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Farbfernsehtechnik 1966 - Vorwort
Seit dem gemeinsamen Beschluß der Rundfunk- und Fernsehanstalten, in der Bundesrepublik und in Westberlin ab Herbst 1967 auch farbige Fernsehprogramme auszustrahlen, gibt es also keine Zweifel mehr: das Farbfernsehen kommt mit allen technischen und kommerziellen Fragen auf uns zu, und zwar nicht regional und in zeitlichen Etappen wie die Rundfunkstereophonie, sondern in jedem Senderbezirk zugleich.
Diese Tatsache führt zu Konsequenzen: Je näher der Termin rückt, um so mehr müssen Verkauf und Service bemüht sein, sich mit der neuen Technik vertraut zu machen, denn wie sollte man ein Farbfernsehgerät anbieten und verkaufen können, ohne die Vorzüge der Farbübertragung und den grundsätzlichen Aufbau dafür geeigneter Empfänger zu kennen?
Der Servicetechniker insbesondere spürt die Pflicht, helfend einzugreifen, wenn an den Empfangsanlagen einmal etwas außer Takt sein sollte oder sein technischer Rat sonst irgendwie erforderlich ist. Dazu muß er sich jetzt gründlich vorbereiten, Fachaufsätze und -Bücher lesen und jede Gelegenheit wahrnehmen, Farbfernseh-Lehrgänge zu besuchen, wie sie von der apparatebauenden Industrie derzeitig veranstaltet werden.
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TELEFUNKEN fühlt sich schon deshalb zu solchen Informationen verpflichtet, weil in der Grundlagenentwicklung des Hannoverschen Werkes in Teamarbeit unter der Leitung von Dr.-Ing. E. h. Walter Bruch (Promotion Foto rechts) das PAL-Verfahren entstand, jenes Farbfernsehsystem, das alle Aussicht hat, in einem großen Teil Westeuropas angewendet zu werden.
Eine gute Einführung in das Farbfernsehen bot bereits die 6-teilige Aufsatzfolge von Dr.-Ing. Klaus Weiland in unserer Hauszeitschrift TELEFUNKEN-SPRECHER. Sie fand solchen Anklang, daß bald alle Hefte, die den Beitrag enthalten, vergriffen waren, viele Interessenten also damit nicht mehr bedacht werden konnten. Wir haben deshalb die Aufsatzfolge, nachdem sie überarbeitet worden ist, in der vorliegenden Broschüre zusammengefaßt. Sie wird gewiß dem künftigen Farbfernsehtechniker bei seinen Vorbereitungen auf dieses neue Gebiet nützlich sein.
TELEFUNKEN AG
FACHBEREICH GERÄTE RUNDFUNK-FERNSEHEN
Farbfernsehtechnik 1966 - Einführung
Ein Fernsehkommentator / Sportreporter muß nachhelfen :
» . . . leider haben beide Mannschaften eine etwas unglückliche Farbkombination für ihre Trikots gewählt. Sie sind aber auf Ihrem Bildschirm daran zu erkennen, daß die von links nach rechts spielende Elf schwarzweiß gestreifte Stutzen trägt!«
Der so kommentierende Sportreporter hatte zwar selbst ein farbenprächtiges Bild vor Augen - leuchtend rote und blaue Trikotfarben - aber der Fernsehmonitor mit dem Kontrollbild zeigte ihm die Mängel der Schwarzweiß-Übertragung und veranlaßte ihn zu den ergänzenden Bemerkungen. Die farbenblinde Kamera »sieht« beide Farben, Rot und Blau, in fast gleichem Grau. Sie kann eine dem menschlichen Auge selbstverständliche Information, die Farbinformation, nicht übertragen. Diese Kamera unterscheidet nur zwischen hell und dunkel.
2 Beispiele
Welche Bedeutung einer Farbinformation zukommt, sollen uns zwei alltägliche Beispiele aufzeigen.
- Wir erinnern uns noch alle an die Kindermalbücher mit eingezeichneten Bildkonturen, die nach Vorlagen farbig ausgemalt werden konnten. Die ungelenke Kinderhand war meist nicht fähig, diese Bilder sauber zu kolorieren. An den Kanten verliefen die Farben ineinander oder sie wurden gar nicht bis zum vorgeschriebenen Rand aufgetragen. Trotz dieser Fehler hatte der gesamte Bildeindruck nicht gelitten, die menschliche Phantasie kompensierte die Unkorrektheiten an den Farbübergängen.
- Das zweite Beispiel betrifft farbige Ansichtskarten, die aus normalen Schwarzweiß-Photos entstanden. Sieht man sich solche Karten genauer an, so sind nur einige Stellen - meistens größere Flächen - koloriert, etwa ein hellblauer Himmel, dunkelblaues Wasser, grüne Wiesen und Felder, ein paar rote Hausdächer. Man erhält durch diesen Kunstgriff ein prächtiges »Farbphoto«, und es ist kaum zu bemerken, daß der Rest Schwarzweiß geblieben ist, denn unser geistiges Vorstellungsvermögen ergänzt das Fehlende.
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Die Schlußfolgerung aus diesen beiden Beispielen könnte man für das Farbfernsehen so formulieren: Es genügt, wenn wir ein konturenscharfes Schwarzweißbild haben und ihm ein unscharfes Farbbild »überlagern«. Feine Details brauchen nicht farbig zu sein.
Nun zu den Farben selbst.
Eine schöne Zusammenstellung fast aller vorkommenden Farben gibt der Regenbogen. Für ein Farbfernsehsystem - übrigens auch für den Farbdruck oder die Farbphotographie - stehen jedoch derart viele Grundfarben - es müssten unendlich viele sein - nicht zur Verfügung.
Aber das ist auch gar nicht notwendig, denn schon 1854 erkannte H. Graßmann, daß man aus drei verschiedenen Grundfarben mit bestimmten Eigenschaften fast jede andere Farbe mischen kann.
Ein Beispiel aus unserem Malkasten: Blau und Gelb vermischt ergibt Grün, wobei das Grün von Blaugrün bis Gelbgrün variieren kann. J. Maxwell - er berechnete auch lange vor dem experimentellen Nachweis der elektromagnetischen Wellen deren Eigenschaften - hat jene Farbtheorie weiter ausgebaut und vereinfacht. Sie wird in dieser und einer etwas abgewandelten Form noch heute - besonders im Farbfernsehen - angewendet.
Vorab wäre noch zu bemerken, daß es in der Farbmischung gewisse Unterschiede gibt. Bei der Farbphotographie und beim Farbdruck ergeben - wie bereits angedeutet - Blau und Gelb eine grüne Farbe. Beim Farbfernsehen hingegen kann diese Mischung Weiß werden; wir können das bereits auf dem Bildschirm des Schwarzweiß-Empfängers feststellen: Betrachtet man den Schirm mit einer stark vergrößernden Lupe, so erkennt man statt weißer winzig blaue und gelbe Farbfleckchen. Aber solche Farbmischungen werden später noch genauer erklärt.
Die Erwartungshaltung bezüglich Farbfernsehen
Was sollte man nun vom Farbfernsehen oder - genauer ausgedrückt - von einem Farbfernsehsystem erwarten?
Zunächst natürlich eine exakte Wiedergabe aller Farben. In dieser Beziehung macht es uns das menschliche Gehirn sehr leicht. Es kann sich nicht mehr so genau an die Originalfarbe erinnern. Man weiß zwar, daß eine Tomate rot ist, aber nicht w i e rot. Allerdings gibt es, wie bei den meisten Regeln, auch hier eine Ausnahme: An die menschliche Hautfarbe kann man sich immer recht gut erinnern. Schon kleinste Abweichungen der Reproduktion in Richtung Rot, Grün oder Blau werden als unnatürlich empfunden.
Weiterhin sollte ein Farbfernsehsystem so beschaffen sein, daß der Empfänger leicht vom Laien bedient werden kann, macht es doch bereits Schwierigkeiten, beim Schwarzweiß-Fernsehen die richtige Relation zwischen Kontrast und Helligkeit zu erreichen. Beim Farbfernseher kommt auf jeden Fall noch der sogenannte Farbkontrasteinsteller hinzu, und unter Umständen muß sogar außerdem der Farbton korrigierbar sein; aber das hängt ganz vom angewendeten System ab.
Ebenso ist es wichtig, daß auch unter schlechten Empfangsverhältnissen - z. B. bei schwachem Antennensignal, Mehrwegeempfang durch Reflexionen (Geisterbilder), falsch angepaßten Antennen usw. - keine oder möglichst wenig Farbverfälschungen auftreten.
Was mit den alten schwarz weiß Empfüngern machen ?
Wenn das Farbfernsehen eingeführt wird, müssen die Sendegesellschaften aus Kostengründen zunächst einen erheblichen Teil ihres Programmes in herkömmlicher Schwarzweiß-Technik ausstrahlen. Maßgebend hierfür sind einmal der sehr viel größere Aufwand für eine Farbsendung und zum anderen die langen Vorbereitungszeiten. Schon aus Zeitmangel wird man wahrscheinlich bei den aktuellen Sendungen - wie Tagesschau - der einfacheren Behandlung und kürzeren Entwicklungsdauer wegen bei den Schwarzweiß-Filmen bleiben. Man sollte deshalb von einem Farbempfänger auch eine gute Schwarzweiß-Wiedergabe erwarten.
Und umgekehrt - da die meisten Fernsehzuschauer zu diesem Zeitpunkt noch Geräte für die Schwarzweiß-Technik besitzen werden - sollte sich ein Farbprogramm mit jenen Empfängern in guter Schwarzweiß-Qualität wiedergeben lassen, ähnlich einer guten Schwarzweiß-Kopie von einem Farbfilm. Man sagt, das Farbfernsehsystem muß kompatibel sein. Aus diesem Grund soll eine Farbsendung auch mit der gleichen Kanalbreite auskommen wie unser heutiges Schwarzweiß-Fernsehen.
Rückblick bis 1945 und davor
An Vorschlägen für Farbfernsehsysteme hat es bis heute nicht gefehlt. Im Jahre 1934 wurde erstmalig ein System beschrieben, später kamen weitere, zum Teil bessere hinzu. Sogar schon ein Farb-Stereo-System wurde 1942 vorgeschlagen.
Nach 1945 begann in den USA eine rege Tätigkeit, um ein System zu finden, das die eben aufgeführten Wünsche und Forderungen weitgehend erfüllt. Man war sich dort aber bald darüber im klaren, daß diese Aufgabe nur durch eine enge Gemeinschaftsarbeit der hieran interessierten Kreise zu lösen sei. Umfangreiche Studien auf der Empfänger- und Senderseite und die Kombination wirklich ausgezeichneter Ideen führten schließlich zu dem nach dem National Television System Committee benannten NTSC-System.
Die Bundesbehörde für das Fernmeldewesen in den USA (FCC) erklärte dann im Dezember 1953 dieses kompatible System zur amerikanischen Fernsehnorm. Etwa zwei Jahre später begannen die ersten offiziellen Farbfernsehsendungen. Sie fanden aber in der Öffentlichkeit zunächst keinen großen Anklang, denn die Empfänger waren zu kompliziert und in der Anschaffung sowie im Service zu teuer. Seit einigen Jahren werden jedoch bessere und preiswertere Geräte angeboten. 1965 verkauften die amerikanischen Produzenten insgesamt etwa 2,6 Millionen Farbfernsehgeräte, fast doppelt soviel wie 1964, und im Jahre 1966 glaubt man in den USA, mehr als 4 Millionen Stück absetzen zu können.
Auch in Japan ist das NTSC-System eingeführt worden, allerdings ist dort die Anzahl der produzierten Farbfernsehempfänger noch verhältnismäßig klein.
Und hier in Europa ?
Was für die USA gut genug ist, sollte auch für Europa nicht schlecht sein. Deshalb war man zunächst davon überzeugt, daß hier das NTSC-System - wegen der in Europa etwas größeren Kanalbreite leicht modifiziert - zur Farbfernsehnorm erklärt wird. Aber man blieb in den europäischen Entwicklungs- und Forschungslabors nicht untätig. Diese prüften das NTSC-System, seine Vor- und Nachteile wurden aufgezeigt und verschiedene Verbesserungen durchgeführt.
Ganz besonderen Wert legte man darauf, die Farbverfälschungen zu kompensieren, die im Sender, auf dem Wege vom Sender zum Empfänger, im Empfänger und auch bei der Bedienung des Empfängers selbst entstehen können.
Im Laufe der Untersuchungen haben sich aus den vielen Verbesserungsvorschlägen zwei Weiterentwicklungen des NTSC-Systems herauskristallisiert: Das von H. de France geschaffene SECAM-System (Sequentielle ä memoire) und das bei der Telefunken AG erarbeitete PAL-System (Phase Alternation Line). Beide ermöglichen eine stabilere Farbwiedergabe, herkömmliche Technik bei Bandaufnahmen und leichtere Bedienung der Empfänger.
Im Zeitalter der Nachrichten-Satelliten werden einmal weltweite Übertragungen an der Tagesordnung sein. Deshalb sollte man auch eine möglichst einfache Normenwandlung vom bereits bestehenden NTSC-System in das künftige europäische System berücksichtigen. Hier zeigt sich, daß von den beiden vorgeschlagenen Verfahren das PAL-System diese Forderungen am besten erfüllt.
Die europäische Farbfernsehnorm sollte PAL sein
In dem Bemühen, für ganz Europa eine einheitliche Farbfernsehnorm zu schaffen - alle Länder haben sich bereits auf 625 Zeilen geeinigt - stellten maßgebende Fachleute das NTSC-, SECAM-und PAL-System einander gegenüber und prüften sie unter jeder vorkommenden Bedingung. So wurden zum Beispiel zwischen den großen Rundfunkorganisationen Europas Versuche durchgeführt, das Verhalten dieser Systeme bei Übertragungen über große Strecken zu testen. Eine dieser Strecken verlief von Moskau über Warschau und Paris bis London.
Auf verschiedenen Tagungen des CCIR, einem Komitee, in dem die für diese Fragen zuständigen Organisationen vorwiegend europäischer Länder zusammenarbeiten, war und ist man bemüht, für Europa eine einheitfiche Farbfernsehnorm zu finden. Es wird aber trotz der zu erhoffenden Einigung nicht ohne weiteres möglich sein, Farbfernseh-Sendungen einiger Länder direkt zu empfangen, da man überall aus Kompatibilitätsgründen auf bereits bestehende Schwarzweiß-Normen Rücksicht nehmen muß. In Europa gibt es fünf unterschiedliche, mit dem künftigen Farbfernsehsystem kompatible Schwarzweiß-Normen. Ein einheitliches Farbfernsehsystem würde jedoch eine Normenwandlung bei internationalem Programmaustausch wesentlich erleichtern.
Die Studio und Sendetechnik wird teuer
Umfangreiche Vorbereitungen auf diese neue Fernsehtechnik sind dann noch bis zum Start der ersten Sendungen zu treffen. Die Sendegesellschaften müssen die Studios von der Kamera bis zum Regiepult neu einrichten, die Sender und Übertragungsstrecken »farbtüchtig« machen und die für die Programme maßgebenden Mitarbeiter vom Maskenbildner bis zum Regisseur mit der Farbe vertraut machen, denn bei einer Farbfernsehsendung, ob live oder Konserve, sind ungleich mehr Faktoren zu berücksichtigen als bei der bisher üblichen Schwarzweiß-Technik. Auf der Gegenseite steht die Empfängerindustrie vor ähnlichen Aufgaben, kann doch die eigentliche Entwicklung eines Farbfernsehempfängers erst dann richtig beginnen, wenn das System bekannt ist.
Im Herbst 1967 soll es losgehen
Nach Bewältigung aller dieser Schwierigkeiten wird man in Deutschland im Herbst 1967 mit den ersten offiziellen Farbfernsehsendungen starten. Auf der Großen Deutschen Rundfunk-, Fernseh- und Phono-Ausstellung in Berlin 1967 werden dann als Hauptattraktion die ersten Farbfernsehempfänger zu sehen sein.
Ein paar Worte zum Farbfernsehempfänger
Und jetzt noch ein paar Worte zum Farbfernsehempfänger selbst. Ein Teil der allgemein für ein Farbfernsehsystem aufgestellten Forderungen gilt auch für den Empfänger: Gute Farbreproduktion, selbst unter schwierigen Empfangsverhältnissen; leichte und übersichtliche Bedienbarkeit sowie gute Schwarzweiß-Wiedergabe. Nach dem heutigen Stand der Technik werden im Empfänger drei Grundfarbbilder übereinander geschrieben. Es muß also auch die Konturendeckung einwandfrei sein, damit nicht die von schlechten Farbdrucken her bekannten unschönen Farbsäume auftreten und zum Beispiel ein Gesicht grüne oder blaue Ränder bekommt!
Weiterhin ist der spätere Service zu berücksichtigen, die Fehlersuche darf nicht zu lange dauern, die Geräte müssen also übersichtlich und unkompliziert aufgebaut sein. Und - last but not least - ist für den Verbraucher auch der Preis eines Farbfernsehgerätes von großer Bedeutung. Nach den heute bekannten Konzepten wird es etwa das Zweieinhalb- bis Dreifache eines mittleren Schwarzweiß-Gerätes kosten, wobei der Hauptanteil auf die Spezial-Bildröhre für die Farbwiedergabe fällt. Die Industrie betrachtet es aber als ihre Aufgabe, diese Preisrelation im Laufe der weiteren Entwicklung günstiger zu gestalten.
Bis hierhin der Überblick
Die vorstehenden Zeilen sollten zunächst einmal einen allgemeinen Überblick über die Vorstellungen vom Farbfernsehen geben und auf das hinweisen, was in absehbarer Zeit auf den Fachhandel und Service zukommen wird.
In den folgenden Abschnitten wollen wir neben der allgemeinen Farbenlehre, der grundlegenden Technik im Studio und der Farbfernsehsender besonders die Empfängerschaltungen behandeln.
Beginnen wir mit der Lehre von der "Farbe"
es kommt bald
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