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typische historische Kamera

Zum Auffrischen und Erinnern . . . .

. . . sind diese Seiten hier gedacht, denn viele wissen nicht mehr oder noch nicht, wie es damals angefangen hat und wie das wirklich funktioniert mit dem Fernsehen, den Kameras, den Videorecordern, den Tonband- und den Magnetband- geräten aus alter Zeit. Viele Bilder können Sie durch Anklicken vergrößern.

Ein Rückblick: 50 Jahre - Die FESE von 1929 bis 1979 . . . .

Eine umfassende Firmen-Historie von Dipl. Ing. Frithjof Rudert aus dem Hause Fernseh GmbH - geschrieben im November 1978 zum 50 jährigen Bestehen. Diese Seiten wurden überarbeitet und ergänzt vom Web-Autor gr. - Und was zeitlich davor kam, steht auf diesen Seiten.
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50 Jahre "Fernseh GmbH" in Darmstadt - eine historische Zusammenstellung von Dipl. Ing Frithjof Rudert.

Die Fese, ursprünglich eine Aktiengesellschaft

Der als Fernseh AG gegründete heutige Geschäfts- bereich Fernsehanlagen der Robert Bosch GmbH ist an der Entwicklung der Fernsehtechnik von mechanischen und optischen Systemen bis zum vollelektronischen Farbfernsehstudio seit 50 Jahren aktiv beteiligt. Aus meiner technikhistorischen Betrachtung geht hervor, welche Fülle herausragender Ideen und beispielhafter Konstruktionen, die als Vorbild für ganze Gerätegenerationen dienten, von diesem Hause ausgingen und wie aus bescheidenen Anfängen das heute weltbekannte Unternehmen wurde.

Kapitel 1 = 1928 - Die Visionen und die ersten Erfolge

Übrigens : RFM sollte mal für Rundfunk- & Fernseh- Museum stehen, ein abgehakter Traum alter Fernsehleute aus Mainz und Wiesbaden

Das Jahr 1928 brachte die Wende von der spekulativen Beschäftigung mit dem Fernsehen zur systematischen Forschung. Die bis dahin mehr spielerisch ablaufenden Versuchs- und Entdeckungsfahrten einzelner Erfinder und Forscher machten einer ernsthaft betriebenen wissenschaftlichen Arbeit Platz, die schon der hohen Kosten wegen nur von größeren Unternehmen durchgeführt werden konnte.

Zwei Ereignisse belegen diesen Wandel: Das "Telegraphentechnische Reichsamt" der Deutschen Reichspost hatte den Auftrag erhalten, sich in Zukunft auch "mit Fernsehen zu beschäftigen", um "über den Entwicklungsstand auf dem Laufen­den zu bleiben und durch Anregungen und regelmäßige Übertragungen den Fortschritt zu fördern". Damit hatte sich erstmalig in der Welt eine Behörde offiziell zur Förderung dieser neuen Technik bereitgefunden.
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1928 - der "Telehor"-Empfänger

Im Herbst 1928 waren der Öffentlichkeit auf der 5. Großen Deutschen Funkausstellung in Berlin erstmals richtige Fernsehgeräte vorgeführt worden. D. v. Mihaly zeigte 30zeilige Bilder auf seinem "Telehor"- Empfänger (der steht heute hier), Prof. A. Karolus die Abtastung von Filmbildern mit 96 Zeilen durch einen Mechau-Projektor und eine Vierfach- Spirallochscheibe. Mit einem 96teiligen Weillerschen Spiegelrad wurde das Kurzschlußbild auf etwa 75 x 75 cm projiziert. Zur gleichen Zeit bemühte sich in England J. L. Baird um eine Förderung seines 30zeiligen Fernsehsystems.

 

Dr. E. C. Rassbach und K. M. Wild von der Robert Bosch GmbH in Stuttgart erkannten die Möglichkeiten, die in dieser noch unvollkommenen Technik steckten. Sie ließen sich in London die Apparaturen von Baird vorführen. Die Demonstration war so überzeugend, daß man übereinkam, eine Zusammenarbeit zu beginnen.

Juli 1929 - Die Fese wird in Berlin gegründet

Am 11. Juni 1929 kam es zur Gründung der Fernseh Aktiengesellschaft, an der die Robert Bosch GmbH, Stuttgart, Baird Television Ltd., London, Zeiss-Ikon, Dresden, und D.S. Loewe, Berlin, beteiligt waren. Der bescheidene Kapitaleinsatz von 100.000 Reichsmark läßt erkennen, daß die wirtschaftlichen Aussichten für das neue Unternehmen damals noch nicht abzusehen waren.

Das Konzept, auf dem diese Gründung basierte, war jedoch wohl überlegt und erfolgversprechend: Baird brachte Erfahrung zur Bildzerlegung und zu elektrooptischen Wandlern ein, Loewe konnte mit seinen Röhren zur elektronischen Verstärkertechnik beitragen, bei Bosch lagen große Kenntnisse auf dem Gebiet der Feinmechanik und der Meßtechnik vor, und Zeiss-Ikon verstand sich auf die Lösung optischer und photographischer Probleme.

Anmerkung der Redaktion: Hier wird die Wahrheit von 1938 stark verdreht. Diese obigen Aussagen von F. Rudert wurden 1938!! aufgeschrieben. In Wirklichkeit waren Zeiss Ikon, Bosch und beide Loewe Brüder von der Zukunft des Fernsehens an sich und dem zu erwartenden Erfolg = Profit überzeugt. Baird war sauer auf die BBC, die lange zauderte und seinem mechanischen Nipkow System nur wenig Zukunft einräumte.

Der ursprüngliche Vorstand bestand aus Emanuel Goldberg von Zeiss Ikon, Oliver George Hutchinson von Baird, David Ludwig Loewe and Erich Carl Rassbach von Bosch. Sowohl Goldberg wie auch Loewe waren jüdischer Abstammung, das wurde in den 1938 Berichten niemals mehr erwähnt. Professor Goldberg wurde nach dem Krieg sowieso tot geschwiegen, es war anscheinend nicht "opportun".

Erst einmal zwei Räume im obersten Stockwerk . . .

Goerz-Werkes in Berlin-Zehlendorf

Am 3. Juli 1929 wurde die neue Firma ins Handels- register eingetragen: „Gegenstand des Unternehmens ist der Erwerb und die Verwertung von Schutzrechten auf dem Gebiet des Fernsehens sowie die Herstellung und der Vertrieb von Fernsehgeräten aller Art". Zur Leitung der Firma wurde Dr.-Ing. Paul Goerz bestellt.

 

Zwei Räume im obersten Stockwerk des Goerz- Werkes in Berlin-Zehlendorf, das zur Zeiss-Ikon AG gehörte, wurden zur Verfügung gestellt. Mit drei Mitarbeitern begann die Arbeit. Mancher Außenstehende betrachtete sie mit Skepsis oder gar Mitleid. Die Betroffenen selbst jedoch zeigten ungewöhnlichen Optimismus. Bald nach der Gründung wurden R. Möller, der in Hamburg bei Prof. H. G. Möller eben seine Doktorarbeit in Physik beendete, und kurze Zeit später Dr.-Ing. G. Schubert, der in Dresden bei Prof. Barkhausen studiert hatte, als Mitarbeiter gewonnen und zu stellvertretenden Vorstandsmitgliedern berufen. Die Verantwortung für den Bereich Physik und Hochvakuumtechnik (HV) lag bei Dr. Möller, die für Geräte- und Hochfrequenztechnik (HF) bei Dr. Schubert.

Die Rezession - harte Zeiten von 1929 bis 1935

Fast alle Gründer steigen wieder aus. Die weltweite Rezession stellte die Kapitaleigner auf eine harte Probe. An Gewinn konnte vorerst nicht gedacht werden. Schon nach wenigen Jahren zog sich Baird zurück (Anmerkung: stimmt so nicht!), Mitte der dreißiger Jahre schied auch Loewe aus (Anmerkung: stimmt auch nicht!).

Die Anteile der ausscheidenden Firmen übernahmen Bosch und Zeiss. Der Aufsichtsrat wurde von den Herren Dr. E. C. Rassbach und Karl Martell Wild (Bosch) sowie Alexander Ernemann und Alfred Simader (Zeiss-Ikon) gebildet.

Anmerkung: Und wieder mal die verklärte "Wahrheit" in den Firmenprosekten - sogar heute noch nach 50 Jahren Fese.

Fakt ist, daß die NS Regierung der Fese 1937 keine Aufträge mehr gab und diese ab einem gewissen Zeitpunkt alle an Telefunken gingen. Es gibt Unterlagen (sogar bei der Fese im Archiv) daß man der Fernseh AG 1938 unmissverständlich nahegelegt hatte, die bereits emigrierten Juden Loewe (beide Brüder) sowie diesen englischen Erfinder (und demnächst Feind) Baird rauszuwerfen, denn man brauche das Fernsehen in Kürze für's deutsche Militär. Professor Goldberg war bei Zeiss-Ikon schon vorher rausgeworfen worden.

Und so wurde mit dem Trick der "plötzlichen" Gesellschafterversammlung, an der die Loewe Brüder und Baird scheinbar nicht pünktlich teilnehmen konnten, ganz schnell eine drastische Kapitalerhöhung für 1938 beschlossen, die die anderen sowieso auch nicht (mehr) schultern konnten. Und damit waren sie faktisch draußen und die Fese war wieder "arisch". Das ist die trickreiche aber unfaire Art, mit "Partnern" umzugehen bzw. diese legal zu entsorgen. Dann hat ihnen Bosch die wertlosen Anteile offiziell "abgekauft" und die Legende vom Ausstieg war erfunden.

Weiter im Original-Text:

Entscheidend zum Fortbestand der Fernseh AG hat ohne Zweifel Karl Martell Wild beigetragen. Mit unerschütterlichem Optimisus glaubte er an den Erfolg der neuen Technik, und ihm gelang es, für die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten von den Gesellschaftern, insbesondere von Bosch, immer wieder die finanzielle Unterstützung zu erhalten, die bis zum ersten positiven Betriebsergebnis benötigt wurde.

 

Noch im Geschäftsbericht für 1935 konnte man lesen: „Die Forschungsarbeiten wurden planmäßig fortgesetzt, ... mit Erträgen ist in absehbarer Zeit nicht zu rechnen". Eine Schätzung aufgrund der Mitarbeiterzahlen ergibt, daß die Anteilseigner bis 1939 mindestens 20 Millionen Reichsmark aufbringen mußten, während die Erlöse aus Exporten und aus Lieferungen an die Reichspost nur etwa 8 Millionen Reichsmark erbrachten. Nach Ermittlungen von G. Göbel wendeten Telefunken im gleichen Zeitraum etwa 15 Millionen Reichsmark und andere deutsche Firmen etwa 8 Millionen Reichsmark für die Entwicklung der Fernsehtechnik auf. Obwohl sich 1938 eine Wende zum Erfolg andeutete - in diesem Jahr waren keine Zuschüsse mehr notwendig -, schied Zeiss-Ikon 1939 aus dem Unternehmen aus. Bosch wurde damit Alleininhaber der „Fernseh GmbH", die bis 1973 bestand und heute als „Geschäftsbereich Fernsehanlagen" zur Robert Bosch GmbH gehört.

Die Fese auf der Funkausstellung 1929

Die seit 1924 jährlich am Funkturm in Berlin stattfindende Deutsche Funkausstellung entwickelte sich in wenigen Jahren zum Prüfstein des Fortschrittes für die neuen Techniken Rundfunk und Fernsehen. Auf der 5. Deutschen Funkausstellung im Herbst 1928 trat erstmals das Fernsehen in Erscheinung. Schon im Jahr ihrer Gründung - 1929 - beteiligte sich die Fernseh AG an dieser Ausstellung. Trotz der heute kaum mehr vorstellbaren primitiven Voraussetzungen und der kurzen Vorbereitungszeit von weniger als drei Monate gelang es, auf einem eigenen Ausstellungsstand eine Apparatur für 30zeilige Bilder mit einem Nipkowscheiben-Filmabtaster und einem Empfänger in Betrieb zu zeigen.

 

Wie groß das Vertrauen in die Zukunft war, zeigt der Text eines Prospektes (rechts im Bild), der auf der Ausstellung an das Publikum verteilt wurde.

 

Allerdings ist der Empfänger „Fernseh 30" nicht „serienmäßig auf den Markt" gekommen. Die jährlichen Funkausstellungen waren ein ständiger Antrieb für neue Leistungen. Jahr für Jahr war zu beweisen, daß die Fernseh AG den Vergleich mit den anderswo erzielten Fortschritten nicht zu scheuen brauchte.

1929 - 30 Zeilen und ganze 12 1/2 Bilder/s

In diesem Wettbewerb waren vor allem die Arbeiten der 1928 eingerichteten Abteilung für physikalische Forschung bei Telefunken unter Leitung von Prof. F. Schröter, aber auch die in England erzielten Ergebnisse zu beachten. Für ihre Versuchssendungen hatte die Reichspost 1929 eine erste Norm vorgeschrieben: Bildzerlegung in 30 Zeilen und 12 1/2 Bildwechsel in der Sekunde, Übertragungsbandbreite 6000 Hz.

Die Ton-Rund-funksender konnten mit diesen Fernseh- Signalen moduliert werden. Tatsächlich wurden zu dieser Zeit Bilder auf große Entfernungen über den Mittelwellesender Witzleben und den Langwellensender Königswusterhausen ausgestrahlt.

Für die Weiterarbeit war es ungemein wichtig, möglichst große Anteile der Entwicklungsaufträge zu erhalten, die von der Reichspost vergeben wurden. Unsere Film- und Personenabtaster sowie die Zwischenfilmgeräte fanden bei der Reichspost großes Interesse und wurden teils für Laboruntersuchungen, teils zur Sendermodulation benutzt.

Wir lieferten Modellanlagen mit 67, 90, 120 Zeilen sowie - nach dem im Jahre 1934 genormten System - Anlagen mit 180 Zeilen und 25 Bildwechseln je Sekunde. Im Laufe weniger Jahre wurde die „Fernseh" weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt.

 

Der erste Exportauftrag über eine vollständige Fernsehsendeanlage mit den dazugehörigen Fernsehempfängern wurde 1932 mit der E.I.A.R. (Ente Italiano per le Audiozioni Radiofoniche) in Rom abgewickelt. Zahlreiche Veröffentlichungen der Mitarbeiter und viele erteilte Patente trugen dazu bei, daß Vereinbarungen mit englischen und amerikanischen Firmen über eine enge Zusammenarbeit, einschließlich gemeinsamer Auswertung von Patenten, getroffen werden konnten.

Ein grosser Schritt von 30 auf 180 Zeilen.

Fernsehbilder mit 30 Zeilen und 12 1/2 Bildwechseln je Sekunde genügten schon bald den Erwartungen nicht mehr. Systeme mit höherer Zeilenzahl wurden schon von 1930 an von der Industrie, aber auch vom Reichspost-Zentralamt selbst, entwickelt und demonstriert.

So konnte das Reichspost-Zentralamt am 1.4.1934 das 180zeilige Bild mit 25 Wechseln je Sekunde zur Norm erklären. Mit diesem „hochzeiligen" Fernsehen konnten recht gute Bilder bei einer Frequenzbandbreite von etwa 0,5 MHz übertragen werden. Die Einführung eines regelmäßigen Fernsehdienstes schien möglich, und die Industrie konnte dahingehende Pläne verwirklichen.

 

Der Beginn des hochzeiligen Fernsehens und der Übergang vom mechanischen Abtasten zur elektronischen Bildzerlegung (1935/1936) spiegelte sich deutlich in der Entwicklung unseres Unternehmens wieder: Wurden in den ersten fünf Jahren des Bestehens jährlich nur etwa zehn neue Mitarbeiter eingestellt, so verdoppelte sich danach der Personalstand nach jeweils ein bis zwei Jahren.

Im Jahre 1939 waren fast 400 Mitarbeiter in Berlin beschäftigt. Für die Olympischen Spiele 1936 in Berlin lieferten wir die ersten rein elektronisch arbeitenden Aufnahmegeräte. Mit den von uns hergestellten Fernsehempfängern mit Braunscher Röhre konnten viele Berliner in den „Fernsehstuben", die die Reichspost eingerichtet hatte, die Spiele verfolgen.

 

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