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Wie das analoge und digitale Fernsehen funktionierte (1992).
"Repetitorium" Fernsehtechnik in 9 Teilen von Professor Rudolf Mäusl.
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4. Hinzunahme der Farbinformation,
die „Farbart"
Zur Wiedergabe eines farbigen Abbildes der Bildvorlage muß neben der Helligkeits- beziehungsweise Leuchtdichteverteilung noch zusätzlich eine Information über die Farbverteilung, das heißt über die „Farbart" der einzelnen Bildpunkte übertragen werden. Dies setzt zunächst die Gewinnung der Farbinformation voraus und dann auch eine Möglichkeit der Farbbildwiedergabe.
4.1 Problematiken
Die Problematik der Farbbildübertragung liegt darin, das beim Schwarzweiß-Fernsehen benutzte Übertragungsverfahren beizubehalten und die zusätzliche Farbinformation möglichst innerhalb des verfügbaren Frequenzbandes des BAS-Signals dem Empfänger zu übermitteln.
Das bedeutet für ein Farbfernsehsystem, daß ein darin übertragenes Farbbildsignal von einem Schwarzweiß-Empfänger als einwandfreies Schwarzweiß-Bild wiedergegeben wird (Kompatibilität) und andererseits aber auch, daß ein Farbfernsehempfänger ein übertragenes Schwarzweiß-Bild als einwandfreies Schwarzweiß-Bild wiedergibt (Rekompatibilität).
Diese Forderungen können nur erfüllt werden, wenn aus der Farbbildvorlage eine Information über die Helligkeits- beziehungsweise Leuchtdichteverteilung sowie eine Information über die Farbverteilung gewonnen und übertragen werden.
Eigenschaften von Farbart und Farbsättigung
Die Farbart ist gekennzeichnet durch den Farbton - bestimmt durch die dominierende Wellenlänge des Lichtes, zum Beispiel für bestimmte Farben wie Blau, Grün, Gelb, Rot - und durch die Farbsättigung als ein Maß für die spektrale Reinheit, das heißt für die Intensität der Farbe gegenüber dem Unbunten (Weiß) (BILD 22).
Das Farbartsignal kann aus der Bildvorlage nicht direkt gewonnen werden.
Es wird vielmehr gemäß der Dreifarbentheorie (Helmholtz) von den drei Farbauszügen (Rot, Grün, Blau) ausgegangen. Auch bei der Farbbildwiedergabe werden das Rot-, Grün- und Blausignal benötigt.
Man erhält so das Schema der kompatiblen Farbbildübertragung durch Leuchtdichtesignal Y und Farbartsignal F (BILD 23).
4.2 Grundlagen der Farbenlehre und Farbmetrik
Als „Licht" wird der Teil der elektromagnetischen Strahlung bezeichnet, der vom menschlichen Auge wahrgenommen wird. Es umfaßt den Wellenlängenbereich von etwa 400nm (violett) bis 700nm (rot). Das von der Sonne ausgestrahlte Licht besteht aus einer Vielzahl von Spektralfarben, die fließend ineinander übergehen. Spektralfarben sind gesättigte Farben. Durch Mischung mit weißem Licht entstehen ungesättigte Farben.
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Eine farbige (bunte) Lichtstrahlung kann durch ihre spektrale Energieverteilung gekennzeichnet werden. Die Strahlung mit der Wellenlänge l ruft im Auge die Empfindungen „Helligkeit" und „Farbe" hervor. Die von der Wellenlänge abhängige Hellempfindung des menschlichen Auges wird durch die „Augen-Empfindlichkeitskurve" oder „Hell-Empfindlichkeitskurve" ausgedrückt (BILD 24).
Sie gibt an, wie hell das Auge die einzelnen Spektralfarben beurteilt, wenn diese mit gleicher Energie auf das Auge treffen.
Daraus ist zu entnehmen, daß gewisse Farben „dunkel" (z.B. Blau) und andere Farben „hell" (z. B. Grün) empfunden werden.
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Schwarz-weiß ist einfacher
Beim Schwarzweiß-Fernsehen, bei dem von einer farbigen Bildvorlage nur die Helligkeitsverteilung übertragen wird, muß diese Hellempfindlichkeitskurve des Auges berücksichtigt werden. Dies geschieht durch die spektrale Empfindlichkeit der Schwarzweiß-Kameraröhre und eventuelle Korrekturfilter im Zusammenhang mit der Farbtemperatur der Beleuchtung.
Die Farben von Gegenständen, die sogenannten Körper- farben, sind diejenigen Farben, die aus dem Licht, mit dem der Gegenstand bestrahlt wird, reflektiert werden. Die Farbreizfunktion gibt die zugehörige Spektralverteilung an (BILD 25).
Die Körperfarben
Meist handelt es sich bei den Körperfarben nicht um Spektralfarben, sondern um Mischfarben, die aus einer Anzahl von nahe beisammen liegenden Spektralfarben oder aus mehreren Gruppen von Spektralfarben gebildet werden.
Es liegt eine additive Farbmischung vor. Auch Weiß (im Fachjargon "Unbunt" genannt) kann als „Mischfarbe" entstehen. Typische Beispiele für eine additive Farbmischung zeigt BILD 26.
Das Farbreizempfinden
Untersuchungen über das Farbreizempfinden des menschlichen Auges haben ergeben, daß ein Farbeindruck über die Mischung der Teilempfindungen in den Grundfarben Rot, Grün und Blau zustande kommt. Daraus läßt sich ableiten, daß man jede in der Natur vorkommende Farbe durch entsprechende Anteile von drei Primär-Farbstrahlungen Rot, Grün und Blau zusammensetzen kann.
Nach der Dreifarbentheorie von Helmholtz fand Graßmann (1854 !!) folgende Gesetzmäßigkeit:
F = R (R) + G (G) + B (B). (3)
Das bedeutet, daß ein bestimmter Farbreiz F durch R Anteile der Spektralfarbe Rot (R), G Anteile der Spektralfarbe Grün (G) und B Anteile der Spektralfarbe Blau (B) dargestellt werden kann.
Die Primärfarben
Als Norm-Spektralfarben, sogenannte „Primärfarben" oder „Primärreize", wurden monochromatische Strahlungen mit den Wellenlängen λr = 700nm, λg = 546,1nm und λB = 435,8nm festgelegt. Keine der drei Primärfarben darf aus den beiden anderen ermischbar (zusammensetzbar) sein.
Die Farbmischkurven
Auf der Grundlage obiger Farbgleichung (Gl. 3) wurden nun Farbmischkurven ermittelt, die für jede Spektralfarbe das erforderliche Verhältnis der Primärreize angeben (BILD 27). Der Ordinatenmaßstab ist durch die Bezugnahme auf das "Gleichenergieweiß" bedingt. Den Kurven ist zu entnehmen, daß einzelnen Anteilen negative Farbwerte zugeordnet werden.
Das bedeutet, daß zur Nachbildung bestimmter Spektralfarben zu dem betreffenden Farbreiz noch ein gewisser Anteil eines Primärreizes hinzugefügt werden muß.
Die farbmetrischen Darstellung mit Farbvektoren
In einer farbmetrischen Darstellung eines Farbreizes ergibt sich mit den drei Primärreizanteilen ein räumlicher Farbvektor. Die Richtung des Farbvektors im Raum bestimmt dabei die Farbart, die Länge des Vektors ist ein Maß für die Helligkeit. Die grafische Darstellung im dreidimensionalen Koordinatensystem ist jedoch unbequem. Da aber Helligkeit (Leuchtdichte) und Farbart voneinander unabhängig sind, kann man eine Normierung der Farbwerte auf den Leuchtdichteanteil vornehmen.
Der Trick mit den reduzierten Farbwerten
In diesen reduzierten Farbwerten ist die Leuchtdichte nicht mehr enthalten, sondern nur noch die Farbart. Da aber die Summe von r, g und b immer gleich eins ist, kann man auf eine der drei Größen in der Angabe der Farbart verzichten und kommt so zu einem zweidimensionalen System, der Farbfläche.
Trägt man in ein r-g-Diagramm die über die Farbmischkurven ermittelten reduzierten Farbwerte ein, dann erhält man den sogenannten Spektralfarbenzug als geometrischen Ort aller Spektralfarben (BILD 28).
Bedingt durch den negativen Anteil der r(λ)-Farbmischkurve ergeben sich auch hier negative Farbwerte. Durch eine Koordinatentransformation unter Bezugnahme auf neue, fiktive, das heißt physikalisch nicht realisierbare Primärstrahler X, Y und Z erhält man eine Darstellung, in der nur noch positive Farbwerte auftreten [3].
Auch mit den fiktiven Primärstrahlern (Normfarbwerte X, Y, Z) gilt die Beziehung nach Gl. (4); ausgedrückt durch die Normfarbwertanteile x, y, z lautet sie:
x + y + z = 1. (6)
Die „Normfarbtafel" oder das „Farbdreieck"
Die zweidimensionale Darstellung der Farbart im x-y-Koordinatensystem wird als „Normfarbtafel" nach IBK (Internationale Beleuchtungskommission) oder kurz als „Farbdreieck" bezeichnet (BILD 29).
Vom Spektrallinienzug und der Purpurlinie wird die Fläche der durch additive Mischung realisierbaren Farbreize umschlossen.
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Der Farbton im Farbdreieck
Die Verbindung vom Weißpunkt W (Gleichenergieweiß) mit x = 0,33 und y = 0,33 mit dem Ort irgendeiner Farbart F ergibt in ihrer Verlängerung durch den Schnittpunkt mit dem Spektrallinienzug die dominierende Wellenlänge, das heißt den Farbton.
Die Farbsättigung im Farbdreieck
Das Verhältnis der Strecke vom Farbton F zum Weißpunkt W zu der Strecke vom Spektrallinienzug bis zum Weißpunkt W auf der Verbindungsgeraden über den Farbort gibt die Farbsättigung an. Je näher der Farbort zum Weißpunkt rückt, um so geringer ist die Farbsättigung. Der Farbort einer Mischfarbe liegt auf der Geraden zwischen den Farborten von zwei Ausgangsfarben beziehungsweise bei drei Ausgangsfarben innerhalb des durch die Verbindungslinien eingeschlossenen Dreiecks.
Die Farbkoordinaten
Bei der Bestimmung der Farbwertanteile in einem Farbfernsehsystem muß in erster Linie die Realisierbarkeit der Primärreize auf der Empfängerseite berücksichtigt werden. Die Forderungen, an die Empfänger-Primärstrahler sind nun zunächst einmal durch einen möglichst großen Bereich der darstellbaren Mischfarben gegeben, das heißt, die Farbkoordinaten der Empfänger-Primärstrahler sollten möglichst auf dem Spektralfarbenzug liegen.
Andererseits braucht man Strahler mit möglichst hoher Leuchtdichte, die wirtschaftlich herzustellen sind. Nach neueren Festlegungen der EBU (European Broadcasting Union) bezieht man sich auf die Empfänger-Primärstrahler Re, Ge und Be, deren Farborte in BILD 30 angegeben sind.
Die Farbmischkurven und die „Normlichtart C"
Bei der Bestimmung der Farbmischkurven als Anteile der Primärreize R, G und B wurde das Gleichenergieweiß W zugrunde gelegt. In der Farbfernsehtechnik wird die „Normlichtart C" als Bezugsweiß verwendet. Dieses Weiß entspricht dem mittleren Tageslicht mit einer Farbtemperatur von etwa 6500 Grad Kelvin.
Die Normfarbwertanteile sind: xc = 0,310, yc = 0,316, zc = 0,374.
Werden nun für alle spektralen Farbreize mit gleicher Strahlungsenergie die Farbwerte zu den Empfänger-Primärstrahlern Re, Ge und Be ermittelt und über der Wellenlänge X als normierte Farbwerte aufgetragen (Maximalwert der Kurve auf 1 bezogen), so erhält man die in der Fernsehtechnik maßgeblichen Farbmischkurven (BILD 31).
Es treten auch hier wieder negative Farbwerte auf, bedingt durch die Farbreize außerhalb des durch Re, Ge und Be gebildeten Dreiecks. Die Farbmischkurven werden deshalb für den praktischen Betrieb geringfügig geändert (gestrichelt eingezeichnet).
Die Farb-Kameraröhren müssen korrigiert werden
Auf diese Farbmischkurven müssen die Signale der Kameraröhren im Rot-, Grün- und Blau-Kanal der Farbkamera über ihre spektrale Empfindlichkeit und durch zusätzliche Farbfilter abgestimmt werden (s. Bild 23). Die Ausgangsspannungen der Farbkamera in den drei Kanälen müssen das gleiche Verhältnis zueinander haben wie die Farbwerte. Bei der Normlichtart C müssen die drei Ausgangsspannungen untereinander gleich sein, auch bei verschiedenen Leuchtdichtewerten.
LITERATUR
[3] Schönfelder, H.: Fernsehtechnik, Teil I und II. Vorlesungsniederschrift. Justus-von-Liebig-Verlag, Darmstadt, 1972 und 1973.
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