Sie sind hier : Startseite →  Historie und Geschichte→  Fernsehen in D bis 1945→  Fernsehen bis 1945-Vorgeschichte I

Das Fernsehen in Deutschland bis zum Jahre 1945
(02) Die Vorgeschichte Teil 1 - "Über die Ideen"

Das Problem, die räumlich nebeneinander liegenden Elemente eines flächenhaften Bildes auf elektrischem Wege an einer entfernten Stelle sichtbar zu reproduzieren, läßt sich grundsätzlich sowohl zweidimensional mit Hilfe einer entsprechend großen Anzahl gleichzeitig wirkender Übertragungskanäle, als auch eindimensional mit nur einem Übertragungskanal lösen, wobei das „Nebeneinander im Raum" durch ein „Nacheinander in der Zeit" ersetzt wird.

Man kann also - wie M. Dieckmann es ausgedrückt hat - eine „Aufgabe höherer Mannigfaltigkeit" durch die Geschwindigkeit der Übertragung „auf eine solche niederer Mannigfaltigkeit zurückführen" [17].

80 Jahre vom „Kopiertelegraphen" zum Fernseher

Obwohl an sich kein grundsätzlicher Unterschied zwischen Bildtelegraphie und Fernsehen besteht, hat dennoch der Schritt vom „Kopiertelegraphen" zum Fernseher nahezu 80 Jahre beansprucht, und es haben sich „annähernd hundert Wissenschaftler, Techniker und auch viele Phantasten mit dem Fernsehproblem befaßt, wobei ... mancher Kampf mit Tinte und Druckerschwärze geführt wurde" [18].

Das Verfahren, einfache körperliche Bildvorlagen in Zeilen zu zerlegen, deren Helligkeitswerte Punkt für Punkt in proportionale elektrische Stromimpulse zu verwandeln und diese nacheinander durch einen Kanal zu übertragen, wurde bereits 1843 - 6 Jahre nach der Vorführung des ersten betriebsfähigen Morse-Telegraphen - von Alexander Bain vorgeschlagen [19].
.

Der Bildschreiber von Bain

Bains Anordnung war ursprünglich nur gedacht zur Übertragung der Bilder erhabener Drucktypen, die unter Zwischenschaltung eines metallischen Rasters von einer an einem Pendel befestigten Kontaktfeder zeilenweise abgetastet werden sollten. Am Ende jeder Zeile löste das Pendel elektromagnetisch die Sperrung für den Zeilenvorschub aus, so daß sich der Rasterrahmen um jeweils eine Zeilenbreite weiterbewegte.

Beim Bildschreiber, der ebenso gebaut war wie der Geber und dessen Pendel mit dem des Gebers nach einer Art Start-Stop-Methode synchronisiert wurde, lag auf dem Rasterrahmen ein präpariertes Papierblatt, das sich unter den von der Abtastfeder an Spannung gelegten Rasterelementen chemisch verfärben und so das zu übertragende Drucktypenbild reproduzieren sollte.

„Es ist klar", fügte Bain seiner Patentschrift hinzu, „daß auf diese Weise eine Kopie auch von irgendeiner anderen Oberfläche erzeugt werden kann, die aus leitendem und nichtleitendem Material zusammengesetzt ist."

Nie realisiert, doch die Idee war gut

Beim Bildschreiber, der ebenso gebaut war wie der Geber und dessen Pendel mit dem des Gebers nach einer Art Start-Stop-Methode synchronisiert wurde, lag auf dem Rasterrahmen ein präpariertes Papierblatt, das sich unter den von der Abtastfeder an Spannung gelegten Rasterelementen chemisch verfärben und so das zu übertragende Drucktypenbild reproduzieren sollte.

„Es ist klar", fügte Bain seiner Patentschrift hinzu, „daß auf diese Weise eine Kopie auch von irgendeiner anderen Oberfläche erzeugt werden kann, die aus leitendem und nichtleitendem Material zusammengesetzt ist."

Diese vor 110 Jahren von Bain als Kopier-Telegraph angegebene Anordnung ist zwar nie ausgeführt worden. Sie enthält jedoch bereits - wenn auch noch in grober mechanischer Form - zwei wesentliche Merkmale einer elektrischen Fernseh- Einrichtung: Die Zeilenabtastung der Bildvorlage und den Gleichlauf zwischen Bildgeber und Bildschreiber.

Bei einem späteren, wirklich ausgeführten Kopiertelegraphen verließ Bain allerdings das Prinzip der zeilenweisen Abtastung ebener Raster und benutzte ebenso wie Backwell [20] im Geber ein mit isolierender Tinte auf eine zylindrische Metallfolie geschriebenes Original, das längs einer Schraubenlinie abgetastet und auf der Empfangsseite elektrochemisch reproduziert wurde.

Die in den folgenden Jahren unter verschiedenen Namen wie „Pantelegraph", „Autotelegraph", „Phototelegraph", „Telautograph" und viele andere beschriebenen Geräte für Bild- und Facsimiletelegraphie enthalten keine für Fernsehzwecke wesentlichen neuen Bauelemente mehr und brauchen deshalb hier nicht behandelt zu werden.

1851 - W. Hittorf

W. Hittorf [21] wies 1851 nach, daß die graue kristallinische Form des 1817 von Berzelius [22] entdeckten Selens zwar den elektrischen Strom leitet, aber einen außergewöhnlich hohen spezifischen Widerstand besitzt.

Am 4. Februar 1873 berichtete der englische Kabelingenieur Willoughby Smith in einem Briefe an den Vize-Präsidenten der Society of Telegraph Engineers, daß er auf der Suche nach geeigneten Hochohmwiderständen für sein Verfahren zur laufenden Überwachung unterseeischer Kabel während der Auslegung auch mit Selenstäben experimentiert habe.

  • „Die ersten Versuche ließen das Selen für den erforderlichen Zweck in keinem günstigen Licht erscheinen; denn obwohl der Widerstand allen Wünschen entsprach - einige der Stäbe besaßen 1.400 Megohm absolut - , gab es bei den Überwachungsmessungen große Unstimmigkeiten, und selten erzielten verschiedene Betriebsbeamte dasselbe Resultat. Als wir die Ursache solch großer Widerstandsunterschiede bei den Stäben untersuchten, ergab sich, daß der Widerstand sich änderte mit der Intensität des Lichtes, dem sie ausgesetzt waren, die Leitfähigkeit nahm von 15 bis auf 100% zu".

.

1876 - Willoughby Smith

Am 3. März 1876 gab Smith in einem zweiten Brief an die Gesellschaft einige Einzelheiten seiner Entdeckung bekannt.
.

  • „Ich ... wies Mr. May, meinen Mitarbeiter in unserem Greenwicher Werk, an, das Meßverfahren aufzubauen, das wir an der Küste während der Kabellegung benutzen ... Während diese Experimente im Gange waren, wurde festgestellt, daß die Ausschläge sich mit der Intensität des Lichts änderten, das auf das Selen fiel ." [23].


An einer anderen Stelle berichtet Smith, daß er „mit Hilfe des Telephons einen Lichtstrahl auf eine Metallplatte fallen hörte" [24].

1875 - G. Carey

1875 schlug G. Carey als erster eine zweidimensionale Fernseh-Einrichtung vor, für die offenbar das Auge als Vorbild gedient hatte [25]. Er wollte, da ihm die Smith-Maysche Entdeckung anscheinend noch nicht bekannt war, das zu übertragende Bild auf eine isolierende Platte projizieren, die mit einer in unbelichtetem Zustand nicht leitenden photographischen Halogensilber-Schicht bedeckt war. In jedem Bildelement sollten gemäß der Erfindung zwei Platindrähte enden, die durch das bei Belichtung in der Schicht abgeschiedene metallische Silber je nach der Helligkeit der einzelnen Bildpunkte mehr oder weniger kurzgeschlossen wurden. Dadurch sollten auf der Wiedergabeseite über eine entsprechend große Zahl von Leitungen und Relais zu den Platindrähten der Geberplatte kongruente Glühkörper zum Leuchten gebracht oder elektrochemische Prozesse ausgelöst werden.

Die Anordnung ließ sich natürlich - schon wegen der Unsicherheit und Einmaligkeit des optisch-elektrischen Umwandlungsvorganges auf der Geberseite - nicht verwirklichen. Immerhin enthielt sie in dem Zellenraster bereits ein Merkmal der späteren Großbildanlagen.

Weitere Entdeckungen:
1878 - A. de Paiva

1878 schlug der portugiesische Physiker A. de Paiva [34] wahrscheinlich als erster die Benutzung des Selens für Fernsehzwecke vor. Nach Korn und Glatzel ließ sich die Art der von de Paiva angegebenen Lösung des Fernsehproblems im einzelnen nicht mehr feststellen [26]. Mihäly, der sich sonst im wesentlichen auf die Arbeiten Korns und Glatzeis stützt, beschreibt die de Paivasche Anordnung ohne Quellenangabe:

Auf der Geberseite sollte das Bild auf eine mit Selen bedeckte Metallplatte projiziert und deren Oberfläche etwa zehnmal in der Sekunde mit einer Metallspitze abgetastet werden. Platte und Spitze waren über eine Batterie und nur eine Doppelleitung mit einem Relais auf der Wiedergabeseite verbunden, das jeweils bei der Abtastung der hellen Bildpunkte den Stromkreis einer synchron mit der Abtastspitze bewegten Glühlampe (?) schließen sollte.

Wenn auch dieser Vorschlag de Paivas - den ein Zeitgenosse als „originale et hardie" [27] bezeichnete - sich ebensowenig verwirklichen ließ wie der Gedanke Careys, so bedeutete er diesem gegenüber doch insofern einen Fortschritt, als „es der erste reale Schritt zur Lösung des Fernsehproblems war, die Trägheit des Auges dazu zu benützen, die gleichzeitige und unmögliche Übermittlung der Bildelemente durch die nacheinander folgende Übermittlung derselben zu ersetzen" [28].

1880 - M. Senlecq

In einem Prioritätsstreit gegen de Paiva behauptete 1880 der französische Rechtsanwalt M. Senlecq [29], er habe bereits 1877 ein „Telectroskop" erfunden, und zwar auf Grund einer Arbeit von W. v. Siemens [30] über ein Selen-Photometer und einer Bemerkung G. Beils, es bleibe zu prüfen „ob die Schwingungen des Lichtes selbst nicht mit Hilfe der Elektrizität und des Selens ebenso [wie Tonschwingungen] übertragen werden könnten".

Nach dem Senlecqschen Vorschlag [31] sollte auf der Geberseite das zu übertragende reelle optische Bild mit einer Selenspitze abgetastet werden, die in den Stromkreis einer Batterie eingeschaltet war und ... „je nach der Helligkeit der einzelnen Bildpunkte mehr oder weniger starke Ströme zur Empfangsstation sandte. Dort war in den Stromkreis der Fernleitung ein Magnet eingeschaltet, vor dessen Polen eine dünne, mit einem weichen Bleistift versehene Eisenplatte als Anker angebracht war. Je nach der Stärke des Stroms sollte dann der Bleistift mit verschiedener Kraft gegen ein Blatt Papier gedrückt werden und so den Helligkeiten des Bildes entsprechende Schwärzungen hervorrufen" [32] [33].

Wie die Bleistiftpunkte über die Bildfläche verteilt werden sollten, geht aus der Beschreibung nicht hervor. Später beschrieb Senlecq, der wohl selbst an der Ausführbarkeit dieses Projekts zweifelte, statt dieses elektromagnetischen einen elektrochemischen Bildschreiber, verzichtete damit allerdings vollends auf die Möglichkeit eines „Fernsehens" im heutigen Sinne. „Im Endresultat bedeutet das Senlecqsche Projekt selbst theoretisch keinen Fortschritt dem de Paivaschen gegenüber" [34].

Trotzdem erregten die Vorschläge Senlecqs „... überall die Aufmerksamkeit führender Elektrotechniker, die sich bemühten, sie zu verbessern. Darunter können wir die Herren Ayrton und Perry, Sawyer (aus New York), Carey (aus Boston) und Graham Bell selbst erwähnen", schrieb der „English Mechanic" 1881 [35].

1879 - C. M. Perosino

Im Jahre 1879 veröffentlichte der Italiener C. M. Perosino [36] die Beschreibung eines Telephotographen für einen Übertragungskanal, der sich von dem de Paivaschen Apparat praktisch nur durch die elektrochemische Reproduktion des Bildes auf der Empfangsseite unterschied.

Über Fernseh-Arbeiten in den USA, vor allem von Shaw und Baldwin [37], von Hicks [38], Bell [39], Conelly und Mac Tighe [40] ist nichts Näheres mehr bekannt.

1880 - Sawyer

1880 faßte Sawyer in einer im „Scientific American" erschienenen Abhandlung als erster die technischen Schwierigkeiten [41] zusammen, die sich damals einer Lösung des Fernsehproblems entgegenstellten.

Es waren dies
1. die Trägheit des Selens,
2. die Notwendigkeit, das Bild in mindestens 10.000 Bildelemente zu zerlegen,
3. das Fehlen eines auf die geringen Widerstandsänderungen des Selens ansprechenden Lichtrelais,
4. das Fehlen eines befriedigenden Synchronisierungssystems.


Im Anschluß hieran gab Sawyer eine Anordnung zur „Bildübertragung" an, wobei er aber ausdrücklich bemerkte, „daß diese keineswegs etwa eine Lösung des Fernsehproblems biete" [43].

Er wollte das Bild auf eine Selen-Spirale projizieren und mit einer „in rasche Spiralbewegung versetzten Röhre von kleinem Durchmesser" - offenbar vom Querschnitt eines Bildpunktes - abtasten. Als Bildschreiber sollte eine synchron mit dem Geberröhrchen umlaufende Geißlersche Entladungsröhre benutzt werden. Sawyer [42] maß seinem Vorschlag seinerzeit nur theoretische Bedeutung bei.

1880 - M. Le Blanc

Im selben Jahre veröffentlichte M. Le Blanc [44] theoretische Untersuchungen zur Lösung des Fernseh-Problems und beschrieb darin u. a. einen Bildgeber und einen Bildschreiber, die mit oszillierenden Spiegeln arbeiten sollten. Die Spiegel waren
an zwei Federn mit zueinander senkrechten Schwingungsebenen befestigt. Wenn das Verhältnis der Feder- Schwingungszahlen dem Verhältnis von Zeilenhöhe zur Zeilenlänge entsprach, wurde ein auf den Spiegel fallender Lichtstrahl rasterförmig über das lichtempfindliche Organ oder den Bildschirm geführt. Über die Art, wie sich Le Blanc den Antrieb der Zerleger-Spiegel dachte, fehlen nähere Angaben.

Zur Umwandlung des Lichts in Stromimpulse schlug Le Blanc verschiedene Verfahren, u. a. sogar eine Ausnutzung des Strahlungsdruckes (!) vor. Als Lichtrelais sollte zum ersten Male eine mechanische, durch eine Magnetspule gesteuerte Blende dienen. Le Blanc ging in seinen Betrachtungen noch weiter und beschrieb bereits eine Anordnung zur Übertragung der Bilder in natürlichen Farben:

Auf der Geberseite wollte er das vom Zerlegerspiegel kommende Licht jedes Bildpunkts durch ein Prisma in ein Spektrum zerlegen und in den einzelnen Spektralbereichen Selenzellen anordnen, die durch je einen Übertragungskanal mit ebenso vielen elektromechanischen Lichtventilen beim Bildschreiber verbunden waren. Diese Steuerorgane ließen von dem ebenfalls spektral zerlegten Licht einer konstanten Lichtquelle, entsprechend der Beleuchtung der Selenzellen, einen mehr oder weniger starken Lichtstrom der zugehörigen Farbe durch. Eine Sammellinse vereinigte dann das durchgelassene Licht aller Spektralfarben wieder in einem Punkte, der nunmehr hinsichtlich Farbe und Helligkeit dem Bildpunkt auf der Geberseite vollkommen entsprechen und mittels eines oszillierenden Spiegels auf den Bildschirm projiziert werden sollte.

Das von Le Blanc angegebene Rasterverfahren wurde noch bis 1925 für Fernsehzwecke verwendet.

1880 - G. Carey - zweite Idee

1880 beschrieb G. Carey ein zweites Schema eines elektrischen Fernsehers, bei dem das optische Bild in einer Camera obscura mit einer spiralförmig geführten Selenzelle abgetastet und mit einer längs einer Spirallinie über das Bildfeld geführten Entladungsröhre wiedergegeben werden sollte. Er übersah dabei jedoch offenbar die Notwendigkeit einer Synchronisierung der beiderseitigen Abtastmechanismen, ein Zeichen dafür, daß auch dieses Projekt nie verwirklicht wurde [72], [45].

1880 - W. E. Ayrton und J. Perry

Angeregt durch ein Bild über „Fernsehen" in dem englischen Witzblatt „Punch" (!) veröffentlichten die Professoren W. E. Ayrton und J. Perry [48], [49] 1880 die Ergebnisse systematischer Untersuchungen, mit denen sie als Entgegnung auf Erfinderansprüche G. Beils nachweisen wollten, daß die technischen Mittel zum „Sehen durch Telegraphie" bereits bekannt seien.

Sie wollten auf der Geberseite eine Selen-Zellenrastertafel verwenden, deren einzelne Elemente durch je eine Leitung und Erde mit ebenso vielen Nadel-Galvanometern auf der Wiedergabeseite verbunden sein sollten. Jede Magnetnadel steuerte den in eine ihr zugeordnete Zelle der Reproduktionstafel eintretenden konstanten Lichtstrom, und es erschien den Erfindern völlig klar, „daß ... auf diesem Wege das Bild eines entfernten Gegenstandes als Mosaik durch Elektrizität übertragen würde" [23].

1877 - J. Kerr

Auch das von dem englischen Gewerbeschullehrer J. Kerr 1877 [54] beschriebene Phänomen einer Drehung der Polarisationsebene bei der Reflexion polarisierten Lichtes an verspiegelten Polflächen von Elektromagnetspulen glaubten Ayrton und Perry bereits für die optische Wiedergabe von Bildpunktsignalen ausnutzen zu können.

Sie übersahen dabei jedoch wie viele andere Erfinder, daß die beabsichtigten physikalischen Effekte nur bei Strömen auftreten, die um Größenordnungen stärker sind als die auch von den besten Selenzellen gelieferten.

1881 - M. Senlecq

Eine neue Lösung seines Telectroskops veröffentlichte M. Senlecq [46] im Jahre 1881 (Bild 1). Sie stellte in gewissem Sinne eine Vereinigung seines ersten Vorschlages mit dem von Carey dar. Das zu übertragende Bild sollte auf eine Zellenrastertafel projiziert werden, d. h. auf eine Kupferplatte, die für jedes Bildelement eine Bohrung enthielt. Die Bohrungen waren mit Selen ausgefüllt und besaßen im Inneren Gegenelektroden, die mit den Kontakten eines mechanischen Verteilers verbunden waren. Die Kontaktbürste eines auf einer Schiene gleitenden Schlittens legte die mit einer Kontaktreihe verbundenen einzelnen Elementar-Selenzellen über eine Batterie nacheinander an einen Übertragungskanal.

Gleichzeitig gab eine zweite Kontaktbürste des Schlittens über eine zweite Leitung Stromimpulse auf einen Elektromagneten, dessen Anker durch ein Steigrad - ähnlich wie bei früheren Zeigertelegraphen - den Kontaktarm eines Empfangsverteilers bewegte. Dieser leitete die Bildströme zu Platinspitzen, die in einer Hartgummiplatte lagengleich zu den Selenzellen der Geberplatte angeordnet waren und auf einem präparierten Papier elektrochemisch Färbungen erzeugten, die den Helligkeitswerten der Bildelemente proportional sein sollten.

Um auch Bilder mit zeitlich veränderlichem Inhalt übertragen zu können, wollte Senlecq auf der Wiedergabeseite die vom Verteiler kommenden Leitungen einfach frei enden lassen und „glaubte dann, daß je nach der Menge der ankommenden Elektrizität ein schwächeres oder stärkeres Aufleuchten dieser Drahtenden, welche mit dem negativen Pol verbunden sein sollten, auftreten würde", wobei vermutlich die ganze Anordnung in ein evakuiertes Glasgefäß eingeschlossen werden sollte.

Wenn auch dieser "Vorschlag naturgemäß - schon wegen der Eigenschaften der Selenzellen - als Fernseher nicht ausführbar war, so stellte er nach Korn und Glatzel doch immerhin „den ersten Phototelegraphen" dar, „welcher wenigstens die Möglichkeit einer praktischen Ausführung bot" [47]. Neu war nur der Gedanke eines mit dem Bildzerleger gekuppelten Synchronisier-Impulsgebers.

1881 - S. Bidwell

Mit Sicherheit ausgeführt wurde von all jenen Projekten nur der Apparat von S. Bidwell, bei dem der Erfinder ein zu übertragendes Schattenbild auf eine Selenzelle projizierte, die vorn durch eine Blende mit einer Bildsondenöffnung von 4x4 Millimeter abgedeckt war. Durch einen Nocken-Mechanismus erhielt die Sondenöffnung zum ersten Male eine Vertikalbewegung mit schnellem Rücklauf (Sägezahn-Bewegung), während sie gleichzeitig von einer Schraubenspindel in waagerechter Richtung transportiert wurde.

Auf der Wiedergabeseite benutzte der Erfinder ein mit Kaliumjodid getränktes Papier, das auf eine rotierende und längsverschiebbare Trommel aufgespannt war und auf dem ein Platinstift in einer Art Konpensationsschaltung (was ist das ??) eine den abgetasteten Helligkeitswerten entsprechende Färbung erzeugte.

Den Gleichlauf zwischen beiden Apparaten erzielte Bidwell bei seinem ersten Demonstrationsmodell einfach durch mechanische Kupplung. Am 26. Februar 1881 konnte er diesen „Telephotographen" der Physical Society in London praktisch vorführen. Das Gerät fand später einen Platz im Science Museum [50], [51], [52], [53].
.

Bis jetzt noch nichts Neues

Daß die zu jener Zeit vorgeschlagenen sogenannten Fernseher in Wirklichkeit fast durchweg reine Bildtelegraphen waren, wird verständlich, wenn man bedenkt, daß damals - 15 Jahre vor der Erfindung der Film-Kinematographie - kaum ein Bedürfnis nach der Wiedergabe sich bewegender Bilder bestand.

1884 - Paul Nipkow

Einen zu jener Zeit merkwürdigerweise kaum beachteten Fortschritt in der Entwicklung des echten Fernsehens bedeutete der im DRP 30105 vom 6. Januar 1884 niedergelegte Erfindungsgedanke P. Nipkows (Bild 2). „Diese und die La Blancsche Arbeit zusammen erschöpfen, wenigstens theoretisch, nahezu alle Möglichkeiten, die für elektrische Bildübertragungen überhaupt in Frage kommen, so daß die Mehrzahl aller später veröffentlichten Vorschläge eigentlich eine mehr oder minder geschickte Anwendung bzw. ein weiterer Ausbau der von Le Blanc und Nipkow angegebenen Prinzipien ist" [55].

Die Nipkowsche Patentschrift 2), deren wichtigstes Merkmal - die rotierende Spirallochscheibe zur Rasterung eines ebenen viereckigen Bildfeldes - sich in der Fernsehtechnik bis in die jüngste Zeit hat behaupten können, sei hier im Original wiedergegeben (Bild 3).

2) Nach Angabe von D. v. Mihäly soll in einem Buche „Technische Errungenschaften" von Oberpostrat Dr. Gahle (Athenäum-Verlag Budapest [1926]) eine bereits 2 Jahre vor Nipkow von Dr. Plofnoff erfundene Spirallochscheibe mit Winkelteilung beschrieben sein. Die Angaben konnten nicht nachgeprüft werden. Immerhin erscheint es bei dem sorgfältigen Prüfverfahren des Reichspatentamtes unwahrscheinlich, daß der Nipkowsche Erfindungsgedanke, dessen Priorität international anerkannt wird, durch die Plofnoffsche Erfindung vorweg genommen sein sollte.

Nipkow behandelte darin neben der einfachen Lochscheibe bereits die Linsenkranzscheibe, mit der man „hellere Bilder" erhält, das auf einer Drehung der Polarisations-ebene im Magnetfeld [56] beruhende trägheitsfreie Lichtrelais, den Diapositivgeber das plastische (stereoskopische) Fernsehen, eine Art Zeilensprung zur Erzielung „schönerer Bilder", die photographische Bildspeicherung und eine Einrichtung, um „nach verschiedenen Seiten elektroteleskopisch verkehren zu können", d. h. - in der heutigen Terminologie - einen videofrequenten Drahtfunk.

Die Unempfindlichkeit und Trägheit der von Nipkow benutzten Selenzelle und die „geringe Intensität" der zur Steuerung des elektrooptischen Lichtrelais zur Verfügung stehenden Linienströme waren „das wesentliche Hindernis" für die von Nipkow vorgeschlagene Methode, während in optischer Hinsicht sich kaum nennenswerte Schwierigkeiten ergeben dürften" [57].

1889 - L. Weiller

Eine Vereinigung der von Le Blanc und Nipkow gefundenen Lösungen des Bildzerlegerproblems stellte das 1889 von L. Weiller 3) [58] angegebene Spigelprisma [59], [60] dar, dessen einzelne Flächen eine zunehmende Neigung gegen die Prismenachse besaßen.

3) Eine ähnliche Einrichtung war bereits 1882 von L. B. Atkinson benutzt, aber nicht beschrieben worden.

Der optische Wirkungsgrad des Spiegelrades war höher als der der Nipkow-Scheibe, seine Herstellung allerdings wesentlich schwieriger. Nach der Meinung Korns und Glatzeis „dürfte die Weillersche Empfangsvorrichtung ... keinerlei Bedeutung gewinnen". Trotzdem konnte sie mehr als 35 Jahre später für Fernseh-Zwecke noch mit Erfolg verwendet werden.
.

1889 - R. E. Liesegang

1889 gab R. E. Liesegang [61] in seinen „Beiträgen zum Problem des elektrischen Fernsehens" unter dem Namen „Phototel" einen Bildabtaster an, bei dem ein lichtdichter Kasten mit einer Bildsondenöffnung zeilenweise über das reelle optische Bild des fernzusehenden Gegenstandes geführt werden sollte.

Hinter der Sondenöffnung befand sich eine dünne Doppelmembran aus Platin und Hartgummi, die sich unter dem Einfluß der Wärmestrahlung im Bilde mehr oder weniger durchbiegen und dabei verschieden stark auf einen Kohle- Mikrophonkontakt drücken sollte, der im Stromkreis einer Lokalbatterie lag und für die Bildströme als Verstärker wirkte. Von einer Ausführung dieses Vorschlages konnte natürlich ebenfalls keine Rede sein.

1890 - Sutton

Im Jahre 1890 veröffentlichte Sutton, der 1860/61 eine brauchbare Reihenbildkamera [62], [63] beschrieben hatte, ein Fernsehprojekt, das auf der Nipkowschen Scheibe beruhte. Die Scheiben auf der Geber- und auf der Empfängerseite sollten durch das 1878 von P. La Cour [64] angegebene phonische Rad synchron angetrieben werden. Als trägheitsfreies Lichtrelais empfahl Sutton als erster die Ausnutzung der ebenfalls von Kerr [65] 1875 angegebenen, auf einer künstlichen Anisotropie unter dem Einfluß eines elektrischen Feldes beruhenden elektro-optischen Effekts.

Die Ausführbarkeit des Suttonschen Plans scheiterte ebenfalls daran, daß es damals völlig unmöglich war, die zur Aussteuerung der Kerr-Zelle erforderlichen Bildsignalspannungen zu erzeugen.

Noch 1911 bezeichneten Korn und Glatzel den Kerr-Effekt als „für Bildübertragungen gänzlich unverwendbar" [66].

1891 - Brillouin

1891 gab Brillouin eine neue Art der Bildzerlegung mit Hilfe zweier in entgegengesetztem Sinne rotierender Linsenscheiben an. Als Lichtrelais sollte ein Spiegelgalvanometer mit Keilblende ähnlich dem heute noch in der Tonfilmtechnik benutzten Lichthahn verwandt werden [67]. An Stelle der kostspieligen Linsenscheiben schlug Majorana 1894 zwei in entgegengesetztem Sinne rotierende Zerlegerscheiben mit radialen Schlitzen vor [68]. Auch diese beiden Verfahren konnten aus den erwähnten Gründen damals für Fernsehzwecke nicht verwirklicht werden.

1893 - Pontois

Pontois [69] nahm auf Grund experimenteller Untersuchungen an„ daß die Empfindlichkeit der Selenzelle mit der Temperaturdifferenz zwischen auffallender Strahlung und Zelle zunehme. Der von ihm 1893 beschriebene Fernseher sollte demzufolge mit einer wassergekühlten Selenzelle ausgerüstet werden. Zur Bildzerlegung und -Zusammensetzung bediente sich Pontois ebenfalls der von Nipkow angegebenen Lochscheiben.

Die Bildpunkt-Signale wurden auf der Wiedergabeseite - wie bei Liesegang - durch ein Mikrophon-Relais verstärkt. Die verstärkten Bildströme steuerten über zwei Königsche Membran-Kapseln die Sauerstoff- und Wasserstoffzufuhr zu einem Kalklichtbrenner, dessen Glühkörper einen der Bildstromamplitude entsprechenden stärkeren oder geringeren Lichtstrom ausstrahlen sollte. Die Anordnung konnte naturgemäß schon wegen der thermischen Trägheit dieses Lichtsteuervorgangs „keinerlei praktische Bedeutung beanspruchen" [70].

1884 - Rabourdin

1884 veröffentlichte Rabourdin [71] die Beschreibung eines mit thermoelektrischen Elementen auf der Geberseite und mit elektromagnetisch betätigten Lichtsteuerblenden auf der Wiedergabeseite arbeitenden Vielzellenfernsehers.

1897 - Szczepanik

Im Februar 1897 machte eine Fernsehvorrichtung von Szczepanik [73] viel von sich reden, bei der zur Bildzerlegung und zum Bildaufbau je zwei elektromagnetisch gesteuerte, um zwei zueinander senkrechte Achsen schwingende Spiegel nach Le Blanc dienen sollten. Der Synchronismus wurde durch gleichphasige Erregung der Antriebs-Elektromagnete erreicht. Um die Trägheit der Selenzelle zu beseitigen, wollte Szczepanik diese rotationssymmetrisch ausführen und durch ein Uhrwerk ständig drehen lassen, so daß immer neue Selen-Elemente wirksam wurden.

Aus der Beschreibung geht jedoch hervor, „daß Szczepanik über die Trägheit der Apparatur sich keineswegs volle Klarheit verschafft, geschweige denn, wirkliche Bildübertragungsversuche ausgeführt hat" [74]. „ Die ersehnte Vorführung des Apparates auf der Pariser Weltausstellung unterblieb; denn die technischen Schwierigkeiten bei dem Telektroskop sind enorme" [79].

1898 „Teleoskop" von Dussaud

Ein im Jahre 1898 veröffentlichtes „Teleoskop" von Dussaud [75] zeigte im Bilde (Bild 4) bereits eine gewisse äußere Ähnlichkeit mit den 30 Jahre später ausgeführten mechanischen Fernseh-Einrichtungen. Als Bildgeber sollte eine durch ein Uhrwerk angetriebene Nipkowscheibe mit einer dahinterliegenden Großflächen-Selenzelle, als Bildschreiber eine ebenfalls durch ein Uhrwerk mit dem Geber synchronisierte Nipkowscheibe in Verbindung mit einer elektromagnetisch gesteuerten Jalousieblende dienen.

„Der Apparat zeigte wohl das Prinzip, konnte jedoch nicht arbeiten, da sowohl die Selenzelle als auch das Lichtrelais nicht genügend leistungsfähig waren" [76]. „Bezeichnend ist es für diese Erfindung, daß es nur bei der Theorie blieb und man gar nicht versuchte, dieselbe in die Praxis umzusetzen" [79].

1900 - Otto v. Bronk

1900 wollte O. v. Bronk, der Erfinder der Hochfrequenz- und Reflexverstärkung [77], das elektrische Fernsehbild auf der Geberseite zunächst nach dem von V. Poulsen 1898 angegebenen Verfahren magnetisch speichern und dadurch die bei der Übertragung störende Trägheit der Selenzellen umgehen [78]. Das zu übermittelnde Bild wurde in einer photographischen Kamera auf eine Selen-Zellenrastertafel projiziert. Jede Selenzelle war mit einem kleinen Elektromagneten verbunden.

Alle diese Magnete waren auf einem Kreise angeordnet und erzeugten auf einem kreisförmigen Stahlring ein gespeichertes „magnetisches Streifenbild", das durch einen von einem Uhrwerk bewegten Elektromagneten abgetastet werden konnte. Auf der Wiedergabeseite sollte ein mit diesem synchron laufender Elektromagnet auf einem Stahlring eine getreue magnetische Kopie des Bildes der Geberseite erzeugen. Das in diesem Stahldrahtring entstandene „magnetische Wellenbild" sollte dann wieder „durch optische Wirkungen in ein optisches Bild übertragen" werden.

1902 - E. Ruhmer

„Ob diese Anordnung praktisch brauchbar ist", meinte E. Ruhmer 1902 mit Recht, „muß dahingestellt bleiben; denn ob die durch die Belichtung des Selengitters hervorgerufenen Stromschwankungen genügende Magnetisierungsunterschiede des Stahldrahtringes hervorbringen, läßt sich nicht vorhersagen" [79]. Zwei Jahre später meldete v. Bronk ein Patent auf einen Fernseher für farbige Bilder an, bei dem auf der Geberseite das Bild durch ein rotierendes Spiegelprisma zeilenweise über drei Farbfilter auf drei schmale Selenzeilen projiziert werden sollte. Die einzelnen Elemente jeder Selenzeile wurden durch rotierende Kommutatorbürsten nacheinander an einen Transformator gelegt, dessen Sekundärwicklung mit der Fernleiumg verbunden war.

Am Wiedergabeort sollten gemäß der Erfindung die Leitungsströme über einen mit dem Geber synchron laufenden Kollektorschalter den zugehörigen Elektrodenpaaren dreier Geißler-Röhren zugeführt werden, die ebenfalls die Länge einer Bildzeile besaßen. Das zwischen den Elektroden auftretende Glimmlicht, dessen Intensität der Helligkeit der Bildpunkte auf der Geberseite entsprechen sollte, wurde über drei Filter und ein rotierendes Spiegelprisma auf die Bildbetrachtungsfläche geleitet [80]. „An eine wirkliche Ausführung des Apparats war aber auch hierbei noch nicht gedacht" [81]. 30 Jahre später griff Karolus den Gedanken wieder auf.

1902 - Coblyn

Coblyn wollte 1902 die Zeilenablenkung durch elektromagnetisch gesteuerte Schwingspiegel verwirklichen. Als Lichtrelais sollte ein Blondelscher Oszillograph mit Rohrblende dienen. „Leider benötigt man zu seinem Betriebe ... Effekte von einer ganz anderen Größenordnung, als sie mittels einer Selenzelle hervorzurufen sind" [82].

1903 - Nisco

Von Nisco wurde 1903 ein Vielzellen-Fernseher mit rotierendem Bildstromverteiler, Mikrophon-Relaisverstärkern und einer Funkenstrecke als Lichtsteuerorgan in einer mit dem Verteiler synchron laufenden Spiralloch-Trommel beschrieben, ohne daß von einer Ausführbarkeit des Projekts die Rede gewesen wäre [83].

1903 - Schneider

Einige neue Gedanken enthielt die im selben Jahr von Schneider angegebene Konstruktion [84]: Zur Bildrasterung dienten auf beiden Seiten Spiegel nach Le Blanc, die um zwei zueinander senkrechte Achsen schwingen konnten. Jeder Spiegel wurde von zwei Telefonmembranen in Zeilen- und Bildrichtung abgelenkt. Zur Erzeugung der die Telefone speisenden zeitproportionalen Ablenkströme benutzte Schneider Ringwiderstände mit umlaufenden Schleifbürsten.

Der Synchronismus zwischen Geber- und Wiedergabeseite wurde durch phasengleiche Erregung der entsprechenden, hintereinander geschalteten Telefon-Spulen über zwei besondere Synchronisierleitungen erreicht. Als Lichtrelais sollte ein Lichtbogen in der von H. Th. Simon [85] angegebenen Schaltung dienen, dem der Erfinder die Bildsignalströme überlagern wollte.

Daß eine solche Modulation des Lampenstroms durch die schwachen Bildströme „völlig ausgeschlossen" war [86], ist ohne weiteres klar. Immerhin tritt bei dem Schneiderschen Projekt 1903 zum ersten Male der Gedanke einer Bildrasterung mit Hilfe zeitproportionaler Ströme von sägezahnartiger Kurvenform auf, ohne daß allerdings diese Bezeichnung damals schon gebraucht würde.

1906 - M. v. Jaworsky und A. Frankenstein

Fernseh-Projekte von Re [87], M. v. Jaworsky und A. Frankenstein [88] boten nichts wesentlich Neues. Von einer 1906 durch den Amerikaner J. B. Fowler angeblich bereits der Öffentlichkeit vorgeführten Farbfernseh-Einrichtung (!) „Televue" ist nur noch eine kurze Mitteilung [89] erhalten. „Weitere Erfolge, abgesehen von diesen Reklamenachrichten, scheint jedoch der Erfinder nicht erzielt zu haben" [90].

1906 - Lux

Mehr als eine „interessante Studie" stellte dagegen ein von Lux 1906 vorgeschlagener Fernseher dar [91]: Durch jede Selenzelle einer Zellenraster-Tafel sollte ein Wechselstrom von diskreter Frequenz fließen, der von einem Vielfach-Tongenerator oder -Tonimpulsgeber geliefert wurde.

Sämtliche Bildpunktströme wollte der Erfinder als Frequenzgemisch in ungestörter Superposition über eine gemeinsame Leitung übertragen und dadurch auf der Wiedergabeseite - ähnlich wie bei einem Zungen-Frequenzmesser - Resonanzfedern mehr oder weniger stark erregen.

In ruhendem Zustand verschlossen die dunklen Enden der Federn kleine beleuchtete Kammern auf einer Reproduktionstafel, in schwingendem Zustand gaben sie die Kammeröffnungen teilweise frei, so daß das Auge des Betrachters an diesen Stellen den Eindruck heller Punkte gewinnen sollte.

1906 - M. Dieckmann

Am 12. September demselben Jahres beschrieben M. Dieckmann (Bild 5) und G. Glage ein „Verfahren zur Übertragung von Schriftzeichen und Strichzeichnungen unter Benutzung der Kathodenstrahlröhre" [92] (Bild 6), wie sie 1897 von F. Braun 4) [93] zur Demonstration und zum Studium des „zeitlichen Verlaufes variabler Ströme" entwickelt worden war:

4) A. Wehnelt hatte 1904 die Braunsche Röhre durch Einführung der Glühkathode in ihren physikalischen Eigenschaften wesentlich verbessert [94].

Die willkürlichen Bewegungen eines Abtaststifts in einem sog. Koordinaten-Geber wurde durch zwei senkrecht zueinander angeordnete Schiebe-Widerstände in zwei Ströme wechselnder Stärke verwandelt, die auf der Wiedergabeseite durch zwei senkrecht zueinander stehende Spulenpaare den Kathodenstrahl einer Braunschen Röhre analog der Bewegung des Geberstiftes ablenkten.

Bild 7 zeigt einige von Dieckmann 1906 mit dieser Einrichtung übertragene und photographisch fixierte Zeichnungen. Dieckmann gebührt damit das unbestrittene Verdienst, nicht nur als erster die Braunsche Röhre als Bildschreiber für die elektrische Übertragung von Bildern vorgeschlagen, sondern auch den Nachweis der praktischen Brauchbarkeit seiner Anordnung tatsächlich erbracht zu haben.

Über die Dieckmannsche Anordnung

Man könnte einwenden, daß die Dieckmannsche Anordnung zunächst nichts weiter als ein Facsimiletelegraph, jedoch noch kein Fernseher gewesen sei. Dank der Trägheitslosigkeit der als Bildschreiber benutzten Kathodenstrahlröhre konnten Dieckmann und Glage jedoch die Einrichtung in etwas abgeänderter Form ohne weiteres auch zum echten Fernsehen verwenden. Bild 8 zeigt die von ihnen benutzte Apparatur, die heute im Deutschen Museum steht [95].

Da es den Erfindern nur auf die Demonstration des Fernseh- Wiedergabeprinzips ankam, verzichteten sie von vornherein auf die mit damaligen Mitteln noch nicht durchführbare optisch-elektrische Umwandlung des zu übertragenden Bildes und begnügten sich - ähnlich wie es Bain 1843 getan hatte - mit der sicheren galvanischen Abtastung metallischer Vorlagen.

Der Bildgeber nach Nipkow

Als Bildgeber benutzten sie eine rotierende Zerlegerscheibe nach Nipkow, die jedoch statt der Löcher 20 in Form einer archimedischen Spirale angeordnete Metallbürsten besaß (Bild 9).

Diese tasteten die Metallschablone, deren Schattenbild übertragen werden sollte, galvanisch zehnmal in der Sekunde in 20 Zeilen ab und entsandten jedesmal bei Berührung der Schablone über eine Leitung einen Strom durch die Ablenkspulen e und f des Bildschreibers (Bild 10), so daß der Kathodenstrahl K am Durchtritt durch die Lochblende L verhindert wurde.

Auf der Welle des Bildgebers saßen neben der Zerlegerscheibe noch die Impulsgeber für die rasterförmige Ablenkung des Kathodenstrahls. Und zwar benutzten die Erfinder für den Bildvorschub einen ringförmigen Spannungsteiler mit rotierenden Bürsten, für die Zeilenablenkung einen Generator mit Polen von dreieckigem Querschnitt, der einen zeitproportionalen Spannungsanstieg lieferte. Unter dem Einfluß dieser den Spulen c, d, a und b des Bildgebers über drei Leitungen zugeführten Ablenkspannungen konnten Dieckmann und Glage auf dem Bildschreiber einen Raster von 3 X 3 cm mit 20 Zeilen oder 400 Bildpunkten bei 10 Bildwechseln/s schreiben.

„Da sich alles in 0,1 Sekunde wiederholte, so konnte man die Schablone auf der Sendestation beliebig drehen und bewegen. Das durch eine einfache Leitung übermittelte Schattenbild machte sofort jede Bewegung völlig getreu und kontinuierlich mit" [96]. Die Anordnung wird trotz ihrer fundamentalen Bedeutung für die gesamte heutige Fernsehtechnik von Korn und Glatzel sowie von allen sich auf diese stützenden späteren Autoren im Gegensatz zu den mehr oder weniger phantastischen älteren Projekten nur am Rande erwähnt, weil die Verfasser der Meinung waren, „daß die Braunsche Kathodenstrahlröhre zur Zeit doch noch ein recht schwierig zu handhabendes Laboratoriums- instrument darstellt, um so mehr dann, wenn sie wie im vorliegenden Falle quantitativ arbeiten soll" [97].

Dieckmann selbst schrieb es so :

Dieckmann selbst schrieb später über diese Arbeiten: „Braun war nicht begeistert, daß seine Kathodenstrahlröhre ausgerechnet für ,Fernsehversuche' eine Rolle spielen sollte. ,Fernsehen' war damals sehr unbeliebt - ähnlich wie das Perpetuum mobile".

Und an einer anderen Stelle berichtete er: „Schon im Jahre 1913 wollte ich an der T.H. München ein Colleg über ,drahtloses Fernsehen' lesen, was mir nicht genehmigt wurde. Ich kündigte darauf ein Colleg ,Fernübertragungseinrichtungen von hoher Mannigfaltigkeit* an - und das wurde genehmigt" [98].

13. Dezember 1907 - B. Rosing

Einen ebenfalls mit Braunscher Röhre als Bildschreiber arbeitenden Fernseher schlug B. Rosing am 13. Dezember 1907 - also nach Dieckmann - vor [99]. Ein Versuchsapparat wurde angeblich „am 26. Dezember 1910 in der Kaiserlich-Russischen Technischen Gesellschaft zu Petersburg einem größeren Kreise gezeigt" ... „Ob er jedoch hierbei zu wirklichen, wenn auch primitiven Bildübertragungen benutzt worden ist, läßt sich aus den bisher veröffentlichten Mitteilungen nicht ersehen" [100].

Rosing führte das zu übertragende optische Bild durch zwei rotierende Spiegelprismen mit zueinander senkrecht stehenden Achsen zeilenweise über eine Sondenöffnung und wandelte die Helligkeitswerte der Bildpunkte als erster durch eine trägheitsfrei arbeitende lichtelektrische Zelle in Stromwerte um.

Die zur Ablenkung des Kathodenstrahls auf der Wiedergabeseite benötigten zeitproportionalen Ströme erzeugte Rosing mit zwei Generatoren, die mit den umlaufenden Spiegelprismen gekuppelt waren. Die Helligkeit der Bildpunkte wurde durch kapazitive Ausblendung des Kathodenstrahls gesteuert. Korn und Glatzel nehmen mit Recht an, daß „die Rosingsche Anordnung kaum einen praktischen Wert haben dürfte", weil sie - im Gegensatz zu der Dieckmannschen Einrichtung - ohne Verstärker sicherlich noch nicht betriebsfähig war.

Interessant ist immerhin, daß Rosing bereits 1911 in einem zweiten Patent [102] eine Einrichtung zur photoelektrischen Einführung einer Trägerfrequenz durch Unterbrechung des auf die Photozelle fallenden Lichtstroms beschrieb. Auch die 1929 von R. Thun wieder aufgegriffene „Liniensteuerung" oder Geschwindigkeitsmodulation des Kathodenstrahls, bei der „die Einwirkungszeit des Signals auf das Auge des Beobachters der Intensität der Bildhelligkeit auf der Geberstation" entsprach und die sich - wie M. v. Ardenne 1931 zeigte - nur mit elektronischen Bildschreibern verwirklichen ließ - schlug Rosing schon 1911 vor.

1908 - A.A. Campbell Swinton

Im Jahre 1908 wies A.A. Campbell Swinton darauf hin, daß das Problem der Bildrasterung „zur Erlangung entfernten elektrischen Sehens vielleicht durch Verwendung zweier Kathodenstrahlen (eines bei der Geber- und eines bei der Empfangsstation), die durch veränderliche Felder zweier rechtwinklig zueinander angeordneter und mit zwei Wechselströmen von erheblich verschiedener Frequenz erregter Elektromagnete synchron abgelenkt würden, gelöst werden" könne.

  • „Die wirklichen Schwierigkeiten liegen in der Entwicklung eines wirksamen Gebers, der, unter dem Einfluß von Licht und Schatten, den übertragenen Strom ausreichend beeinflussen kann, so daß er die notwendigen Intensitätsänderungen des Kathodenstrahls im Empfänger hervorruft .... Möglicherweise wird keine z. Z. bekannte photoelektrische Erscheinung das ergeben, was in dieser Hinsicht notwendig ist, aber sollte etwas Geeignetes entdeckt werden, so wird entferntes elektrisches Sehen m. E. in den Bereich des Möglichen rücken" [101].

.

Damit waren „die wesentlichen Prinzipien einer zukünftigen Entwicklung zum ersten Male klar angegeben" [103).

1911 - Campbell Swinton

Drei Jahre später, im November 1911, erweiterte Campbell Swinton in einem Bericht an die Röntgen-Society seine Vorschläge und gab einige Einzelheiten an: Das Bild des fernzusehenden Gegenstandes sollte von einem Objektiv auf einen im Inneren einer besonderen Braunschen Röhre angeordneten Schirm projiziert werden, der mit einem Mosaik von Elementar-Photozellen bedeckt war. (Bild 11).

Der Kathodenstrahl, der magnetisch von den Strömen zweier Wechselstromgeneratoren verschiedener Frequenz abgelenkt wurde, tastete die Rückseite der Mosaikplatte ab. Auf der Wiedergabeseite waren die Ablenkspulen der Braunschen Bildschreibröhre durch zwei besondere Synchronisierleitungen mit den entsprechenden Spulen der Bildabtaströhre verbunden. Eine dritte Leitung übertrug die eigentlichen Bildspannungen, die den Kathodenstrahl durch kapazitive Ablenkung transversal steuern sollten [104].

Campbell Swinton hat nie versucht, seinen Vorschlag zu verwirklichen. Offen bekannte er: „Es ist nur eine Idee, und der Apparat ist nie gebaut worden. Ich nehme auch nicht einen Augenblick an, daß er ohne umfangreiche Versuchsarbeiten und wahrscheinlich viele Änderungen zum Arbeiten gebracht werden könnte."

Trotzdem enthält die Beschreibung bereits die charakteristischen Merkmale der heutigen Fernseh-Technik, und es ist merkwürdig, daß Korn und Glatzel sie überhaupt nicht erwähnen.

1909 - Rignoux und Fournier

Neben diesen ersten elektronischen Fernseh-Einrichtungen erscheint der 1909 von Rignoux und Fournier angegebene [109] Vielzellen-Fernseher verhältnismäßig primitiv, obgleich es den Erfindern damit gelang, Bilder einfacher Buchstaben oder dergleichen sichtbar zu machen. Die fernzusehende Figur wurde - ähnlich wie bei Aryton und Perry - auf eine mit Selenzellen bedeckte Tafel projiziert.

Die Zellen waren durch je eine Doppelleitung mit Galvanometern verbunden, deren Systeme die Beleuchtungsstärke in den zu den Selenzellen lagengleichen Kammern einer Wiedergabetafel steuerten. Infolge der Trägheit der Empfangsgalvanometer ließen sich nur ruhende Bilder mit einer groben Rasterung von 144 Bildpunkten sichtbar machen.

1910 - Ruhmer

Ein ähnlicher Demonstrationsapparat wurde 1910 von Ruhmer [105] auf der Brüsseler Weltausstellung vorgeführt. Ein im selben Jahr von Rignoux und Fournier beschriebener Fernseher mit Selen- Vielzellentafel, Mikrophon- Relaisverstärkern, umlaufendem Verteiler, Nipkowschem Polarisations- Lichtrelais und Weillerschem Spiegelrad stellte lediglich eine Zusammenstellung an sich bekannter Bauelemente dar und brachte „ebensowenig wie frühere Vorschläge eine Lösung des Fernsehproblems" [106].

1910 - SaintRenee

SaintRenee [107] wollte auf der Wiedergabeseite - dem älteren Vorschlag von Rignoux und Fournier folgend - das durch ein Galvanometer gesteuerte Licht jedes Zellenelements durch einen gebogenen Glasstab zur Empfangswand leiten und hier aus den heller oder dunkler, erscheinenden Enden der Glasstäbe das Bild zusammensetzen.

1910 - Armengaud

Erfindungsgedanken von Armengaud [108], dem damaligen Präsidenten der Französischen Gesellschaft für Luftschiffahrt, und den Gebrüdern Andersen [110] brachten gegenüber den bisher behandelten Konstruktionen nichts grundsätzlich Neues, sofern man von dem „festen Glauben" M. Armengauds absieht, „daß wir infolge der von seinem Apparat bereits erzielten Fortschritte innerhalb eines Jahres (!) in der Lage seien, einander über Entfernungen, von Hunderten von Meilen zu beobachten" [111].

1910 - M. Schmierer

Bemerkenswert war dagegen der Vorschlag eines Zellenraster-Bildschreibers von M. Schmierer aus dem Jahre 1910: In jeder Horizontalzeile waren die Kathoden, in jeder Vertikalzeile die Anoden der die Zellenraster-Tafel bedeckenden Elementar-Glimmstrecken an je eine Sammelschiene gelegt. Die senkrechten und die waagerechten Sammelschienen waren mit den Kontakten zweier rotierender Koordinaten-Umschalter verbunden, wodurch sich die Zahl der Umschalterkontakte und -Leitungen vom Quadrat auf das Doppelte der Zeilenzahl vermindern ließ [112], [113], [114].

Wenn auch dieser Gedanke damals wegen der photoelektrischen Mängel der Geberseite nicht zu verwirklichen war, so konnte er doch 26 Jahre später von A. Karolus für den Bau eines betriebsfähigen Zellenraster- Fernsehers verwertet werden.

1911 - A. Korn und B. Glatzel

Im Jahre 1911 faßten A. Korn und B. Glatzel, zu jener Zeit die zweifellos besten Kenner der Materie, ihr Urteil über die bis dahin veröffentlichten Fernseh-Projekte zusammen in den skeptischen Worten:
.

  • „ ... Kehren wir nun aber wieder auf den Boden der Wirklichkeit zurück, so kommen wir doch zu dem Resultat, daß mit den uns zur Zeit bekannten Hilfsmitteln das Fernsehen in einer praktisch ausführbaren Form - mit Hilfe einer Leitung oder einer kleineren Zahl von Leitungen - nicht gelöst werden kann" [115], nachdem sie bereits in der Einleitung zu ihrem „Handbuch der Phototelegraphie und Teleautographie" festgestellt hatten: „ ... alle bisherigen Ideen, welche das Ziel verfolgten, mit Hilfe einer Fernleitung oder einer Doppelleitung in die Ferne zu sehen, sind durchaus phantastischer Natur; die Autoren solcher Ideen waren meist Optimisten, welche mit den Schwierigkeiten des Problems nicht vertraut waren, teilweise aber auch Erfinder, die mehr darauf ausgingen, durch prahlerische Anpreisungen ihrer vermeintlichen Methoden ephemeren Ruhm oder Geld zu erwerben, als nützliche Arbeit zu leisten. Wenn wir uns doch entschlossen haben, den Fernseh-Ideen das letzte Kapitel dieses Buches zu widmen, so geschah dies deshalb, weil in einigen dieser Phantasien immerhin eine große geistige und konstruktive Arbeit aufgestapelt ist, die vielleicht doch einmal wenigstens teilweise verwertet werden kann, wenn man - unter Verwendung einer großen Zahl von Fernleitungen - mit großen Geldmitteln an die konstruktive Lösung des Problems herantreten will." [116].

.

In Wirklichkeit waren zu jener Zeit bereits alle technischen Hilfsmittel, die ein elektrisches Fernsehen ermöglicht hätten, im Prinzip bekannt.

.

1888 - W. Hallwachs

1888 hatte W. Hallwachs [117] - angeregt durch eine Beobachtung von H. Hertz aus dem Jahre 1887 über die Beseitigung des Entladeverzuges einer Funkenstrecke bei Bestrahlung mit ultraviolettem Licht - gefunden, daß eine Zinkplatte unter der Einwirkung dieses Lichtes negative Ladungen abgab. G. A. Stoletow hatte auf Grund dieses Ergebnisses als erster eine aus einer Metall-Kathode und einer Netz-Anode bestehende, ,Photozelle" entwickelt [118].

1899 - Ph. Lenard

1899 war von Ph. Lenard nachgewiesen worden, daß „ultraviolettes Licht, das auf Körper trifft, Kathodenstrahlung aus denselben auslösen kann. Diese Erzeugung von Kathodenstrahlen ging, im Gegensatz zur früher allgemein bekannten Erzeugungsart in Entladungsröhren, auch im äußersten Vacuum vor sich." [119].

1905 bis 1911 - J. Elster und H. Geitel

J. Elster und H. Geitel [120], [146] hatten in den Jahren 1905 bis 1911 gefunden, daß Alkalimetalle auch im sichtbaren Teil des Spektrums photoelektrisch wirksam waren. Endlich war 1906/12 durch Robert v. Lieben und seinen Mitarbeitern das „Kathodenrelais für Stromwellen bis zu den höchsten Frequenzen" entwickelt worden, „dadurch gekennzeichnet, daß Kathodenstrahlen ... durch die zu verstärkenden Stromwellen darart beeinflußt werden, daß sie in ihrem Stromkreis Wellen gleicher Frequenz, aber höherer Amplitude hervorrufen" [121].

Es fehlte damals nur jene Stelle, die sowohl technisch wie finanziell in der Lage gewesen wäre, die heterogenen, oft für andere Zwecke entwickelten Bauelemente sinnvoll zu einer Lösung des Fernsehproblems zusammenzufassen.

A.Mc.L. Nicolsen

Während des Ersten Weltkrieges ruhte in den meisten Ländern die Erfindertätigkeit auf dem Gebiete des Fernsehens, oder sie blieb geheim. Nur in den USA schlug A.Mc.L. Nicolsen eine neuartige Einrichtung vor, bei der das Bild von einem die Bildsondenöffnung abbildenden rotierenden Hohlspiegel in Form einer Spirale abgetastet wurde, während der Fluoreszenzfleck der als Bildschreiber empfohlenen Braunschen Röhre die gleiche Kurve beschreiben sollte [127]. Von einer Verwirklichung dieses Gedankens ist nichts bekanntgeworden.

1914 - D. v. Mihäly

Im Frühjahr 1914 hatte D. v. Mihäly - angeregt durch eine Bildtelegraphie- Vorführung von Professor Korn in München - mit Unterstützung der Telefonfabrik AG. Budapest und des k. u. k. Kriegsministeriums „ohne jede Kenntnis der bis dahin erfolgten Versuche" mit dem Bau eines Fernsehers begonnen, der dem vorher erwähnten Senlecqschen Apparat ähnlich war [128], [129].

1918 - E. Nesper

E. Nesper, dem der Erfinder Anfang 1918 von seinen Plänen berichtete, konnte sich „der außerordentlichen Tragweite der Mihälyschen Ideen nicht entziehen", obwohl seine Gedanken damals „auf für die Landesverteidigung wichtigere Dinge gerichtet waren" [130].

Mihäly wollte bei seinem ersten Projekt das fernzusehende Bild auf eine Zellenraster-Tafel projizieren. Jede Elementar-Selen-zelle sollte über eine gemeinsame Batterie mit je einem Elektromagneten verbunden werden. Alle Elektromagnete waren auf der Peripherie eines Kreises angeordnet, und vor ihren Polen rotierte eine Induktionsspule, die über zwei Schleifringe mit der zweidrähtigen Fernleitung verbunden war.

Auf der Wiedergabeseite sollte ein dem Geber genau entsprechender induktiver Bildstromverteiler vorgesehen werden, dessen Stator-Elektromagnete mit je einem Faden eines Vielsaiten-Galvanometers verbunden waren. Die als Relaiskontakte wirkenden Galvanometer-Fäden schlössen beim Ausschlag den Stromkreis einer Lokalbatterie über Glühfäden, die in einem gemeinsam evakuierten Glasgefäß mosaikartig und lagengleich zu den Selenzellen auf der Geberseite angeordnet waren.

Bildgeber und Bildschreiber sollten durch pendelgesteuerte Elektromotoren synchron angetrieben werden und das Bild achtmal in der Sekunde abtasten. Dieses Projekt erschien Mihäly nach seiner „oberflächlichen Kenntnis der Faktoren ausführbar". Die Verwirklichung scheiterte jedoch - wie bei allen ähnlichen Projekten - bereits an der Unempfindlichkeit der Selenzellen.

Mihäly - Versuch 2

Der Erfinder untersuchte daraufhin systematisch die einzelnen Bauelemente und entwickelte auf Grund dieser Arbeiten ein zweites Fernseher-Projekt:

Das zu übertragende Bild wurde auf die Oberfläche zweier koaxialer Glaszylinder projiziert, in deren verspiegelte Oberflächen Spalten parallel und schräg zur Zylinderachse eingeritzt waren. Durch die verschiedenen Winkelgeschwindigkeiten der beiden Zylinder wurde das Bildfeld in rhombenförmige Bildelemente zerlegt, deren Helligkeitswerte durch eine Sammellinse auf eine im Inneren des Geber-Zylinders angeordnete Selenzelle konzentriert wurde. Auf der Wiedergabeseite sollte synchron mit dem Geber ein gleichartiges Schlitztrommelpaar umlaufen, in dessen Innerem eine Glühlampe und als Lichtsteuerorgan ein Fernhörer mit verspiegelter Membran angeordnet waren. Der Synchronismus sollte durch zwei La Coursehe Räder mit elektromagnetischen Kupplungen erreicht werden. Zur Phasenkorrektur des Gleichlaufs wollte Mihäly - wie auch bei seinem späteren Projekt - am Rande des Abtast-Bildfeldes mehrere schwarze Marken anbringen.

Die infolgedessen im wiedergegebenen Bild erscheinenden Dunkelfelder sollten durch manuelle Regelung am Bildschreiber mit entsprechenden Marken auf dem Bildschirm zur Deckung gebracht werden. Später gestaltete er diese Phasenkorrektur dadurch automatisch, daß er an Stelle der Marke je zwei Selenzellen vorsah, die bei richtiger Phasenlage unbelichtet blieben, bei Abweichung vom Synchronismus jedoch infolge Verschiebung der Dunkelstellen beleuchtet wurden und die Drehzahl der Bildschreibvorrichtung über Relais positiv oder negativ beeinflußten (das Verfahren war bereits 1895 von Schöffler angegeben worden).

Da das Telefon-Lichtrelais in Verbindung mit den Selenzellen viel zu unempfindlich war, ersetzte Mihäly es bei seiner dritten Konstruktion 1918 durch einen Blondelschen Oszillographen mit extrem kleinem Schleifendrahtabstand von wenigen Hunderstel Millimetern, dessen Spiegel angeblich einem Wechselstrom von 50.000 Hz noch zu folgen vermochte. Die Bildpunktsignale wurden zum ersten Male durch Elektronenröhren verstärkt.

Die Entwicklung dieses Oszillographen führte zu einer neuen Art der Bildrasterung: Zur Zeilenabtastung diente der Oszillographenspiegel, während der Zeilenvorschub durch einen zweiten, mechanisch gekippten Spiegel hervorgerufen wurde.

1919 - Mihälys „Telehor"

Am 7. Juli 1919 konnte Mihäly mit diesem ersten „Telehor" einfache Schattenbilder von bewegten Scheren, Zangen oder Buchstaben (Bild 12) über eine Doppelleitung oder drahtlos über etwa 4 bis 5km sichtbar machen. Im Januar 1922 benutzte er zur Bildabtastung nur noch den Oszillographen, dessen Spiegel - nach dem Le Blancschen Vorschlag - mit 500Hz in Zeilenrichtung abgelenkt wurde, während gleichzeitig das gesamte Schleifensystem durch eine von einem La Courschen Rad angetriebene Kurvenscheibe entsprechend dem notwendigen Zeilenvorschub mit der Bildfrequenz um eine zur Schleifenrichtung senkrechte Achse gekippt wurde, so daß jeder Punkt des Bildes zehnmal in der Sekunde von der Selenzelle abgetastet wurde (Bild 13) [DRP 422995 vom 25. 12. 1923].

Als Lichtrelais im Bildschreiber, dessen Zerlegervorrichtung völlig der des Abtasters entsprach, diente ebenfalls ein Oszillograph in Verbindung mit einer Schlitzblende von empirisch ermittelter Öffnungsform [122], [123]. Nach Schröter soll diesem im Dezember 1923 ausgeführten Entwurf jedoch „der praktische Erfolg versagt" [125] geblieben sein.

1918 und danach

Nach dem Ersten Weltkriege waren auch von anderen Erfindern Vorschläge zur Lösung des Fernsehproblems unter weitgehender Ausnutzung der durch den Krieg überraschend schnell entwickelten Verstärkertechnik gemacht worden. Alle diese Erfindungsgedanken [124] gingen jedoch im wesentlichen von den hier bereits behandelten Grundelementen der Fernsehtechnik, der Schlitz- oder Lochscheibe (R. Barthelemy, 1924, A. Carny, 1924), dem Schwingspiegel (E. Belin, 1922), der Kathodenstrahlröhre (E. G. Schoultz, 1921/22) oder von Kombinationen dieser Elemente (G. Valensi, 1922 [124], Dauvillier, 1923 [126], E. Belin, 1924; A. Carny, 1924; R. S. Claye, 1926; u. v. a.) aus.

Sie brauchen deshalb - mit Ausnahme der Schoultzschen Idee - hier nicht einzeln behandelt zu werden, zumal da sie - sofern überhaupt ausführbar - hinsichtlich der Bildqualität keine wesentlichen Fortschritte gegenüber den bisher betrachteten Konstruktionen brachten.

1918-1919 E. G. Schoultz

E. G. Schoultz wollte im Bildabtaster und Bildschreiber synchron abgelenkte Kathodenstrahlen verwenden, die einen spiralförmigen Raster mit einer Frequenz von 20/s erzeugen sollten. Im Bildgeber tastete der Elektronenstrahl eine homogene Photokathode ab, auf die das zu übertragende Bild durch eine Linse und einen den Strahl blendenförmig umschließenden Hohlspiegel im Innern der Röhre projiziert wurde. Die an den beleuchteten Stellen austretenden, zu einer gitter-förmigen Anode fliegenden Photoelektronen sollte der Abtaststrahl zur Erzeugung der Bildsignale gewissermaßen kompensieren [131]. Merkwürdig ist, daß offenbar niemand diesen Gedanken weiterverfolgt hat.

1919 - F. Skaupy

Ein 1919 von F. Skaupy gemachter Vorschlag [132], die Intensität des Kathodenstrahls in einer Braunschen Röhre durch ein zwischen Glühkathode und Anode eingefügtes Steuergitter zu beeinflussen, konnte erst 12 Jahre später erfolgreich verwirklicht werden.

Damit war die Mechanik so gut wie am Ende und es geht weiter zum Quantensprung bei den Prinzipien der Fernsehtechnik:

.
klicken Sie bitte auf "weiter zur nächsten Seite"
.

- Werbung Dezent -
Zur Startseite - © 2006 / 2024 - Deutsches Fernsehmuseum Filzbaden - Copyright by Dipl.-Ing. Gert Redlich - DSGVO - Privatsphäre - Redaktions-Telefon - zum Flohmarkt
Bitte einfach nur lächeln: Diese Seiten sind garantiert RDE / IPW zertifiziert und für Leser von 5 bis 108 Jahren freigegeben - Tag und Nacht, und kostenlos natürlich.