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Eine KCM 125 Kamera - in 2020 nochmal genauer betrachtet
Diese vorletzte Röhren-Kamera mit 3 Plumbicon Röhren war eine ganz eigene Story in der Geschichte der Fernseh GmbH in Darmstadt. Es war sowieso die (vor-) letzte Fernseh-Kamera, die aus Darmstadt kam. Danach war Schluß. Philips aus Holland hatte BOSCH den ganzen "Laden" abgekauft und der Broadcast-Division ganz andere neue Ziele gesetzt.
Zur Vorgeschichte der KCM 125 muß man wissen, daß es da um 1981/82 ein Abkommen mit dem "Partner" Thomson in Frankreich gab, nämlich ein Austausch von Produkten. Die Fese vertreibt die Thomson Kamera als Modell KCI und Thomson vertreibt im Gegenzug die BOSCH/BTS BCN 51 und entwickelt eine neue Elektronik für die BCN 52 (1") Videoanlagen.
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Die Thomson Kamera - in den Fese-Farben umlackiert - war ein Flop und Thomson hatte nicht eine BCN angeboten und/oder verkauft. Bis die offensichtlich zu nachsichtigen oder gar verschlafenen BTS Manager das "gerafft" hatten, hatte es etwas gedauert, etwas zu lange. Laut Professor Hausdörfer wurde in der Zeit um 1982/83 keine einzige Farb-Studio-Kamera verkauft. Die ARD Anstalten (und nicht nur diese) wollten diese französischen Trojaner einfach nicht kaufen. Und die Franzosen schienen ebenfalls die BCN Bandgeräte gar nicht verkaufen zu wollen (oder zu können).
Die ja immer noch angestellten Kamera-Entwickler in Darmstadt saßen fast 18 Monate nur rum - sehr frustrierend - und entwickelten aber trotz eines offiziellen Verbotes im stillen Kämmerlein - teilweise sogar Zuhause im Keller - ein technologisches Wunderwerk. Das war das Grundgerüst der späteren KCM 125.
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Dann soll es ganz plötzlich Schlag auf Schlag gegangen sein.
Der BTS Vertrieb schien zuerst zu realisieren, daß die ARD Anstalten neue Kameras kaufen wollten, die KCU Typen waren alt geworden, aber sie wollten einfach keine verkappten Kameras von der Grande Nation, und die waren eindeutig zu erkennen.
Plötzlich wurden irgendwann Mitte 1984 alle Hebel in Bewegung gesetzt, eine wieder eigene Farb-Kamera modernster Bauart aus dem Boden zu stampfen. Die Mechaniker und Werkzeugmacher bei der BTS waren ja auch noch alle da und fertigten BCN Maschinen, aber halt immer weniger. Herr Rollinger aus dem Werkzeugbau hatte mehrere Stunden aus der Schule geplauert, wie schnell das damals alles gehen mußte.
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Die Kamera-Entwickler konnten sehr zur Überraschung der oberen Etagen ziemlich schnell ihre geheimen Geheimnisse ans Tageslicht holen und die Entwicklungszeit war exorbitant kurz.
Heraus kam eine Plumbicon- 3-Röhren-Kamera, die es in sich hatte. Die war wieder um einiges besser als die französische Kamera, die - im Nachhinein betrachtet - auch gar nicht schlecht war. Die Franzosen konnten das - wenn sie wollten - auch recht gut.
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Es fehlten leider mindstens 2 verlorene Jahre
Die Prozessorsteuerung vieler Einstellungen mit allen Finessen mit einem Zilog Z85 war herausragend. Die Bedienung und Einstellmöglichkeiten übertraf alles bisher bekannte.
Die Mechanik war ausgefeilt und das Gerippe (des Kamera- kopfes) aus einer robusten leichten Aluminium/Magnesium Legierung war professionell durchkonstruiert. Für damalige Entwicklungsstände war die KCM 125 auf oberstem Weltklasse-Niveau.
Professor Hausdörfer hatte mehrfach bei der Geschäftsleitung angeregt, die BTS solle doch versuchen, bei den BCN Bandmaschinen und vor allem bei der mobilen Quatercam/Lineplex Entwicklung mit den Japanern von SONY zu kooperieren, die hätten die notwendigen Steuerungs-Chips bereits fertig. Und er hatte auch mal eine japanische Entwickler-Delegation begrüßt oder sogar eingeladen.
Sie kamen und mit Ihnen auch der Chef der Entwicklungs- Abteilung von ganz ganz oben und sie bewunderten mit - laut Hausdörfer - ehrlicher Hochachtung die in Darmstadt erarbeitete Qualität. Doch bei den in Japan geplanten Videorecordern denke man eben nicht an 800 bis 1000 Stück pro Jahr, man denke an Stückzahlen von 10 bis 40 Millionen Stück.
Auch die KCM 125 krankte an dieser Überqualität eines genialen Labormusters. Denn die neue Kamera war eigentlich zum Erfolg "verdammt". Aber sie war nie serientauglich durchkonstruiert oder produktionsreif nachentwickelt worden. Und zumindest das hätte man von den Japanern lernen oder abkupfern müssen.
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Und es gab noch ein streng gehütetes Geheimnis
Beim Kooperationspartner Philips war in den Fernseh- und Kamera-Labors in Breda die Röhrenzeit bereits zuende. Und man hatte das (von Philips aus) natürlich nicht an die Deutschen in Darmstadt kommuniziert. Die kauften ja die ausgereiften Plumbicon Röhren von Philips/Valvo aus Hamburg und die Dinger waren teuer und profitabel.
Vermutlich war die BTS sowieso der letzte Kunde für Plumbicon Röhren. Und der - aus der zeitlichen Ferne betrachtete - unausgesprochene neidische Blick auf die erfolgreichen "Kollegen" aus Darmstadt trug bei den holländischen Kollegen ein Übriges dazu bei, ja nichts zu verraten.
Jedenfalls hat die BTS den Umschwung auf die Halbleiter- Chips viel zu spät realisiert. Diese "Silicon Image Device" -Chips - ursprünglich gemeinsam von Kodak und RCA entwickelt - hatten eine raketenähnliche Entwicklung hinter sich und waren dem Plumbicon - also der Aufnahmeröhre an sich - haushoch überlegen, viel kleiner und absolut stromsparend. Und damit war auch bei den professionellen Fernseh-Kameras die Röhrentechnik vorbei, endgültig.
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Im Sommer 2020 haben wir solch einen Kamerakopf erneut zerlegt
Es ist die KCM 125 aus Aug. 1986 mit der Nummer 129.
Die Nachfrage nach diesen imposanten großen Kameras ist selbst bei akribischen Sammlern drastisch gesunken, denn viele müssen die großzügigen Räumlichkeiten zugunsten des betreuten Wohnens verlassen.
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Es schmerzt schon, solch edle Technik zu zerlegen
Inzwischen kann ich mir lebhaft vorstellen, wie den Mitarbeitern bei BTS zumute war, als die BTS so nach und nach immer weiter geschrumpft wurde. Als die Kamerentwicklung eingestellt wurde, wußten die meisten, sie (BTS) hatte(n) den Zug der Zeit verschlafen. Viele Jahre vorher so um 1968 war das Hochvakuum-Labor aufgelöst worden. Diese in Europa nahezu einmaligen Super-Orthicon Spezialisten wurden einfach nicht mehr gebraucht. Die neuen Bildaufnahmeröhren kamen von Valvo aus Hamburg und der Ersatzbedarf für die alten schwarz-weiß Kameras kam zum Erliegen.
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Es hilft aber nichts, die Augen zu veschließen
Die KCM 125 war ein super tolles Labormuster und ein Labormuster war in der Produktion mit nennenswerten Stückzahlen zum Scheitern verurteilt. Hier verweise ich auf die Zeitzeugenberichte des BRAUN Chefentwicklers Wolfgang Hasselbach, der der technische Vater des BRAUN REGIE 500 war und auch sehr oft vor der Produktion dieses Labormusters gewarnt hatte, ohne gehört zu werden und mit fatalen Folgen.
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