Sie sind hier : Startseite →  Magazine und Zeitschriften→  (6) FKT Fernseh- und Kinotechnik→  Kinotechnik-Jahrgang 1935→  1935 - Mechanik des Zelluloidfilms

Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45

Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
Hier geht es zur einführenden Seite.

.

Die mechanische Widerstandsfähigkeit des beschichteten
Zelluloidfilmes

(Mitteilung aus der staatlichen Prüf- und Versuchsanstalt für Kinematographie an der Technischen Hochschule, Berlin.) - aus Heft 22 - Berlin, den 20. November 1935 von  Dr. Carl Forch
.

Wie wurde gepüft ?

Die Prüfung eines Werkstoffes erfolgt am "einwandfreisten" (das konnte man auch damals schon nicht steigern !!), wenn er unter denselben Umständen geprüft wird, denen er bei seiner normalen Verwendung ausgesetzt ist. Es wäre somit beim Film der Projektionsapparat zu benutzen.

Es wurde ein gut gepflegter Theaterapparat mit einer Glühlampe von 40 Ampere und 15 Volt (= 600 Watt) verwendet; der Zug im Bildfenster wurde absichtlich etwas hoch auf 550-600 gr, gemessen an einer Federwaage, eingestellt.

Um die Zahl der Umläufe des zu einer Schleife von anfänglich 2,5m geklebten Filmes zu bestimmen, wurde die Zeit von je 10 Umläufen abgestoppt und die Gesamtzeit des Laufens ermittelt. Gefahren wurde mit 24 Bildern je Sekunde. Nach je 250 bis 350 Umläufen wurde neu geklebt und die Ümlaufszeit für 10 Umläufe bestimmt.

Bei der Untersuchung wurden Filme von zwei Herstellern verglichen, die im nachstehenden mit A und B bezeichnet seien. Es standen von beiden mehrere 2 Tage zuvor entwickelte und in üblicher Weise getrocknete Streifen von je 5m zur Verfügung; es wurde
je einer ausgewählt, halbiert und zur Schleife geklebt.

Die andere Hälfte wurde ebenso wie die nach dem Versuch aufgeschnittene Schleife späterhin der Zerreiß* und Knitterprobe unterworfen. Im folgenden beziehen sich die ersten Angaben auf den Film A, die Werte in ( ) auf den Film B.
.

Erste Ergebnisse

Es zeigten sich die ersten Anschläge nach 1099 (1117) Umläufen; nach 1355 (1325) Umläufen werden sie deutlicher und nach 1614 (1633) haben sie an Zahl und Größe stark zugenommen.

Nach 2013 Umläufen sind bei A einige Stege ausgebrochen, der Versuch wird abgebrochen. Bei B sind bei 1894 Umläufen einige Kanten angebrochen, ein Steg ist durchgebrochen, es wird ein Stück von 10cm herausgeschnitten und fortgefahren, bis bei 2236 Umläufen weitere Stegdurchbrüche erfolgten.

Hinsichtlich der Laufprobe ist somit ein irgendwie erheblicher Unterschied zwischen beiden Filmen nicht festzustellen. In einem gut gepflegten Projektor halten beide Filme weit mehr Umläufe aus - wenigstens in den ersten Tagen nach dem Entwickeln -, als ihnen in der Theaterpraxis vernünftigerweise zugemutet werden wird.

Zerreiß- und Knitterversuche

Zerreiß- und Knitterversuche wurden in der üblichen Art an Streifen von etwa 15mm Breite angestellt.

Es bedeuten: Z die Belastung in kg für ein mm- Querschnitt, bei der der Film zerreißt, D die Dehnung in % beim Zerreißen und K die Zahl der bis zum Bruch in der Knittermaschine ausgehaltenen Knickungen.

Mit „gelaufen" sind die bei den obigen Laufversuchen verwendeten und nachher wieder aufgeschnittenen Schleifen bezeichnet, mit „nichtgelaufen die Vergleichshälfte desselben Streifens, die zuvor nicht durch Laufen beansprucht war.

Es sind außerdem eine Reihe alter, d. h. nach normaler Benutzung im Theater für dieses unbrauchbar gewordener Filme zum Vergleich herangezogen worden.

Die Werte sind Mittel aus der daneben angegebenen Anzahl von Messungen. In Z und infolgedessen besonders in D treten neben nahe beieinanderliegenden hohen Werten auch erheblich niedrigere Werte auf, was für Zerreißversuche sich ohne weiteres aus der niemals erreichbaren vollkommenen Gleichmäßigkeit eines Werkstoffes erklärt.

Um nun einen Überblick über die bei der Herstellung erreichte und bei den alten Filmen über die bei der Abnutzung noch verbliebene Gleichmäßigkeit zu gewinnen, wurden die Messungen mit besonders niedrigem D für sich getrennt von den guten Ergebnissen gemittelt; sie finden sich in den 3 letzten Spalten.

Der beschichtete und entwickelte Film - und nur dessen mechanisches Verhalten hat für den Kinotechniker Interesse - ist ein Verbundwerkstoff aus Zelluloid und aus durch eingelagertes Silber wie durch die chemische Behandlung beim Entwickeln beeinflußter Gelatine. *1)
.
*1) Eugen Reisz fand 1921, daß ein in gewöhnlicher Weise, also nicht etwa härtend oder reliefartig entwickelter Tonfilm im Nadelphonographen gut hörhar abgespielt werden kann. Vgl. D.R.P. 386 263. Daraus dürfte wohl zu folgern sein, daß die Elastizität der Gelatine schon bei dem normalen Entwickeln durch die hierbei lokal auftretenden Zwischenvorgänge oder durch das abgeschiedene Silber weitergehend verändert wird, als man bisher annahm.
.

Vergleich von vier Fabrikaten

Es sind deshalb für vier Fabrikate die Z-, D- und K-Werte für unbeschichtete Zelluloidstreifen, die mir von anderer Seite zur Verfügung gestellt worden sind, zum Vergleich nachstehend angegeben.

Tabell der 4 Fabrikate

Man sieht, daß keiner der beschichteten und entwickelten Filme auch nur entfernt die Dehnung und Knitterfestigkeit hat, die allen unbeschichteten Zelluloidstreifen eigen ist. Es kommt somit der Gelatineauflage ein sehr bedeutender Einfluß auf das mechanische Verhalten zu.

Überschreitet man die Elastizitätsgrenze, so fangen die Stoffe bald an zu fließen. Da Zelluloid und Gelatine zwei chemisch und physikalisch sehr verschiedene Körper sind, wird man von vornherein annehmen dürfen, daß Beginn und Ausmaß des Fließens bei ihnen verschieden sein werden.

Daß dies sehr stark der Fall ist, erkennt man am Verhalten des Films nach und manchmal auch bei dem Zerreißen. Tritt ein Riß nur an einer Stelle auf, so krümmen sich die beiden Stümpfe nach der Schichtseite hin, und zwar nimmt die Krümmung während der auf das Zerreißen folgenden Zeit (2-3 Sekunden etwa) merklich zu. Das Zelluloid ist also stärker geflossen als die Gelatine und diese hat sich eine größere Rückstellkraft erhalten als jenes.

Keineswegs selten reißt aber der Film an zwei Stellen gleichzeitig und zuweilen zerplatzt er in eine Anzahl von Stückchen, die auseinanderfliegen. Bei unbeschichtetem Zelluloid treten diese Erscheinungen nicht auf.
.

Der Vorgang des Fließens

Um den Vorgang des Fließens wenigstens in etwas näher kennenzulernen, ließ man die Belastung nicht durchweg stetig anwachsen, sondern es wurde wiederholt kurzzeitig halt gemacht und die der betreffenden Belastung zukommende Dehnung rasch abgelesen.

Es wurden so „Fließkurven“ erhalten. Sie zeigen, daß das Fließen mit wachsender Belastung außerordentlich rasch ansteigt. Erhebliche Unterschiede der einzelnen Fabrikate gegeneinander zeigen diese Kurven nicht. Bis 5 kg/mm2 Belastung ist die Dehnung proportional der Belastung; oberhalb dieser Grenze setzt alsbald starkes Fließen ein.

Man kann aus den obigen Werten folgern: die beiden, kurze Zeit nach dem Entwickeln geprüften Filme zeigen, mögen sie nun nicht gelaufen oder als Schleife bis 2.000mal durch den Projektor geschickt worden sein, nur wenige Stellen mit niederen D- und Z-Werten; im Gegensatz dazu überwiegen bei den alten Filmen die niederen Werte, trotzdem auch hier für einzelne Stücke noch hohe Werte Vorkommen, ja der absolut höchste D-Wert (28,9!) auf einen alten Film fällt. Die Gleichmäßigkeit hat mithin bei den alten Filmen stark gelitten.

Auffallenderweise fällt die absolut höchste Knitterzahl (85!) auf eine alte Filmsorte, während bei allen anderen gerade K mit dem Alter sehr stark zurückgegangen ist. Bei den den Umlaufversuchen unterworfenen jungen Filmen hat an den von Haus aus vorhandenen schwächeren Stellen die hohe Zahl der Umläufe offenbar erheblich schädigend gewirkt; hier ist vor allem D stark herabgesetzt mit 9,8 und 1l,7% gegenüber 14,6 bzw. 18,3% bei den nicht beanspruchten Vergleichsfilmen.

Die von Anfang an guten Filmstücke zeigen in den hohen Werten keinerlei Unterschiede vor und nach den Umläufen. Vergleicht man die einzelnen Filmsorten miteinander, so zeigt sich zwischen Z und D einerseits und K andererseits ein Parallelismus nicht. Es wird damit zweifelhaft, ob an der Zerreiß- und Knittermaschine angestellte Versuche überhaupt geeignet sind, Rückschlüsse auf das Verhalten eines Film in dem Projektor zu ziehen.

Es sei hierzu nur nebenbei bemerkt, daß eine Reihe von frischen Filmkopien, deren Perforation in verschiedenen Projektoren schon nach etwa 30 Vorführungen vollkommen unbrauchbar geworden war, keineswegs schlechte Z- und D-Werte und sogar recht gute K-Werte ergaben.
.
Eine Erkenntnis aus 1935 !!
.

- Werbung Dezent -
Zur Startseite - © 2006 / 2024 - Deutsches Fernsehmuseum Filzbaden - Copyright by Dipl.-Ing. Gert Redlich - DSGVO - Privatsphäre - Redaktions-Telefon - zum Flohmarkt
Bitte einfach nur lächeln: Diese Seiten sind garantiert RDE / IPW zertifiziert und für Leser von 5 bis 108 Jahren freigegeben - Tag und Nacht, und kostenlos natürlich.