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Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45

Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Die Form des Zuschauerraumes bei der Filmprojektion

von Dr. N. Günther, Jena aus Kinotechnik Heft 15 vom 5. August 1935
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1. Einleitung

Für die rationelle Formgebung des Zuschauerraumes in Lichtspielhäusern gibt es keine feste Norm *1). Der Lichtspielhausbesitzer kann sich deshalb nur schwer darüber Rechenschaft ablegen, in welchem Maße die Form seines Theaters als zweckmäßig zu bezeichnen ist. Ebenso wird der Kinoamateur bei der Vorführung eines Filmes vor einem größeren Zuschauerkreis nicht immer wissen, wie er die Zuschauer am günstigsten verteilt.

Wenn auch Form und Größe des zur Verfügung stehenden Vorführraumes es mitunter nicht zulassen werden, die beste Anordnung zu verwirklichen, so kann man doch auf Grund einer einfachen geometrischen Betrachtung diejenige Platzverteilung ermitteln, die unter den vorliegenden Umständen als günstigste zu bezeichnen wäre.

Nur ein einziger Sitzplatz wäre optimal

Streng genommen gibt es natürlich nur eine Stelle im Zuschauerraum, die allen Anforderungen an eine naturgetreue Auffassung des Filmbildes gerecht wird: das Zentrum der Perspektive.

Sein Ort liegt senkrecht vor der Mitte des projizierten Bildes, und sein Abstand (e) vom Projektionsschirm verhält sich zur Bildbreite (D) wie die Brennweite der Aufnahmekamera (f) zur Breite (d) des Filmformates (e:D = f:d).

Abgesehen davon, daß an dieser Stelle nur ein einziger Zuschauer unterzubringen ist, muß weiterhin die Forderung nach einem scharfen Bild erfüllt sein. Der Wunsch, bei Betrachtung vom Zentrum der Perspektive aus ein genügend scharfes Bild zu erhalten, stellt hohe Anforderungen an die Schärfe des Filmstreifens.

Die Mehrzahl der Zuschauer muß notwendigerweise in mehr oder weniger großem Abstand vom Zentrum der Perspektive untergebracht werden. Für sie ist also die Perspektive verfälscht. Das ist nicht schlimm, denn die Erfahrung lehrt, daß eine falsche Perspektive bei der Betrachtung des stehenden wie des bewegten Bildes weniger stört als Unschärfen im Bilddetail.

Deswegen werden photographische Aufnahmen in den meisten Fällen rein gefühlsmäßig aus einem zu großen Abstand betrachtet *2). Wir sind gezwungen, auch bei der Kinoprojektion diesen Fehler in Kauf zu nehmen, müssen es nur vermeiden, den Zuschauer vom idealen Betrachtungsort allzu weit zu entfernen.
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2. Die Form des Zuschauerraumes in erster Annährung

Je weiter der Betrachter vom Projektionsschirm entfernt ist, desto schärfer erscheint ihm das Bild bzw. um so unschärfer darf es von Natur aus sein. Der Nachteil einer Verfälschung der Perspektive wird also wett gemacht durch den Vorteil der Zulässigkeit größerer Zerstreuungskreise, was zur Folge hat, daß die Aufnahmen mit größerer relativer Oeffnung gemacht werden können.

Das soll in einem demnächst am gleichen Ort erscheinenden Aufsatz genauer behandelt werden, wobei auch die Frage nach dem Nutzen des Entfernungsmessers für die Kinokamera ihre Beantwortung finden wird.

Wir brauchen also bei der Ermittlung des größten Betrachtungsabstandes (E) keine Rücksicht mehr auf die Bildschärfe zu nehmen.

Beliebig groß kann man jedoch diesen Abstand aus zwei Gründen nicht machen. Erstens erfährt die Perspektive schließlich eine zu starke Verfälschung, worunter die Natürlichkeit der Bildwirkung leidet.

Zweitens werden infolge zunehmender Verringerung der Winkelgröße Feinheiten des Bilddetails vom Auge nicht mehr aufgelöst. Dem allzuweit entfernten Betrachter gehen also Einzelheiten des Bildes verloren.
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Der größte Betrachtungsabstand wäre .....

Die Erfahrung lehrt, daß der größte Betrachtungsabstand das 8fache der Bildbreite nicht überschreiten darf (E = 8•D). Dem im Abstand E befindlichen Zuschauer erscheint eine waagerechte (horizontale) Strecke in der Mitte des Projektionsbildes (etwa die Breite einer Hausfront) unter einem bestimmten Winkel.

Es läßt sich geometrisch beweisen, daß alle Betrachter diese Strecke unter demselben Winkel sehen, soweit sie sich auf einem Kreis vom Durchmesser E, der den Auffangschirm in der Mitte berührt, befinden.

Damit können wir als erstes Ergebnis unserer Überlegung den Satz aufstellen:

Kein Platz des Zuschauerraumes darf außerhalb eines Kreises untergebracht sein, dessen Durchmesser E=8•D ist und der die Projektionswand in der Mitte berührt (Abb. 1).

3. Die seitliche Begrenzung des Zuschauerauums

Die an der Seite befindlichen Plätze des Lichtspielhauses sind bekanntlich wenig beliebt, denn nur das zentral betrachtete Projektionsbild ist verzerrungsfrei. Eine senkrechte (vertikale) Strecke in der Mitte der Projektionswand (etwa die Höhe eines Hauses) erscheint allen Betrachtern, die von ihr den gleichen Abstand haben, gleich groß. Alle Zuschauer, die sich auf einem Kreise befinden, dessen Mittelpunkt mit der Mitte des Projektionsschirmes übereinstimmt, sehen diese Strecke unter dem gleichen Winkel.

Anders ist es bei der waagerechten Strecke. Sie verkürzt sich für den seitlich sitzenden Beschauer gegenüber der senkrechten Strecke (das Haus erscheint „schlanker“). Es tritt eine Verzerrung auf, die der Wirkung der Zylinderlinse ähnelt und die um so stärker ist, je mehr der Winkel (W) zwischen Blickrichtung und Projektionswand von einem Rechten Winkel (90°) abweicht.

Dennoch liegen die Verhältnisse anders als bei der Zylinderlinse. Bei dieser macht schon eine geringe Verzerrung die Wirkung des betrachteten Bildes unnatürlich. Bei der Filmbetrachtung aber läßt uns die natürliche Raumvorstellung erkennen, daß die Betrachtungsebene schräg zur Blickrichtung steht.

Wir erwarten also geradezu eine Verzerrung, die von uns, solange sie innerhalb vernünftiger Grenzen bleibt, deshalb kaum bewußt erkannt wird. Im Gegenteil, ein unverzerrt erscheinendes Bild würde in diesem Falle als (im entgegengesetzten Sinne) verzerrt gedeutet werden.

A. Köhle r4) stellt für das unbewegte Bild anheim, eine Verringerung des Winkels W bis zu 30° zuzulassen, wobei die Vergrößerung der zueinander senkrechten Richtungen im Verhältnis 1:2 stehen würde.

Beim bewegten Bilde ist sicherlich ein anderer Winkelwert zu erwarten. Versuche des Verfassers führten hier zu einem Verhältnis von etwa 1:Wurzel 2 als eben noch zuträglich. Diesem Verhältnis entspricht der Winkel W = 45°. Wird das Filmbild unter einem flacheren Winkel betrachtet, so macht sich die Verzerrung deutlich störend bemerkbar.

In einem zur Projektionsachse symmetrisch gelegenen Sektor von 90° sind also die Plätze als nahezu gleichwertig zu bezeichnen. Die in der Mitte befindlichen sind den Seitenplätzen nur wenig vorzuziehen. Außerhalb dieses Sektors sollen sich keine Zuschauerplätze befinden, auch nicht in dem Teil, der auf Grund der Festlegung unter Ziffer 2 zuzulassen wäre (Abb. 2).
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4. Vordere Begrenzung und Gesamtgröße des Zuschauerraums

Der Abstand (e), den der Betrachter haben darf, welcher der Mitte der Projektionswand am nächsten sitzt, ist durch Bildschärfe und Flimmern beim Bildwechsel gegeben. Die Erfahrung führt hier zu einem Wert, der gleich dem 2,5fachen der Bildbreite (D) ist (e = 2,5 • D).

Näher als e soll kein Zuschauer an die Mitte der Projektionswand heranrücken. Der Zuschauerraum wird also nach vorn durch einen Kreisbogen begrenzt, der mit dem Halbmesser e um die Bildmitte geschlagen ist (Abb. 3). Der Wert von e bietet gleichzeitig die Grundlage zur Errechnung der zulässigen Zerstreuungskreise bei der Aufnahme des Bildes.

Man kann die Größe des Zuschauerraumes auf die Maximalentfernung E beziehen. Der Inhalt I der nutzbaren Fläche ist proportional E². Es ergibt sich mit großer Annäherung I=(0,75•E)². Wenn E in Metern ausgedrückt und jedem Zuschauer etwa ein halber Quadratmeter Platz zugebilligt wird, so lassen sich im Zuschauerraum E² Anwesende unterbringen (Abb. 4).
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5. Der Abstand des Kinoprojektors von der Bildwand

Da der Abstand (A) des Kinoprojektors von der Bildwand immer groß gegen die Brennweite (F) des Projektionsobjektives sein wird, kann der Abbildungsmaßstab dem Verhältnis A:F gleichgesetzt werden.

Der Maßstab ist aber auch gleich dem Verhältnis aus den linearen Größen von Bild (D) und Objekt (d), so daß also A:F = D:d wird.

Bedenkt man weiter, daß nach obiger Ziffer 2 die Bildgröße D = E/8 gesetzt werden kann, so erhält man für den Abstand des Projektors vom Bildort A=F•E/8•d.

Soll also der Kinoprojektor hinter den Zuschauern stehen, so muß die Brennweite des Projektionsobjektives mindestens gleich dem 8fachen des Filmformates sein (F=8•d). Im allgemeinen wird A kleiner als E sein. Dann steht der Projektor innerhalb des Zuschauerraumes. Alle hier angestellten Betrachtungen gelten sowohl für den Schmalfilm als auch für den Normalfilm.

Bei der Anwendung der Ergebnisse auf Lichtspielhäuser muß man wegen der Rangplätze das Problem unter Umständen räumlich auffassen. Dazu ist es nötig, die Fläche, die als nutzbarer Zuschauerraum (nur in zwei Dimensionen) angegeben wurde, um ihre Symmetrieachse zu rotieren. Alle Zuschauerplätze sollen dann innerhalb dieses Rotationskörpers gelegen sein. Plätze, die außerhalb desselben liegen, sind von minderem Wert.
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6. Beispiel :

Ein Lehrer will seinen Schmalfilm 30 Schülern vorführen. Ihm steht ein quadratischer Klassenraum von 5 Meter Seitenlänge zur Verfügung.
Sein Projektor ist mit einem Objektiv von 5cm Brennweite ausgerüstet. Beim 16mm-Schmalfilm beträgt die Bildbreite d=0,97cm.

Nach Ziff. 4 braucht er dann einen Maximalabstand zwischen Projektionsschirm und hinterstem Zuschauer von E=Wurzel aus 30 = 5,5m. Da die Zimmerbreite (Abb. 5) nur 5m beträgt, wird er die Projektionsachse in die Zimmerdiagonale legen, die über 7m lang ist.

Er stellt also den Projektionsschirm über Eck (Abb. 6). Die Bildgröße D ergibt sich (nach Ziff. 2) zu E/8, d. h. D = 5,5/8 = 0,69 m. Ein Schirm von 3/4m Breite ist danach ausreichend. Der Kinoprojektor hat von diesem (nach Ziff. 5) A=5•5,5/8•0,97=3,5m Abstand. Alle 30 Zuschauer sind bequem untergebracht, alle haben ein gutes Bild, und es bleibt noch Platz übrig, um störende Möbel beiseite zu rücken.

Solche Ueberschlagsrechnungen sind natürlich nur bei beengten Raumverhältnissen nötig, dann aber unter Umständen sehr nützlich, weil sie eine optimale Ausnützung des verfügbaren Raumes gestatten. Es wird im allgemeinen genügen, aus der Zahl Z der anwesenden Personen die Maximalentfernung E = ('Z [m] zu errechnen, deren 8ter Teil gleich der Bildgröße D = E/8 ist. Alle übrigen Dimensionen werden sich dann sofort übersehen lassen, und der Abstand des Projektors ist leicht auszuprobieren.
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Nachtrag

Es kommen später noch weitere Artikel bezüglich Bestuhlung und Anzahl der Sitzplätze.
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