"Die Wahrheit" - eine Betrachtung an Beispielen unserer deutschen Geschichte
Alleine die Definition von "Wahrheit" stellt die allermeisten intelligenten Menschen vor ein unlösbares Problem, nahezu identisch mit der unlösbaren Definition von "Gerechtigkeit". Es gab aber Zeiten, da wurde die "Wahrheit" von ganz oben diktiert. Und sie wurde erheblich mißbraucht, um zum Beispiel den Krieg als des "Volkes Wille" in die Köpfe der reichs- deutschen Bevölkerung zu tragen.
Auf den nachfolgenden Seiten lesen Sie viele Artikel aus einer deutschen Wochen- Zeitschrift über den Beginn des ersten Weltkrieges 1914 und den Verlauf dieses Krieges, den das Deutsche Reich samt der österreichischen k&k-Monarchie haushoch verloren hatte. Die besondere Aufmerksamkeit beim Lesen sollte sich auf die heroischen "auschmückenden" Attribute der kriegsverherrlichenden Beschreibungen richten.
Und wie man auch in modernen Zeiten die Wahrheit "manipulieren" könnte oder kann, lesen Sie in dem Buch des Dr. Eduard Stäuble (Fernsehen - Fluch oder Segen) aus dem Jahr 1979.
Diese "Betrachtungen" und Beispiele hier sind noch in Arbeit !
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Einleitung mit geschichtlichem Rückblick aus der Sicht von 1914
Wir haben zwar nur etwa 50 dieser Hefte, doch in den Archiven in USA habe ich die großen PDF Dateien gefunden, leider in schlimmen Zuständen.
Unsere ersten 10 Hefte sind erstaunlich gut erhalten, also scangeeignet. Dennoch muß jeder Artikel sorgfältig Korrektur gelesen werden und das dauert dann etwas länger.
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"Illustrierte Geschichte des Weltkriegs" - Heft 1
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Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart, Berlin, Leipzig, Wien. Copyright 1914 bei "Unlon Deutsche Verlagsgesellschaft" in Stuttgart.
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Die Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914.
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Unsere Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914 (Allgemeine Kriegszeitung) erscheint in wöchentlichen, reich mit Abbildungen "geschmückten" Heften zum Preise von je 25 Pfennig = 30 Heller mit zahlreichen Kunstbeilagen und Karten.
Nach dem bewährten Vorbild unserer rühmlich bekannten Jllustrierten Geschichte des Krieges 1870/71, die als einzige unter vielen heute noch stark verbreitet wird, bieten wir jetzt dem deutschen Volke abermals eine fortlaufende Zeitgeschichte aller wichtigen Kriegsbegebenheiten, bestimmt, die Ereignisse der jetzt über uns aufgegangenen großen Zeit in Wort und Bild dauernd festzuhalten und ein Hausbuch zu werden, das über die Ursachen und den Verlauf des uns aufgedrungenen Kampfes in abgeklärter Art "berichtet", Wertloses beiseite läßt und das Bedeutungsvolle und Bleibende sammelt, ein vaterländisches Werk für alt und jung, hoch und niedrig, für die Gegenwart und die Zukunft.
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- Anmerkung : Das obige ist überwiegend völliger populistischer propagandistischer Unsinn, denn es sind keine "Berichte" sondern Erzählungen, Geschichten und Storys.
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Originaltext : Hinweis zu den Inhalten der einzelnen Ausgaben
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Der billige Preis ermöglicht jedermann die Anschaffung dieser bedeutendsten illustrierten volkstümlichen Kriegsgeschichte. Neben der fortlaufenden erzählenden Geschichte des großen Völkerkampfes enthält jedes Heft Einzelberichte von den verschiedenen Kriegsschauplätzen, Berichte von Mitkämpfern, Ansichten von Gefechtsorten, Festungen, Häfen, Abbildungen von Fürsten, Heerführern, Helden des Krieges, Truppen, Diplomaten, Politikern, hervorragenden Perfönlichkeiten und Einrichtungen.
Man abonniert jederzeit am vorteilhaftesten durch die nächste Buch- oder Kolportagehandlung. Wenn keine solche in der Nähe ist, wird der Verlag über die beste Art des Bezugs Auskunft geben. Auch nimmt jedes Postamt Vierteljahresabonnements entgegen.
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Beiträge von Schriftstellern, Künstlern, Mitkämpfern, Kriegsberichte, Feldpostbriefe, Abbildungen usw. sind willkommen. Man adressiere an die "Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart" - Cottastrasse 13 (für die Weltkriegsgeschichte).
Vielen Fragstellern diene zur Aufklärung, daß der auf der ersten Seite jeden Heftes ersichtliche Copyriqhtvermerk den Inhalt gegen Nachdruck in Amerika schützt. Der Wortlaut ist durch gesetzliche Vereinbarung zwischen Deutschland und Amerika vom 4. März 1909 vorgeschrieben. Mit England steht der Vermerk in keiner Beziehung.
Hier beginnt der allererste Artikel aus dem esten Heft 1 :
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Die Geschichte des Weltkrieges 1914.
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- Auf, Deutschland, auf, und Gott mit dir !
- Ins Feld! Der Würfel klirrt !
- Wohl schnürt’s die Brust uns, denken wir
- Des Bluts, das fließen wird !
- Dennoch das Auge kühn empor,
- Denn siegen wirst du ja:
- Groß, herrlich, frei, wie nie zuvor !
- Hurra, Germania!
- Hurra, Viktoria!
- Hurra, Germania!
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Wir können die Geschichte des Weltkrieges 1914 nicht besser beginnen, als mit diesen Worten Freiligraths, die die Einleitung zu unserer "Jllustrierten Geschichte des Krieges 1870-71 abschlossen.
"Zum drittenmal seit hundert Jahren," schreibt Theobald Ziegler, "stehen wir den Feinden gegenüber; es sind immer dieselben, im Westen die Franzosen; zu ihnen kommen aber diesmal noch die Russen im Osten und unsere germanischen Vettern in England. Unsere Begeisterung ist in allen diesen drei Kriegen gleich groß. Und doch sind unsere Gefühle jedesmal andere.
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Wir zogen aus und wollten Rache ....... (für die Schmach von 1813)
- Ein Blick auf Serajewo, die Hauptstadt Bosniens, von Nordost. Das große Gebäude im Vordergrund rechts vom Miljadafluß ist das Rathaus, dem der Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin einen Besuch abftatteten. Vom Rathaus zieht den Fluß entlang der Uppelkai. Das Attentat wurde vor der letzten Brücke (im Hintergrund), an der die Franz-Joseph-Straße auf den Appelkai stößt, ausgeführt. Das große weiße Gebäude im Mittelgrund links ist die Franz-Joseph-Kaserne, das von Pappeln umgeben Gebäude der Ronal.
Als 1813 der Sturm losbrach, da zogen wir aus zur Hermannsschlacht und wollten Rache haben. Denn das deutsche Volk war gequält und mißhandelt von dem großen Korsen, der unseren Idealismus halb verachtete und halb fürchtete, und von seinen kleinen französischen Werkzeugen, denen Quälen eine Lust war.
Für die Mißhandlungen wollten wir Rache nehmen und haben sie genommen, wie jene Schwaben, die in Frankreich "Uhlbacher" (ein bekannter Württem- berger Wein) trinken wollten, weil die Franzosen in Uhlbach "Bordeaux" begehrt hatten. Und trotz dieses Rachegefühls - es war der heiligste Krieg, den je ein Volk geführt hat, ein gerechter Krieg. Denn um des Volkes Selbständigkeit und Freiheit ging es, um seine Existenz: darum war jedem als Pflicht aufgegeben der Kampf auf Leben und Tod.
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- Anmerkung : Hier wird mit dem Begrff "Gerechtigkeit" bereits Schindluder getrieben.
Und 1870 war es ein nationaler Krieg: nach einem blutigen Bürgerkrieg die Sühnetat des geeinten deutschen Volkes und die Abwehr eines Gegners, der uns nicht zur nationalen Einheit, zur staatlichen Zusammenfassung kommen lassen wollte, weil er wußte, daß das geeinte Deutschland für alle Zeit stärker war als er.
Daß wir damals das stattliche Haus des Deutschen Reiches gebaut und im Spiegelsaal zu Versailles die Kaiserkrone erneuert haben, gab diesem Krieg die Weihe. Wir fühlten zum erstenmal nach Jahrhunderten wieder deutsch, nur deutsch und ganz deutsch.
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Hurra Germania ! .... war die Losung !
Und jetzt wir - jetzt kämpfen wir um unsere Machtstellung gegen die Russen im Osten, gegen die Revanchegelüste im Westen und gegen den Neid und die Eifersucht, die längst schon die britischen Herzen erfüllen und vergiften.
- Anmerkung : "Revanchegelüste" im Westen bedeutet aber doch, daß diese Länder von Deutschland mal besiegt worden waren, Frankreich zuletzt in 1871, und daß die anderen jetzt (angeblich) dafür Revanche haben wollen. Auch in dem letzten Teil des Satzes werden absolute Unwahrheiten über die "britischen Herzen" festgezurrt, die so überhaupt nicht stimmten. Es geht inzwischen inganz Europa nur noch um Macht und nichts als die Macht in Europa - für den Autor dieser Hetzschriften selbstverständlich unter der Fuchtel der Deutschen.
Wir haben unsere Macht wahrlich nicht mißbraucht; wir waren friedlich - zuweilen nur zu friedlich und nur zu geduldig; wir wollten in Ruhe gelassen werden, um arbeiten zu können. Da fielen sie über uns her, Rußland voran, das in Serbien die Mörderbomben bereitgestellt und in Serajewo das blutige Zeichen zum Losschlagen gegeben hat.
Und wie (oder "als" ?) die russischen Gewehre losgingen, da folgten, freilich zu einer ihnen nicht sonderlich genehmen Stunde, die französischen ganz von selber nach; und in dem edlen Bund zwischen Republik und Zarenreich durfte natürlich auch das parlamentarische England nicht fehlen: es ist das perfideste und schamloseste Glied in diesem edlen Dreierverbande, weil seine Verbindung mit den zwei anderen die unnatürlichste ist.
Wollten wir den Krieg? Keiner von uns, obgleich wir seit Jahresfrist wissen, wie rastlos Rußland rüstet, wie Frankreich gegen uns die dreijährige Dienstzeit einführte und wie England uns durch das auf leichtgläubige Gemüter berechnete Spielen mit dem Abrüstungsgedanken und durch seine scheinheilige Freundlichkeit einzulullen suchte.
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Der Zorn
Und so erfüllt uns diesen sauberen Verbündeten gegenüber der Furor Teutonicus, der deutsche Zorn gegen die Mörderbande im Osten, Zorn gegen die alle ihre freiheitlichen Ideale verleugnenden Franzosen und Zorn vor allem gegen die Niedertracht des englischen Volkes, das sich nicht schämt, da mitzutun.
- Anmerkung : Hier wird ganz deutlich, daß ganz bewußt die Allmacht der Fürsten mit dem Willen des Volkes gleichgesetzt wird. Es ist (war - damals wie heute) ja so einfach, Meinung und Auffassung der Bevölkerung zu manipulieren. Insbesondere der letzte Satz ist völlig aus der Luft gegriffen, daß das englische Volk etwas gegen die Deutschen habe. Auch dort waren es die Militärs, die wieder mal etwas "action" haben wollten.
Zorn aber ist das aktivste Gefühl, das die Faust ballt, das Schwert kraftvoll fassen und den Gewehrkolben auf die Schädel der Feinde niedersausen läßt. Zorn macht stark, und Zorn erfüllt heute die Herzen unserer tapferen Soldaten, die Lüttich gestürmt und die große Schlacht zwischen Metz und den Vogesen geschlagen, die den Feind aus dem Oberelsaß hinausgeworfen haben.
- Anmerkung : Weiter unten ist akribisch aufgelistet, wer wem in welcher zeitlichen Reihenfolge den Krieg erklärt hatte.
Zorn erfüllt uns alle gegen die über uns herfallenden Gegner. Zorn ist etwas echt Menschliches und etwas ganz Männliches; er ist nichts Unheiliges; auch der Gott des "Alten Testaments" ergrimmte über die Bosheit der Menschen und der sanftmütige Jesus von Nazareth ergrimmte über die scheinheiligen Pharisäer. Also seien wir zornig, also lassen wir dem Zorn Raum: er soll uns helfen, er soll uns zum Sieg führen! Und darum rufen wir unserem Heere zu:
"Sei schrecklich heut, ein Schloßenwetter,
Und Blitze laß dein Antlitz spein!"
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Mars schreitet durch die Welt !
Ein europäischer Krieg, der durch das Vorgehen Japans auch nach Asien übergreift, ist entfesselt worden, wie ihn die Weltgeschichte noch nicht gesehen hat.
Sechs Großmächte mobilisierten (Anmerkung : Öst.-Ungarn, Deutschland, England, Frankreich, Russland und viel später auch Amerika und wer noch ?) so tut sich ein Schauspiel von erhabener Schaurigkeit vor unseren Augen auf.
Heilig seien uns jene Helden, die, für deutsche Kultur kämpfend, in diesem Kriege fallen. Und dreifach glücklich die Generation, die diesen Völkerkampf erlebt und als Sieger daraus hervorgeht.
Die Bluttat von Serajewo ist der Markstein, von welchem man ausgeht, wenn man dieses furchtbare Ringen beschreiben will. Wer sich aber auf einen höheren Standpunkt zu stellen vermag, wird erkennen müssen, daß auch ohne den zufälligen Anstoß, den jenes Verbrechen gab, die Welt mit Zundstoff gefüllt war, der sich endlich mit mächtiger Naturgewalt entladen mußte.
Zur Zeit, da wir diese Zeilen schreiben, hat das Ringen erst begonnen, aber es kann nicht zweifelhaft sein, wer in diesem Kampfe Sieger bleiben wird.
- Anmerkung : Hier ein seltener erster Hinweis auf die Zeit, in der dieser Artikel verfaßt worden sein könnte - also noch deutlich vor dem Kriegsende.
Die Welt geht nicht zurück, sie schreitet immer vorwärts, und nur der unbestrittene Sieg des Dreibundes, der mächtigen Schöpfung unseres großen Bismarck und seines hervorragenden Zeitgenossen Grafen Andrassy, kann einen Fortschritt unserer Kultur bedeuten.
Die Bluttat von Serajewo, der der österreichische Thronfolger und dessen Gemahlin zum Opfer fielen, bildete nur den äußeren Anlaß zu der begonnenen Abrechnung. Wie ein Alp lastete es seit langem auf der friedlichen Menschheit Deutschlands und Osterreichs, als ringsum die verbündeten Feinde mit Truppenverschiebungen, Probemobilmachungen, Verstärkung ihrer Streitkräfte durch Verlängerung der Dienstzeit ihre Absichten verrieten, obwohl sie den deutschen Michel mit schönen Worten zu täuschen suchten.
Die Frage in unserem Vaterlande ........... ?
Mit Bangen haben sich Tausende in unserem Vaterlande in dieser Zeit oft die Frage vorgelegt:
Werden wir den rechten Zeitpunkt nicht versäumen? Wird es nicht zu spät sein, wenn wir unsere Gegner erst "ganz fertig" werden lassen? Ein Zug der Befreiung ging durch die österreichischen und deutschen Lande, als der greise Kaiser Franz Joseph den Serben den Krieg erklärte, um die Monarchie freizumachen von den Übergriffen der serbischen Mörderbande. Das war eine Angelegenheit, die allein Österreich und Serbien betraf.
Daß jetzt Rußland, ohne selbst bedroht zu sein, in die Händel zwischen Osterreich und Serbien eingriff, nötigte Deutschland, seinem Bundesgenossen zu Hilfe zu eilen. Auch auf Deutschland lastete ja schon seit Jahrzehnten der Druck der russischen Drohung.
Rußlands Angriffslust war gestärkt worden durch das Drängen der französischen Revanceschreier (Anmerkung : der Krieg von 1971/72, den sie verloren hatten), und von England wußte man im voraus, daß es darauf brannte, dem mächtigen Deutschland, dessen sich immer weiter ausdehnende Handelsbeziehungen es längst mit eifersüchtigen Augen verfolgte, einen Schlag zu versetzen.
Diese Länder wollten den Krieg, und die Bluttat von Serajewo, die man als Ursache des gegenwärtigen Völkerringens ansieht, war nichts weiter als der Funke, der in das volle Pulverfaß europäischer Zwietracht fiel. Es konnte gar nicht anders kommen, als daß Deutschland und Osterreich sich vor die Aufgabe gestellt sahen, durch die Abwehr russischer Kosakengreuel, französischer Revanchegelüste und englischer Habgier das Entstehen von Zuständen zu verhüten, die gleichbedeutend gewesen wären mit dem Verluste ihrer politischen und kulturellen Existenz.
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Der Stand zum 29. Aug. 1914 - die Kriegserklärungen mit Datum
Hier eine authentische Auflistung der Zeit - also am 28. Juli 1914 ging der Krieg los.
Bis zum 29. August 1914 lagen folgende Kriegserklärungen vor:
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- Osterreich-Ungarn an Serbien (28. Juli)
- Deutschland an Rußland (1. August)
- Deutschland an Frankreich (3. August)
- Deutschland an Belgien (4. August)
- England an Deutschland (4. August)
- Osterreich-Ungarn an Rußland (6. August)
- Serbien an Deutschland (6. August)
- Montenegro an Osterreich-Ungarn (7. August)
- Frankreich an Osterreich-Ungarn (11. August)
- Montenegro an Deutschland (12. August)
- England an Osterreich-Ungarn (13. August)
- Ägypten an Deutschland (13. August)
- Japan an Deutschland (23. August)
- Osterreich-Ungarn an Japan (25. August)
- Osterreich-Ungarn an Belgien (28. August).
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- Anmerkung zu diesen Daten aus der Wikipedia :
- Am 4. August um 6:00 Uhr morgens teilte der deutsche Botschafter in Brüssel der belgischen Regierung mit, das Deutsche Reich sehe sich nach Ablehnung seiner Vorschläge gezwungen, die zur „Abwehr der französischen Bedrohung“ nötigen Maßnahmen nötigenfalls mit Gewalt durchzusetzen. Wenige Stunden später marschierten deutsche Truppen unter Bruch des Völkerrechts in das neutrale Belgien ein. Noch am gleichen Tag (4. August) überreichte der britische Botschafter Goschen dem deutschen Reichskanzler Bethmann Hollweg ein auf Mitternacht befristetes Ultimatum, in dem die Zusage verlangt wurde, dass Deutschland die belgische Neutralität entsprechend dem Londoner Vertrag von 1839 achten werde
- Nach Ablauf des Ultimatums befand sich Großbritannien im Kriegszustand mit dem Kaiserreich, die engl. Commonwealth- Staaten folgten umgehend (zumeist ohne gesonderte Kriegserklärung), womit sich innerhalb weniger Tage aus dem Lokalkrieg ein Kontinentalkrieg und aus diesem der Weltkrieg entwickelt hatte. Österreich-Ungarn erklärte Russland am 6. August den Krieg und beendete erst damit die „groteske Situation, daß Deutschland sich sechs Tage früher im Kriege mit Rußland befand als der Verbündete, um dessentwillen es den Kampf überhaupt aufnahm“
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Spätere Nachträge unserer Museums-Redaktion:
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- Italien an Österreich-Ungarn (23. Mai 1916)
- Rumänien an Österreich-Ungarn (27. August 1916)
- USA ?? 1917 ? -wird in späteren Artikeln noch genannt
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Kriegserklärungen ....... humoristisch ..... sowie eine Ein- schätzung der europäischen militärischen Macht-Verhältnisse
Einige dieser Kriegserklärungen wirkten geradezu humoristisch, so zum Beispiel die Kriegserklärungen von Serbien und Montenegro an Deutschland. Daß Ägypten seine Neutralität aufgab, war kein Wunder, denn es steht unter dem Protektorate Englands, das dort das Zepter schwingt.
Auf die Neutralität des Suezkanals brauchen Deutschland und Osterreich daher keine Rücksicht mehr zu nehmen. Gegen Deutschland kämpft im Osten Rußland, im Westen Frankreich, Belgien und England. Eine gewaltige Kriegsmacht zu Lande, nicht minder aber zur See, wenn auch die überlegene Flottenmacht Englands uns nicht bange zu machen braucht, denn sein Flottenbauplan ist noch nicht ganz durchgeführt und seine Schiffe sind in der ganzen Welt zum Schutze der englischen Kolonien zerstreut.
Für den europäischen Kriegschauplatz, für eine Seeschlacht gegen uns kommt nur ein Teil der englischen Flottenmacht in Frage. Der Hauptübelstand der englischen Flotte ist aber der Mangel an Besatzung. In Friedenszeiten fehlt etwa ein Drittel der erforderlichen Mannschaften, und wenn auch im Kriege mehr Anstrengungen gemacht werden dürften, um den Bedarf an Mannschaften zusammenzubringen, so ist es bei dem Fehlen der allgemeinen Wehrpflicht sehr fraglich, ob die Bemühungen Erfolg haben werden.
Auch die Kriegsbegeisterung und Disziplin in der englischen Schiffsmannschaft steht weit hinter derjenigen unserer "blauen Jungen" zurück, die für ihr Vaterland, nicht für den täglichen Sold fechten und daher im Seekrieg nicht geringere Kampfbegeisterung und Stoßkraft betätigen werden als unsere unvergleichlich tüchtige Landmacht.
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Die Russen und die Franzosen
Die russische Armee steht ihrer Zahl nach nur auf dem Papier. Die dort genannten Millionen können unmöglich aus dem gesamten russischen Reiche an unseren Grenzen zusammengezogen werden. Überall ist die Korruption in der russischen Beamtenschaft so ungeheuerlich, daß der Kriegsbedarf oft gänzlich fehlt und die Verpflegung der Truppen fast unmöglich gemacht ist.
Die Franzosen stehen in der Kultur höher als die Russen, ihr Heer ist deshalb auch höher einzuschätzen. Aber auch hier fehlt die Kriegsbereitschaft. Die Artillerie steht weit unter der unsrigen; das Proviantwesen liegt im argen. Dazu kommt noch, daß Rußland von aufrührerischen Umtrieben zerrüttet ist und das Volk vom Krieg nichts wissen will.
Ebenso protestiert man in Frankreich gegen den Krieg, kurz, jede Einigkeit fehlt. Belgiens Kriegsmacht spielt für uns nur eine geringe Rolle. Die kriegführenden Mächte Serbien und Montenegro sind zu unbedeutend, um einen großen Einfluß auf den Gang der Ereignisse auszuüben.
Demgegenüber stehen die Heere Deutschlands und Osterreich-Ungarns geeint und gefestet da, einig in dem Willen, die gemeinsamen Feinde niederzuwerfen. Sowohl unser Heer wie auch dasjenige Osterreich-Ungarns ist in allen seinen Einzelheiten in strenger Disziplin ausgebildet, die einzelnen Waffengattungen und das Proviantwesen sind zur höchsten Stufe entwickelt. Es sind mehr Soldaten und mehr Schiffe vorhanden, als auf dem Papier stehen, und vom gesamten Kriegsbedarf fehlt kein Hosenknopf.
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