Hier stehen die Messe- bzw. Veranstalter "Informationen".
Im Unterschied zu unseren überwiegend selbst formulierten Artikeln und Kommentaren sind das die vorauseilenden Lobeshymnen der Redakteure und Pressemenschen sowie der Messe-Ausrichter, der Messegesellschaften und der Veranstalter. Allermeist basieren die auf den vorab verteilten Presse- Informationen der Hersteller oder der Vertriebsfirmen. Nur die wenigsten dieser Lobeshymnen waren "wahr" bzw. hatten sich wirklich erfüllt.
Die Fachblätter und Magazine waren meist (finanziell) darauf angewiesen, solche Artikel unkommentiert zu veröffentlichen, weil da allermeist auch sogenannte "flankierende Anzeigen" (hinzu) geschaltet wurden. Über diese selbstverständlich erfundenen nebulösen ("das gabs doch gar nicht") Zusammenhänge gibt es ausführliche Seiten im Hifi-Museum, weil es dort ganz besonders offensichtlich wurde, wie "das Spiel" funktioniert.
Und: wir sollten unterscheiden zwischen "Zeilen" und "Linien"
Es fällt immer wieder auf, daß selbst gestandene Fach-Redakteure und Fach-Autoren diese beiden Begriffe allzuoft verwechseln, vertauschen oder ungeschickt benutzen. Viele PAL- Kameras konnten trotz nomineller 625 Zeilen nur echte 450 Linien aufnehmen und auch darstellen. Gleiches gilt für Videorecorder, Monitoren und Fernseher aller Hersteller. In den gesamten englisch sprachigen Publikationen sind es die verwechselbaren "lines" (und ab und zu die TV-lines) und man muß Nachsicht walten lassen. "Sie" unterscheiden das ganz selten.
.
Eindrücke von der NAB 1990 Atlanta (Teil 1)
aus der FERNSEH- UND KINO-TECHNIK - Nr. 6 /1990 von Rainer Bücken
.
1. US-Broadcaster planen "Simulcast'-Übertragung für HDTV
.
Es war die 68. NAB Tagung und Ausstellung 1990
"Broadcasting works! For Advertisers, For Audiences, For America...": so Titel und Tenor der 68. NAB Tagung und Ausstellung sowie der 44. Broadcast Engineering Conference, die vom 31. März bis 3. April 1990 stattfand.
In diesem Jahr stand Las Vegas nicht zur Verfügung, dort wird umgebaut, hieß es. Also brachte der Veranstalter den voluminösen Wanderzirkus der "National Association of Broadcasters" in den Südstaaten unter.
Im Georgia World Congress Center in Atlanta war jedenfalls Platz genug, und auch Hotels gab es reichlich - freilich alles weit, weit weg.
Doch die Infrastruktur ist gut entwickelt. Die meisten Hotels unterhalten einen kostenlosen Shuttle-Bus-Service zum Flughafen, und dort endet auch eine Linie der MARTA (Metro Atlanta Rapid Transit Authority). Außerdem gab es einen Shuttle-Service von den meisten Hotels zum Kongreß-Center.
Die NABs sind das broadcastmäßige Branchenereignis
Die NABs sind nicht nur das broadcastmäßige Branchenereignis des neuen Kontinents, sondern auch Umschlagplatz für Gerüchte aller Art, die dann im alten Kontinent weiterwirken - bzw. sollen.
Die neu vorgestellten Geräte für den NTSC-Markt haben nicht unbedingt Pilotfunktion für die Broadcaster in Europa. So gesehen, verstehen sich Verband und entsprechende Aktivitäten auch eher als "National" und eben weniger als "International".
Auch wenn diese Adjektive nicht absolut zu sehen sind, so nutzen die Hersteller das Podium der NAB und die Kontakte zu den angereisten Besuchern aus "Übersee", um sich über bestimmte Produkt-Einschätzungen zu informieren. Dann haben die Labors immer noch einige Monate Zeit, gewisse Modifikationen einzuarbeiten, und schon gibt es auf der nächsten IBC und ITS wieder Neuheiten zu sehen.
Auch damit ist noch immer keine Markteinführung garantiert, aber die Technik ist wieder etwas weiterentwickelt. So gesehen, sind es eben keine Sprünge, die auf den NABs, IBCs und ITS' zu erwarten sind.
Die Zeit der spektakulären Erfindungen ist vorbei, neue Produkte bedürften langfristiger Vorbereitung, und immer stärker treten dabei auch Patentansprüche in den Vordergrund. Viele Produkte können nicht gebaut bzw. nicht geliefert werden, weil Patente und Urheberrechtsfragen nicht geklärt sind.
Über 50.000 Besucher
In diesem Jahr stellten etwa 750 Aussteller ihr Angebot auf über 40.000m2 Ausstellungsfläche vor, und die Messeleitung konnte 50.443 Besucher registrieren, aus dem Ausland waren 11 Prozent davon angereist.
Das Thema HDTV spielte - gewissermaßen als Untergruppe von "Advanced Television Systems" - eine Hauptrolle und war größtenteils vom NAB-Gelände verbannt. Wie in den letzten Jahren gab es die räumliche Trennung zum Programm: NAB für das Tagesgeschäft, ATV für die Zukunft.
Doch dem ist nicht so, die Zukunft hat - um diesen Ausdruck nochmals zu strapazieren - in Sachen HDTV längst begonnen. Was nämlich im ebenfalls recht großen "Atlanta Inforum" in der "Advanced Television Exhibit" von etwa 50 Ausstellern und 30 weiteren beteiligten Firmen und Institutionen gezeigt wurde, ist keine Utopie mehr, sind Produkte, die bereits im Einsatz sind und die jeder Besucher zum größten Teil auch gleich hätte kaufen können.
Initiiert war diese Zusatzausstellung durch die NAB-Organisation und die 1125/60-Gruppe, in der Sony wohl die Hauptrolle spielen dürfte. Auf etwa 10.000m2 war wieder einmal das "High Resolution Wonderland" aufgebaut, nicht zuletzt, um Broadcastern und Administratoren in den USA bei ihren HDTV-Entscheidungen etwas Hilfe geben zu können (Bild 1).
Hilfe bei HDTV-Entscheidungen
Die haben freilich alle nötig, denn die Szene ändert sich so schnell, daß selbst namhafte Vertreter des FCC und seiner Unterorganisationen sowie des Außenministeriums bei ihren Vorträgen oft heftig ins Stottern kamen und dann mutmaßten. Es klingt schon kurios, wenn sich Referenten mehrfach an bestimmte Kongreßbesucher wenden mußten, um überhaupt wichtige Fakten präsentieren zu können.
Einige Referenten machen es sich einfach zu leicht, bereiten sich nicht vor und geben dann mit Halbwahrheiten jeder Art Gerüchten neuen Auftrieb. Hier könnte etwas präziseres Vordenken ganz nützlich sein. Auch der Kongreßdokumentation würde das nicht schlecht anstehen, denn viele Schlüsselthemen werden darin einfach nicht behandelt.
Dabei verändert sich in den USA die HDTV-Szene deutlich schneller als bei uns. Noch im vergangen Jahr sahen die Vorschläge für ein verbessertes Fernsehsystem in den USA einen EDTV-Ansatz vor, das konventionelle NTSC-Signal sollte "enhanced", also durch weitere Informationen verbessert werden. Dazu gab es reichlich Vorschläge, vor allem wurde der Hilfs-kanal, also der "Augmentation Channel", sehr häufig strapaziert.
Das so übertragene Hilfssignal sollte in entsprechend ausgestatteten HDTV-Empfängern zusammen mit dem konventionellen NTSC-Signal dann das HDTV-Bild - so davon die Rede sein konnte - wiedergeben. Die NTSC-mäßige Kompatibilität mußte unbedingt gewährleistet bleiben.
.
Hätte man besser nachgedacht ......
Doch mindestens zwei Probleme hätte man sich dabei eingehandelt, nämlich ein organisatorisches und ein technisches.
Einmal hätte man nie HDTV machen können, ohne irgendwann auf das bereits 1952 eingeführte NTSC-System zu verzichten. Mit anderen Worten: Diese "Altlast" hätte dann noch in 50 Jahren mitgeschleppt werden müssen. Außerdem hätten Störungen im einem Kanal zugleich auch Störungen beim HDTV-Empfang verursacht.
Deshalb hat das "Advisory Committee for Advanced Television", das seit 1987 im Auftrag der "Federal Communications Commission (FCC)" Vorschläge für einen "Advanced Television (ATV) Transmission Standard" erarbeitet, festgelegt, daß ein "Simulcast High-Definition Television Standard" gewählt werden soll, der einerseits in das 6-MHz-Kanalraster von NTSC paßt, andererseits unabhängig vom NTSC-Standard sein soll.
Und das bedeutet, daß zur gegenwärtigen terrestrischen und kabelgebundenen NTSC-Versorgung ein weiteres Netz für HDTV aufgebaut werden soll. Eines fernen Jahres könnte dann die NTSC-Versorgung abgeschaltet werden. Das zusätzliche Frequenzspektrum soll jedenfalls im UHF-Bereich liegen.
Bei geschickter Aufteilung soll es möglich sein, dort bis 48 zusätzliche terrestrische Frequenzen zu erschließen, im VHF-Bereich stünden weitere 6 zur Verfügung. Im Kabel könnten bei Nachbarkanalbelegung im Bereich oberhalb von 450 MHz 50 bis 80 zusätzliche Kanäle genutzt werden.
.
Geld spielt eine große Rolle bei kommerziellen Sendern
Über 90% aller Fernsehstationen könnten so mit einem zweiten Kanal rechnen, hieß es. Ob sie die nötigen Investitionen dafür aufbringen können, war indes umstritten. Für die komplette Ausstattung eines großen HDTV-Studios und die Installation eines zweiten Senders müßten immerhin mit bis zu 40 Millionen Dollar gerechnet werden, wurde gesagt, wobei kleinere Stationen bereits mit fünf Millionen hinkämen.
Eine Einführungsstrategie mit einem Direkt-Empfangssatelliten, der für HDTV geeignet wäre, kommt für die USA kaum in Betracht. Etwa 60% der Haushalte sind schließlich verkabelt, und für ein funktionierendes HDTV-System müßten mindestens 4 Millionen Haushalte gewonnen werden, die dafür monatlich 20 Dollar bezahlen wollen und auch können.
So gesehen ist verständlich, daß die Entscheidung für Simulcast von allen entscheidenden Gremien in den USA begrüßt wurde. Problematisch ist oft noch die Antennenfrage. In den USA arbeiten bereits 650 Stationen im UHF-Band, und von denen sind nur 28% in der Lage, ihren derzeitigen Sendemast zu ergänzen, so daß ein weiteres Signal abgestrahlt werden könnte.
Bei 30% aller Stationen ist jedenfalls noch entsprechendes Gelände für einen zusätzlichen Sender vorhanden. Der Rest wird es jedoch sehr schwer haben, sie müssen dafür neues Gelände erwerben, um einen weiteren Turm errichten zu können.
Völlig ungeklärt freilich ist die Frage nach dem Verfahren, das parallel zum NTSC-Signal ausgestrahlt werden soll. Hier hat sich das Advisory Committee jedenfalls einen recht engen Zeitrahmen gesetzt, denn bis zum 30. September 1992 sollen die Vorschläge der FCC zur Entscheidung unterbreitet werden. Im zweiten Quartal 1993 könnte dann ein HDTV-System gewählt werden, wozu auch Kanada und Mexico befragt werden sollen.
.
2. EDTV - Gefahr für HDTV?
.
In USA gibt es das "Enhanced Definition Television"
In den USA ist durch die in Gang gekommene Diskussion über die "Simulcast "-Übertragungstechnik das Thema "Enhanced Definition Television" noch nicht erledigt. Gerade wegen des günstigeren Kostenverhältnisses und der wohlmöglich höheren Akzeptanz durch die Zuschauer kann es gefährlich sein, hier eine Entscheidung vorwegzunehmen. Deshalb hat das Advisory Committee beschlossen, erst einmal einen HDTV-Studio- und Übertragungsstandard festzulegen und erst danach einen für EDTV.
Außerdem sollen auch in dieser Reihenfolge die neuen Übertragungssysteme aufgebaut werden, also zuerst HDTV und dann EDTV. Ob es jedoch gelingen wird, ein HDTV-Signal in einen 6-MHz-Kanal zu pressen, war heftig umstritten. Kernaussage der Kritiker: Wenn wir ein Original-Signal, für das 63 MHz benötigt werden, auf 6 MHz begrenzen, geht das nur, indem wir Bildinformationen weglassen, die uns bei einer hochqualitativen Wiedergabe fehlen. 7/8 der Informationen müßten mindestens weggedrückt werden, hieß es.
Die Befürworter hingegen vertraten die Auffassung, daß es möglich sein müsse, mit der Digitaltechnik im Sender und Empfänger nur die Informationen wirklich zu übertragen, die das Bild verändern. Und dazu müßten 6 MHz ausreichen, außerdem sei für mehr eh' kein Platz vorhanden, denn man könne es keinem Broadcaster verbieten, HDTV machen zu wollen.
Die Vertreter des Committees hatten jedenfalls einen schweren Stand und mußten sich ob ihrer Entscheidung außer viel Lob auch herbe Kritik gefallen lassen.
Die Entscheidung liegt bei der FCC (einer Bundesbehörde)
Die FCC will jedenfalls jedes System, das ihr ernsthaft vorgeschlagen wird, ausgiebig testen. Selbstverständlich müssen alle Kosten hierfür von den vorschlagenden Unternehmen und Institutionen übernommen werden.
Schon jetzt haben das "Advanced Television Test Center" (ATTC) in Alexandria und die "Cable Television Labs" in Bolder mit den ersten Tests begonnen, am 3. September 1991 sollten sie nach derzeitigen Vorstellungen abgeschlossen sein, doch schon jetzt wird mit einer Verzögerung von 6 bis 8 Monaten gerechnet.
Allein die NHK hat für den Test ihrer beiden Vorschläge den Zeitraum vom 24. Oktober 1990 bis zum 8. Februar 1991 vorgesehen. Als Eingangsvoraussetzung für die Tests müssen die einzelnen Vorschläge das Stadium der Computer-Simulation überwunden haben und hardwäremäßig realisiert sein.
Die neue Entscheidungsrichtlinie hat auch zu einer gewissen Bereinigung der bisherigen Systemvorschläge geführt. Standen vor einem Jahr noch über 20 Vorschläge zur Diskussion, so sind die meisten davon inzwischen zurückgezogen. Zur Zeit geht es nur noch um acht Systeme, wobei fünf für das Simulcast-Verfahren vorgesehen sind und drei als EDTV-Systeme in Betracht kämen.
Doch auch das alles kann sich schnell ändern.
So wurden Simulcast-Systeme vorgeschlagen von:
.
- - NHK ("Narrow-MUSE"); jetzt nicht mehr mit VSB-AM-Modulation, sondern in FM, um NTSC-Sender, die im gleichen Bereich arbeiten, nicht zu stören - bzw. dadurch nicht gestört zu werden. Übertragen werden 750 Zeilen, die Bandbreite beträgt 4,86 MHz. Aufnahme und Wiedergabe erfolgen mit 1125/60-Equipment. Vorgesehen: 4 digitale Tonkanäle in der vertikalen Austastlücke.
- - Production Services ("Genesys"); verwendet wird "waveform-Modulation" für alle Systemvorschläge geeignet, auch für 1250/50.
- - Zenith ("Spectrum Compatible HDTV Transmission System"); mit 3 digitalen Audiokanälen, Vor- und Nachgeister von - 1 fis bis + 4 fis lassen sich automatisch eliminieren.
- - MIT ("MIT-CC", steht für Channel-compatibel); für terrestrische Ausstrahlung ist ein Hybrid-System (analog mit digitalen Komponenten) vorgesehen.
- - Philips ("HDS/NA-6", an dem auch das David Sarnoff Research Center mitarbeiten wird); Videokomponenten und Zeilen-Differenzsignale werden in Quadraturmodulation übertragen.
.
EDTV-Systeme wurden vorgeschlagen von
.
- - Faroudja ("SuperNTSC"); bekommt jetzt zwei digitale Tonkanäle.
- - NHK ("MUSE-6"); bietet in ruhenden Bildzonen etwa doppelte Auflösung gegenüber NTSC, 2 digitale Audio-Kanäle, findet inzwischen auch in Japan reges Interesse;
- - David Sarnoff Research Center ("ACTV-I"); räumliche und zeitliche Signal Verarbeitung erfolgt jetzt vor dem Coder und am Ende des Decoders.
.
3. Das Ende der Geisterstunde
.
In USA gibt es das Geisterbild-Problem
Es wurden in Atlanta auch verschiedene andere ADTV- bzw. EDTV-Vorschläge gezeigt, mit denen beispielsweise auch eine Geisterbild-Unterdrückung möglich ist. Es hat sich eine Spezialistengruppe gebildet, die den japanischen Vorschlag von BTA (Broadcasting Technology Association) untersuchen soll.
In Japan übertragen nämlich etwa 100 Stationen seit Herbst 1989 in der vertikalen Austastlücke den digitalen Anti-Geist-Impuls, Experten wohl besser als "Ghost Canceller Reference (GCR)" bekannt, das Verfahren heißt in Japan "Clearvision".
BTA und NAB führten während der NAB-Convention Testsendungen damit durch, die jedoch noch ausgewertet werden müssen. Zahlreiche Gerätehersteller zeigten hier ihre externen und integrierten "Geister-Killer", die es jedoch vorerst nur für den japanischen Markt gibt (Bild 2). Sony's "Ghost Reduction Tuner" VT-CR1000 arbeitet von -1,0 bis +42,5us.
NEC stellte den "Ghost-Clear "-Tuner GCT-700 mit Fernbedienung vor, das Fernsehgerät wird dann zum Monitor. Zu speziellen EDTV-Empfängern von NEC gibt es ein besonderes Kabel. Die Geister-Eliminationszeit beträgt weniger als 5 Sekunden. JVC hat seine "Ghost Reduction Unit" GCU-2001 mit einem Rauschunterdrücker ausgestattet.
Die Japaner von der NHK zeigen "EDTV II"
Nippon Television Network (NTV) zeigte sein NTSC-kompatibles Breitbild-NTSC, das in Japan als "EDTV II" bekannt geworden ist und terrestrisch ausgestrahlt werden kann. Nach den Versionen 1 und 2 wurde jetzt Modus 1.5 des "Wide Aspect Television" vorgestellt, gewissermaßen als Kompromiß zwischen Side Panel- und Letterbox-Verfahren. Die vertikale Kompression erfolgt auf 5/6, die horizontale auf 1/3.
Während diese EDTV-Geräte immerhin zwischen 600 bis 1000 $ kosten sollen, dürfte der Einstandspreis für HDTV-Empfänger nach einer Untersuchung der US-amerikanischen Electronic Industries Association bei etwa 3000 $ liegen. "Für bessere Qualität zahlen die Leute auch diesen Preis, und der geht dann automatisch runter", sagte Peter McCloskey, Präsident der EIA.
4. Warten auf 1994
.
Ringen um den weltweit einheitlichen Studiostandard
Von den 34 Parametern, die ein HDTV-Bild definieren, sind nur noch ganz wenige im Ringen um den weltweit einheitlichen Studiostandard strittig - aber das sind zugleich mit die wichtigsten. Vor allem konnte man sich bislang nicht auf eine einheitliche Bild-wiederholfrequenz einigen.
Weniger problematisch ist offensichtlich die Frage nach einer gemeinsamen Zeilenzahl. Jedenfalls haben die US-amerikanischen Broadcaster die erfolgte Vertagung der Verabschiedung eines Standards durch die Vollversammlung des Internationalen beratenden Ausschusses für den Funkdienst (CCIR) begrüßt.
Es wurde jedoch auch deutlich, daß ein 50Hz-System für die USA auf keinen Fall in Frage kommen würde. Jedenfalls ist der EUREKA-95 Vorschlag für den Produktionsbereich weiter weg als der 1125/60-Vorschlag. Experten wiesen darauf hin, daß auch mit dem Aufkommen eines De-fac-to-Standards gerechnet werden müsse, wenn ein ausgeklügeltes Medien-Konzept dahinter stünde. Über Sky Cabel war zu hören, daß dort ein derartiges System geplant würde.
.
Kanada hat sich auf Telesat mit 1125/60 festgelegt
In Kanada hat sich Telesat auf 1125/60 als Produktionsstandard festgelegt, verschiedene HDTV-Ü-Wagen sind bereits im Einsatz. Übertragen wird zum Teil mit HD-B-MAC bzw. auch mit MUSE.
Sicherlich wird eine derartige Einführung auch sehr teuer werden, und ob das der Akzeptanz hilft, darf bezweifelt werden. Professor Dr. Mark Krivocheev, Vorsitzender der CCIR Study Group 11, malte vor der Engineering Conference die unterschiedlichen Ansätze der verschiedenen Vorschläge aus und skizzierte Wege einer Harmonisierung, die in der nächsten Studienperiode "zu erwarten" sei.
Eine "World Administrative Radio Conference" wird 1992 zwischengeschoben, und dort soll eine Art Zwischenbilanz gezogen werden. Es gilt jetzt, die verschiedenen Ansätze für eine Harmonisierung, zu prüfen.
Diskutiert werden das gemeinsame Bildformat (DIF), die gemeinsame Datenrate (CDR), der gemeinsame Bildteil (CIP) und das "Square Pixel"-Prinzip, das vor allem für Computer-Anwendungen interessant ist.
Das Außenministerium der USA und die FCC bevorzugen den NHK-Vorschlag
Das Außenministerium der USA und die FCC plädieren für ein System mit 1080 aktiven Zeilen und Square Pixel, Ziele, die mit dem NHK-Vorschlag relativ leicht erreichbar scheinen, zumal Japan auch signalisiert hat, hier Zugeständnisse zu machen, sofern USA und Europa sich auch darauf einlassen (gegenwärtig wird bei BTAs Hi-Vision-Standard S001 mit 1035 aktiven Zeilen gearbeitet).
Welche Lösung sich für einen weltweit einheitlichen Produktionsstandard aber schließlich abzuzeichnen beginnt, ist sehr umstritten. Für die japanischen Broadcaster ist Hi-Vision inzwischen ein offizieller Name "für die 3. Fernseh- Generation nach Schwarzweiß und Farbe".
Das seit dem 3. Juni 1989 tägliche 1-Stunden-Programm kann an über 90 Stellen in ganz Japan gesehen werden. Erst mit den nächsten BS-3-Satelliten wird es möglich, Hi-Vision als Regeldienst zu betreiben.
Ende 1990 soll es planmäßig losgehen. Über 32 Millionen Haushalte empfangen derzeit NHK-Programme und müssen (!!!) dafür Gebühren zahlen. Das geschieht übrigens entweder per Banküberweisung oder - undenkbar hierzulande - durch Hausbesuche und in bar.
.
Mit dem NHK-Vorschlag 1125 Zeilen und 60 Hz bereits gearbeitet
Fest steht, daß mit dem bekannten NHK-Vorschlag 1125 Zeilen und 60 Hz bereits weltweit intensiv gearbeitet wird. So hat allein Sony nach eigenen Angaben bislang 130 digitale HDTV-MAZen produziert und vermarktet, jeden Monat kommen 10 bis 20 hinzu (Bild 3).
Die werden jedoch weniger für das Fernsehen benutzt, als vielmehr für den institutionellen Sektor. Vor allem im medizinischen Bereich gibt es in den USA und in Kanada inzwischen reichhaltige Erfahrungen mit HDTV-Equipment.
Ebenfalls sind die ersten Video-Theater, bei denen 1125/60-Geräte verschiedenster Hersteller benutzt werden, in Betrieb und auch Videokonferenzen wurden zwischen Hongkong und Andover (MA) mit HDTV bereits durchgeführt.
Bei der Vorstellung neuer Kleiderstoffe ist die NTSC-Technik offensichtlich überfordert, und so kommt hier weitere Nachfrage nach entsprechenden Geräten auf. Interessante Produkte hatten nahezu alle ATV-Aussteller zu zeigen, im nächsten Heft wird ein kleiner Überblick gegeben, der nicht vollständig sein kann.
Deutlich wird aber, daß Hi-Vision in Japan Realität ist und daß sich zahlreiche Unternehmen jetzt auf das weltweit anstehende HDTV-Geschäft vorbereiten.
von Rainer Bücken im Juni 1990 (Fortsetzung folgt = Teil 2)
.