Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45
Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Die Technik der deutschen Bildkamera für Normalfilm nebst Zubehör - insbesondere Optiken
aus „Kinotechnik" Heft 12 / Nov. Berlin 1937 - Nach einem auf der ersten Jahrestagung der Deutschen Kinotechnischen Gesellschaft vorgetragenen Bericht von Dr.-Ing. Paul Heinisch
Drei neue deutsche Kameratypen
Die deutsche feinmechanische Industrie hat in den letzten Jahren unabhängig von ausländischen Vorbildern einige Kameratypen entwickelt. Ihrem Verwendungszweck entsprechend kann man sie grundstäzlich wie folgt einleiten
- 1. Die ausgesprochene Freihandkamera
- 2. Die Bildberichterstatterkamera
- 3. Die stativgebundene Berufsaufnahmekamera, die ihre endgültige Reife in der geräuschlos arbeitenden Atelierkamera findet
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1. Die Freihandkamera
Im Gegensatz zum Auslande hat sich in Deutschland ausschließlich der elektrische Antrieb von Freihandkammern durchgesetzt. Zuerst brachte die Münchener "Firma Hodres" eine 60m-Handkamera heraus, deren Bildwechselzahl durch Zentrifugalregulator eingestellt werden kann.
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Das neue Kind von ARRI wurde sogar beim Namen genannt - Arriflex
Hier der Originaltext :
Die Arriflex-Kamera der Firma Arnold & Richter in München (Bild 1) zeichnet sich durch die Spiegelreflexeinrichtung aus, die durch eine schräggestellte, zur Hälfte versilberte Glasscheibe als Umlaufblende ausgebildet ist. Das Fassungsvermögen der Außenkassetten ist ebenfalls 60m. Einschließlich dreier Objektive hat man das Gewicht der geladenen Kamera auf knapp 4kg herabdrücken können.
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- Anmerkung : Bei den Neuvorstellugen einer neuen 35mm Kamera mit einer völlig neuen Suchertechnik wurde mehrfach weder der Name noch der Hersteller genannt - was mich sehr verwunderte.
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Bei der 60m-Kamera der Berliner Firma Amigo handelt es sich um eine Kamera mit Innenkassetten, die ein gemeinsame Vor- und Nachwickelrolle besitzen. Ein außen angebrachter Newton-Sucher läßt sich zugleich als Filmeinstellupe verwenden. Bei dieser Kamera ist das Getriebe bewußt so einfach wie möglich gehalten worden; Justiergreifer und Pendelfenster fehlen.
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2. Die Bildberichterstatterkamera
Für die erhöhten Anforderungen des Bildberichterstatters wurde die Schulterkamera der Askania-Werke A.G., Berlin (Bild 2) entwickelt. Aus diesem Grunde wurde die Kamera zunächst mit Schnellwechselkassetten ausgerüstet, wodurch das Neuladen der Kamera in wenigen Augenblicken und mit einer Hand allein vorgenommen werden kann, da ein Einfädeln des Filmes innerhalb der Kamera wegfällt.
Der mit drei Objektiven ausgerüstete Revolverkopf ermöglicht durch Betätigen einer Drucktaste ohne Unterbrechung der Aufnahme einen raschen Übergang von der einen Brennweite zur anderen. Dje Objektive selbst sind untereinander bezüglich Schärfen- und Irisblendeneinstellung gekuppelt.
Im Gegensatz zu den im ersten Abschnitt erwähnten Modellen enthält das Schaltwerk der Schulterkamera doppelseitig wirkenden Transportgreifer und Justiergreifer, sowie Pendelfenster. Der verstellbare Sektor läßt sich bis 190° öffnen. Auf Grund dieser Ausstattung ist dieser Kameratyp auch als leichte Stativkamera verwendet worden, zumal der Anbau von langbrennweitigen Fernoptiken leicht vorgenommen werden kann.
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3. Die stativgebundene Berufskamera
Als stativgebundene Berufskamera für 120m ist die Z-Kamera der Askania-Werke im In- und Auslande bekannt. Mit diesem Gerät können Zeitdehneraufnahmen bis 100 Bilder in der Sekunde hergestellt werden.
Der während der Aufnahme verstellbare Hellsektor beträgt maximal 157° und ist ¡n der Sonderausführung dieser Kamera, der Röntgenkamera, auf 270° vergrößert. Diese Abart hat sich außerdem bei Aufnahmen von Hintergrundprojektionen und besonderen Farbfilmverfahren bewährt.
Ohne große Schwierigkeiten wurde die normale Z-Kamera für das Siemens Farbfilmverfahren umgebaut. Es war im wesentlichen nur notwendig, ein besonderes Filmfenster einzusetzen. Die für das Bipack-Verfahren verwendete Abart der Z-Kamera ist unter der Bezeichnung „Vierkassettenkamera“ bekannt geworden. Es sind für die Z-Kamera eine Reihe von Ergänzungsgeräten, wie Kompendien, Kombinationsblenden, Zeitraffer, Mikroeinrichtungen und Registrierwerke geschaffen worden, die die Anwendungsmöglichkeiten erweitern.
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1937 - Das Pumpenstativ der Tobis GmbH
Für Aufnahmengeräte dieser Größenklasse ist von den Askania-Werken eine Reihe Stative entwickelt worden, die teils als Schwenkstative, wie z. B. das schnellausrichtbare Kugelkopfstativ, teils als Schwungmassenstative ausgebildet sind.
Von der Firma Hodres wurde kürzlich ebenfalls ein leichtes Schwungmassenstativ herausgebracht.
Neuerdings wurde von der Firma Tobis ein sogenanntes Pumpen- stativ (Bild 3) entwickelt, dessen Höhenverstellung hydraulisch mitels Fußhebels erfolgt. Im ausgefahrenen Zustand erreicht dieses Stativ ohne Kopf eine Höhe von 1,5 m.
Da durch Betätigung des Rücklaufventils das Stativ sehr geschmeidig bis auf 48cm Höhe eingefahren werden kann, ist es durchaus möglich, während des Einziehens Aufnahmen mit besonderer Wirkung auszuführen.
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- Anmerkung : Damit ist also mit einem Bild aus 1937 wiederlegt, daß die Firma Vinten in England das weltweit erste "Pumpenstativ" konstruiert und gebaut hatte.
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Das ebenfalls von der Tobis für eigenen Bedarf konstruierte Froschstativ (Bild 4) ist insofern bemerkenswert, als für den Transport die Auslegerfüße eingeklappt werden können.
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Eine geräuschlos arbeitende Atelierkamera ist in Arbeit
An der Schaffung einer geräuschlos arbeitenden Atelierkamera wird in Deutschland an mehreren Stellen intensiv gearbeitet. Eine von den Askania-Werken hergestellte Probeausführung (Bild 5) mit 300m-Innenkassetten, Mattscheibeneinstelung und Objektiven in Einheitsfassungen, sowie den übrigen für den praktischen Atelierbetrieb kennzeichnenden Merkmalen wurde im Sommer dieses Jahres dank der Unterstützung eines deutschen Filmunternehmens erprobt.
Es hat sich gezeigt, daß der eingeschlagene Weg der richtige war. Auf Grund der gewonnenen Erfahrungen und der Zusammenarbeit mit namhaften Fachleuten der Aufnahmetechnik wurde die Weiterentwicklung in hohem Maße gefördert.
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Optiken - Einleitung
Es würde über den Rahmen dieses Berichtes hinausgehen, wenn auf alle in Deutschland hergestellten und für kinemato- graphische Aufnahmen verwendeten Optiken eingegangen werden sollte. Es werden daher nur einige genannt, welche besondere Bedeutung klangt haben.
Die Tachare und Pantachare der Astro-Gesellschaft, Berlin, sind weltbekannt. Bild 6 zeigt die bereits erwähnte Wechselplatte des Objektivrevolvers der Schulterkamera mit den gekuppelten Pantacharen 1:1,8 mit den Brennweiten 28, 50 und 75mm, die zusammen mit dem Mechanismus nur wenig mehr als ein Pfund wiegen. Das gibt ein besonders deutliches Beispiel einer vorteilhaften Anwendung von Austauschwerkstoffen.
In jüngster Zeit sind die Farbtachare entwickelt worden, welche u. a. auch beim Siemens-Farbfilm Verwendung finden. Es sei an das lichtstärkste Objektiv, das Tachon 1:0,95 der Astro-Gesellschaft erinnert, dessen Wirkungsgrad, um ein praktisches Beispiel zu nennen, so hoch ist, daß die beim Anzünden einer Zigarette hervorgerufene Beleuchtungsstärke genügt, um ein gut durchgezeich- netes Bild des Rauchers zu erzeugen.
Eine andere deutsche Spitzenleistung ist das von Carl Zeiß, Jena, hergestellte R-Biotar, ein Spezialobjektiv für Röntgenaufnahmen mit einem Öffnungsverhältnis von 1:0,85. In Verbindung mit der Askania-Röntgenkamera lassen sich nunmehr Aufnahmen im 24-Bilder-Tempo vom lebenden Menschen ohne die geringsten organischen Schädigungen herstellen.
Fernobjektive
Für Fernobjektive hat man schon seit Jahren 2 Objektivtypen verwendet, nämlich die von der Astro-Gesellschaft in den Handel gebrachten Fernbildlinsen und die von den Askania-Werken erzeugten Spiegellinsenobjektive, deren Vorbilder astronomische Instrumente, nämlich der photographische Refraktor und das Cassegrainsche Spiegelteleskop sind.
In jüngster Zeit sind die Öffnungsverhältnisse der Spiegellinsenobjektive bis auf 1:3 gesteigert worden. Ihre geringe Baulänge bis zu 1/5 der Brennweite und die damit verbundene Standsicherheit werden für gewisse Zwecke vorteilhaft sein.
Für Linsenobjektive gleicher Brennweite sprechen die geringeren Herstellungskosten. Es sind kürzlich bei den Askania-Werken langbrennweitige Linsenobjektive entwickelt worden mit einem Öffnungsverhältnis bis 1:3, welche besonders für die langwelligen Strahlen beste Korrektur aufweisen.
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Man nannte den Zoom-Vorsatz damals den "Transfokator"
Besondere Beachtung verdient die von der Astro-Gesellschaft entwickelte Gummilinse, der sogenannte Transfokator (Bild 7), ein optisches System, das dem eigentlichen Aufnahmeobjektiv vorgesetzt wird.
Der Transfokator ist für ein Objektiv von 50mm Brennweite bei 1:2,3 berechnet. Durch Verschiebung zweier Innenlinsen läßt sich die Brennweite kontinuierlich von 36 bis 72mm verändern. Durch Bewegung der Vorderlinse wird auf die gewünschte Entfernung eingestellt.
Zusammenfassend kann gesagt werden daß wir in Deutschland, dem Mutterlande der Präzisionsoptik, Optiken besitzen, die allen Anforderungen genügen, und daß wir für neu auftauchende Probleme in kurzer Zeit entsprechende Typen entwickeln können.
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- Anmerkung : 35mm Film-Kameras dieser Bauart in eckigen Vollmetall-Kästen wurden nicht nur von Askania in Berlin hergestellt. Auch die Firma Schneider & Munzke in Dresden baute - sogar noch nach 1945 und auch wieder in Dresden - eine sehr ähnliche Kamera. Hier geht es zu der Seite von Schneider & Munzke.
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