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Ein Artikel aus Schneider-Kreuznach Hausmitteilungen 1959-74

Zu den Hausmitteilungen des Dr. Klarmann geht es hier lang. Die Schneider Kreuznach Hausmitteilungen gab es von 1949 bis 1974. Uns liegen sie leider erst ab 1959 vor. Die Inhalte sollten das Haus Schneider /ISCO nicht verlassen, so jedenfalls stand es fast immer hinten drauf.

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1959/60 - Über unsere römischen und arabischen Zahlen

Von Dr. H. Klarmann, Kreuznach

"Man sagt oft: Zahlen regieren die Welt. Das aber ist gewiß, Zahlen zeigen, wie sie regiert wird." Goethe

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Unser Leben ist ohne Zahlen gar nicht denkbar.

Von frühester Jugend an übt sich der Mensch in ihrem Gebrauch ebenso wie in dem der Sprache, allerdings ohne jemals auszulernen, denn diese Gebiete sind wirklich unerschöpflich.

Er stößt aber auch nicht auf grundsätzliche Schwierigkeiten, sofern man von der persönlichen Einstellung des Einzelnen absieht, die durch die unterschiedliche menschliche Unzulänglichkeit speziell im Umgang mit Sprache und Zahlen bedingt ist.

Jeder bedient sich der Sprache und der Zahlen und muß sich ihrer auch bedienen, weil die gesamte gesellschaftliche Struktur der Menschheit darauf beruht.

Haben sich in der Sprache noch gewisse Eigenheiten von Volk zu Volk erhalten, so sind die Zahlen heute praktisch in der ganzen Welt gleich. Ein Schwede kann nicht ohne weiteres eine Mitteilung in italienischer Sprache lesen. Es wird ihm aber keine besondere Mühe machen, eine Tabelle oder einen Fahrplan aus anderen Ländern zu verstehen. Wenn er dabei für die einzelnen Zahlten andere Worte gebraucht, so ändert das an dem Tatbestand nichts.

Wie wir die Zahlen aussprechen

Man denke z. B. an die Zahl „85". Wir sagen „fünf und achtzig". Der Engländer sagt „eigthy-five", zu deutsch „achtzig-fünf" wie es auch geschrieben wird, und der Franzose sagt zu derselben Zahl „quatre-vingt-cinq", zu deutsch „vier-zwanzig-fünf", gemeint ist „vier mal zwanzig und fünf". Trotz der verschiedenen Worte verstehen alle das gleiche, nämlich eine Zahl, die aus 5 „Einern" und 8 „Zehnern" besteht.

Mißverständnisse, Doppeldeutungen und dgl. sind bei Zahlen, die in Form von einzelnen Ziffern geschrieben sind, ganz ausgeschlossen, weil jeder Ziffer ein einziger wohldefinierter Begriff zugeordnet ist.

Die Einheitlichkeit in der Bedeutung der Ziffern in der ganzen Welt ist durchaus ungewöhnlich und hat nicht ihresgleichen.

Anders ist es bei den Maßeinheiten und in der Währung

Schon bei den Maßeinheiten und in der Währung fehlt die Übereinstimmung. Sie ist bei den Zahlen keineswegs von Anfang an einfach dagewesen, sondern hat sich erst im Laufe der Zeit entwickelt.

Diese Entwicklung ist insofern ganz eigenartig verlaufen, als sie die Zahlen an sich gar nicht berührt hat. Die Menschen haben nicht sich die Zahlen angepaßt, sondern sie haben sich den Zahlen angepaßt, ein seltener Fall einer freiwilligen Unterwerfung der Menschheit, die natürlich ihre Gründe hat.

Die eigentliche Herkunft der Zahlen liegt im Dunkeln. Ihr Ursprung dürfte sich von dem der Religionen nicht wesentlich unterscheiden.

Völker, seien es Inder, Griechen oder Römer, haben im frühesten Stadium ihrer Entwicklung die für sie jeweils unbestimmbaren Natureindrücke zu Gottheiten erhoben. Dieser Vorgang, der für alle Religionen der Gleiche war, vollzog sich zunächst immer durch eine Namensgebung.

Damit war das Unbekannte zwar nicht erkannt, wohl aber abgegrenzt gegen andere Erscheinungen. Diese Abgrenzung einer Erscheinung oder auch eines Dinges gegen ein anderes ist eine Art Ordnungsvorgang, der, gleichgültig nach welchen Gesichtspunkten er vorgenommen wird, letzten Endes immer durch Vergleichen erfolgt.

Der Vergleich ist die primitivste Art des Messens und Zählens.

Ohne den Begriff der Menge zu kennen, konnten
schon Urvölker zwischen mehr und weniger unterscheiden, ähnlich wie Analphabeten oder Kleinkinder.

Beim Zählen irgendwelcher Gegenstände sehen wir von ihren vielen Besonderheiten ab, mit Ausnahme jener einen Besonderheit, die allen Dingen gemeinsam ist und wegen der sie uns beschäftigen.

Wir werfen alle Dinge gleichsam nacheinander in einen Topf, indem wir jedem ein Zahlwort zuordnen. Diese Zahlwörter sind in ihrer Reihenfolge durch Übereinkunft festgelegt. Die Zahlen sind dabei nicht Wesen eines Dinges, sondern nur der sozusagen kürzestmögliche Ausdruck einer Gesetzmäßigkeit.

Lügt jemand mit Zahlen, so ist das nicht Schuld der Zahlen. Die Schuld liegt jenseits der Zahlen. Ebensowenig lügt die Sprache, sondern höchstens der, der sie spricht.

Unabhängige Völker und selbständige Kulturen haben genau wie ihre eigene Sprache auch ihre eigenen Zahlen und Zahlensysteme entwickelt. Am bekanntesten sind die römischen Zahlen und unsere von den Indern stammenden arabischen Zahlen geworden. Vergleichen wir sie miteinander, so leuchtet uns die Überlegenheit der arabischen Zahlen ohne weiteres ein.
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Die Römer kannten sieben verschiedene Ziffern:

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  1. I = 1
  2. V = 5
  3. X = 10
  4. L = 50
  5. C = 100
  6. D = 500
  7. M = 1000

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Die Römischen Zahlen verstehen :

Damit lassen sich alle Zahlen schreiben, wenn man die folgenden Gesetze berücksichtigt:

Stehen zwei gleiche Ziffern nebeneinander, so sind sie zu addieren, z. B. II = 2 oder XX = 20. Stehen aber zwei ungleiche Ziffern nebeneinander, so ist die kleinere Zahl der größeren hinzuzufügen, wenn sie hinter der größeren Ziffer steht, z. B. VI = 6 oder LX = 60 und abzuziehen, wenn sie vor der größeren Ziffer steht, z. B. IV = 4 oder XL = 40.

Zahlen bis 10-000 lassen sich damit einigermaßen schreiben; bei größeren entstehen Schwierigkeiten. Man versuche einmal eine einfache Addition zwischen römischen Zahlen durchzuführen, z. B.:

  • MCDXLIV = 1 444 MDCCCLXXIX = 1 879
  • MMMCCCXXIII = 3 323


Zum Vergleich ist diese Aufgabe auch in arabischen Ziffern daneben geschrieben.

Die Überlegenheit der arabischen Zahlen

Dieses Beispiel zeigt schon bei der einfachsten Rechenoperation die Überlegenheit der arabischen Zahlen. Sie verfügen mit ihren 10 Ziffern von 0 bis 9 über nur drei Zeichen mehr als die römischen Zahlen.

Dabei ist die Null gar nicht so alt. Sie ist vor 1.600 Jahren von den Indern eingeführt worden, um zwei gleiche Größen voneinander abziehen zu können, z. B. zur Lösung der Aufgabe a-a=0. Sie war also keine Zahl im üblichen Sinne, sondern zunächst nur eine Rechengröße und bedeutete so viel wie „leer".

Über die Chinesen und Araber gelangte sie um 1.200 ins Abendland. In deutschen Rechenbüchern wird die Null erst seit etwa 400 Jahren erwähnt. Ihr verdanken die arabischen Zahlen letzten Endes ihre Überlegenheit, denn mit Hilfe der Null war es möglich, den einzelnen Ziffern der arabischen Zahlen verschiedene Bedeutung je nach ihrem Stellenwert zukommen zu lassen.

Unser Beispiel

In unserem Beispiel ist die Ziffer 3 dreimal vertreten. Und doch bedeutet sie jedesmal etwas ganz anderes. Bei jeder Verschiebung der Ziffer von rechts nach links verzehnfacht sich ihr Wert.

Dieser Umstand hat den arabischen Zahlen im dekadischen Zahlensystem eine solche Überlegenheit eingebracht, daß sich heute alle Kulturvölker ihrer wie eines Zauberschlüssels bedienen. Auf Grund der arabischen Zahlen erkannte man schon vor Jahrhunderten in der verwirrenden Mannigfaltigkeit des Kosmos in Maß und Zahl ausdrückbare Gesetzmäßigkeiten, die den Ausgangspunkt aller Naturerkenntnisse bildeten und deren erfolgreiche technische Auswertung einleiteten.

Das System der Dualzahlen

Von W. A 1 b r e c h t, Kreuznach (Mit einer Tabelle)
Außer den im Aufsatz „Über unsere Zahlen" (vgl. Hausmitteilungen Band 12 (1960), 1) besprochenen römischen Zahlen und den allgemein benutzten arabischen oder dekatischen Zahlen gibt es noch ein anderes Zahlensystem, das in den letzten Jahrzehnten wieder eine gewisse Bedeutung erlangt hat :

Das Dualsystem

Programmgesteuerte Rechenautomaten arbeiten entweder elektromagnetisch oder elektronisch - mit Relais oder Elektronenröhren. Jedes dieser Bauelemente hat wie ein elektrischer Schalter nur zwei Betriebszustände: entweder ist das Relais angezogen oder abgefallen, entweder fließt ein Strom oder er ist unterbrochen.

Mit einem solchen Element, das ja zum Rechnen dienen soll, kann man nur ja oder nein, bzw. die Ziffern 1 oder 0 darstellen.

Wollte man im Dezimalsystem rechnen, müßte man 10 Betriebszustände haben, um die Ziffern von 0 bis 9 darstellen zu können. Das wäre sehr viel komplizierter. Deshalb benutzen die programmgesteuerten Rechenautomaten nicht das gewohnte Dezimalsystem, sondern das Zweieroder Dualsystem. Die Dualzahlen sollen hier kurz erläutert werden.
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Das Dezimalsystem kurz erläutert

Im Dezimalsystem gibt es bekanntlich die zehn Ziffern 0, 1, 2 bis 9, aus denen man alle mehrstelligen Zahlen zusammensetzen kann. So bedeutet die Zahl 1404: 1 Tausender, 4 Hunderter, 0 Zehner, 4 Einer.

Zur Vereinfachung der Schreibweise sollen Potenzen verwendet werden. Ein Produkt aus gleichen Zahlen kann man auch als Potenz schreiben: 5x5 = 5 hoch2 und das ist = 25, oder 3•3•3•3 = 3 hoch4 = 81.

Die Potenz 3 "4" liest man: drei hoch vier. Die Hochzahl 4 gibt an, wie oft die Grundzahl 3 mit sich selbst multipliziert werden soll. Ist die Hochzahl 1, so ist die Potenz gleich der Grundzahl, z. B. 2 hoch 1 = 2. Ist die Hochzahl 0, so wird verabredet, daß diese Potenz unabhängig von der Grundzahl den Wert 1 ergeben soll.

So ist 2° = 1, aber auch 10° = 1, 23° = 1 usw. Verwendet man die Potenzen von 10, so kann man für die Zahl 1404 schreiben: 1404 = 1 • 10 hoch 3 + 4 • 10 hoch 2 + 0 • 10 hoch1 + 4 • 10°.

Die Dualzahlen kurz erläutert

Im Dualsystem gibt es nur zwei Ziffern: Null und Eins. Ebenso wie man die Zahlen im Dezimalsystem als Potenzen von 10 darstellt, kann man die Zahlen im Dualsystem als Potenzen von 2 darstellen, wie das in der Tabelle geschehen ist.

Zum Beispiel besteht die Zahl 1404 aus folgenden Potenzen von 2:

1 • 2 hoch 10 + 0 • 2 hoch 9 + 1 • 2 hoch 8 + 0 • 2 hoch 7 + 1 • 2 hoch 6 + 1 • 2 hoch 5 + 1 • 2 hoch 4 + 1 • 2 hoch 3 + 1 • 2 hoch 2 + 0 • 2 hoch 1 + 0-2°

und das sieht dann so aus
1024+0+256+0+64+32+16+8+4+0+0 = 1404

Zur Unterscheidung von der dezimalen Eins wird die duale Eins meist als "L" geschrieben. Die Null bleibt "0". Benutzt man die vereinfachte Potenzschreibweise, so erhält man für 1404 =L0L0LLLLL00
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Zwei mehrstellige Dualzahlen kann man bereits addieren, wenn man weiß, daß 0 + 0 = 0,
0 + L = L und L + L = L 0 ist.

Z.B.: 1404 = L0L0LLLLL00
+ 1097 = L000L00L00L
2501 = L00LLL000 L0L

Zur Probe:
2048+256+128+64+4+1 = 2501.

Zwei mehrstellige Dualzahlen kann man multiplizieren, wenn man weiß, daß: 0-0 = 0,
0 • L = 0 und
L • L = L ist.

Das „Kleine Einmaleins" im Dualsystem ist also kinderleicht. Man rechnet ähnlich wie im Dezimalsystem:
52=LL0L00 mal 27 = L L 0 L L
L L 0 L 0 0
L L 0 L 0 0
L L 0 L 0 0
L L 0 L 0 0
----------------------------
L0L0LLLLL00 = 1404

Übersetzen und Rückübersetzen

Das Rechnen mit Dualzahlen ist also einfach. Nur das Übersetzen von Dezimalzahl in Dualzahl ist etwas umständlich. Das gleiche gilt für das Rückübersetzen.

Beim Arbeiten mit programmgesteuerten Rechenautomaten ist das aber nicht wichtig. Man gibt die zu verarbeitenden Zahlen dezimal ein. Das Übersetzen besorgt die Maschine. Wird ein Ergebnis gedruckt, so wird es vorher automatisch in das Dezimalsystem rücküberetzt.
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