Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45
Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Die Eurocord-Tonkamera
aus Heft 7 / Juni - Berlin 1937 von Dr. Hermann Freese
Ein Vortrag, gehalten vor der Deutschen Kinotechnischen Gesellschaft e. V. und der Fachgruppe Tonmeister in der Fachschaft „Film“ der Reichsfilmkammer am 18. Dezember 1936
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Einleitung
In der neuen Aufnahme-Apparatur „Eurocord“ wird eine neue Tonkamera verwendet, die in ihrem Gesamtaufbau und in wesentlichen Einzelheiten von den früheren Geräten abweicht. Die für die Konstruktion maßgebenden Gesichtspunkte sollen im folgenden kurz geschildert werden.
Gefordert: Tonaufnahmen bester Qualität
Als Verwendungszweck war gefordert: Tonaufnahmen bester Qualität auf getrenntem Film (Zweibandverfahren) ohne Erhöhung der bisherigen Bedienungsanforderungen bei Senkung des Gewichtes.
Bild 1 zeigt die äußere Form der Lösung. Um den Überblick über die Gesamtanlage zu vermitteln, ist in Bild 2 noch die Einschaltung der Tonkamera in die übrige Apparatur skizziert. Man sieht 3 Leitungsgruppen, über welche die Kamera mit den übrigen Geräten in Verbindung steht.
- I. Die Verbindung mit der Bildkamera über die gemeinsame Netzzufuhr.
- II. Die Verbindung vom Mikrophon her über Misch- und Endverstärker.
- IM. Die Verbindung über den Wiedergabeverstärker zum Kontrollautsprecher.
Damit sind auch die drei Hauptfunktionen des Gerätes definiert:
- I. Bewegung des Films.
- II. Steuerung der Film beIicht u ng mit den Frequenzen der Schallvorgänge.
- III. Kontrolle des gesteuerten Lichtes nach Art eines Wiedergabegerätes.
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Die physikalischen Grundlagen und das Zubehör
Der vorliegende Aufsatz befaßt sich mit den physikalischen Grundlagen zu I und dem konstruktiven Zubehör zu ihrer Verwirkiichung. Er enthält dagegen gar nichts über II. und III., weil ein weiterer Aufsatz über diese Teile, „Die Tonoptik“ (Schwarz) folgt.
Die Aufgabe I, Bewegung des Films, oder der Filmtransport zerfällt wieder in zwei Teile.
- A: DerTonfilm soll synchron mit dem Bildfilm laufen.
- B: Der Tonfilm soll an der Belichtungsstelle extrem gleichförmig ohne irgendwelche Schwankungen oder Rucke laufen.
Die Forderung A bedeutet kein Problem mehr. Die asynchron anlaufenden Synchronmotoren mit ausgeprägten Polen auf dem Kurzschlußläufer sind in dem benötigten Leistungsbereich zwischen etwa 20 und 100 Watt Außertrittleistung in reicher Auswahl zu haben.
Das Fehlen eines Kollektors ist sowohl für die Wartung als auch für die Geräuschlosigkeit sehr willkommen. Im synchronen Lauf sind diese Maschinen weitgehend pendelfrei, so daß man nur noch für ein Netz mit genügend konstanter Frequenz zu sorgen hat, um den Tonmotor gemeinsam mit dem Bildmotor daran anzuschließen.
Solche Netze sind fast alle Überlandnetze, die ja bei den meisten Filmaufnahmen zugänglich sind. Falls nicht, so läßt sich mit dem Klangfilm-Drehrichter ein solches Netz überall aus Batteriezufuhr leicht herstellen.
Den asynchronen Hochlauf gibt es damit nicht mehr
Die Tatsache des asynchronen Hochlaufs erregte früher so viel Bedenken, daß man mit allerlei Aufwand auch synchron hochlaufende Systeme baute, um an den stillstehenden Filmen die Markierung für synchronen Start anzubringen.
Später ging man dazu über, die Marke erst nach Erreichen der Endgeschwindigkeit anzubringen und baute dazu Glimmlampen-Zeichengeber in Ton- und Bildkamera ein. Heute ist man zum primitivsten, dafür sichersten Mittel zurückgekehrt, zur alten „Synchronklappe“, die überhaupt keine Zusatzgeräte an Ton- und Bildkamera erfordert.
Bei jeder Szene besteht eben die Möglichkeit, zu Beginn oder auch am Schluß ein sowohl sichtbares als auch hörbares Zeichen, z. B. durch Zusammenklatschen der Hände, mit aufzunehmen.
Der einzige noch etwas problematisch gebliebene Punkt in dem Synchronisierungskapitel A ist die Wahrnehmungsschwelle von etwa ±1 Bildhöhe Synchrondifferenz zwischen Ton und Bild, wie noch unten bei der Federkonstante des mechanischen Filters näher ausgeführt wird.
Die Forderung B, ein gleichförmiger Filmlauf
Die Forderung B, gleichförmiger Filmlauf, ist das Kernproblem der Kamerakonstruktion. Der Gesamtweg, den der Film in der Kamera zu durchlaufen hat, läßt sich in Bild 3 verfolgen.
Links verläßt der Film den Abwickelkern der gefüllten Kassette, tritt zwischen dem Rollenpaar des lichtdichten Filmmauls aus der Kassette heraus und kommt dann zunächst auf die linke Vortransportseite der 32zähnigen Zahntrommel. Diese Zahntrommel wird über Schneckenrad, Schnecke und elastische schlupffreie Kupplung vom Synchronmotor angetrieben.
Zwei abklappbare Führungsrollen halten den Film im Zahneingriff. Nach dem Vortransport folgt eine Umlenkrolle, dann die Führungsrolle, die die Seitenführung übernimmt (Blattfeder und fester Bordrand), gleich anschließend die Gummi-Andruckrolle, welche den Film auf der glatten Tonrolle festhält.
Die Tonrolle, mit der Schwungmasse starr verbunden, führt den Film in etwa 200° Umschlingung an der senkrecht von oben her belichtenden Tonoptik vorbei. Nach der Tonrolle umschlingt der Film den Zugregler und eine Umlenkrolle um je 180°, so daß er schließlich wieder nach unten auf die rechte Nachtransportseite gelangt, die symmetrisch zum Vortransport auf der gemeinsamen Zahntrommel angeordnet ist.
Danach folgt ein Schwenkrollenpaar, das zur Kontrolle der Aufwickelspannung dient und die Entstehung von Filmsalat durch Ausschalten des Hauptmotors verhindert. Nach dieser Sicherheitsvorrichtung verschwindet der Film wieder durch ein lichtdichtes Rollenpaar in die Aufwickelkassette. Dort wird er auf den Wickelkern durch einen Serienschlußmotor aufgewickelt.
Dieser Motor gibt durch seine Drehzahlcharakteristik zu Beginn bei der schnell laufenden kleinen Aufwickelspule ein kleines Drehmoment, am Schluß, bei der langsam laufenden vollen Aufwickelspule ein großes Drehmoment, also in beiden Fällen etwa gleiche Umfangskräfte an den Film ab.
Wegen der sehr starken Untersetzung des Aufwickelgetriebes ist dieses selbsthemmend, so daß zum Nachspannen des Filmes von Hand zwischen Bobby und Getriebe außer der elastischen Kupplung noch ein Freilauf eingebaut wurde.
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Deutliche Vereinfachung durch Fortfall einer Ölfriktion
Der Fortfall einer Ölfriktion für die Aufwicklung gab eine äußerste Vereinfachung für das Getriebe: Haupt- und Wickelgetriebe sind beim Einbau in ihre Gehäuse ein für allemal mit Öl eingesetzt. Ölumlauf- oder Abdichtungsschwierigkeiten, wie sie in den großen Gehäusen früher oft auftraten, fallen fort. Da sämtliche Lager auf Kugeln laufen, ist die Ölkanne aus dem Zubehör des Gerätes, und damit aus der Nähe des Films verschwunden.
Das Zählergetriebe vermeidet den früher üblichen, auf Schmierung angewiesenen Zahneingriff durch einen maltheserkreuzartigen, ruckweisen Vorschub.
Im Mittelpunkt - die Belichtungsstelle
In dem ganzen eben beschriebenen Filmweg konzentriert sich nun alle Sorgfalt auf die Belichtungsstelle, also die Tonrolle und die mechanische Filterung. Diese Teile liegen auf einer gesonderten, vom übrigen Gerät akustisch isolierten Montageplatte. Die physikalische Hauptforderung an ein Filter ergibt sich aus der Tatsache, daß Gleichförmigkeit nur mit Trägheit zu erreichen ist.
In der üblichen Auffassung des Filters als eines Schwingungsbildes bedeutet das: kleine Eigenfrequenz, also weiche Federung und schwere Masse. In Bild 4 sind diese Elemente, Federung und Masse links für die Antriebs-, rechts für die Durchzugstype skizziert.
Die Federweichheit ist, wie schon oben erwähnt, durch die höchstzulässige Synchronismusdifferenz begrenzt. Eine andere Federgrenze ist durch die Filmelastizität gegeben, wie bei der Durchzugstype durch die gestrichelte Linie angedeutet.
Diese Filmelastizität stellt eine rechnerisch nicht mit der Hauptfilterfeder vergleichbare Federkraft dar, weil die Federkonstante mit dem Filmzug oszilliert. Trotzdem kann man in erster Näherung den Film im Durchzugsgerät als in Reihe zur Hauptfeder geschaltete (kapazitiv parallele!), härtere Feder auffassen, die das Filter nun zu einem zweiwelligen Gebilde macht.
Diese zweite Eigenwelle hat wegen der größeren Federhärte leider eine viel schnellere Resonanzfrequenz, und diese führt dazu, daß man zu einerstarken Vergrößerung der Filtermasse schreiten muß.
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Und doch noch eine diametrale Forderung
Zunächst könnte man sagen, daß Masse beliebig zur Verfügung gestellt wird, aber leider kommt nun zu den Forderungen A und B noch eine genau entgegengesetzte C hinzu, nämlich die Ungleichförmigkeit des Startvorganges.
Zahlenmäßig sieht dieses Dilemma etwa wie folgt aus:
Eine 5.000-Hertz-Aufzeichnung hat bei der genormten Geschwindigkeit von 456 mm/s eine Wellenlänge von etwa 0,1 mm. Wird diese 100u-Welle mit nur 1u Abweichung in der Filmlaufrichtung aufgezeichnet, so entsteht bereits ein Klirrfaktor von 5% *1), das ist schon die Größenordnung des Schwellwertes für die Hörbarkeit der Verzerrung.
Das Ohr bemerkt also bereits etwas, was das Auge kaum sieht. Bild 5 ist eine Sinuslinie, die mit einer Strichstärke von 1/100 der Wellenlänge gezeichnet ist.
Eine Abweichung von der Sollform nur um Strichstärke nach links oder rechts kann dem Auge, wenn sie geschickt auf die ganze Welle verteilt wird, verborgen bleiben, nicht aber dem Ohr.
Würde man die 5.000 Hertz ohne irgendwelche Filterung aufnehmen, so könnte man Schwankungen von der Größenordnung der ganzen Wellenlänge erwarten, da die Ungenauigkeit abgenutzter Getriebezähne oder des Perforationseingriffs in der Gegend von 1/10mm liegen kann.
Die Filterung im Bereich von ±1um
Begnügt man sich nun mit einer Filterung bis ±1u, so bedeutet das nach der Durchlässigkeitskurve Bild 6, daß die Durchlässigkeit x = 0,01 für die höchsten Störfrequenzen von ca. 100 Hertz (z. B. Perforation) gerade noch mit einer Eigenschwingung von 1 Hertz erreichbar ist.
Die Dämpfung, die auf diese Abhängigkeit vernachlässigbar einwirkt, wird weiter unten besprochen. Bei der gegebenen Steifheit der Filter- und Filmfederung (s. oben) kommt man auf die Eigenschwingung von 1 Hertz nur mit Massen, welche, auf den Film bezogen, etwa durch 100kg repräsentiert werden.
In ähnliche Größenordnungen gelangt man, wenn man periodische oder impulsartige Störkräfte auf der Tonwelle selbst ansetzt. Die erzielte Umlaufkonstanz kommt natürlich nur der Winkelesschwindigkeit zugute. Die Umfangsgeschwindigkeit wird danach erst durch eine extreme Schlagfreiheit konstant, die nur mit ausgesuchten Kugellagern erreicht worden ist.
Diese Masse wird nun beim Start in 2 bis 3 Sekunden auf die Endgeschwindigkeit von 456 mm/s am Tonrollenumfang gebracht. Dazu wird der Gummirollendruck durch einen Knebel über eine ziemlich steife Federstange (siehe Schema, Bild 7) während des Startes auf ca. 3 kg erhöht, während im Betrieb ein Druck von 0 bis 50g genügt.
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1 Meter Anlauflänge des Films
Somit ergibt sich eine Anlauflänge des Films von 1m, die auch durch die früher gebräuchlichen Hilfsantriebe nicht wesentlich herabzusetzen wäre. Man würde dadurch nur die Vorteile der vollkommen freien Schwungbahn vernichten.
An diese Anlauflänge schließt sich nun das Auspendeln der Eigenperioden von ca. 1 und ca. 10 Sekunden an. Diese Zeitdauer ist aber schon als Arbeitszeit auszunutzen, da die Luftdämpfung so eingestellt ist, daß beide Eigenschwingungen aperiodisch zur Ruhe kommen.
Selbst mit Musikaufnahmen kann bereits begonnen werden, während sich der Zeiger des Filmzugreglers langsam auf Mittellage einstellt. Der Zeiger wird, wie Bild 8 zeigt, von dem Einstellknopf des Reglers umschlossen. Während der Aufnahme kann durch ruhiges Drehen am Knopf der Zeiger leicht in Mittenstellung gebracht werden, die er z. B. durch Warmwerden des Gerätes verlassen haben kann.
Am Schluß der Aufnahme .......
Am Schluß der Aufnahme wird der Hauptschalter am Tisch ausgeschaltet. Der Tisch enthält auch die übrigen elektrischen Zubehörteile der Kamera, wie z. B. Tomlampenwiderstand und -Strommesser, Netzanschlußgerät, Kompensationskapazitäten für den Motor usw., die bei dieser Schilderung der Kamera nicht behandelt werden sollen.
Die stillgesetzte Kamera kann in der Mitte geöffnet werden, so daß zunächst der Filmlauf offen daliegt, wie Bild 9 zeigt. Zwischen einzelnen Szenen genügt das zum Einstanzen der Nummern und zum evtl. Reinigen.
Soll der Film gewechselt werden, so lassen sich auch noch die äußeren Türflügel öffnen, so daß die Innenkassetten, wie in Bild 10, sichtbar werden. Man hat Innenkassetten (300m) bevorzugt, weil sie leicht sind und trotz größeren Kamera-Gehäuses das Gesamtgewicht der Apparatur herabsetzen. Dazu kommt, daß dabei der Schutz des Filmlaufes, besonders der des Wickel-Antriebes, ein viel größerer ist. Bedienungsmäßig hat die Innenkassette besondere Vorteile bei Verwendung der Kamera in Auto und Freigelände.
Die Optik mit ihren Auswechselteilen: Tonlampe, Lichthahn, Photozelle sowie den Justier-Einrichtungen, wird durch Zurückklappen des Kamerakopfes zugänglich. Die Leitungsanschlüsse: links Starkstrom, rechts Schwachstrom sind vorderseitig und übersichtlich angeordnet. Alle Motoren und Getriebe können durch Abnehmen der gemeinsamen Rückkappe freigelegt werden. Die Präzisionsteile des Filters sind - wie bereits oben erwähnt - auf einer einzigen Platte - isoliert von der Gehäusewand - mit wenigen Schrauben befestigt. Bei transportablen Apparaturen wird die Kamera - statt auf einen Tisch mit Hilfe von Schwingungsdämpfern - in einen Koffer montiert.
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