Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45
Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Leitartikel in Heft 6 - "Farbfilm und Projektion"
aus Heft 6 / Mai - Berlin 1937 von Dr. Ing. W. Pape
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- Anmerkung : In 1937 war das Bildwandformat immer noch nahezu quadratisch. Die spätere Verbreiterung - noch vor dem Cinemascope Verfahren in 1954 - war immer ein gequältes Hilfsmittel mit deutlichen Verlusten an Lichtstärke durch eine simple Begrenzung des Bildfensters.
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Eines der ältesten Probleme der Kinematographie
Das Problem des Farbfilms ist eines der ältesten Probleme der Kinematographie, älter noch als das Problem des Tonfilms. Von dem handkolorierten Film aus den Anfängen der Kinomatographie über die Methoden des Zweifarbenfilms führt ein langer Weg zu den heutigen Dreifarbensystemen, die in verschiedenen Variationen nach dem subtraktiven Farbschichtverfahren, dem additiven Teilbild- und Farbrasterverfahren und dem additiven Linsenrasterverfahren entwickelt worden sind.
Ob es bei der Trichromasie verbleiben wird, oder ob das Dreifarbensystem durch ein System mit 4 Grundfarben abgelöst wird, muß die Zukunft entscheiden. Bei den erheblichen technischen und wissenschaftlichen Schwierigkeiten, die das Farbfilmproblem aufweist, ist jedoch noch nicht zu erkennen, welches der bis heute entwickelten Systeme sich durchsetzen und vorherrschen werden wird.
Auch das ist noch ungewiß: Wird der Schwarzweiß-Film vom Farbfilm gänzlich verdrängt werden oder aber sich neben dem Farbfilm behaupten. Nur eines erscheint sicher, daß der Farbfilm eines Tages endgültig seinen Einzug in die Lichtspieltheater halten wird.
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Extrem wichtig : die wirtschaftliche Herstellung von Kopien
Für die Wahl eines Farbfilmsystems ist in erster Linie die Möglichkeit wirtschaftlicher Herstellung von Kopien ausschlaggebend. Von besonderer Wichtigkeit ist hierbei, daß die Vorführung dieser Kopien in jedem, auch dem kleinsten Dorfkino mit dem geringsten oder besser ohne Aufwand technischer Zusatzgeräte möglich ist.
Es wird sich dasjenige System am schnellsten durchsetzen, das bei der Wiedergabe an den Vorführer und an den Maschinenpark des Lichtspieltheaters die wenigsten Anforderungen stellt und dabei den natürlichen Farben am nächsten kommt.
Das System wird "siegen", dessen Technik vollkommen sein wird und eine künstlerische Filmgestaltung erlaubt, bei der sich die Farben, nicht kitschigen Öldruckbildern gleichend, wohltuend und harmonisch der Stimmung des ganzen Filmwerks eingliedern.
Die verschiedenen aktuellen Farbfilmsysteme
In den letzten Jahren sind verschiedene Farbfilmsysteme zu mehr oder minder großer Vollkommenheit entwickelt worden. Die meisten Lösungen des Farbfilms interessieren jedoch nur noch in geschichtlicher Beziehung.
Die Entwicklung ging in zwei Richtungen:
- 1. die subtraktiven Verfahren (Farb"schicht"film),
- 2. die additiven Verfahren (Farb"licht"film).
Während das subtraktive Verfahren in verschiedenen Variationen als Farbdruck - Mehrschichten - und anderen Verfahren angewandt wird, hat der additive Farbfilm nur als Linsenrasterfilm Aussicht auf industrielle Verwertung.
In der Praxis der Farbfilmherstellung bedient man sich gegenwärtig u. a. folgender Verfahren:
Subtraktive Verfahren - Farb"schicht"film - (Film farbig)
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- Technicolor
- Ufacolor
- Agfacolor (neu)
- Kodachrom
- Gasparcolor
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Additive Verfahren - Farb"licht"film - (Film schwarz-weiß)
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- Berthon-Siemens-(Opticolor)
- Keller-Dorian
- Dufaycolor (Film farbig)
- Kodacolor
- Agfacolor (alt)
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Das Technicolorverfahren
ist augenblicklich in der Farbfilmherstellung für Kinotheaterzwecke in den Vereinigten Staaten von Nordamerika vorherrschend. Bei diesem Verfahren werden auf 3 Negativen 3 Farbauszüge hergestellt und durch nachfolgende chemische Behandlung zu Druckmatrizen verarbeitet, mit denen der Positivfilm nacheinander mit den 3 Grundfarben blaugrün, purpur und gelb bedruckt wird.
Bei der Projektion des farbigen Films werden durch das Positiv nur die jeweiligen Farben des Objektes, z. B. gelb, durchgelassen, während die übrigen Farbanteile (die Komplementärfarben) des weißen Projektionslichtes, in unserem Beispiel blaugrün und purpur, durch die Farbschicht (Farbschichtfilme) zurückgehalten, subtrahiert (subtraktives Verfahren) werden.
Alle drei Grundfarben, im gleichen Verhältnis auf den Film gedruckt, ergeben bei der Projektion auf die Bildwand subtraktives Schwarz. Die Farbe des Filmbildes entsteht beim subtraktiven Verfahren durch Mischung von Körperfarben.
Seit 1933 wird das Technicolor-Dreifarben-Drucksystem ständig weiter entwickelt, ohne jedoch bis heute trotz der sehr beachtlichen Erfolge einer Anzahl von Spielfilmen, deren technisch hervorragendster der kürzlich auch in Deutschland gezeigte Film „Ramona“ ist, den Schwarzweiß-Film in Amerika verdrängen zu können. Auf 30 für die laufende Produktion in den Vereinigten Staaten angekündigte Schwarzweiß-Fllme kommen etwa 4-5 Technicolor-Farbfilme.
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Das neue Agfacolorverfahren
ist ein subtraktives Mehrschichten-Verfahren und erstmalig im Oktober 1936 der Öffentlichkeit übergeben worden. Ähnlich dem Technicolor- und Kodachrom-Farbfilm enthält das farbige Bild kein metallisches Silber und ist daher völlig kornfrei.
Für die Aufnahme wird bei beiden Verfahren nur ein Film verwendet, der durch eine besondere exakte Gießtechnik mit 3 außerordentlich dünnen Emulsionsschichten, die bei Kodachrom durch noch dünnere Sperrschichten voneinander getrennt sind, versehen wird, die nach der Entwicklung Träger der drei Grundfarben sind.
Zur Herstellung des farbigen Positivs will man sich eines Komplementär-Negativs bedienen. Vorläufig ergeben sich jedoch bei der Herstellung von Kopien noch erhebliche Schwierigkeiten, so daß wenigstens noch ein Jahr vergehen wird, bevor das Verfahren zur industriellen Auswertung reif sein wird.
Die Verwendung von Agfacolor- und Kodachrom-Farbfilmen beschränkt sich zur Zeit auf das Schmalfilm- (16mm und 8mm) und 35mm Kleinbildgebiet (Leica). Wegen der Einfachheit der Anwendung des Mehrschichtenfarbfilms bei der Aufnahme und Wiedergabe, die mit jedem normalen Aufnahme- und Wiedergabeapparat ohne Verwendung von Filtern erfolgen kann, wird dieser Farbfilm in steigendem Maße als Amateurfilm verwendet und hat den Linsenrasterfilm auf diesem Gebiet nahezu gänzlich verdrängt.
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Die Ufa- und Gaspacolorverfahren
werden zur Zeit meist nur für Werbe- und Kurzfilme angewandt. Beide arbeiten nach dem Mehrschichten-Verfahren, wobei die Farbgebung im Positiv direkt ohne Verwendung von Druckmatrizen erfolgt.
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Das Keller-Dorian-Verfahren
arbeitet nach dem Linsenrasterprinzip und ist für Amateurzwecke als 16mm-Kodacolor-Farbfilm bekannt, ähnlich dem alten deutschen Agfacolor-Farbfilm. Spielfilme sind nach diesem Verfahren in den Vereinigten Staaten auf Normalfilm bisher nicht hergestellt worden, obwohl gerade nach diesem System gedrehte Filme seit Ende 1931 bei verschiedenen Vorführungen sehr günstig aufgenommen wurden.
Das Verfahren ist dem Berthon-Siemens-Linsenrasterverfahren ähnlich. Für die jetzige Spielzeit soll nach der letzten aus Amerika eingetroffenen Meldung ein Spielfilm nach dem Keller-Dorian-Verfahren geplant sein, ein Zeichen dafür, daß auch in Amerika die Wahl des Farbfilm-Systems noch nicht endgültig abgeschlossen ist.
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Das Berthon-Siemens-Linsenrasterverfahren
der Opticolor A.G., wurde anläßlich der Uraufführung des Farbenkurzfilms „Das Schönheitsfleckchen“ 1936 in der Öffentlichkeit bekannt. Seit 1930 wird dieses Linsenrasterverfahren von den Firmen „Siemens & Halske“ und „Perutz“ unter Verwendung der Berthonschen Schutzrechte in ununterbrochener Forschungs- und Laboratoriumsarbeit weiterentwickelt.
Im Gegensatz zum Technicolorverfahren erfolgt die Aufnahme auf nur einem Film, der im Umkehrverfahren entwickelt wird und der ebenso wie der Kopierfilm mit parallel zum Bildstrich eingewalzten Zylinderlinsen von 32/1000mm Krümmungsradius und 4/1000mm Eindrucktiefe versehen ist (im Gegensatz zum alten Agfacolor- und Kodacolor-Farbfilm, deren Zylinderlinsen senkrecht zum Bildstrich eingedrückt sind).
Original und Kopie sind Schwarzweiß-Filme. Zur Wiedergabe wird das aus den im oder vor dem Objektiv eingeschalteten Farbfiltern austretende Licht der drei Grundfarben rot, grün und blau auf der Projektionswand zum farbigen Bild gemischt, addiert (additives Verfahren).
Alle drei Grundfarben, im gleichen Verhältnis auf die Leinewand projiziert, ergeben additives Weiß. Die Farbe des Bildes entsteht hier durch Mischung von Farblichtern.
Auf Grund der Erfahrungen bei der Aufnahme und Vorführung des ersten Farbenkurztonfilms unter praktischen Bedingungen sind wertvolle Verbesserungen aufnahme- und wiedergabetechnischer Art erfolgt, so daß m. E. der gegenwärtige Stand der farbigen Bildwiedergabe die Güte der Technicolor-Filme zum mindesten erreicht, wenn nicht gar überschritten hat.
Die Hinzufügung der Farbe zum Film hat bei keinem System Einfluß auf die Güte derTonwieder-gabe und bedingt auch keinerlei Änderungen an den gebräuchlichen Tonwiedergabe-Apparaturen. Bei der Projektion ist allerdings ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Farbschicht- und Farblichtfilmen zu machen.
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Die Vorführung von Farb"schicht"filmen
erfordert weder Änderungen noch Zusatzgeräte an den handelsüblichen Bildwerfern des Schwarzweiß-Films und geht in derselben Weise vor sich wie die Vorführung eines Schwarzweiß-Films. Gegenüber dem Schwarzweiß-Film benötigt der subtraktive Farbfilm jedoch etwa die doppelte Lichtmenge, um alle Farbnuancen befriedigend wiederzugeben.
Technicolor schreibt allerdings in der Vorführungsanweisung, die zusammen mit den Kopien des augenblicklich in Deutschland angelaufenen Farbfilms „Ramona“ versandt werden, vor, daß keine Erhöhung der Lichtleistung und insbesondere keine Verwendung von Effektkohlen notwendig ist.
Diese Vorschrift kann zu erheblichen Mißerfolgen bei der Vorführung des Films Veranlassung geben, wenn man bedenkt, daß in den meisten deutschen Kinotheatern noch ein ganz erheblicher Mangel an Licht zu verzeichnen ist und in den meisten Theatern Stromstärken von nur 20 Amp. üblich sind.
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Ein Farbfilm braucht mehr Licht
Daß die Feinheit der wahrnehmbaren Details eines Schwarzweiß-Films mit wachsender Lichtleistung erheblich zunimmt, ist bekannt und gilt in verstärktem Maße für den Farbfilm, um die Leuchtkraft der Farben richtig zur Geltung zu bringen.
Ich habe den Technicolor-Farbfilm „Ramona“ unter verschiedenen Vorführungsbedingungen in verschiedenen Lichtspieltheatern gesehen bei der Verwendung von Effekt- und Reinkohlen und habe festgestellt, daß nicht so sehr die Anwendung von HI-Kohlen für die Güte des Bildes ausschlaggebend ist als in erster Linie die Bildwandhelligkeit.
Hiermit soll nicht behauptet werden, daß Reinkohlen für die Projektion von subtraktiven Farbfilmen allen Anforderungen an das farbige Bild genügen. Selbstverständlich sind HI-Kohlen wegen des durch den Beckeffekt erzielten reinen weißen Lichtes und der Möglichkeit größter Steigerung der Lichtleistung für die subtraktive Farbfilmwiedergabe vorzuziehen.
Der gegenüber dem Schwarzweiß-Film erhöhte Lichtbedarf kann durch Verwendung moderner Röhren- oder Trockengleichrichter, Einbau von Bildwänden mit günstigerem Wirkungsgrad auch ohne Erhöhung des Stromverbrauchs gedeckt werden.
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Die Vorführung von Farb"licht"filmen
nach dem Linsenrasterverfahren erfordert für die Filmtheater besondere Aufwendungen, die allerdings auch zur Vorführung von subtraktiven Farbfilmen vorteilhaft sein würden. Diese Neuinvestierungen kämen zum größten Teil auch dem Schwarzweiß-Film zugute.
Die Änderungen zu den Bildwerfern ergeben sich daraus, daß das Bild des schwarzweißen Linsenrasterfilms seine Farbe erst durch die Vorschaltung von Farbfiltern erhält, wodurch etwa die fünffache Lichtmenge erforderlich wird.
Wie beim subtraktiven Farbfilm empfiehlt sich eine weitere Steigerung auf das doppelte, um die volle Leuchtkraft der Farben zur Wirkung zu bringen.
Die Änderungen an handelsüblichen Projektoren bestehen u.a. in der Hauptsache in dem Einbau eines neuen Objektivs mit Farbfilter und der Korrektur der Abdeckung von Trommelblenden.
Nach langjährigen Versuchen ist es gelungen, den außerordentlich hohen Lichtbedarf ohne erhöhten Stromverbrauch, d. h. ohne Erweiterung der in jedem Theater vorhandenen Stromversorgungsanlagen zu decken.
Durch Verwendung neuartiger Projektionsschirme und durch Erhöhung des Wirkungsgrades der Projektionslampen wurde dieses Ziel erreicht. Die Oberfläche des Projektionsschirmes besteht aus kleinen Hohlspiegeln, die durch waagerechte und senkrechte Riffelung mit verschiedenen Krümmungsradien auf einer Aluminiumfolie entstanden sind.
Auf 1qm Schirmoberfläche entfallen ca. 1 Million solcher Hohlspiegel. Diese Hohlspiegel bewirken, daß die von dem Bildwerfer auf die Projektionswand auffallenden Lichtstrahlen nur in den Winkelraum des Lichtspieltheaters reflektiert werden, der für die Bildbetrachtung in Frage kommt.
Bei Anordnung der Lautsprecher hinter der Bildwand wird dieser neuartige Projektionsschirm schalldurchlässig hergestellt.
Notwendige Vorgaben zur Bildfeldausleuchtung
Zur Verbesserung des Wirkungsgrades der Projektionslampen sind neuerdings Effekt- und Reinkohlenlampen entwickelt worden, die neben einer erheblichen Steigerung der Lichtleistung, worüber allerdings noch keinerlei Vergleichszahlen mit den handelsüblichen Lampen vorliegen, eine vollkommene Bildfeldausleuchtung ermöglichen.
Die gleichmäßige Bildfeldausleuchtung ist für die Projektion von Linsenrasterfilmen unbedingt erforderlich, da sonst zonenweise Verfärbungen, sogenannte Dominanten entstehen. Da keines der heute angewandten Projektionssysteme eine genügend gleichmäßige Ausleuchtung der Bildwand ermöglicht, müssen für normale Lampen Wege gefunden werden, um diese Forderung des Linsenrastersystems zu erfüllen.
Durch die Anwendung der neuartigen Bildwand und durch die Verbesserung des Wirkungsgrades der Projektionslampen ist es bei der Vorführung des Linsenrasterfilms möglich, eine Bildfläche von 20qm mit einer Stromstärke von 20 Amp. und Reinkohlen "hinreichend" auszuleuchten. Für Bildgrößen von 50qm sind bei Verwendung der neu entwickelten Effektkohlenlampen Stromstärken von 80 Amp. ausreichend.
Beim Übergang von der Farbfilmprojektion auf Schwarzweiß-Filme ist nur das Farbfilter durch ein Graufilter zu ersetzen, was in wenigen Sekunden möglich ist. Die Vorführung von Schwarzweiß-Filmen ohne Graufilter ist allerdings auch möglich, jedoch wäre dann die Bildhelligkeit zu groß, so daß sie störend wirken und das Bild flimmern würde.
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Die Anschaffungskosten
Die Anschaffungskosten für die Riffelwand, die Objektive mit Filtern und die neuartigen Projektionslampen werden für ein mittleres Theater mit ca. 4.500 RM, für ein Großtheater mit ca. 10.000 RM angegeben. Da in Theatern mit genügender Lichtreserve zur Vorführung von Farbschichtfilmen keinerlei Anschaffungen notwendig sind, könnte man folgern, daß dem subtraktiven Verfahren der Vorzug zu geben sei.
Andere Vorteile für den additiven Farbfilm
Der additive Farbfilm hat jedoch mancherlei Vorteile, die nicht übersehen werden dürfen. Einer der Vorzüge des Linsenrasterverfahrens ist, daß vom Farbfilm-Original oder einer Kopie ohne weiteres einwandfreie Schwarzweiß-Kopien zu ziehen sind. Dieser Vorzug würde sich besonders bei der Umstellung der Lichtspieltheater auf das Linsenrasterverfahren, die sich infolge der Fabrikation und des notwendigen Einbaues der Filter usw. nur nach und nach vollziehen würde, für die Übergangszeit günstig auswirken.
Die Farbfilmproduktion wäre nicht allein auf die Theater angewiesen, die auf Farbfilm umgestellt sind, sondern könnte ihre Filme auch in den übrigen Theatern amortisieren.
Ein weiterer Vorteil gegenüber dem Technicolorverfahren liegt in der Möglichkeit, das fertige Farbpositiv innerhalb weniger Stunden nach der Aufnahme vorzuführen. Hingegen ist beim Technicolorverfahren zur Herstellung der ersten korrigierten Probedrucke eine Zeit von mehreren Wochen notwendig. Bei dem ersten kürzlich in England gedrehten Technicolorfarbfilm vergingen sogar Monate, ehe man sich von dem Erfolg oder Mißerfolg der Aufnahmen überzeugen konnte, da die in England erst jetzt in Betrieb genommene Kopieranstalt seinerzeit noch nicht betriebsfähig war, und alle Aufnahmen zur Bearbeitung nach Hollywood geschickt werden mußten.
Während das Technicolorsystem in der Farbnuancierung allem Anschein nach eine gewisse Grenze erreicht hat, ist das Linsenrasterverfahren in dieser Beziehung noch sehr entwicklungsfähig.
Einen besonders großen Vorsprung gegenüber den subtraktiven Farbfilmverfahren hat das Berthon-Siemens-Verfahren dadurch, daß noch nach der Aufnahme, während der Herstellung der Kopien, jede einzelne Szene in ihrer Farbstimmung nach einem vor der Kopierung festgelegten Schema automatisch von der Kopiermaschine zu beeinflussen ist.
Durch diese Farbsteuereinrichtung sind Voraussetzungen geschaffen, die dem Künstler die Möglichkeit geben, die Farbe des bewegten Bildes stimmungsmäßig der Handlung anzupassen und etwa vorhandene zu krasse Farbunterschiede zwischen den einzelnen Szenen auszugleichen.
Nocheinmal einen Blick zurück auf den Schwarzweiß-Film
Die Anforderungen, die der Schwarzweiß-Film an eine gute Wiedergabe im Lichtspieltheater stellt, sind heute zum Teil noch umstritten. Vorläufig liegen noch keine abschließenden Versuche oder gar Ergebnisse mit wissenschaftlich exakter Begründung über die im praktischen Betrieb auftretenden Einflüsse auf die Güte der Projektion vor.
Der Einfluß der Bildhelligkeit, Beschaffenheit der Kopie, Raumhelligkeit, des Streulichtes, fremder im Theaterraum befindlicher Lichtquellen, der Adaption des menschlichen Auges u. a. sind seit neuerer Zeit Gegenstand wissenschaftlicher Forschung.
Da auf dem Gebiete der Farbfilmprojektion vorläufig in Deutschland noch keinerlei Erfahrungen gesammelt werden konnten, ist man bei der Betrachtung der Erfordernisse einer qualitativen Farbfilmwiedergabe im Lichtspieltheater auf ganz wenige Erkenntnisse angewiesen, Erkenntnisse, die z. T. auch bei der Projektion von Schwarzweiß-Bildern Gültigkeit haben.
Bei der Betrachtung über die Wirkung des farbigen Bildes auf den Beschauer spielt das bei der Projektion verwendete Farbfilmsystem, unter Voraussetzung gleicher Qualität in der Natürlichkeit der Farben, keine Rolle.
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Die Ausgestaltung des Zuschauerraumes
soll die Wirkung des farbigen Bildes unterstützen und jede störende Beeinflussung vom Besucher fernhalten. Alle im Blickfeld des Betrachters befindlichen Wände, Decken oder sonstige Flächen dürfen besonders in der Nähe des Bildes nicht stark reflektierend sein.
Starkes Streulicht, verursacht durch die Optik, Platzschilder, Gang- oder Notbeleuchtung oder ähnliche Lichtquellen beeinträchtigen die Güte des Farbfilmbildes in erheblichem Maße, besonders dann, wenn (im Vergleich) die Punkthelligkeit des Leuchtkörpers der im Blickbereich des Zuschauers liegenden Lichtquellen unerträglich hoch ist.
Die Menge des in den Theaterraum reflektierten Lichtes ist von der Anstrahlung und von dem Reflektionsvermögen der Wände und Decken abhängig. Sehr glatte Flächen oder blanke Stoffe reflektieren erheblich mehr Licht als z. B. matte Stoffe, Akustikplatten usw. Die allgemeine Raumhelligkeit während der Vorführung ist weiter von der Art der Bildwand abhängig.
Gewöhnliche Projektionswände strahlen das auffallende Licht nach allen Seiten gleichmäßig zurück, während z. B. Riffelschirme der weiter oben beschriebenen Art durch ihr gerichtetes Reflektionsvermögen Decken und Wände nur sehr gering anstrahlen.
Die Betonung der Farbe im Lichtspieltheater
Da die heutigen Lichtspieltheater meist stark farbig betont sind, wird das auf den Bildschirm fallende Streulicht der Farbe des Theaters entsprechen und dadurch das farbige Bild verfälschen. Zur Vermeidung solcher Erscheinungen ist eine möglichst neutrale Farbbehandlung des Zuschauerraums vorzuziehen.
Sache eines geschickten Architekten ist es, bei solcher Farbbehandlung des Raumes störende Eintönigkeit durch Anordnung farbiger Figuren, Linien, farbiger Beleuchtung u. ä. zu vermeiden und innenarchitektonisch interessante und behagliche Stimmungen hervorzuzaubern.
Die Anleuchtung des Bildrahmens
In der heutigen Projektionspraxis faßt man die Bildwand größtenteils mit einem schwarzen Rahmen ein. Untersuchungen von B. O'Brien und C. M. Tuttle (Kinotechnik vom 5. Juni 1936, S. 182) haben ergeben, daß eine, wenn auch schwache Anleuchtung des Bildrahmens die Augen des Betrachters weniger ermüdet als ein schwarzer Rahmen.
Eine befriedigende Erklärung für diese Tatsache können die genannten Verfasser nicht angeben. Inwieweit die vorstehenden Beobachtungen auch für den Farbfilm Gültigkeit haben, wurde bei den Untersuchungen nicht festgestellt. Im übrigen ist die vorgenannte Beobachtung durch den geringen Umfang ihrer Untersuchung nicht als endgültig hinzunehmen und bedarf noch weiterer Nachprüfung.
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Schonung und Verschleiß der Farbfilmkopien
In Bezug auf Schonung und Verschleiß der Farbfilmkopien wäre noch zu bemerken, daß das Verfahren der Regenerierung wohl anwendbar ist, und daß die bei Schwarzweiß-Kopien auftretende Verregnung auch bei Farbfilmen normal auftritt. Allerdings habe ich bei einer stark verregneten Technicolorkopie beobachtet, daß die Bildwirkung bei der Vorführung erheblich mehr beeinträchtigt wird, als ich es bei Schwarzweiß-Kopien empfunden habe.
Die praktischen Erfahrungen, die heute auf dem komplizierten Gebiet des Farbfilms vorliegen, sind noch sehr gering. Im besonderen liegen über die Projektionspraxis des Farbfilms die wenigsten Erfahrungen vor, ganz abgesehen davon, daß von dem neuen subtraktiven Mehrschichten-Farbfilm nicht ein einziger Versuch unter praktischen Verhältnissen im Lichtspieltheater vorliegt.
Auf jeden Fall ist aber der Farbfilm weiter entwickelt als z. B. damals der Tonfilm bei seiner Einführung in die Lichtspieltheater. Eine schneller fortschreitende Entwicklung und Vervollkommnung des Farbfilms kann nur seine praktische Anwendung bringen, vor dem Forum, für das er geschaffen wird: dem Zuschauer im Lichtspieltheater.
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