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typische historische Kamera

Zum Auffrischen und Erinnern . . . .

. . . sind diese Seiten hier gedacht, denn viele wissen nicht mehr oder noch nicht, wie es damals angefangen hat und wie das wirklich funktioniert mit dem Fernsehen, den Kameras, den Videorecordern, den Tonband- und den Magnetband- geräten aus alter Zeit. Viele Bilder können Sie durch Anklicken vergrößern.

2.10 Andere Erfinder

Fernseh-Projekt von Friedrich Lux (1906): die Helligkeit der Lichtzellen in der Empfänger- tafel (unten) wurde durch Reso­nanz-Lichtventile (oben) entsprechend der Beleuchtungs stärke des Selenzellen- Mosaiks auf der Geberseite gesteuert.

Gegen Ende des Jahrhunderts tauchte im Schrifttum eine Fülle mehr oder weniger neuer Vorschläge zur Lösung des Fernsehproblems auf. So beschrieb Lazare Weiller 1889 bei seinem "Phoroscope" zur virtuellen Rasterung des Bildfeldes ein rotierendes Vielfach- Spiegel- prisma mit stetig gegen die Achse geneigten Spiegelebenen. Henry Sutton wollte 1890 zur elektrooptischen Wandlung den 1875 von John Kerr entdeckten Effekt der elektrostatischen Doppelbrechung polarisierten Lichts ausnutzen. Eduard Liesegang, der das Wort "Fernsehen" geprägt hat, schlug 1890 bei seinem "Phototel" einen Mikrophonkontakt (!) als photoelektrischen Wandler und ein Mikrophon-Relais als Bildstromverstärker vor.

 

Louis Marcel Brillouin (1891) und Quierno Majorana (1894) empfahlen zur Bildfeldzerlegung gegenläufig rotierende Linsenscheiben oder Schlitzscheiben. Ein 1897 viel beachteter Fernseher des Österreichers Jan Szczepanik sollte wieder mit Schwingspiegel- Zerlegern und rotierender Selenzelle arbeiten. Otto von Bronk wollte 1900 die Trägheit der Selenzelle durch magnetische Speicherung der Bildsignale unschädlich machen. Zwei Jahre später meldete er ein Patent auf einen Farbfernseher an, der durch kommutierte Zellen- raster, sequentielle Übertragung der drei Grundfarben und Wiedergabe der Bilder durch Geißlersche Röhren gekennzeichnet war.

 

Einige jener frühen Vorschläge haben zwar zur Entwicklung des wirklichen elektrischen Fernsehens beigetragen, für das der Russe Constantin Perskyi 1900 das Wort "Television" einführte. Betriebsfähig waren indes die beschriebenen "Fernseher" alle nicht, weil die Erfinder sich entweder über die zu lösenden Probleme oder über die physikalischen Eigenschaften der verfügbaren Bauelemente nicht genügend klar waren. Erstaunlich ist, wie wenig kritisch selbst zeitgenössische Fachzeitschriften über die angeblichen Fernsehprojekte berichteten.

Arthur Korn schreibt 1909 über diese Erfinder :

Daß die "Fernseher" fast durchweg nur Kopiertelegraphen zur Wiedergabe eines einzelnen, stehenden Bildes waren, darf nicht überraschen:

 

Zumindest vor der Erfindung des Film-Kinematographen durch die Brüder Lumiere im Jahre 1895 bestand vermutlich noch gar kein Bedarf an momentan zu übertragenden Bildern mit zeitlich veränderlichem Inhalt, d. h. an "handelnden Bildern". "Erfinder, die zur Zeit behaupten, sie könnten mit Hilfe einer einzigen Telephonleitung einen Kopf oder ein noch detailreicheres Bild in einem Bruchteil einer Sekunde ... in der Ferne sichtbar machen ..., sind nicht ernst zu nehmen, im besten Falle optimistische Schwärmer, die selbst von der technischen Ausführbarkeit ihrer Ideen überzeugt sind", urteilte 1909 Arthur Korn, damals international anerkannter Experte auf dem Gebiete der Bildtelegraphie.

2.11 Lux 1906

Ein angeblich mit dem Fernseher von Lux erzeugtes Fernseh- Empfangsbild (rechts) vom Original (links).

Von dem Fernseher, den Friedrich Lux 1906 vorgeschlagen hatte, wurde anscheinend ein Modell gebaut: Durch jede Selenzelle eines Vielzellen-Rasters auf der Geberseite sollte ein Wechselstrom diskreter Frequenz fließen, der von einem Vielton-Generator erzeugt wurde. Die mit den Bildsignalen modulierten Wechselströme gelangten in ungestörter Superposition über eine einzige Leitung zum Empfangsraster, wo sie - wie bei einem Zungenfrequenzmesser - Resonanzfedern erregten. Die dunklen Enden dieser schwingenden Federn gaben beleuchtete Öffnungen mehr oder weniger frei, so daß im Auge des Betrachters ein wechselnder Helligkeitseindruck entstand. "Das Fehlende ergänzt das Auge".

Robert von Lieben (1878-1913), Erfinder der elektronischen Verstärkerröhre, die erst den Übergang vom spekulativen zum realistischen Fernseh- Zeitalter ermöglichte.

2.12 Ruhmer 1909

"Über den von Ernst Ruhmer entworfenen und ausgeführten Fernsehapparat", der "am 26. Juni (1909 -Anm. d. Verf.) einer größeren Anzahl von Fachmännern" vorgeführt wurde, liegen authentische Angaben vor: Die durch 5x5 Selenzellen des Vielzellenrasters auf der Geberseite fließenden Bildströme von jeweils einigen Milliampere erregten ebenso viele Relais, von denen jedes einen Wechselstrom diskreter Frequenz durch einen gemeinsamen Übertragungskanal sandte. Auf der Empfangsseite erregte jede Frequenz ein darauf abgestimmtes Resonanzrelais, das eine zur jeweiligen Selenzelle kongruente Glühlampe einschaltete. "Bei dem ausgeführten Versuchsapparat" konnten "einfache geometrische Figuren ihrem Bilde am Sendeort mit solcher Genauigkeit folgen, daß die Möglichkeit der Übertragung bewegter Bilder gegeben ist". Der beabsichtigte Bau eines Apparats mit 10 000 Bildelementen hätte nach Ruhmer 5 Millionen Mark kosten sollen.

2.13 Lieben 1906 (und die Lieben Röhre)

"Für manches Problem der Fernphotographie" könne die Anwendung seines "Kathodenstrahlrelais für Stromwellen bis zu den höchsten Frequenzen" von Nutzen sein, hatte schon Anfang 1906 der Österreicher Robert von Lieben in seiner deutschen Patentschrift Nr. 179807 vom 4. März 1906 erklärt.

 

Danach sollte ein "Kathodenstrahlbündel ... in einer hochevakuierten Glasröhre ... durch die kleinen Schwankungen" etwa im Stromkreis einer Selenzelle "magnetisch beeinflußt" werden und durch Transversalsteurung "Stromschwankungen ... von großer Energie" auslösen. Obwohl Liebens Patent das ganze Gebiet der elektronischen Verstärker umfaßte, blieb es in der frühen Fernsehtechnik jahrelang unbeachtet.

 

Rechts: Robert von Liebens Patent Nr. 179807 auf die erste elektronische Verstärkerröhre mit Transversalsteuerung vom 4. März 1906. Die Ausführungsform der Röhre mit Glühkathode und Steuergitter (Mitte) wurde von 1912 bis 1917 im Fernsprech- und Funkverkehr verwendet.

2.14 Dieckmann 1909

Inzwischen hatten Max Dieckmann und Gustav Glage (siehe auch die Dieckmann Story), beide Mitarbeiter Ferdinand Brauns, ein System zur telautographischen Übertragung einfacher Schriftzeichen und Strichzeichnungen entwickelt, bei dem sie zum ersten Male die Braunsche Kathodenstrahlröhre als Bildschreiber benutzten. In einem storchschnabelartigen Koordinatengeber oder "Zweifach-Schlittenapparat" wurden die beliebigen Bewegungen eines Fahrstifts durch zwei senkrecht zueinander angeordnete Schiebewiderstände in zwei Gleichströme wechselnder Stärke verwandelt, die über drei Leitungen auf der Empfangsseite den Kathodenstrahl durch zwei Spulenpaare analog der Bewegung des Fahrstiftes ablenkten, so daß die konformen Bewegungen des Fluoreszenzflecks auf dem Bildschirm photographisch fixiert werden konnten.

 

Durch Mechanisierung dieses Verfahrens gelang es Dieckmann und Glage zwischen 1906 und 1909, zum ersten Male eine Art Fernsehen zu demonstrieren, dessen Problem bis dahin "bekanntlich ungelöst geblieben" war. Da sie die Bildsignalströme noch nicht verstärken konnten, begnügten sich die Erfinder an Stelle der photoelektrischen Rasterung beim Geber mit der sicheren, 1843 von A. Bain angegebenen galvanischen Abtastung metallischer Schablonen. Sie benutzten dazu eine mit 600 U/min rotierende Nipkowscheibe, die statt der Löcher 20 Drahtbürsten enthielt.

 

Auf der Empfangsseite wurde bei jedem Kontakt zwischen einer der Bürsten und der Objekt-Schablone der Kathodenstrahl der Braunschen Röhre über die Fernleitung transversal ausgeblendet. Ein mit der Zerlegerscheibe gekuppelter Generator mit Polen von dreieckigem Querschnitt und ein rotierender Spannungsteiler lieferten über drei Leitungen die zeitproportionalen, sägezahnförmigen Spannungen für die Zeilen-und Bild- oder Rasterablenkung des Kathodenstrahls, der unter ihrem Einfluß auf dem Bildschirm einen 3 cm x 3 cm großen Raster von 20 Zeilen schrieb. Das durch Ausblendung des Strahls sichtbar werdende Schattenbild folgte konform allen Bewegungen des Objekts. "Braun war nicht begeistert, daß seine Kathodenstrahlröhre ausgerechnet für ,Fernsehversuche' eine Rolle spielen sollte. ,Fernsehen' war damals sehr unbeliebt - ähnlich wie das Perpetuum mobile".

1925 konnte Dieckmann auf der Münchner Verkehrsausstellung einfache Diapositiv-Bilder auch optisch abtasten: Er führte das Bild mittels eines mit Zeilen- und Rasterfrequenz um zwei zueinander senkrechte Achsen schwingenden Oszillographenspiegels -ähnlich wie Le Blanc - über die Sondenöffnung einer Blende, hinter der die Photozelle angeordnet war. Sie verwandelte die Bildhelligkeitswerte in Bildsignale, die den Träger eines Bildsenders für 2,5 MHz modulierten. Auf der Empfangsseite benutzte Dieckmann als Bildschreiber wieder die Braunsche Röhre mit Transversal-Modulation des Strahls. Zur Synchronisierung mit dem Bildgeber diente ein zweiter Sender für 2,0 MHz, der dieselbe Antenne speiste wie der Bildsender und dessen Trägerwelle sowohl mit der Zeilenfrequenz 500 Hz als auch mit der Rasterfrequenz 10 Hz moduliert wurde. Die auf der Empfangsseite durch Demodulation gewonnenen Zeilen- und Bildablenkströme führten den magnetisch abgelenkten Kathodenstrahl rasterförmig über den Bildschirm der Braunschen Röhre.

 

 

Im selben Jahr erhielten Max Dieckmann und Rudolf Hell das erste Patent auf eine elektronische Bildsondenröhre, "bei welcher auf einer lichtelektrischen Schicht das zu übertragende Bild entworfen wird, dadurch gekennzeichnet, daß das von der lichtelektrischen Schicht ausgehende Kathodenstrahl-bündel, welches in seinen Querschnittsintensitäten den Helligkeitswerten der Bildfläche entspricht, durch zwei zueinander senkrecht angeordnete elektrische oder magnetische Wechselfelder geeigneter Periodenzahl periodisch so abgelenkt wird, daß zeitlich nach und nach alle Querschnittsteile des Bündels die Anode treffen". Mit einer Versuchsröhre konnte Hell damals zwar den Effekt nachweisen, doch erst in den frühen dreißiger Jahren gelang es Philo Taylor Farnsworth, die "Image-Dissector"-Röhre mit Elektronen-Vervielfacher zu verwirklichen.

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