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Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45

Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Der Lautstärkenumfang der Eurocord-Schrift

aus „Kinotechnik" Heft 10 / Sept. - Berlin 1937 von H. Chr. Wohlrab - ein Vortrag, gehalten vor der Deutschen Kinotechnischen Gesellschaft e. V. und der Fachgruppe Tonmeister in der Fachschaft „Film“ der Reichsfilmkammer am14. Januar 1937 von H. Chr. Wohlrab
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Das Maß des Lautstärkenumfangs - heute heißt das "Dynamik"

Nach den Untersuchungen von A. Narat *1) hat die „Eurocord“-Schrift (Ein-Doppelzackenschrift mit Klartonwirkung durch Abdeckverfahren) einen Dynamikumfang von 1:3.600.

*1) A. Narath, Dynamik und Reintonwirkung der verschiedende Schriftsysteme im Tonfilm. Tonfilmtechn. Forsch.-Arb. d. Klangfilm G. m. b. H. 1937

Das bedeutet: Die durch das „Filmrauschen“ (Kornrauschen, Ungleichmäßigst von Schicht und Zelluloid, Staub, Schrammen usw.) bei der Tonwiedergabe in der Fotozelle erzeugte Wechselspannung verhält sich zu der durch einen voll ausgesteuerten Sinuston mittlerer Frequenz erzeugten Wechselspannung wie 1:3600. Diese beiden, zueinander in Beziehung gesetzten Spannungswerte stellen die beiden Grenzen dar, in denen der aufnehmbare Lautstärkenumfang unterzubringen ist.

Das Schallereignis im Lichtspieltheater

Den Besucher eines Lichtspieltheaters, für dessen Zufriedenstellung letzten Endes die Untersuchungen über den Dynamikumfang der „Eurocord“-Schrift gemacht wurden, interessiert nun nicht die Tonschrift, sondern das Schallereignis im Lichtspieltheater.

Es ist also festzustellen, welche Auswirkung der große Dynamikumfang der „Eurocord“-Schrift für die Theaterwiedergabe hat, daneben aber auch, welche besonderen Wirkungen der aufnehmende Tonmeister damit erzielen kann und welche Arbeitserleichterungen sich für den Tonmeister ergeben.

Das "Richtigste" (Uiui, das war damals schon falsch) wäre jetzt, zu untersuchen, wie der einzelne Zuhörer den Lautstärkenumfang empfindet. Da aber alle Versuche, Lautstärkeempfindungen - etwa durch Verdoppelung der Lautstärke u. a. - meßtechnisch zu erfassen, bisher zu äußerst unbefriedigenden Ergebnissen geführt haben, ist es besser, auf die objektiven Meßgrößen des Schallfeldes - Schall-Leistung und Schalldruck - zurückzugreifen.

Wie in der Elektrotechnik Leistung und Spannung, so stehen in der Akustik die entsprechenden Größen "Schall-Leistung" - allgemein als „Lautstärke“ bezeichnet - und Schalldruck in einer quadratischen Beziehung zueinander. Vergleicht man - etwa zur Bestimmung des Lautstärkeumfanges - zwei Schallvorgänge (1) und (2) miteinander, so kann man das in Schall-Leistung (J) oder Schalldruck (p) tun. Man erhält dann die Beziehung:

J1/J2 = p1²/p2² ................. Formel ......... (1)
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Das Ohr hat einen deutlich größeren Dynamik-Umfang

Der Lautstärkenumfang, den das Ohr aufzunehmen vermag, ist im Vergleich außerordentlich groß. Das Verhältnis von der geringsten Schallstärke, die das Ohr gerade noch wahrnehmen kann (Hörschwelle), bis zu derjenigen, bei der die Schallempfindung sich mit einer Schmerzempfindung verbindet, ist 1:10 hoch 13, das entsprechende Schalldruckverhältnis nach (1) 1:3,16 x 10 hoch6.

Diese hohen Verhältniszahlen sind für Messung und Vorstellung unbequem groß, außerdem entsprechen sie nicht dem, was der Mensch als Lautstärke wirklich empfindet, denn die Empfindlichkeit des Ohres nimmt mit zunehmender Lautstärke ab, und zwar um so stärker, je größer die Lautstärke wird.

Dieser Empfindlichkeitsverlauf läßt sich zwar - wie bereits gesagt - nicht meßtechnisch genau erfassen, er ist auch bei verschiedenen Menschen verschieden; er wird aber durch die logarithmische Beziehung zwischen empfundener und physikalischer Lautstärke einigermaßen brauchbar beschrieben (Weber-Fechnersches Gesetz).

Es ist deshalb angebracht, das Lautstärkeverhältnis (L) zweier Schallvorgänge unter Bezugnahme auf (1) anzusetzen:

L = log J1/J2 = log P1²/P2² = 2 x log p1/p2  ................. (2)

Der sich dabei ergebende Verhältniswert wird in „bel“ ausgedrückt.
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Wir benutzen aber das Dezibel

Es ist aber in der Technik üblich, an Stelle des „bel“ dessen zehnten Teil, das „decibel“, abgekürzt „db“, zu verwenden, so daß die Gleichung (2) in die technisch gebräuchliche Form (3) übergeht:

L(db) = 10 x log J1/J2 = 10 x P1²/P2² = 20 x logp1/p2 ..... (3)
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Tafel 1. Beziehungen zwischen Schalldruck, Schall-Leistung und Schallereignis

kommt als Bild

Normalerweise sind db Werte relativ zu einem Bezugswert

Diese Gleichung gilt für zwei beliebige Schallvor gänge, deren Lautstärkeverhältnis bestimmt wird. Sie ergibt also nur Relativwerte. Man hat deshalb, um eine absolute Lautstärkenskala zu erhalten, die Größ J2 bzw. p2 festgelegt und bezieht alle anderen Lautstärkenwerte auf diesen Grundwert.

Diese Grundlautstärke hat ein Sinuston von 1.000 Hz, der gerade an der Hörbarkeitsgrenze liegt; sie beträgt 2,4 x 10 hoch-16 Watt/cm2, der entsprechende Schalldruck 3,16 x 10 hoch-4 dyn/cm2.

Mit der in der Akustik üblichen Bezeichnun „Bar“ für den Schalldruck bedeutet das, da
1 Bar = 1 dyn/cm2 (4)

ist, für die Hörschwelle

p2= 3,16-10-4 Bar (5

Jetzt kann man auf dieser Basis (5) nach (3) ein absolute Lautstärkenskala aufbauen, deren Werte ma nicht mit den „db“ der relativen Werte bezeichnet sondern mit „Phon“.

Anmerkung zum Verständnis : „Phon" ist daher ein absoluter Wert.

Nach Gleichung (3) beträgt dann die Lautstärke an der Hörschwelle 0 Phon, an de Schmerzschwelle 130 Phon. Die Beziehung „db = „Phon“ gilt nur für 1.000 Hz, für alle anderen Frequenzen müssen die bekannten Kingsburyschen Kurve der Ohrenempfindlichkeit berücksichtigt werden, wenn man von „Phon“ sprechen will.

Die Beziehungen zwischen Schalldruck usw. ........

Die Tafel 1 zeigt die Beziehungen zwischen Schalldruck, Schalldruckverhältnis, Schall-Leistung, Lautstärkeverhältnis und Phon, und sie gibt auch Schallereignisse an, die ungefähr den verschiedenen Phonwerten entsprechen.

Die mit der „Eurocord“-Schrift aufgezeichneten Amplituden sind proportional dem am Mikrofon auftretenden Schalldruck, und ebenso ist der vom Lautsprecher erzeugte Schalldruck proportional der Tonaufzeichnung.

Man kann also die von A. Narath festgestellten Dynamikwerte der verschiedenen Tonschriften direkt in die Tafel 1 einsetzen. Sie gelten allerding nur in „db“, solange nichts über die Absolutlautstärke im Theater festgesetzt ist. Man erhält so die Tafel 2.

Tafel 2. Labor-Messung und praktische Werte

Schriftart Labor-Messung linear Labor-Messung db praktisch db
Eurocord 3600 70 60
14 Zacken ohne Klarton 170 45 40
Sprossen mit Klarton 340 50 50
Sprossen ohne Klarton 90 40 40

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Erläuterung zur Tabelle :

Die in der Spalte „Labor-Messung“ angegebenen Werte weichen von denen für die Praxis anzusetzenden bei den Zackenschriften etwas ab.

Das liegt daran, daß man in der Praxis immer mit geringen Verunreinigungen, Schrammen oder Kratzern auf Negativ und Positiv rechnen muß, die sich bei Laboratoriumsuntersuchungen weitgehend vermeiden lassen.

Bei „Eurocord“- und 14-Zackenschrift treten diese Störungen in relativ gleichem Maße auf, sie werden aber bei der 14-Zackenschrift dadurch etwas kompensiert, daß es praktisch nicht notwendig ist, die in der Arbeit von Narath geforderte strenge Linearität der Steuerkennlinie genau einzuhalten, sondern daß man ohne Störung etwas weiter aussteuern kann.

Eine ideale Tonaufnahme und -Wiedergabe erhält man, wenn weder bei der Aufnahme noch bei der Wiedergabe das Dynamikverhältnis durch zusätzliches Regeln verändert werden muß.

Für das Theater kommt dazu die Forderung, daß das Störgeräusch, das bekanntlich die untere Grenze des Lautstärkenumfanges bildet, gerade unter die Hörschwelle fällt und die einzelnen Schallereignisse in ihrer natürlichen Lautstärke erscheinen, d. h. also, daß die „db“-Werte der Tafel 2 als „Phon“-Werte angesehen werden können.
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Die Dynamikumfänge von Orchester und Film

Für die beiden Haupt-Schallvorgänge des Tonfilms, Sprache (40 Phon) und Orchestermusik (60 Phon) wird diese Forderung mit der „Eurocord“-Schrift (60 db Phon) hinreichend erfüllt.

Bei der 14-Zackenschrift kann sie für Sprache erfüllt werden, für Orchestermusik muß mit einem Störgeräusch von 20 Phon gerechnet werden, wenn die volle Aussteuerung mit natürlicher Lautstärke wiedergegeben werden soll.

Dann darf allerdings der Dynamikumfang des Orchesters nur zwischen 30 und 60 Phon liegen, damit dieses in den 40 db der 14-Zackenschrift untergebracht werden kann. Eine größere Dynamik muß entsprechend „eingeebnet" werden.

Bei der Sprossenschrift mit Klarton liegen die Verhältnisse etwas günstiger als bei der 14-Zackenschrift. Wenn nun auch mit der „Eurocord“-Schrift noch längst nicht der volle vom Ohr aufnehmbare Dynamikumfang erfaßt werden kann, und wenn auch sogar der optimale Lautstärkenumfang von 60 Phon nur für sehr sorgfältig behandelte Negative und Kopien aufrechterhalten, werden kann, so ergeben sich durch die Erweiterung um 20 Phon gegenüber den bisher in Deutschland gebräuchlichen Tonschriften - Sprossenschrift ohne Klarton (das Klangfilm-Klartonverfahren für Sprossenschrift wird nur im Ausland benutzt) und 14-Zackenschrift, bei der ein Klartonverfahren nur geringe Wirkung hätte, - folgende wichtige neue Wirkungsmöglichkeiten für das Lichtspieltheater:

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  • 1. Die Senkung des Grundgeräusches unter die Hörschwelle tritt besonders bei Dialogszenen ohne Musikuntermalung wirksam in Erscheinung. Die völlige Stille während der Sprachpausen gibt dem Wort größere Natürlichkeit, und wenn auch heute das Filmgeräusch im Ablauf des Filmes oft nicht vollbewußt empfunden wird, so gibt es doch dem Ton den Charakter des mechanischen, der Schall-Konserve.
  • 2. Durch die Senkung des Störgeräusches unter die Hörschwelle wird dem Ton das Gebiet der sog. „kleinen Geräusche“ erschlossen, das sind die Geräusche, die nicht zum Dialog gehören, auf die sich das Ohr auch nicht bewußt einstellt, um sie wahrzunehmen, sondern die nebenher da sind, die „akustische Atmosphäre“ bilden und den Bildraum akustisch vertiefen. Gemeint sind damit z. B. im Zimmer das leise Ticken oder Schlagen einer Uhr, das Knistern des Feuers im Kamin, in der freien Landschaft die Geräusche der Ferne: wie das Bellen eines Hundes, das Knarren der Räder eines Wagens, ferne Musik. Diese „kleinen“ Geräusche können, sinnvoll vom Regisseur in die Szenen eingefügt, die Handlung beleben, ihr Farbe und Spannung geben, bedeuten also ein weiteres, künstlerisches Hilfsmittel für den Regisseur, das er jetzt erst voll einsetzen kann, weil er es in der Aufnahme quantitativ dosieren kann, während die Wirkung bisher von dem Theatersteuerer abhängig oder überhaupt nicht zu erzielen war, da der lautstärkenmäßige Abstand zu den Haupttonergebnissen (Dialog) oft nicht einzuhalten war und die „kleinen“ Geräusche ein zu großes Gewicht bekamen oder ganz wegfielen.
  • 3. Auch die Haupttonereignisse, Dialog, Gesang, können durch die Erweiterung nach kleineren Lautstärken hin in ihrer inneren Dynamik und damit in der tieferen Wirkung für die Handlung belebt werden. Wenn auch geflüsterte Szenen bisher durch den Tonsteuerer im Theater auf die richtige Lautstärke gebracht werden konnten, so ist es doch für den Regisseur und den Tonmeister entscheidend, zu wissen, daß die von ihnen gewollte Wirkung einer bestimmten Lautstärkenstufe auf dem Film bereits festliegt und nicht Hunderten vonTonsteuerern überlassen bleibt, auf die sie nicht den geringsten Einfluß haben.
  • 4. Den stärksten Ausdruck findet aber der erhöhte Lautstärkenumfang in der Möglichkeit der gegensätzlichen Darstellung, in der Gegenüberstellung von laut und leise. Es ist damit auch ein wesentlich erweitertes Crescendo im Ton möglich, das in der Musik, in Geräuschen oder im gesprochenen Wort erscheinen kann und einen sich in Tempo und Spannung steigernden Handlungsablauf auch tonlich mit starker Wirkung unterstreichen kann, während das bisher hauptsächlich nur bildlich durch entsprechende Einstellung und Schnitt geschah.
  • 5. Für den Theaterbesitzer ergibt sich bei „Eurocord“-Filmen der Vorteil, vom Tonsteuerer unabhängig zu werden. Wenn auch in vielen Theatern durch den Tonsteuerer oft hervorragende und künstlerisch einwandfreie Wirkungen erzielt wurden, gibt es doch leider sehr viele Theater, in denen der Tonsteuerer - aus was für Gründen auch immer - seiner Aufgabe nicht gewachsen ist. Und das Gefährliche an einer falschen Steuerung im Theater ist, daß sie vom Theaterbesucher nur selten bewußt als solche empfunden wird, und daß nur ein unbefriedigter Eindruck hinterbleibt, über dessen eigentliche Ursache der einzelne sich nicht einmal klar Rechenschaft geben kann, der aber das allgemeine Urteil des Filmes belastet. Geschädigt wird dabei neben Produzent, Regisseur und Verleiher auch der Theaterbesitzer.

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Acuh der Tonmeister muß dazulernen

Für den Tonmeister ändert sich mit Einführung der „Eurocord“-Apparatur der Aufgabenkreis. Das unkünstlerische „Ausregeln“ der Schallereignisse verschiedener Lautstärke wie es bisher aus Gründen des geringeren Lautstärkenumfanges der Apparaturen notwendig war, fällt weitgehend weg.

Dafür wird der Tonmeister frei für die jetzt notwendige, feinere Abstimmung aller Schallereignisse aufeinander, wie sie für die gewollte, künstlerische Wirkung gefordert wird. Beim Mischen kann er mit dem Regisseur den Ton endgültig so abgleichen, wie er im Theater erscheinen soll und er weiß, daß er auch so erscheinen wird.

Es ist damit endlich, wie im Bild, so jetzt auch im Ton, der Film als Ganzes in seinen sämtlichen künstlerischen Wirkungen einmalig festgelegt und auch für alle Vorführungen festgehalten.

Die Mischarbeit des Tonmeisters wird erleichtert

Rein technisch erleichtert das stark abgesenkte Grundgeräusch dem Tonmeister die Mischarbeit. Denn wenn auch das Grundgeräusch beim Mischen zweier Aufnahmen mit niedrigem und zweier Aufnahmen mit hohem Grundgeräusch etwa um den gleichen Prozentsatz erhöht wird, ist doch die absolute Zunahme bei den Aufnahmen, die schon selbst ein niedriges Grundgeräusch haben, entsprechend geringer, also leichter zu beherrschen.

Es entsteht jetzt die Aufgabe für Drehbuch-Autor, Regisseur und Tonmeister, die mit dem weiten Dynamikumfang der „Eurocord“-Apparatur geschaffenen neuen künstlerischen Möglichkeiten zu erkennen und auszunutzen. Erst dann werden sie die Apparatur voll auswerten und zum Nutzen ihrer Produktion einsetzen können.
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