Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45
Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Der Stand der raumakustischen Forschung unter besonderer Berücksichtigung der praktischen Bedürfnisse
aus „Kinotechnik" Heft 13 / Dez. - Berlin 1937 - Vortrag auf der 1. Jahrestagung 1937 der DKG von Hans-Joachim v. Braunmühl
Die Prüfung im Fach Akustik - ein Trick
Wenn früher ein Hochschulprofessor den Kandidaten beim Examen fragte, über welches Teilgebiet der Physik er am liebsten geprüft werden möchte und der Kandidat seines Wissens nicht sicher war, pflegte er Akustik anzugeben.
Warum? Weil in dem Physikbuch der damaligen Zeit der Akustik nur einige Seiten gewidmet waren, die man verhältnismäßig leicht hatte auswendig lernen können. Dies ist jetzt bis zu einem gewissen Grade anders geworden, allerdings mehr auf dem Gebiete der Elektroakustik, die infolge der Bedeutung, die sie für technische und industrielle Zwecke gewonnen hat, in dem letzten Jahrzehnt außerordentlich stark bearbeitet wurde und zu einem stolzen Lehrgebäude gewachsen ist. Nicht ganz so gut erging es der reinen Akustik, die von den Fortschritten der Elektroakustik nur mittelbar profitierte, besonders dadurch, daß die Meßinstrumente für die physikalische Forschung zu hoher Vollkommenheit entwickelt wurden.
Eine schlechte Raumakustik bei der Aufnahme ist nicht zu korrigieren
Aus dem weiten Gebiete der physikalischen Akustik hat die Raumakustik mit die engsten Beziehungen zur Praxis, denn es sind die im Raum entstehenden Klangbilder, mit denen die Elektroakustik für die Übertragung und Aufzeichnung von Schall zu rechnen hat.
Ist es da nicht eine befremdende Tatsache, daß sich eine hochentwickelte Elektroakustik häufig mit unzulänglichen Originalklangbildern herumzuschlagen hat, deren Mängel in der Mehrzahl der Fälle durch eine schlechte Raumakustik begründet sind?
Die Elektroakustik, daran gewöhnt, Fehler eines Übertragungsweges durch Entzerrungen und Kompensationen zu meistern, steht etwas ratlos vor der Tatsache, daß sich eine schlechte Hörsamkeit elektrisch nicht entzerren läßt, genau so wenig, wie sich ein unscharfes Lichtbild mit optischen Hilfsmitteln scharf machen läßt.
Die Arme der elektroakustischen Industrien reichen offenbar nicht so weit, um auf die akustische Gestaltung der Räume Einfluß zu nehmen, in denen ein Mikrophon für die Aufnahme oder ein Lautsprecher für die Wiedergabe stehen soll, und selbst wenn dies der Fall wäre, fehlen augenscheinlich in vielen Fällen die physikalischen Unterlagen, nach denen die hörsamkeitsverbessernde Neu- oder Umgestaltung eines Raumes erfolgen kann.
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Die Architekten und deren Nachholbedarf in Akustik sind gefragt
In den Lehrbüchern der Architekten scheint sich über Raumakustik wenig zu finden; denn sonst könnte es wohl nicht Vorkommen, daß heute noch bei der Planung eines Baues die akustischen Fragen erst in letzter Linie behandelt werden.
Ein Fall für viele möge die Lage kennzeichnen: Bei der Einweihung eines großen, mit riesigem Kostenaufwand erbauten Museums wurde am Tage der Eröffnung noch rasch ein Akustiker geholt mit der Bitte, doch einmal zuzusehen, ob auch die Hörsamkeit des Festsaales in Ordnung sei.
Es ist für jeden Architekten selbstverständlich, daß zur Bauplanung die rechtzeitige Berücksichtigung von Heizungs-, Wasserleitungs- und Beleuchtungsanlagen gehört nur die Akustik wird als Stiefkind behandelt, obwohl gerade sie schon beim ersten Entwurf berücksichtigt werden müßte.
In gewissem Umfang scheinen geometrische Vorstellungen der Schallverteilung beachtet zu werden durch Konstruktion der Strahlengänge, die, von der Schallquelle ausgehend, an den Raumbegrenzungsflächen reflektiert werden.
Aber die Akustik ist keine Optik, und eine Wand ist kein Spiegel; man muß den Reflektionskoeffizienten kennen, und die Feststellung dieser akustischen Absorptionskoeffizienten stellt einen beachtlichen Teil der raumakustischen Forschung dar.
Der physikalische Vorgang bei Aussendung eines Schallsignals
Wie spielt sich dann der physikalische Vorgang bei Aussendung eines Schallsignals, also z. B. beim Sprechen, ab? Wenn der Sprecher sich im Freien befindet und auch der Erdboden nicht reflektiert (eine Annahme, die bei frisch gefallenem Schnee in hohem Grade zutrifft), dann breitet sich der vom Munde abgestrahlte Schall in angenäherten Kugelwellen aus.
Da er auf keinerlei Hindernisse oder reflektierende Flächen auffällt, kehrt keine Schallenergie zum Sprecher zurück. Die Schallenergie nimmt mit dem Quadrate der Entfernung vom Sprecher ab, d. h. der Schalldruck linear mit der Entfernung.
Befindet sich in größerer Entfernung vom Sprecher eine glatte, ebene Häuserwand, so trifft der Schall mit einer Zeitverschiebung, die sich leicht aus Schallgeschwindigkeit und Entfernung berechnen läßt, auf die Wand auf und wird einigermaßen geometrisch zurückgeworfen.
Bei richtiger Orientierung der Reflexionsfläche kehrt also Schallenergie zum Sprecher zurück. Das Echo trifft mit einer gewissen Zeitverschiebung beim Sprecher ein. Wenn mehrere reflektierende Wände in verschiedenen Entfernungen vom Sprecher vorhanden sind, erhält man Mehrfachechos, wie sie mit Böllerversuchen in geeigneten Gebirgstälern vorgeführt werden.
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Wenn Echos die Verständlichkeit der Sprache herabsetzen
Echos mit einer Zeitverschiebung von mehr als 1/16s sind störend, weil sie die Verständlichkeit der Sprache herabsetzen. Befindet sich der Sprecher in einem geschlossenen Raume, so fällt jeder Schallstrahl, der vom Munde des Sprechers ausgeht, auf eine mehr oder weniger reflektierende Fläche und wird von ihr teils geometrisch reflektiert, teils nach den Beugungsgesetzen abgelenkt.
Im geschlossenen Raum treffen die reflektierten Strahlen wiederum auf reflektierende Flächen und werden dort unter abermaliger Schwächung abgelenkt. In Räumen mit gut reflektierenden Flächen kann ein solcher Schallstrahl bis zu einigen 100 Malen reflektiert werden, ehe seine Energie bis zur Unhörbarkeit abgeklungen ist.
Man kann sich leicht ausrechnen, daß ziemlich viel Zeit bis zu diesem Endzustand der Unhörbarkeit vergeht, denn der bis dahin zurückgelegte Weg beträgt das Mehrhundertfache der Raumabmessungen.
Der Unterschied zwischen Echo und Nachhall ......
Man sieht leicht ein, daß der Schallverlauf in einem geschlossenen Raum einen anderen Charakter hat als das Echo mit seiner nur einmaligen Reflexion. Der geschlossene Raum wird von vielen in verschiedener Richtung reflektierten Schallstrahlen durchflutet.
Die Summe ihrer Energiebeträge in jedem Punkte des Raumes bestimmt die Schalldichte an diesem Punkte. Es ist klar, daß die sich summierenden Energiebeträge in Form der Reflexionsverluste immer geringer werden und schließlich auf Null absinken.
Dieser Abklingvorgang, den man als Nachhall bezeichnet, geht nach einer Exponentialkurve vor sich. Zusammenfassend kann man sagen, daß der Nachhall um so länger dauert, je größer de Reflexionskoeffizient, d. h. je geringer der Absorptionskoeffizient der Raumbegrenzungsflächen ist. Im Freien, finden überhaupt keine Reflexion statt, somit ist dort auch keinerlei Nachhall vorhanden.
Was braucht man zum Messen ?
In der Praxis braucht man für die Charakteristik der Hörsamkeit eines Raumes eine physikalisch meßbare Größe, denn die Nachhallwirkung hängt von der Energie des erzeugten Schallimpulses ab.
Man ist auf Vorschlag von W. C. Sabine übereingekommen, diejenige Zeit als Nachhallzeit zu bezeichnen, in welcher der Schall nach Abstoppen der Schallquelle auf den millionsten Teil seiner ursprünglichen Energie, d. h. auf den tausendsten Teil des Schalldruckes oder um 60db abgefallen ist. Dieser Wert liegt in praktisch benutzten Räumen meistens zwischen 0,5 und 5s.
Wie mißt man nun die Nachhallzeit? Bei den ersten in Amerika von Sabine gemachten Versuchen führte ein Beobachter mit einer Stoppuhr eine subjektive Zeitmessung durch. Durch geeignete Leitung der Versuche konnte aus diesen Messungen die soeben definierte sogenannte Sabinesche Nachhallzeit ermittelt werden. Es wurde dabei stets eine Reihe verschiedener Ausgangsschallniveaus benutzt.
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Nach der Stoppuhr kam der Oszillograph .....
Späterhin ist man zu oszillographischen Aufnahmen und maßstäblicher Auswertung übergegangen; im darauffolgenden Stadium zur Messung der Zeit zwischen zwei bestimmten Energieniveaus mit Hilfe elektrisch ausgelöster und angehaltener Uhren.
Alle diese Methoden hatten gewisse Nachteile, die in diesem, mehr auf die Praxis gerichteten Zusammenhang nicht näher beleuchtet zu werden brauchen. Heute verwendet man jedenfalls überwiegend Geräte, die den Nachhallvorgang in einem großen Intensitätsbereich unter Benutzung einer logarithmischen Skala aufzeichnen. Von den verschiedenen auf dieser Basis entwickelten Konstruktionen möchte ich eine näher beschreiben, die sich betriebsmäßig gut bewährt hat.
Eine Methode zur Messung des Hachhalls
Man benötigt außer der eigentlichen Registrierapparatur zur Nachhallmessung nach dieser Methode nur einen Vorverstärker und ein Mikrophon, sowie eine irgendwie geartete Schallquelle. Aus Bild 1 ist die Schaltung des Registrierapparates zu ersehen.
Ein mit konstanter Drehzahl laufender Antriebsmotor bewirkt durch eine magnetische Kupplung auf seiner Achse die Bewegung des Schreibsystems. Das wesentliche ist, daß gleichzeitig mit der Bewegung des Schreibstiftes der Schleifkontakt des Eingangspotentiometers betätigt wird. Die Ströme für die Betätigung der magnetischen Kupplung werden einer Verstärkeranordnung entnommen.
Wenn die Eingangsspannung des Verstärkers wächst, tritt die magnetische Kupplung in Tätigkeit und die Gabel wird verschoben. Hierdurch tritt aber gleichzeitig eine Veränderung des Potentiometerabgriffs auf und zwar in dem Sinne, daß die Eingangsspannung verkleinert wird, so lange, bis die magnetische Kupplung aussetzt.
Beim Vergrößern der Schallstärke vor dem Mikrophon spielt sich also folgendes ab: Die Mikrophonausgangsspannung, d. h. die Eingangsspannung zum Registriergerät, wächst von einem Wert a auf einen Wert b. Dies hätte an sich ein Ansteigen der Verstärkerausgangsspannung von einem Wert a1 auf b1 zur Folge, wenn nicht durch die steigende Ausgangsspannung mit Hilfe der magnetischen Kupplung die Stellung des Eingangspotentiometers verändert worden wäre. Dieses Potentiometer ist nämlich von der Stellung B auf die Stellung A zurückgegangen.
Die Potentiometerverschiebung von B nach A kann somit als Maß für die Spannungsänderung von a nach b benutzt werden. Man hat es durch geeignete Wicklung des Potentiometers in der Hand, sowohl den Meßumfang als auch die Anzeigeskala, d. h. den Ordinatenmaßstab des Registrierstreifens, zweckmäßig zu wählen.
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In der Akustik ist eine logarithmische Skala zwingend
Für raumakustische Untersuchungen ist eine logarithmische Skala zweckmäßig, weil durch sie der exponentielle Nachhallverlauf eine geradlinige Registrierkurve wird, die gute Ablesung der Nachhallzeit ermöglicht. Als Registrierpapier dient ein farbiges Papierband mit Randperforationen und dünner weißer Wachsoberfläche, in die der Schreibstichel den Nachhallverlauf einritzt.
Gleichzeitig werden die in dezibel geteilten horizontalen Niveaulinien eingeritzt. Eine so gewonnene Nachhallkurve zeigt Bild 2. Die Kurve ist nicht genau eine gerade Linie, sondern wegen der räumlichen Interferenzerscheinungen etwas gewellt.
Die genannte Registriermethode hat jedoch den Vorteil, daß man sich über den gleichmäßigen oder ungleichmäßigen Nachhallverlauf sofort ein Bild machen kann, während bei der bloßen Bestimmung der Zeit zwischen einem bestimmten Ausgangs- und einem bestimmten Endniveau der genau exponentielle interferenzfreie Verlauf vorausgesetzt wird und die in Wirklichkeit nun einmal vorkommenden Abweichungen zu Fehlresultaten führen.
Der in Bild 2 dargestellte Abfall kann mit guter Annäherung durch eine gerade Linie wiedergegeben werden. Da die Sabinesche Nachhallzeit sich auf den Abfall um 60db bezieht, braucht man nur die Länge der horizontalen Kathete des entstehenden rechtwinkligen Dreiecks abzumessen, um unter Berücksichtigung der Vorschubsgeschwindigkeit des Registrierstreifens die Nachhallzeit zu ermitteln.
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Die Messung mit einer Frequenz reicht nicht aus
Es genügt jedoch nicht, die Nachhallzeit eines Raumes für irgendeine mittlere Frequenz zu bestimmen. Zur Charakterisierung eines Raumes ist nämlich neben dem absoluten Nachhallniveau die Frequenzkurve des Nachhalls von entscheidender Bedeutung. Räume mit überwiegendem Nachhall für die tiefen Frequenzen klingen dumpf, solche der gegenteiligen Charakteristik scharf und spitz.
Man muß also die Nachhallzeit für eine ganze Reihe von Frequenzen messen und die Ergebnisse in einer Frequenzkurve des Nachhalls zusammenstellen. Dies ist bei Verwendung eines Lautsprechers als Schallquelle in Verbindung mit der beschriebenen Meßapparatur ganz leicht möglich, indem man den Lautsprecher nacheinander mit den Frequenzen 100, 200, 400 Hz usw. beschickt und jedesmal den Nachhallverlauf registriert. Man erhält aus dem Registrierstreifen für jede Meßfrequenz eine bestimmte Nachhallzeit, die man dann in Kurvenform auftragen kann.
Immerhin braucht man für diese Messungen einen Schwebungssummer, einen KraftVerstärker und einen verzerrungsfreien Lautsprecher. Es ist daher in vielen Fällen einfacher, als Schallquelle eine Knallpistole zu benutzen.
Das Klangspektrum einer solchen Pistole erstreckt sich praktisch über den ganzen Hörbereich, so daß man zur Messung der Frequenzabhängigkeit für jede Registrierung bestimmte Frequenzbereiche auswählen muß. Dies geschieht am einfachsten durch ein Oktavsieb (ein Filter oder auch Bandpaß ist hier beschrieben), das zwischen Mikrophon und Registrierinstrument geschaltet wird (Bild 3).
Das Oktavsieb hat den Durchlaßbereich einer Oktave; dieses Intervall kann durch den ganzen Frequenzbereich geschoben werden.
Man stellt also z. B zuerst den Durchlaßbereich 100 bis 200 Hz ein, schießt und registriert den Schallenergieabfall, wobei man den erhaltenen Nachhallwert dem Oktavschwerpunkt zuordnet. Alsdann stellt man die anschließende Oktave 200 bis 400 Hz ein, schießt wieder und verfährt wie vorher.
So wird der ganze Frequenzbereich durchlaufen. Man kann auf diese Weise auch entfernte Senderäume untersuchen, sofern eine Leitungsverbindung zum Meßort besteht. Man braucht dann in dem zu untersuchenden Raum nur ein Mikrophon und die Knallpistole. Nach dieser Methode werden z. B. die Untersuchungen der Senderäume der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft durchgeführt, wobei z. B. die Eigenschaften eines Münchener Senderaumes in Berlin gemessen werden können.
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Die Meßmethode von E. Meyer
Eine noch weitergehende Unabhängigkeit von dem zu untersuchenden Raum kann durch ein von E. Meyer angegebenes Verfahren erreicht werden. Es benutzt als Schallquelle die Originalmusik selbst.
Natürlich eignen sich für die Registrierung nur solche Stellen, bei denen ein großes fortissimo plötzlich abbricht und von einer hinreichend langen Pause gefolgt wird. An diesen Stellen kann man unter Zuhilfenahme des Oktavsiebes eine frequenzabhängige Registrierung vornehmen (Bild 4).
Der Vorteil dieser Methode ist, daß man den Saal im Betriebszustand, d. h. einschließlich Orchester und anwesendem Publikum erfaßt. Sie eignet sich besonders auch zur Messung über den Rundfunkempfang, man kann z. B. bei einer Übertragung aus Mailand die Hörsamkeit des Skala-Theaters untersuchen, ohne daß dort jemand etwas davon weiß.
Die genannten Nachhallmeßmethoden sind grundsätzlich unabhängig von einer etwa schlechten Frequenzkurve der Mikrophone oder der verwendeten Schallquellen, weil stets der Abfall auf einen bestimmten Bruchteil gemessen wird, der unabhängig ist von der Höhe des Ausgangsniveaus.
Man mißt Nachhallkurven in einem nach künstlerischem Urteil besonders guten Saal, um ein Vorbild für Neugestaltungen zu haben. Man mißt die Nachhallzeit in schlechten Räumen, um einen Ausgangspunkt für die Verbesserung zu erhalten.
Eine solche Verbesserung erstreckt sich, sofern es sich nicht um geometrische Raumfehler handelt, auf die Änderung der Reflexionseigenschaften der Raumbegrenzungsflächen oder der Einbauten (Podien, Möbel usw.).
Reflexionskoeffizient und Absorptionskoeffizient
In der Raumakustik rechnet man allerdings nicht so sehr mit dem Reflexionskoeffizienten als mit dem Absorptionskoeffizienten, worunter der Energiebruchteil verstanden wird, der nicht in den Raum zurückkehrt. 100%ige Absorption hat z. B. ein offenes Fenster, durch das der Schall hinausgeht, ohne jemals zurückzukommen.
Eine glatte Marmorwand absorbiert etwa nur 1%, d. h. 99% der Schallenergie kehren in den Raum zurück. Alle praktisch vorkommenden Stoffe liegen zwischen diesen beiden Grenzwerten. Die Absorptionswirkung eines bestimmten Baustoffes wird natürlich um so größer, je mehr man davon in den Raum hineinbringt.
Die Absorption ist also das Produkt aus Absorptionskoeffizient und Fläche (in m²):
A = alpha x F
Wenn verschiedene Baustoffe im Raum vorhanden sind, so addieren sich ihre Absorptionen:
A = a1 x F1 + a2 • F2 + .........
a1, a2, usw sind Absorptionskoeffizienten, F1, F2,.... die Flächen der entsprechenden Baustoffe.
Es gibt nun eine einfache Formel, die den Zusammenhang zwischen der gesamten Absorption A (in m²) eines Raumes, seinem Volumen V in m³ und seiner Nachhallzeit T in s angibt:
k x V = A x T,
wobei k ein konstanter Zahlenwert von 0,16 ist. Man kann sich daher für einen gegebenen Raum leicht die Nachhallzeit ausrechnen, wenn man die Absorption kennt, und die Gesamtabsorption, wenn man die Nachhallzeit kennt.
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Beim Projektieren eine bestimmte Nachhallzeit berechnen
Beim Projektieren eines Raumes wird man, wie wir noch sehen werden, eine bestimmte Nachhallzeit anzustreben haben. Man muß also für einen bestimmten Wert der Absorption sorgen. In der Absorption stecken aber neben der Oberfläche der Baustoffe ihre Absorptionskoeffizienten.
Offensichtlich ist die Kenntnis dieser Absorptionskoeffizienten entscheidend für eine sichere raumakustische Planung. Daher ist es verständlich, daß sich die raumakustische Forschung im hohen Maße mit der Bestimmung von Absorptionskoeffizienten befaßt.
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Das Hallraumverfahren
Die dafür vorwiegend benutzte Methode ist das Hallraumverfahren. Es beruht darauf, daß man in einen leeren, stark hallenden Raum, dessen Nachhallzeit man gemessen hat und dessen Gesamtabsorption man daher kennt, eine bestimmte Menge des zu prüfenden Baustoffes bringt und die Nachhallzeit erneut mißt.
Aus dem Unterschied der Nachhallzeit im leeren Zustand und nach Hineinbringen der Baustoffproben kann man unter Berücksichtigung der hineingebrachten Menge und der Absorption im leeren Zustand den Absorptionskoeffizienten des Baustoffes ermitteln.
Dies muß natürlich auch über einen großen Frequenzbereich erfolgen. Solche Messungen werden von zahlreichen Stellen des In- und Auslandes durchgeführt. Leider stehen die Ergebnisse nicht immer in guter Übereinstimmung miteinander. Abgesehen von einigen grundsätzlichen Schwierigkeiten der Nachhallmethode liegt dies daran, daß ein bestimmter Baustoff nicht stets in der gleichen Anordnung im Raum gemessen wird.
Es hat sich gezeigt und ist auch theoretisch erklärbar, daß, z. B. bei Vorhängen, die Schallschluckung anders ist, wenn der Vorhang unmittelbar auf der Wand befestigt ist als wenn er in einem größeren Abstand von ihr sich befindet. Noch empfindlicher gegen die Art der Anbringung sind die schwingungsfähigen Absorptionsstoffe, bei denen die Schallschluckung auf der Energieverzerrung beim membranösen Mitschwingen beruht.
Zu diesen Schallschluckern, die besonders wirksam für die Absorption der tiefen Frequenzen sind, gehören Sperrholzbekleidungen, Holzfaserplatten und membranöse Bespannungen, die in einem gewissen Abstand von der Wand auf einem Lattengerüst angebracht sind.
Hier hängt die das Maximum der Absorption bestimmende Eigenschwingung ab von der Masse der mitschwingenden Membranen und ihrer Entfernung von der Wand. Es hat sich herausgestellt, daß die Absorptionswirkung derartiger mitschwingender Gebilde erhöht wird, wenn man den darunterliegenden Luftraum dämpft, z. B. durch Watte oder Schlackenwolle.
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Die Eigenschaften verschiedener Schallschluckstoffe
Wie E. Meyer gezeigt hat, ist es jedoch nicht erforderlich, eine vollständige Auspolsterung vorzunehmen; vielmehr genügt es, eine Randdämpfung zur Vermeidung der Querschwingungen innerhalb der Luftschicht anzuwenden.
Die Bilder 5 bis 13 zeigen den Verlauf des Absorptionskoeffizienten für verschiedene Baustoffe oder Baustoffkombinationen mit symptomatischen Eigenschaften.
Die Bilder 5 bis 7 beziehen sich auf schwingungsfähige Schallschluckstoffe. Ihr Kennzeichen ist eine starke Absorption bei den tiefen Frequenzen. Für die Wirkung im hohen Tonbereich ist ihre Oberflächenbeschaffenheit ausschlaggebend. Hier sind daher ziemlich verschiedenartige Wirkungen zu erreichen.
Die Bilder 8 und 9 beziehen sich auf poröse Schallschluckstoffe. Bei Bild 10 fällt besonders die sehr geringe Schallschluckung bei den tiefen Frequenzen auf. Dies hat seinen Grund darin, daß der Teppich im Gegensatz zu Vorhangstoffen unmittelbar auf dem festen Fußboden aufliegt und eine geringe Schichtdicke hat.
Schließlich sind in der letzten Zeit auch baustein-förmige Materialien und Putze gefunden worden, die einen beträchtlichen und auch verhältnismäßig gleichmäßigen Absorptionskoeffizienten haben.
Bild 11 zeigt die akustische Wirkung an zwei Beispielen.
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Die Kombination aus verschiedenen Materialien macht es
Es ist möglich, den Absorptionskoeffizienten poröser Stoffe durch gänzliche oder teilweise Abdeckung zu verändern. Bild 12 bezieht sich auf eine 5cm starke Mineralwolleschicht, die mit einem hölzernen Geflecht, wie es z. B. bei Spankörben verwendet wird, abgedeckt wurde. Der Unterschied gegenüber der unabgedeckten Mineralwolle liegt vor allem in der Absorptionsverminderung bei den hohen Frequenzen.
Ein für alle Konzertsäle sehr maßgebender Absorptionsbetrag wird von dem Publikum geliefert. Bild 13 zeigt die Schallschluckung von Publikum.
Diese Beispiele zeigen, daß man heute Schallschluckstoffe sehr verschiedener Wirkung zur Verfügung hat und daß man daher auch Räume mit ursprünglich ungünstiger Hörsamkeit durch solche Baustoffe akustisch richtig entzerren kann. Eine gewisse Schwierigkeit bieten in dieser Beziehung nur noch die ganz tiefen Frequenzen, etwa unterhalb von 100 Hz, zu deren wirksamer Absorption man Baustoffkombinationen beträchtlicher Tiefe verwenden muß. Es sind jedoch auch derartige Schallschlucker in jüngster Zeit entwickelt worden.
Die Bilder 14 bis 16 zeigen die Nachhallzeiten in einigen bekannten Räumen Das Wasserschloß des Walchensee-Kraftwerkes ist als Extremfall anzusehen.
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Messungen und Erfahrungen
Aus einer großen Zahl von Konzertsälen, die von maßgebenden Beobachtern als besonders klangschön beurteilt wurden, hat man durch Untersuchung Richtlinien aufstellen können für die optimale Nachhallzeit von Konzerträumen (Bild 17). Dabei hat sich gezeigt, daß auch die Nachhallzeit, die hier nur für eine mittlere Frequenz von etwa 500 Hz angegeben ist, in sehr großen Räumen größer sein soll als in kleineren; ein Befund der physikalisch schwer verständlich ist und wohl mehr mit der Gewohnheit zusammenhängt.
Gleichzeitig zeigt Bild 17 die Nachhallzeiten für Senderäume; die Werte dürften auch für Tonfilmaufnahmen Gültigkeit haben. Für eine gute Hörsamkeit benötigt man noch den optimalen Frequenzgang, den die Nachhallzeit des Raumes haben soll.
Hier gehen die Meinungen etwas auseinander. Überwiegend wird es jedoch als günstig angesehen, wenn die Nachhallzeit bei den tiefen Frequenzen etwas ansteigt. Auf Grund langjähriger Betriebserfahrungen wird vom deutschen Rundfunk eine Frequenzabhängigkeit angestrebt, wie sie in Bild 18 dargestellt ist.
In Sonderfällen ist es bei Rundfunkräumen zweckmäßig, die Akustik veränderlich zu gestalten, z.B. durch zurückziehbare Vorhänge, umklappbare Absorptionselemente usw.
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Ein Blick auf die heutigen Möglichkeiten (1937)
Während früher nur verhältnismäßig geringe Änderungen möglich waren, stehen jetzt Baustoffe sehr verschiedener Wirksamkeit zur Verfügung. Als Beispiel möchte ich die Variationsmöglichkeit eines kleinen Senderaumes im Haus des Rundfunks zeigen, bei dem die Frequenzab-hängigkeit in weiten Grenzen geändert werden kann (Bild 19).
Ich habe mit Absicht die Nachhallvorgänge in den Vordergrund der Überlegungen gestellt, weil die Notwendigkeiten und Möglichkeiten einer raumakustischen Beeinflussung durch Schallabsorptionsstoffe noch nicht genügend bekannt sind. Die richtige geometrisch akustische Raumgestaltung, die natürlich ebenfalls von großer Bedeutung ist, wird bei der Planung schon viel eher studiert.
Allerdings widerstreiten zuweilen die geometrisch akustischen Forderungen den Wünschen der architektonischen Gestaltung. Die Anwendung von Schallschluckstoffen der richtigen Art, in der richtigen Menge und an der richtigen Stelle stellt gerade auch in diesem Falle ein für den Architekten äußerst nützliches Mittel dar.
Er kann eine Fläche, die er aus formalen Gründen so und nicht anders legen möchte, die aber störende Schallreflexionen verursachen würde, durch Dämpfungsmittel akustisch unwirksam machen. Nur auf diese Weise wird man zu einer Synthese zwischen architektonischen und akustischen Forderungen und somit zu schönen Räumen kommen, in denen man sich auch verstehen kann.
Es wird heute noch unnötig viel geistige Anspannung darauf verwendet, um in akustisch schlechten Räumen einer Rede folgen zu können. Die häufig anzutreffende Meinung, daß man in solchen Räumen nur ein Mikrophon und einen Lautsprecher anzuordnen braucht, um die Akustik zu verbessern, ist selbstverständlich durchaus irrig; meistens wird die Verständlichkeit dann nur noch verschlechtert.
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Technik kann nicht alles korrigieren
Eine gute Schallverstärkungsanlage hat eine gute Raumakustik zur Voraussetzung. Sie hat, wie ja schon der Name sagt, die Aufgabe, an sich zu schwachen Schall zu verstärken, vermag aber nicht unverständliche, hallige und meistens noch dumpfe Klanggemische verständlich zu machen.
Zum Schluß eine ganz kurze Nutzanwendung unter dem Gesichtspunkt der Kinotechnik. Beim Tonfilm ist die Raumakustik zunächst durch die Hörsamkeit im Atelier bestimmt. Daß hier trotz vieler grundsätzlicher Schwierigkeiten noch manches verbessert werden muß, bedarf keines besonderen Hinweises.
Bei der Wiedergabe kommt zu der der Originaltonaufnahme anhaftenden Raumakustik noch die des Lichtspieltheaters hinzu. Hier soll, um die Aufnahme mit allen Feinheiten wiederzugeben, die zusätzliche raumakustische Wirkung, d. h. also die Nachhallzeit, so klein wie irgend möglich gehalten werden.
Nun sind zwar die Tonfilmtheater im allgemeinen mehr oder weniger stark gedämpft worden; ich glaube jedoch, daß diese, im wesentlichen durch poröse Absorptionsstoffe, wie Vorhänge, Stoffbespannungen usw., hervorgerufene Dämpfung nicht immer den richtigen Frequenzgang hat und daß daher in den meisten Theatern ein dumpfer Klang vorhanden ist.
Ein solcher entsteht erfahrungsgemäß dann, wenn die Nachhallzeit für die hohen Frequenzen bedeutend geringer ist als für die tiefen. Es wäre zweifellos von Interesse, maßgebende Theater einmal auf die Frequenzabhängigkeit ihrer Nachhallzeit zu untersuchen und, wenn nötig, durch Einbringen tieffrequenter Schallschlucker zu verbessern.
Herr Professor Joachim hat mit Recht als das Ziel des Tonfilms genannt, den sich bei der Vorführung abspielenden Vorgängen Wirklichkeitscharakter zu geben. Hierzu muß auch die Theaterakustik ihren Beitrag leisten, denn eine schlechte Hörsamkeit des Vorführungsraumes, insbesondere ein dumpfer Klangcharakter, würde immer wieder den Zuschauer darauf stoßen, daß er ja gar nicht an einer projizierten Wirklichkeit teilnimmt sondern sich in einem Vorführungstheater befindet, und dazu noch in einem schlechten.
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Berlin 1937 - Vortrag auf der 1. Jahrestagung 1937 der DKG von Hans-Joachim v. Braunmühl
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