Hier stehen die Messe- bzw. Veranstalter "Informationen".
Im Unterschied zu unseren überwiegend selbst formulierten Artikeln und Kommentaren sind das die vorauseilenden Lobeshymnen der Redakteure und Pressemenschen sowie der Messe-Ausrichter, der Messegesellschaften und der Veranstalter. Allermeist basieren die auf den vorab verteilten Presse- Informationen der Hersteller oder der Vertriebsfirmen. Nur die wenigsten dieser Lobeshymnen waren "wahr" bzw. hatten sich wirklich erfüllt.
Die Fachblätter und Magazine waren meist (finanziell) darauf angewiesen, solche Artikel unkommentiert zu veröffentlichen, weil da allermeist auch sogenannte "flankierende Anzeigen" (hinzu) geschaltet wurden. Über diese selbstverständlich erfundenen nebulösen ("das gabs doch gar nicht") Zusammenhänge gibt es ausführliche Seiten im Hifi-Museum, weil es dort ganz besonders offensichtlich wurde, wie "das Spiel" funktioniert.
Und: wir sollten unterscheiden zwischen "Zeilen" und "Linien"
Es fällt immer wieder auf, daß selbst gestandene Fach-Redakteure und Fach-Autoren diese beiden Begriffe allzuoft verwechseln, vertauschen oder ungeschickt benutzen. Viele PAL- Kameras konnten trotz nomineller 625 Zeilen nur echte 450 Linien aufnehmen und auch darstellen. Gleiches gilt für Videorecorder, Monitoren und Fernseher aller Hersteller. In den gesamten englisch sprachigen Publikationen sind es die verwechselbaren "lines" (und ab und zu die TV-lines) und man muß Nachsicht walten lassen. "Sie" unterscheiden das ganz selten.
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NAB '92-Berichterstattung - Teil 2
aus FEENSEH- UND KINO-TECHNIK Nr. 6/1992 von Rainer Bücken
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Digitales HDTV in den USA - eine nationale Herausforderung
Auf der Tagesordnung der Broad- und Cablecaster in den USA steht die Einführung von HDTV. Nach allen bisherigen Statements gibt es nur eine Grundforderung hierfür - es muß digital und sollte in den USA selbst entwickelt worden sein.
Technologieimport ja, aber bitte nicht vordergründig. Über den Stand der HDTV-Diskussion in den USA berichten wir hier in Fortsetzung unserer Berichterstattung über die NAB '92.
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Geistige Datenkompression in USA
Wenn das keine Datenkompression ist - aus 22 Vorschlägen, die vor zwei Jahren (1990) in den USA noch heftig diskutiert wurden, sind ganze fünf übrig geblieben. Und die wurden auf der zweiten HDTV-World-Conference ausgiebig diskutiert.
Alle sind digital - mit einer Ausnahme: Narrow-MUSE von NHK. Doch dieses System - es ist das des Großvaters in Sachen HDTV - hat schon keine Chancen mehr: Narrow-MUSE ist out, weil a) nicht amerikanisch und b) analog.
- Anmerkung : Nicht amerikanisch bedeutet : Im Fernsehen hören Sie täglich : "buy an American car". Auch der amerikanische Markt hängt richtig schief und darum mß es ein amerikanisches HDTV Fernsehen werden.
Die emsigen Japaner werden nicht müde zu erzählen, daß intern alles digital sei, es gäbe gar keine analoge Signalverarbeitung, weder im Coder noch im Decoder. Doch dazu später mehr.
Die Erkenntnis für uns Europäer - ein amerikanischer Rückblick
Die Situation ist - nicht nur in den USA - überaus kompliziert. Ein Königsweg tut sich nirgends auf, die absolute Wahrheit in Sachen HDTV vermag keiner zu verkünden. Für den europäischen Besucher ist jedoch eines verblüffend - die Offenheit, mit der hier Konflikte ausgetragen werden.
Und das große Demokratieverständnis, das in den USA selbst bei so "banalen" Fragen wie der Einführung des Nachfolgesystems für NTSC an den Tag gelegt wird.
Am 17. Dezember 1953 wurde offiziell das NTSC-System gestartet, und vor diesem Zeitpunkt lagen mehr als drei Jahre heftiger Systemauseinandersetzungen.
Am 10. Oktober 1950 erteilte die "Federal Communications Commission", kurz FCC genannt, CBS eine Lizenz für ein mechanisches Farbsystem, das mit den derzeitigen Schwarzweiß-Empfängern nicht kompatibel war.
Immerhin gab es damals laut RCA schon 8 Millionen Geräte in den Haushalten. Gegen die damalige Entscheidung wurde heftig zu Felde gezogen - sogar gerichtlich.
Nach jahrelangen Auseinandersetzungen kam es dann zu einem kompatiblen System, nach dem "National Television Systems Committee" NTSC genannt. Das klärt ein klein wenig den Hintergrund, vor dem in den USA nun die Debatten um ein Nachfolgesystem für NTSC ablaufen.
Man sollte jedoch nicht vergessen, daß noch 1965 zwei der drei Networks keine 16 Stunden Farbe pro Woche lieferten.
HDTV ist eine nationale Aufgabe
HDTV ist zu einer nationalen Aufgabe erklärt worden, und jeder echte Amerikaner ist stolz darauf. In dem Eröffnungsvortrag zur HDTV-World erklärte Jerry Pearlman, Vorsitzender und Präsident von "Zenith Electronics Corporation" ganz unverblümt, daß die USA für die Entwicklung von HDTV nur vier Jahre benötigt hätten gegenüber 10 in Europa und 20 in Japan.
Und stolz ergänzte er: "Wir haben es nicht nur schneller, sondern viel besser getan, und das mit digitaler Technologie für terrestrisches Fernsehen!"
Ein "zweitklassiges System" wie Enhanced TV oder Widescreen-TV käme für die USA nicht in Betracht. Vor zwei Jahren war das noch nicht so deutlich.
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"interoperability" und "scalability"
Die Hauptschlagworte im digitalen Slang lauten "interoperability" und "scalability". Einmal ist damit die Verbindung der Medien untereinander gemeint und zum anderen die Möglichkeit, Bilder zu verkleinern und zu vergrößern.
Großes Interesse können die zeilen-sprungfreien Systemvorschläge für sich verbuchen. Mit digitalem HDTV werden nicht nur brillante Bilder und Töne in CD-Qualität versprochen, sondern auch geistlose, schneelose und interferenzfreie Bilder.
Geistlos sind in den USA und weltweit einige Programme freilich auch im HDTV-Zeitalter.
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Die Kernfrage ist freilich der Markt der 240 Millionen Amerikaner
Bereits zwei Jahre nach der Standardfestlegung rechnet Pearlman mit einem blühenden Gerätemarkt - spätestens Ende 1995. Während bei Farbfernsehgeräten in den USA nach 6 Jahren eine 3%-Sättigung erreicht war, dauerte es bei Videorecordern schon sieben Jahre.
Bei HDTV könnte das bereits in der Hälfte der Zeit erfolgen, war zu hören. Im ersten Jahr nach der Einführung wird mit einem Verkauf von einer halben Millionen Geräte gerechnet, im dritten Jahr sollen es bereits eine Millionen sein.
Nach einer früheren Studie der EIA ist davon auszugehen, daß bereits 1997, also vier Jahre nach der prognostizierten Einführung, in 10% aller US-Haushalte ein HDTV-Empfänger steht.
Ob es 10 Jahre nach der Einführung 25% oder gar 32% sind, mag aus heutiger Sicht schon beinahe belanglos wirken, angesichts der Euphorie, die solche Zahlen in den USA widerspiegeln.
Kritisch ist jedoch der Zeitraum, in der eine 1%-Sättigung erreicht wird. Hier schwanken die Zahlen zwischen 4 und 5 Jahren.
Ein HDTV-Projektionsempfänger für etwa 3000 bis 4000 Dollar
Dabei wird vor allem der Markt der TV-Großgeräte betrachtet. Eine halbe Million TV-Käufer entscheiden sich Jahr für Jahr für Highend-Geräte und zahlen dafür 2.000 US Dollar - und mehr.
Gerade bei Großbildgeräten - und hier vor allem bei NTSC-Projektoren - macht sich die geringe Auflösung störend bemerkbar, eine Alternative zu haben wäre da schon recht gut.
Wäre da nicht der Preis. Ein Cadillac muß es - preislich gesehen - offensichtlich nicht sein, und so versprach Pearlman die Zenith-AT&T- HDTV-Projektionsempfänger für etwa 3.000 bis 4.000 Dollar.
Die Preise für Endgeräte sind bei alledem noch im grünen Bereich der Spekulation. Julius Barnathan von Capital Cities/ABC denkt an einen flachen Bildschirm mit einer Diagonale von etwa 1,20m und träumt von Preisen um die 500 Dollar ...
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Ein etwas realistischer Blick auf die "Markt-Kräfte"
Etwas realistischer ging Mark Fratrik von der NAB auf die "Markt-Kräfte" ein. Zunächst problematisierte er einen ganz simplen Sachverhalt.
"Wie kann für HDTV geworben werden, wenn die Zuschauer auf einem NTSC-Gerät nicht die Qualität eines HDTV-Bildes sehen können?"
Weiterhin machte er deutlich, daß vor allem die populären Programme in HDTV ausgestrahlt werden müssen. "Die Zuschauer sehen Programme - und keine Kanäle !"
Daß die Zuschauer am liebsten nicht mehr für HDTV- als für NTSC-Empfänger zahlen wollen, dürfte keinen verwundern. Bei einer Untersuchung kam heraus, daß 75% der Befragten für HDTV 100 Dollar mehr ausgeben würden, während die Industrie Anfangspreise von 7.000 Dollar nennt.
Selbstverständlich müssen HDTV-Empfänger auch auf Jahre hinaus noch mit NTSC-Tunern ausgestattet sein. Die US-Broadcaster sind aufgerufen, früh zu starten, die Konkurrenz zu Kabel und Satellit ist groß, das an Videovermieter gegangene Geschäft muß zurückerobert werden. Durchschnittlich schauen die Fernsehzuschauer etwa 50 Stunden pro Woche - und zwei bis drei Stunden Videoaufzeichnung.
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Jetzt mal zu den Kosten für den Sender
Das Investionsvolumen der Broadcaster könnte spielend auf über 8,5 Millionen Dollar kommen, war im Wall Street Journal zu lesen. Doch PBS und CBS haben preiswertere Einstiegskosten errechnet - mit knapp zwei Millionen Dollar.
Allerdings - so ganz HDTV-like dürfte das dann hinterher nicht aussehen. Oder sollte sich das Signal einer konventionellen NTSC-Kamera mit einer einfachen Elektronik zu echtem HDTV aufblasen lassen ?
Wohl kaum, und so scheint die Frage immer noch zu stehen - was versteht Amerika unter HDTV?
Die privaten Broadcast-Stationen müssen vor allem eines machen - Profit.
- Anmerkung : Hier irrt Herr Bücken ganz gewaltig. Irgend etwas ist ihm da entgangen. Ein sehr großer Teil der kleinen lokalen Sender in USA wird von den über 3.600 protestantischen Religionsgemeinschaften betrieben. Die finanzieren sie durch großzügige Spenden und müsse keinen Profit machen. Nur die großen privaten Netzwerke müssen sich über Werbennahmen finanzieren.
Das geht nur, wenn sich die Investitionen in neue Techniken auch "rechnen". Deshalb sind auch Vorschläge sehr populär, langsam in das HDTV-Geschäft hineinzugehen, quasi über den Ersatzbedarf.
Und mit HDTV-Signalen lassen sich auch NTSC-Kanäle füllen - falls die Signale entsprechend konvertiert (gewandelt) würden. Einen zweiten Kanal zu betreiben scheint ein technisches Kinderspiel - und das mit überschaubaren Kosten.
Die lassen sich einspielen - durch Werbung, beispielsweise. HDTV-Nutzer wollen anfangs alles sehen, was in der Qualität rüberkommt. Zielsicher könnten Werbesendungen für diese Klientel abgestellt sein, Streuverluste dürften sich in Grenzen halten.
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Film ist HDTV-Medium Nr. 1
Seit 1957 werden 85% aller Prime-Time-Programme in den USA mit 35mm-Film produziert, und das, obwohl die Produktionskosten jährlich um etwa 16% gestiegen sind.
Hollywood produziert derzeit pro Jahr 1.700 Stunden Prime-Time-Programme für die großen Networks, und jede Serie kostet etwa 1,2 bis 1,5 Millionen Dollar. Übrigens produziert Hollywood inzwischen zehnmal mehr fürs Fernsehen als fürs Kino.
Nach wie vor dominiert der Film
In vielen Fällen könnte bereits mit HDTV gearbeitet werden, doch nach wie vor dominiert der Film. Hier gibt es auch einen munteren Wettbewerb. Mit 16mm wurden in den USA viele Produktionen gemacht, doch ist die Qualität insgesamt nicht ausreichend. Etwas anders sieht es mit Super-16 aus, stehen da doch 46% mehr Bildfläche zur Verfügung.
Mit der HDTV-Technik wird in den USA seit nunmehr 10 Jahren gearbeitet, viele der großen Networks haben zumindest Experimente hinter sich.
Damit läßt sich auch heute schon Geld verdienen, wie CR. Caillouet von "Vision Unlimited Productions" aus Vancouver skizzierte. Ein Konzert ("Sting") wurde in HDTV, sprich mit 1125/60, aufgenommen, aufgezeichnet und parallel live nach NTSC konvertiert und übertragen.
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35.000 Zuschauer wollte kein Geld zurück
35.000 Zuschauer zahlten, und wie zu erfahren war, wollte keiner sein Geld zurück. Das immerhin ist bei Pay-per-view-Programmen nicht selten, wenn die technische Qualität unzureichend ist. "Wir mußten im 4:3-Format übertragen, denn Letterbox wird nicht akzeptiert, wir hätten Geld zurückzahlen müssen!"
Wie bei uns ist es auch hier - die Senderechte
Ein weiterer strittiger Punkt dürften die Rechte sein. In der Regel erwerben Broadcaster sie nur für NTSC-Ausstrahlung, bei HDTV müßte vielleicht ein Qualitätszuschlag erhoben werden, wird gemutmaßt.
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Fünf HDTV Systeme standen zur Wahl
22 Systeme standen 1988 noch zur Diskussion, inzwischen sind es nur noch fünf. Die Systeme wurden als IDTV (Improved Definition Television), EDTV (Extended Definition oder Enhanced Definition TV) und schließlich HDTV bezeichnet.
Gingen die HDTV-Strategen vor zehn Jahren noch davon aus, daß HDTV-Programme nur per Satellit übertragen werden können, so kamen bereits Mitte der 1980er Jahre in den USA erste Vorschläge für eine terrestrische Übertragung in die Diskussion.
Einige sahen vor, daß ein Hilfskanal (Augmentation Channel) benötigt würde, um wirkliche HDTV-Bilder zu übertragen. Während auf einem Kanal das NTSC-Signal weiterlaufen sollte, wären auf dem zweiten Kanal dann Zusatzinformationen zu übertragen, die zusammen schließlich das HDTV Bild ergeben würden. Auch die Verwendung von breiteren Kanälen (9 bzw. 12 MHz) wurde diskutiert.
Vor fünf Jahren wurde das "Advisory Committee on Advanced Television Service" gegründet, um Broadcaster in den Systemfindungsprozeß einzubinden. Richard Wiley leitet noch immer die Arbeit des Komitees.
1987 fand dann in Washington die erste terrestrische Übertragung des MUSE-Signals statt, vor allem von der NAB und NHK organisiert.
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1990 - das erste digitale HDTV-System
Vor zwei Jahren, nämlich im Juni 1990, kündigte General Instrument das erste digitale HDTV-System an. Inzwischen gibt es insgesamt vier digitale und ein analoges Simulcast-System, alle sind für 6MHz-Kanäle entwickelt.
Alle fünf Systeme werden aufwendigen Tests unterworfen, bei zweien ist die Prozedur bereits abgeschlossen, nämlich beim Narrow-MUSE-System von NHK und dem DigiCipher-System von General Instrument.
Das Zenith/AT&T Scientific Atlanta-System wird jetzt getestet, und bis zum Herbst sind alle durch. Die Testergebnisse werden veröffentlicht. Jetzt liegen die Messungen von Narrow-MUSE vor, die anderen folgen.
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NHK mit Narrow-MUSE: Chancenlos!
NHK entwickelte - unter anderem auf Bitten von NAB - bereits 1987 für die USA das analoge Simulcast-System Narrow-MUSE, es ist ein Teil der MUSE-Familie. Die besteht außerdem aus MUSE-T für die Programmzuführung, MUSE-E für die Satellitenübertragung sowie MUSE-4 für 4-Kanal-Übertragung von NTSC-Signalen in einem HDTV-Kanal.
Sicherlich geschieht das japanische Engagement nicht ganz zufällig. NHK ist ein öffentlicher japanischer Broadcaster, seine Kosten werden durch (Zwangs-) Gebühren der (japanischen) Zuschauer bestritten.
NHK ist es nicht erlaubt, Gewinne zu machen und kann daher auch ein eigenes Forschungsinstitut unterhalten. So ist das MUSE-System das einzige, das von einem Broadcaster kommt.
Insgesamt wurden von NHK drei Systeme vorgeschlagen und 1988 auf der NAB ausgestellt. Im gleichen Jahr wurden diese Systeme dem FCC Advisory Committee präsentiert, das damals auf der Kompatibilität mit NTSC bestand.
So wurde unter anderem Narrow-MUSE entwickelt, gewissermaßen ein Ableger der MUSE-Technik, die in Japan seit dem 25. November 1991 (japanische Schreibweise: 11.25) täglich acht Stunden über den Satelliten DS3B übertragen wird. Narrow-MUSE könnte in den USA sofort genutzt werden, auch verspricht NHK die erforderliche Sende-Stabilität.
Die Signalverarbeitung, vor allem die Signalkompression, geschieht digital, die Übertragung freilich erfolgt analog. So ist Narrow-MUSE die Kombination aus Digital- und Analogtechnik, ist also ein hybrides System.
Die Details von Narrow-MUSE
Der verwendete Studiostandard ist - wie könnte es anders sein - 1125/60/2:1 Für die Codierung wird die Zeilenzahl von 1125 auf 750 herabsetzt. Das Basisband hat dann eine Bandbreite von 4,86 MHz.
Das Narrow-MUSE-Signal besteht aus zwei Komponenten, einer niederfrequenten mit hoher Energie und einer hochfrequenten mit geringer Energie. So stört das Narrow-MUSE-Signal keine NTSC-Kanäle - und umgekehrt.
Daß sich NHK mit der digitalen Ausstrahlung so zurückhält, hat Gründe, denn diese Technik ist für den Fernsehgiganten noch zu unbekannt, die Arbeiten im Forschungslabor sind noch nicht abgeschlossen.
"Es wird noch geraume Zeit brauchen, bis wir sichere Erkenntnisse haben, daß das digitale Übertragungssystem in terrestrischer Umgebung funktioniert", erklärte Takehiro Izumi, Generaldirektor des Forschungslabors von NHK.
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Der Narrow-MUSE-Empfänger
Ein Narrow-MUSE-Empfänger besteht aus dem Tuner, einem MUSE-Decoder und dem Zeilen-Konverter. Die MUSE-LSIs sind im Prinzip schon jetzt verfügbar, entsprechen sie doch denen des MUSE-Systems, und die sollen jetzt auch im Preis drastisch sinken, da die 2. Generation von LSIs jetzt bei nordamerikanischen und japanischen Herstellern entwickelt werden.
Für die Ausstrahlung wird im Prinzip NTSC-Equipment genutzt. Die komplette Kette könnte - so Izumi - bis 1995 stehen, wobei der Preis der Empfangsgeräte etwa doppelt so hoch sein dürfte wie komfortable NTSC-Empfänger.
Das Studio-Equipment für Narrow-MUSE
Das Studio-Equipment für 1125/60 ist komplett, wodurch sich aus Sicht von NHK die Einführung beschleunigen würde. Auch Standardkonverter von 1125/60 nach 525/59,94 wurden entwickelt und werden bereits bei NHK für den regulären Betrieb genutzt. Entspechend steht auch Programmaterial für Narrow-MUSE zur Verfügung.
DSC-HDTV von Zenith und AT&T vom Dezember 1990
Das "Digital Spectrum Compatible-HDTV-System" wurde erstmals im Dezember 1990 angekündigt. Das System arbeitet mit progressiver Abtastung, Square-Pixel machen es computerfreundlich.
Verwendet wird eine aus den Labors von AT&T Bell Labs stammende Kompressionstechnik, während die Übertragungstechnik vor allem bei Zenith entwickelt wurde, freilich mit Hilfe von AT&T. Die HDTV-Ausstrahlungen sollen weder die NTSC-Signale stören noch von diesen gestört werden.
Abgetastet werden 787.5 Zeilen, ohne Zeilensprung (Bild 1). Die Zahl ergibt sich aus der Multiplikation von 525 Zeilen mit 1,5; ein technisch durchaus realisierbarer Kompromiß.
Das Abtast-Format wird mit 1280 x 720 aktiven Pixeln beschrieben, hier steckt das Bildseitenverhältnis von 16:9 drin (720 x 16:9 = 1280). Die gesamte Bandbreite ist 34 MHz.
Das Format scheint insgesamt recht flexibel, und die zeilensprungfreie Aufnahmetechnik eliminiert die sonst entstehenden Störungen, was vor allem bei Sportaufnahmen auffällt. Auch dürfte sich das Zusammenspiel mit Computern wegen progressiver Abtastung und dem Square-Pixel-Prinzip recht problemlos gestalten.
Das Empfangsgebiet des digitalen Signals
Das Empfangsgebiet ist - im Vergleich zu NTSC - deutlich größer. Da die meisten wichtigen Daten binär übertragen werden, gibt es einen verbesserten Schutz vor Rauschen und Übersprechen. Dabei soll nur weniger als 10% der NTSC-Sendeleistung benötigt werden.
Das HDTV-Signal stört NTSC nicht, was sich auch durch die geringe Leistung des HDTV-Signals erklärt. Andererseits muß das schwache HDTV-Signal vor den Störungen aus dem NTSC-Signal innerhalb der 100-Meilen-Zone geschützt werden.
Das wird mit einer besonderen Filtertechnik erreicht, die einem Kammfilter entspricht. Das digitale Studiosignal hat eine Bitrate von etwa 1000 Mbit/s, nach der Codierung sind es 8,6 bis 17,1 Mbit/s, aus denen dann nach Zuführung von Ton, Daten und Sync-Signalen 11,1 bis 21,0 Mbit/s werden. Nach der Dekomprimierung im Empfänger müßte das volle Format mit 100 Mbit/s wieder vorliegen.
Advanced Digital HDTV - die Lösung vom ATRC
Vom "Advanced Television Research Consortium" (ATRC), bei dem es sich um einen Zusammenschluß von Sarnoff, Philips, Thomson, NBC und CLI handelt, wird ein digitales Simulcast-Verfahren vorgeschlagen, das mit 1050 Zeilen und Zeilensprung arbeitet.
Die Tests sind für den Zeitraum vom 19. Mai bis 15. Juli 1992 vorgesehen. Das digitale System wurde erstmals zur NAB 1991 vorgestellt, wobei die Kompressionstechnik, die auf MPEG-Standard (Moving Picture Experts Group) basiert, noch recht allgemein diskutiert wurde.
MPEG wurde für die terrestrische Übertragung adaptiert, so daß zwei Bitströme für die erforderliche Robustheit entstehen, was wesentlich für Simulcast ist. Während vor einem Jahr noch mit einer Computer-Simulation gearbeitet wurde, gab es jetzt schon Echtzeit-Vorführungen.
Die MPEG-Kompression
Die MPEG-Kompression beginnt mit dem 1050-Zeilen- Videostandard, kann mit 1050/2:1 oder 1050/1:1 arbeiten, und zwar mit 29,97 Vollbildern/s oder - filmlike - mit 24 B/s.
MPEG basiert auf einer bewegungsabhängigen Cosinus-Transformation und ist ein allgemein gebräuchlicher Standard, Coder und Decoder sind - zumindest für geringe Auflösung - bekannt.
In der jetzt vorgestellten Version werden dem MPEG-Datenstrom Prioritäten zugewiesen, indem die MPEG-Codeworte in zwei deutliche Bitströme aufgeteilt werden. Die Daten mit hoher Priorität werden zu sichtbaren Bildern und die Daten mit Standardpriorität haben die Informationen, die für ein volles HDTV-Bild benötigt werden.
MPEG++ gilt als Schlüssel für Robustheit.
Die Daten mit hoher Priorität werden in einer Weise übertragen, daß sie gegen Übertragungsfehler geschützt sind. Die Daten mit Standardpriorität werden auf einem zweiten separaten Träger mit geringerer Leistung ausgestrahlt und sind wiederum immun gegen Bitfehler des höheren Levels. Die Daten sind nicht so wichtig und haben einen geringen Einfluß auf die endgültige Bildqualität.
Ein weiteres Element ist der "priorisierte Datentransport", wobei die Daten in Zellen gepackt sind, die synchronisiert und übertragen werden. Der Träger mit hoher Priorität hat höhere Leistung, um höhere Übertragungssicherheit und Signalfestigkeit für die MPEG++- Daten, die damit getragen werden, zu erreichen.
Auch der Ton wird als Daten mit hoher Leistung und hoher Priorität übertragen. Der Standard-Prioritätsträger trägt hingegen die verbleibenden Daten, die für volle HDTV-Qualität nötig sind.
Der Hochprioritäts-Träger hat eine Datenrate von 4,8 Mbit/s, und der Standard-Prioritätsträger eine von 19,2 Mbit/s. Zusammen kommen beide auf 24 Mbit/s, ein gutes HDTV-Bild und mehrkanaliger CD-Ton werden versprochen.
Zwischen den beiden Trägern ist eine Lücke, und dort fällt der Bildträger des NTSC-Signals des Co-Channels hinein. Der Bildträger ist die höchste Leistungskom-ponente eines NTSC-Signals. In beide Richtungen bleibt es bei absoluter Verträglichkeit, nicht nur für Bild, sondern auch für Ton und Daten. Ein größeres Bedeckungsgebiet bedeutet auch mehr Zuschauer.
DigiCipher - mit Vorführung von General Instrument
Die erste digitale HDTV-Übertragung konnte in der HDTV-World schon überzeugen, auch wenn die Bedingungen, unter denen gearbeitet wurde, eher labormäßig waren.
Schließlich ist das System gerade aus dem Test gekommen, und das erklärt manches. Auch die Tests in Kanada sind abgeschlossen. Am 23. März 1992 fand sogar schon eine terrestrische Übertragung in Washington in einem 6-MHz-Kanal statt, wo sich ein Auditorium von 60 hochrangigen Persönlichkeiten eingefunden hatte.
Dazu wurde ein reguläres Programm kurz nach Mittag unterbrochen. Vor der Umschaltung gab es eine Ansage, damit die "normalen" Zuschauer nicht denken sollten, der Sender sei ausgefallen. Der "Schnee" war etwas höher als normal.
Der Sender war etwa 8 Meilen vom Capitol entfernt und dort wurde das Signal empfangen. Es war ein besonders produziertes Programm, das von einem digitalen HDTV-Band abgespielt wurde, und zwar 1125 Zeilen und 59,94 Hz.
In einem Transkonverter wurde die Zeilenzahl auf 1050 Zeilen umgesetzt, um mit DigiCipher kompatibel zu sein. Nach dem Coder ging es dann auf den Sender.
Während die normale Sendeleistung 110 kW beträgt, wurde in Washington nur mit etwa 2,2 kW abgestrahlt. Für den Empfang diente eine UHF-Antenne auf dem Dach des Repräsentantenhauses nahe dem Capitol, dann ein DigiCipher-Decoder und verschiedene HDTV-Monitore sowie ein NTSC-Empfänger, der den "Schnee" zeigte.
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HDTV im Kabelnetz des Capitols
Das Signal wurde auch ins Kabelnetz des Capitols eingespeist. Während die Übertragung in der Hauptstadt nur etwa 15 Minuten dauerte, hatte sich GI (General Instrument) in der Ausstellung auf Dauerbetrieb eingestellt. Auch ein Blick in die Zukunftstechnik war möglich.
Zusammen mit Toshiba wurde ein digitaler 8mm-Heim-Videorecorder für eine Spielzeit von zwei Stunden entwickelt, der komprimierte DigiCipher-Signale aufzeichnet. Die Aufzeichnung soll transparent sein,
Verluste bei der Wiedergabe sollen nicht auftreten (Bild 2). Daneben war auch ein digitaler 3/4"-HDTV-Kassetten-Recorder für professionelle Anwendungen zu sehen (Bild 3).
Die NAB hat im übrigen alle Systemvertreter eingeladen, ebenfalls terrestrisch zu übertragen, doch nur Gl hat dieses Angebot angenommen und konnte auf Kanal 15 senden.
Auf dem DigiCipher-Stand herrschte eine leichte Live-Atmosphäre. Eine Sprecherin wurde von einer 1125/59,94-Kamera aufgenommen, das Ausgangssignal ging ebenfalls über einen Konverter, so daß wieder 1050 Zeilen erreicht wurden, die dann codiert und vom Dach des Conventioncenter mit knapp 17 W übertragen wurden.
Die Empfangsantenne war in einem Anstand von etwa 400m aufgebaut. Die Signale wurden direkt in die Ausstellungshalle geführt. Etwa eine Sekunde braucht die digitale Signalverarbeitung, und da der Ton nicht mitübertragen wurde, konnte man den Zeitunterschied deutlich sehen und hören, die Sprecherin hätte es anderenfalls heftig irritiert.
General Instrument Corporation und das Massachusetts Institute of Technology (MIT) - zusammengeschlossen in der "The American Television Alliance" - gehen davon aus, daß mit dem jetzigen System die Sender 150 Meilen auseinandergestellt werden können.
Auch für lokale Stationen dürfte sich die Technik eignen: Mit einem 100-W-Sender können Gebiete mit 5 Meilen bestrahlt werden. Außerhalb kann die gleiche Frequenz wieder genutzt werden, ohne daß es Mehrwege-Empfang gibt. Trotzdem wird empfohlen, mit zwei Frequenzen alternierend zu arbeiten.
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Channel Compntibel DigiCipher
HDTV-Forschung am MIT (Massachusetts Institute of Technology) in Zusammenarbeit mit der American Television Alliance (ATVA = General Instrument und MIT) - das muß eigentlich Stand der Technik sein. Das vom MIT entwickelte Channel Compatibel DigiCipher-System im Advanced Television Research Program (ATRP) ist ebenfalls ein digitales Simulcast-System, arbeitet mit 787,5 Zeilen und progressiver Abtastung.
Die Tests sind im Zeitraum vom 24. Juli bis 18. September 1992 vorgesehen. Das ATRP wurde bereits 1983 auf die Schienen gesetzt. Das "MIT" (Anmerkung : ist quasi eine kommerzielle Universität) bestreitet den größten Teil seiner Einnahmen aus Drittmitteln, und daher wird selten etwas zu früh publiziert.
Zu den Kunden des MIT zählen Ampex, ABC, Kodak, Gl, Motorola, PBS, Tektronix, Cable Labs, CBS, Verteidigungsministerium, HBO, NBC, Polaroid, Zenith usw.
Einblick in die Technik
Das System ist - wie die seiner Mitstreiter - kanal-, und nicht empfängerkompatibel. In der Entwicklungsphase wurden bereits viele Lizenzen an US-amerikanische Unternehmen gegeben, so daß sie für kommerzielle Anwendungen zur Verfügung stehen.
Das "Channel Compatibel DigiCipher-System" wurde gemeinsam von MIT und General Instruments Corp entwickelt. Beide sind - wie erwähnt - Mitglieder der American Television Aliiance. Die Zusammenarbeit mit GI begann vor 1 1/2 Jahren und gestaltete sich - so Jae S. Lim vom MIT - sehr erfolgreich.
Die beiden Hauptströmungen sind DigiCipher von GI und Channel Compatibel von MIT. Das ist das letzte System, daß dem ATTC vorgestellt wird, und deshalb werden auch nicht alle technischen Details veröffentlicht. Nur einige grobe Informationen.
Ein wichtiges Feature des Systems ist die progressive Abtastung. Das System basiert auf 787,5 Zeilen und 59,94 Hz. Die progressive Abtastung hat viele Vorteile, so ist die Signalverarbeitung viel einfacher, vor allem Bewegungsabschätzung und -Kompensation gestalten sich weniger aufwendig als bei Zeilensprungtechnik.
Die Integration in Computer- und Telekommunikationstechniken ist einfacher. Ebenfalls gibt es weniger Störungen als beim Zeilensprung; es entfällt das Zwischenzeilenflimmern. Ein weiterer Vorteil ist die Quellen-Adaptierung.
Je nach Anforderung können verschiedene Quellen genutzt werden, von 60 bis 80 Hz, beispielsweise. Während bislang unterschiedliche Quellenmaterialien in ein Format gewandelt und das dann codiert wurde, bleibt das jeweilige Quellenformat erhalten.
Ein Film, der mit 24 B/s abgetastet wird, wird auch nur mit 24 B/s übertragen. "Durch den Umweg über 60 Halbbilder pro Sekunde wird er ja nicht besser", erklärte Lim. Benötigt werden daher verschiedene Coder, die die unterschiedlichen Charakteristiken adaptieren.
Das Grundprinzip der Codierung ist jedoch überall gleich, es werden nur die Bitraten gewechselt, je nach der erforderlichen Auflösung, der Bildrate usw. Auf der Empfängerseite soll es dann korrespondierende Decoder geben, um die gleichen Verhältnisse wie bei der Quelle zu bekommen.
Ein anderer Vorteil ist die extensive Skalierbarkeit. So können unterschiedliche Bildraten, unterschiedliche zeitliche
Auflösungen, Abtastung mit und ohne Zeilensprung, Schwarzweiß- und Farbbilder übertragen werden. Wenn Zukunftsdienste verfügbar sind, werden auch die unterstützt.
Hat die Quelle eine geringere Auflösung, kann mit reduzierter Abtastfrequenz gearbeitet werden, auch Zeilenverdoppelung, Bildverdoppelung usw., sind möglich, um die Auflösung zu erhöhen. Das gibt ein Spektrum unterschiedlicher Empfangsgeräte, je nach gewünschter Auflösung.
Wichtig ist auch die gleichmäßige Ausstrahlung im gesamten Sendegebiet. Das ist wie bei FM oder AM. Nur bei FM besteht jedoch die Möglichkeit, entweder den Service in guter Qualität zu bekommen oder gar nicht. Solange das Ausstrahlungsgebiet sehr groß ist, ist ein gleichmäßiger Service wichtig. Im Hauptgebiet gibt es keinen Verlust an Bildqualität. Wenn es schlechter wird, muß etwas gemacht werden. Bei digitalen Systemen bricht bei zu großen Störungen die Versorgung einfach zusammen.
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Kein einheitlicher Produktionsstandard
Alle Systeme können mit verschiedenen Studiosignalen arbeiten. Bei AD-HDTV ist der Eingang 1050/2:1. Andere Formate, beispielsweise 1125/2:1, lassen sich leicht umsetzen. Für das DigiCipher-Zeilen-Sprung-System wird der Produktionsstandard 1125/60 genutzt.
"Das ist ganz praktisch mit der Konversion, und da wir zwei Systeme haben, haben wir auch ein progressives System, und das hat einen progressiven Produktionsstandard, der gut arbeitet", erklärte Jerry Heller von GI.
Bei Narrow-MUSE wird ebenfalls mit 1125/60 gearbeitet, oder - anders ausgedrückt - mit dem SMPTE-Standard 240M. Wayne Luplow von Zenith wollte sich für sein DSC-HDTV nicht festlegen: "Wir haben immer den Standpunkt vertreten, daß der wichtigste Punkt das Übertragungssystem ist, das als HDTV in das NTSC-Szenario Nordamerikas paßt. Wir brauchen einen Produktionsstandard, der mindestens so gut ist wie der Übertragungsstandard mit 787,5 progressiv."
Mit einem Wort - alle Systeme halten sich offen. Auch an eine Integration zweier Übertragungssysteme wird gedacht - Sinn macht das freilich kaum, die Algorithmen sind zu unterschiedlich, es würde nochmals Jahre dauern, bis eine Synthese entwickelt ist. Nur eines scheint auf Dauer nicht zu gehen: Die "Hochkonvertierung" von NTSC-Signalen (Bild 4).
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Der Europa-Tag - kein Land in Sicht
Mit Europa haben die USA nicht mehr viel zu tun. Man glaubt sich weiter, obwohl der entscheidende Test noch gar nicht erfolgt ist.
Allerdings hat Europa auch was zu bieten - ein funktionsfähiges System, HD-MAC genannt. Das ist mit D2-MAC kompatibel, doch zeigen sich häufig beide Systeme als hochgradig empfindlich. Wenn es irgendwo im Kabel oder auf der Satellitenstrecke klemmt, wird es mit der Bildqualität gleich kritisch.
Bernhard Pauchon von TDF bilanzierte das bislang Erreichte - und mußte so manche Frage unbeantwortet lassen. In Frankreich gibt es als Basis für HD-MAC immerhin schon 50.000 D2-MAC-Geräte, in ganz Europa dürften es "einige Hunderttausend" sein. Auch werden 16:9-Geräte verkauft, deren Preise schon recht dicht an die von Spitzen-PAL-Empfängern herangekommen sind.
Aber: Warum sollen die Leute sich solche Geräte kaufen, wo sich doch die Programme in Grenzen halten? Und warum sollten die Fernsehanstalte1- in 16:9 produzieren, wenn es doch keine (oder nur wenige) Zuschauer gibt?
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Dieses Henne-Ei-Problem
Mit einer Directive und einem Memorandum of Understanding wollte die EG-Kommission dieses Henne-Ei-Problem lösen, gewissermaßen als administrativer Brutkasten. Finanzmittel der EG sollen zusätzlich stimulieren (Bild 5).
Wenn D2-MAC für Kabel- und Satellitenverteilung ein Erfolg würde, müßte PAL-plus für den terrestrischen Ausgleich sorgen. Was aber, wenn D2-MAC auf der Strecke bleibt? Brauchen wir dann noch PALplus? Und können sich die Broadcaster das dann leisten?
Doch die Kardinalfrage ist: Wenn HD-MAC ohne Erfolg bleibt, kann dann ein digitales System schnell genug hinterherkommen? Wie könnte ein europäisches digitales Systemm aussehen?
"Wir haben uns neun Monate Zeit gegeben, diese Frage zu beantworten und das Ziel für Digital-HDTV abzustecken", erklärte Pauchon. Er machte auch deutlich, daß ein digitales System ebenfalls dann veraltet sein kann, wenn es zur Einführung ansteht.
Auch für die USA sieht der TDF-Mann Probleme: "Kann es nicht sein, daß dort ein ähnlich unbefriedigendes System gewählt wird wie einst bei NTSC?"
Erfolge von Vision 1250 bei der Winterolympiade
Immerhin konnte Brion Scott von Vision 1250 über Erfolge berichten. Die Winterolympiade war eine Olympiade für HDTV - auch wenn es Pannen gab. Besonders erwähnt wurde die HDTV-CCD-Kamera von BTS (Anmerkung : Später wude sie als LDK 9000 benant), die jedoch auf der NAB selbst nur als Dummy zu sehen war.
Dr. Reimers hatte es da einfacher, konnte er doch geradlinig den PALplus-Weg skizzieren. Der beginnt bei D2-MAC und dem anlaufenden Geräteverkauf von 16:9. Derzeit verläuft alles planmäßig - der PALplus-Standard ist gefunden und wird auf der IBC demonstriert.
Allerdings machte auch Reimers den Gang der Dinge von der Entwicklung der MAC-Situation abhängig: Der reguläre Betrieb könnte technisch bereits 1995 starten - sofern ausreichend Geräte im Markt sind. "Wir würden zögern, alle 4:3-Empfänger mit Letterbox zu versorgen, wenn es keine echte Infrastruktur mit 16:9-Empfängern gibt!"
In Europa das "Hase-und-Igel-Spiel"
Über digitale Systeme in Europa gab es ebenfalls eine Sitzungsreihe. Immerhin - auch in Reihen der EBU wird über Digital-HDTV nicht nur nachgedacht. John Forrest, David Wood und Arthur Mason, alle aus UK, skizzierten die Situation, die sich auch als "Hase-und-Igel-Spiel" interpretieren läßt:
"Etwa alle vier Jahre kommt in einem anderen Teil der Welt ein neues Fernsehsystem heraus, das im wesentlichen eine Verbesserung des vorausgegangen ist", erklärte Wood. Auch in Spanien und Italien wird an einem digitalen System im Rahmen von Eureka 256 gearbeitet.
In einer Podiumsdiskusston hatten dann mehrere Referenten die Möglichkeit, ihre Meinung zum nordamerikanischen und europäischen Weg zu sagen. Ulrich Reimers mochte jedoch keinen Konflikt erkennen: "Wir starteten früher, Sie hier in den USA später, haben aber ein moderneres System. In drei Jahren konnte jedoch Ihr heutiges System schon wieder ein altmodisches sein!"
Im europäischen Norden ein eigenständiger Weg
Sven Olof Eckholm von SVT (Schweden) machte klar, daß Finnland. Norwegen, Island, Dänemark und Schweden einen eigenständigen Weg gehen wollen. Und dieser heißt "High Definition Digital Video Narrowband Emission". Das Projekt startete im September 1991, und zur IBC soll die Hardware bereits spielen. Und dieses System, so Eckholm, stünde bereits vor dem Jahr 2000 zur Verfügung .......
In der Schlußrunde ging es dann noch einmal über die Zukunft von HD-MAC. Kann es überleben? Die Antwort war ein klares- "Jein". Auch von Ulrich Reimers; "Ob der Markt es will, müssen die Kunden sagen. Aber das System ist da, und wir werden es unterstützen."
Für die Broadcaster wiederum gibt es eine breite Palette neuer HDTV-Geräte. Erstmals steht nun den japanischen HDTV-CCD-Kameras eine aus europäischer Fertigung gegenüber (Bilder 6 bis 8).
Doch darüber mehr in der nächsten Ausgabe.
Rainer Bücken
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