß das neutrale Ausland nicht, weil wir darüber schweigen.
Die Räumung Berlins geht weiter.
Obwohl versichert wird, daß die Reichsbehörden hierbleiben "wollen", sieht man vor jedem Ministerium LKWs, die Möbel und Koffer aufladen. Überall stößt man auf Militärfahrzeuge, die Privattransporte meist mit Hausrat ausführen. Kulturhistorisch wertvolles Gut kann dagegen nicht aus der Stadt geschafft werden, weil es angeblich an fahrbaren Untersätzen und Benzin fehlt. Genehmigungen müssen über die Reichskulturkammer eingeholt werden, eine Prozedur, die viel Zeit in Anspruch nimmt.
Die Schweizer Gesandtschaft in Berlin hat aus Bern einen Wink erhalten, ihre Evakuierung bis zum 15. August abzuschließen.
Dienstag, den 10. August 1943 - Die »Schlacht um Berlin«
In einem Artikel »Schlacht um Berlin« bezeichnet die »Washington Post« die Reichshauptstadt als Industriezentrum, als den zweitgrößten Binnenhafen Europas, als das größte Eisenbahnzentrum des Kontinents und als die politische Zentrale Europas. Sie schließt mit dem Satz: »Jede Zerstörung seines Lebens würde Unordnung und Durcheinander im ganzen Nazireich hervorrufen. Die Schlacht um Berlin kann sich als die entscheidendste des Krieges herausstellen.«
- Anmerkung : In einem anderen historischen Buch eines Geschichtswissenschaftlers wird ausführlich dargelegt, daß es nie eine regelrechte "Schlacht" um Berlin gegeben habe. Das sind alles nur martialisch populistische (Verkaufs-) Überschriften, die nicht der historischen Wahrheit entsprechen. Bei einer sogenannten "Schlacht" ständen sich immer 2 Parteien gegenüber, in Berlin gab es keine nennenswerte Gegenwehr gegen einen übermächtien Angreifer.
.
Mittwoch, den 11. August 1943 - die Räumung geht weiter
In einer vom 5. August datierten Anweisung werden Sammelstellen aufgeführt, in denen die Angehörigen des Auswärtigen Amtes sich im Falle einer Zerstörung ihrer Arbeitsräume einfinden sollen. Der Verfügung ist ein Anschriften-Verzeichnis beigegeben, aus dem hervorgeht, daß das Auswärtige Amt gegenwärtig in sieben postalisch verschieden bezeichneten Stadtteilen 22 Dienstgebäude unterhält.
Vor der Machtergreifung war das Auswärtige Amt in einem Gebäudekomplex, den Häusern Wilhelmstraße 74-76, untergebracht. Damals unterhielten wir diplomatische Beziehungen mit allen Staaten der Welt. Heute, im vierten Kriegsjahr, pflegen wir noch diplomatische Beziehungen mit sieben neutralen Staaten.
Dafür wird ein Apparat von einigen tausend Beamten und Angestellten aufrechterhalten. Und das in einem Staat, der nur in Divisionen denken will!
Die Krise der Führung und der Partei - wenn die Bonzen sich drücken
Mit Schmidt sind wir uns einig, daß die gegenwärtige Krise eine Krise der Führung und der Partei ist, die sich dem Ernst der Stunde nicht gewachsen zeigt.
Während der Katastrophe in Hamburg blieb neben dem Militär nur das Deutsche Rote Kreuz auf seinem Posten. Der Luftschutz soll so versagt haben, daß der Feigheit der Luftschutzwarte die Schuld am Niederbrennen ganzer Stadtteile zugeschrieben wird.
Auch in Berlin bestehen keinerlei Vorschriften, die Luftschutzwarte zwingen würden, bei Alarm Kontrollgänge zu machen und sich auf den Dächern zu postieren, wie dies in London üblich ist.
Noch werden die »Hoheitsträger« der Partei veranlaßt, sich während kritischer Stunden an gefährdete Stellen zu begeben. Statt dessen verlassen viele höhere Funktionäre allabendlich die Stadt, um auswärts zu schlafen. Die in Berlin eintreffenden Züge sind mit Frauen und Kindern gefüllt, die niemand gewarnt hat, aus den Ferien zurückzukehren.
Ich soll eine Protestnote gegen den Luftkireg verfassen
Ich erhalte den Auftrag, eine Note an die neutralen Regierungen zu formulieren, die gegen die Methoden der feindlichen Luftkriegführung, insbesondere gegen das Abregnen von Phosphor protestiert.
Der Auftrag war zunächst an die Rechtsabteilung gegangen, die sich auf den Standpunkt stellte, daß rechtlich gegen die in Hamburg angewandten Luftkriegsmethoden nichts unternommen werden könne, und einen entsprechend matten Entwurf vorlegte.
Zum Glück ließ der Staatssekretär diesen Standtpunkt nicht gelten. In jedem anderen Lande würde die Rechtsabteilung eines Außenministeriums sich die größte Mühe geben, juristische Grundlagen für einen solchen Protest zu konstruieren.
Man fragt sich, was hier vorgeht? Die Rechtsabteilung benötigte für ihr unbrauchbares Elaborat drei volle Tage, mein Konzept war in drei Stunden zu Papier gebracht und wurde in der Direktorenkonferenz mit kleinen Änderungen angenommen.
Über die Erfahrungen bei den Hamburger Luftangriffen
Am 31. Juli hielt der Oberst-Luftschutzführer Lesko vor der deutschen Presse im Promi einen Vortrag über die Erfahrungen bei den Hamburger Luftangriffen.
Bei der anschließenden heftigen Diskussion ließ sich die Presse durch die Gegenwart des hohen Funktionärs nicht im geringsten beeindrucken, und Lesko mußte sich zu bemerkenswerten Eingeständnissen bequemen. Auf die Frage, warum die von ihm angekündigten Maßnahmen erst jetzt in Gang gesetzt würden, wußte er keine andere Antwort als:
»Wir alle, Sie sowohl wie ich, und das ganze deutsche Volk, haben nicht mit einem derartigen Ausmaß von Angriffen gerechnet. Sie vergessen, daß der Beginn des Krieges weitaus anders abgelaufen ist und Voraussetzungen geschaffen woirden, von denen ausgehend man nicht darauf kommen konnte, daß derartige schwere Angriffe auf uns hemiederprasseln würden.«
Einem Journalisten, der wissen wollte, warum die Erfahrungen in Hamburg nicht umgehend allen Luftschutzwarten zugänglich gemacht worden seien, erwiderte Lesko: »Die Weitergabe von Erfahrungen durch den Reichsluftschutzbund kann erst erfolgen, wenn der Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe (Göring) den entsprechenden Erfahrungsbericht an seine Luftgaukommandos herausgibt.
Dieser Erfahrungsbericht ist vorläufig geheim. Das sind militärische Dinge, über die zu entscheiden ich nicht in der Lage bin. Solche Berichte müssen auch geheimgehalten werden, das heißt schriftlich können sie nur bis zu einer bestimmten Dienststelle heruntergehen, und von dieser aus müssen sie mündlich weiterkolportiert werden.
Ich kann aber eines verraten, daß der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, nachdem die Angriffe so stark w7erden, selbst auf den Gedanken gekommen ist, die Erfahrungen schneller an die Bevölkerung kommen zu lassen. Auf welchem Wege, vermag ich heute noch nicht zu sagen.« (Dem amtlichen Protokoll entnommen.)
Alle wissen etwas von den geheimen Geheimwaffen
Seit einiger Zeit werden Gerüchte über Geheimwaffen herumgeboten, deren Einsatz bevorstehe und die Kriegslage zu unseren Gunsten verändern würde. Beinahe jeder kennt irgend jemand, der bei der Vorführung solcher Waffen zugegen gewesen sein will. Die einen erzählen von einer Bombe, die mittels Raketen von Bord eines Flugzeuges abgefeuert wird und deren Sprengkraft eine ganze Stadt in Trümmer legen kann.
Andere behaupten, die neuen Projekte würden von besonders konstruierten Basen an der französischen Kanalküste abgeschossen.
Das Volk greift gierig nach solcher Mär. Der Glaube an die Wunderwaffe ist gegenwärtig das einzige Moment, das die Stimmung stimuliert. So meinte der Garderobier im Tennisclub Rot-Weiß, wenn die Wunderwaffe nicht wäre, würden wir keine Leiden mehr auf uns nehmen. Im Frühjahr 1918 versprach man sich ähnliche Wirkungen von einem Ferngeschütz gegen Paris.