Chronik der Albrecht (MWA) Magnetfilm-Laufwerke
Diese Chronik wurde dem Fernsehmuseums-Autor gr nach einem Besuch in Berlin von Günter Kiess / Berlin (langjähriger Leiter und Geschäftsführer der Firma Albrecht) im November 2007 zur Veröffentlichung zusammengestellt.
Magnetton-Kameras
MTK 1
Von der Version MTK 1 wurde nur ein Stück gebaut. Die MTK 1 hatte einen Dreimotoren-Antrieb. Das Filmformat war entsprechend dem bei den Versuchen in den USA verwendeten Material 17,5mm. Die Filmteller hatten eine Kapazität von 300 m Acetatfilm.
Nach allen verfügbaren Informationen war die MTK 1 das erste Laufwerk der Welt, das speziell für die bestmögliche Aufnahme und Wiedergabe von Magnetfilm konstruiert wurde. Das Laufwerkprinzip findet sich in praktisch allen Magnetfilm-Laufwerken, die danach weltweit auf den Markt kamen.
Das vom Ingenieur Wilhelm Albrecht konzipierte Laufwerk wurde in einem Zeitraum von nur 5 Monaten von ihm entwickelt und gebaut. Es hatte zwei Schwungmassen unterschiedlicher Größe, ein luftgedämpftes, verriegelbares
Pendelrollenfilter und einen auswechselbaren, an optimaler Stelle zwischen den Tonrollen befindlichen, Kopfträger. Dadurch wurden Tonhöhenschwankungen und Kopfabnutzung minimiert, Zur Verkürzung der Hochlaufzeit wurde die große Hauptschwungmasse beim Anlauf über ein Zusatzgetriebe beschleunigt.
Mit der MTK 1 wurde vom 31.3.1950 bis 5.4.1950 die Synchronisation des englischen Spielfilms "Die seidene Schlinge" in den UFA-Studios in Berlin- Tempelhof durchgeführt. Es war die erste Synchronisation, die komplett auf Magnetfilm durchgeführt wurde.
Im Juni 1950 wurde der Ton des Spielfilms "Drei Mädchen spinnen" unter der Regie von Prof. Fröhlich komplett mit der MTK 1 aufgenommen.
MTK 2
Es folgte die Version MTK 2, die wesentlich kleiner und kompakter war. Sie hatte einen Synchron-Antriebsmotor, die Aufwicklung erfolgte über Freiläufe und Friktionen. Das Fassungsvermögen betrug 300 m Magnetfilm. Von diesem Modell wurden 3 Stück gebaut Zwei Stück wurden wieder an die UFA-Studios in Berlin-Tempelhof geliefert. Die dritte ging im Dezember 1950 an die Bavariafilm in München-Geiselgasteig.
Die MTK 4, die dann folgte, entsprach im wesentlichen der MTK 2, wies aber eine Reihe von Detailverbesserungen auf. Davon wurden 17 Stück gebaut.
Es folgten verschiedene Versionen für 16 mm Magnetfilm und Ausführungen mit einem Fassungsvermögen von 600 m
MTK 5, MTK 6, MTK 7, MTK 51, MTK 71
Ab 1963 wurden keine stationären Aufnahme- Laufwerke in der großen Bauform MTK mehr verlangt. Dafür wurden jetzt nur noch die platzsparenden Magnetfilm-Laufwerke in Säulenbauform vom Typ MB eingesetzt.
Für die zunehmende Nachfrage nach einem transportablen Aufnahmelaufwerk wurde der kompakte, transportable Magnetfilm Recorder MR 10 entwickelt, der bis 1975 gebaut wurde. Danach setzte man für Außenaufnahmen nur noch Magnetbandgeräte mit Pilotton oder Zeitcode ein.
Durchzug-Laufwerke
MB 1
Anfang 1951 bis März Mär1952
MB 2
ab März 1952 die auf den Magnetton-Kameras aufgezeicheten Magnetfilme mussten natürlich auch synchron weiterbearbeitet werden können. Da ja in allen Studios Lichtton-Bandspieler vorhanden waren, gab es Nachfrage nach einer Einheit, die problemlos die Lichtton-Durchzuggeräte ersetzen konnte. Hierfür entstand aus der zentralen Baugruppe der MTK das Magnetfilm-Durchzuglaufwerk MB1. Es hatte zwei Schwungmassen unterschiedlicher Größe, ein zum Einlegen verriegelbares Pendelrollenfilter und den steckbaren Magnetkopfträger.
1952 wurde es durch die weiter verbesserte Ausführung ML 1 ersetzt. Es wurde überwiegend auf dem Antriebs-Unterbau der Siemens-Klangfilm Lichttonbandspieler und als Herzstück unserer Magnetfilm-Bandspieler MB verwendet, bis dann beim MB 51 ein völlig neuartiges Antriebssystem zum Einsatz kam. Von diesen Bausteinen wurden 2.040 Einheiten gebaut.
MB 2
April 1952 bis Februar 1972
ab April 1952 wurde der Magnetfilm-Bandspieler MB 2 als stationäres Laufwerk geliefert. Der Antrieb erfolgte vom Drehstromnetz 3 x 220 V oder über einen Rotosyn-Generator. Der Antriebsmotor war ein genuteter Drehstrom- Kurzschlußanker Motor (Reluktanz Motor).
Für Anlagen, in denen kein Rotosyn-Generator zur Verfügung stand, konnte der MB 2 zusätzlich zum Antriebsmotor mit einem Haltemotor ausgestattet werden. Dies war ein Drehstrom-Schleifringläufer, dessen Stator vom Drehstromnetz erregt wurde und dessen Drehstromanker mit den Ankern der Haltemotoren der anderen Laufwerke parallel geschaltet wurde und für Synchronlauf der Geräte ab Stillstand sorgte.
Für die Steuerung solcher Systeme wurde das Haltemotoren-Steuersystem HST 2/6 für bis zu 6 Laufwerke mit Haltemotor entwickelt. Damit wurde die optimale Ansteuerung der Laufwerkverkopplung gewährleistet.
Die Tonverstärker, die bis 1951 wegen des HF-Patentes 743 411 von der AEG bezogen werden mußten, wurde in einem separaten Verstärkergestell untergebracht. Nach 1951 wurden Verstärker eigener Entwicklung (AV 10 / WV 10) in den Fuß der MB 2 eingebaut. Die Rundfunkanstalten verwendeten für den MB 3 weiterhin die AEG Verstärker. Ab 1965 standen dann transistorierte Verstärker (TW 20, TA 20) für den Einbau in die Laufwerke aus eigener Entwicklung zur Verfügung.
Magnetfilm-Bandspieler
MB 3
August 1962 bis Oktober 1964
für die besonderen Anforderungen des Fernsehens wurde der MB 3 entwickelt. Er ermöglichte die Betriebsarten NETZ / PILOTTON / ROTOSYN / INTERLOCK:
Als Antriebsmotor wurde hier ein fremderregter Drehstrom-Schleifringläufermotor verwendet, der bei den Betriebsarten PILOTTON und ROTOSYN für einen besonders geringen Leistungsbedarf des Antriebes sorgte. In der Betriebsart PILOTTON sorgte ein zusätzlicher Asynchronmotor geringer Leistung für das Grund-Drehmoment. Daher ließ sich beim MB 3 die Laufgeschwindigkeit des Magnetfilms über einen 100 W Leistungsverstärker vom Pilotton steuern.
Bei ROTOSYN sorgte der fremderregte Synchronmotor für eine sichere Verkopplung ab Stillstand.
Der Antriebsmotor war in seinen Daten außerdem passend zum Interlock-System der Fernseh GmbH ausgelegt. Der MB 3 konnte so direkt mit Fernseh-Fimabtastern dieses Herstellers verkoppelt werden.
MB 21
Juni 1966 bis August 1980
1966 erhielt der MB 2 ein moderneres rechteckiges Gehäuse und statt des Drehschalters für den Antrieb kam eine Relaisschaltung mit Tastensteuerung zum Einsatz.
Die Tonverstärker konnten in diesem Gehäuse direkt oberhalb des Kopfträgers untergebracht werden und ermöglichten eine bequeme Einmessung der Magnetfilme.
MB 31
Dezember 1964 bis Oktober 1970
Im gleichen Gehäuse wie der MB 21 wurde auch der MB 3 in modernisierte Form als MB 31 geliefert.
MB 41
Mai 1969 bis März 1979
Die bis dahin übliche Verkopplung der Laufwerke über die 3 x 220 V war sehr aufwendig in der Installation und wenig flexibel. Daher wurde von der Firma Albrecht ein neuer Lösungsweg gesucht.
Das neue Laufwerk wurde mit einem fremderregten Drehstrom-Schleifringläufermotor für
3 x 40 V ausgestattet. Dieser Antriebsmotor erhielt seine Spannung aus einem in das Laufwerk eingebauten 3-phasigen Transistor-Leistungsverstärker, dessen Ausgangsspannung frequenzabhängig gesteuert wurde. Außer dem Antriebsmotor hatte der MB 41 noch
einen Rückwickelmotor (220 V Asynchron-Motor) der über ein Relais gesteuert wurde.
Mit einem kleinen dreiphasigen photoelektrischen Geber mit einer Ausgangsspannung von
3 x 1 Volt und einer Frequenz von 50 Hz bei einer Antriebsdrehzahl des Gebers von
1500 U/min wurden die Leistungsverstärker in den Laufwerken angesteuert. Damit ließ sich eine praktisch unbegrenzte Anzahl von Laufwerken auf einfachste Weise synchron betreiben. Weil der Geber sehr klein war ließ er sich problemlos überall anbauen.
Der MB 41 verfügte über die Betriebsarten NETZ / PILOTTON / SYNCHRON / RANGIEREN .
Mit dem MB 41 wurde auch ein Rangieren bei eingelegtem Magnetfilm mit stufenlos regelbarer Geschwindigkeit möglich (6fach bei 16 mm Magnetfilm)
MB 43
Mai 1976 bis Februar 1985
Auf der Basis des MB 41 und später MB 42 entstand für kleinere Studios der MB 43. Er bestand aus 3 übereinander angeordneten Laufwerken die über eine durchgehende Königswelle von einer MB 41 Motoreinheit angetrieben wurden. Das Fassungsvermögen der Laufwerke betrug hier aus Platzgründen nur 300 m.
MB 42
April 1978 bis März 1983
Inzwischen war den bis dahin verwendeten TTL Schaltkreisen die CMOS Technik gefolgt.
Der MB 42 wurde mit diesen Steuerungselementen ausgestattet. Im Gegensatz zum MB 41 besaß der MB 42 zwei elektronisch gesteuerte Wickelmotoren. In der Betriebsart SYNCHRON konnte der MB 42 neben dem Standart SYNTRONIC Signal von 3 x 1 V Sinus auch das zweiphasige Rechtecksignal nach DIN 15 573 Teil 2 verarbeiten.
Die Steuerung des Laufwerks in der Betriebsart SYNCHRON erfolgte über einen Speicher. Daher blieben auch abrupte Änderungen des Steuersignals ohne Einfluss auf die Synchronität.
MB 51
März 1981 bis Oktober 2002
Mit dem MB 42 war die Technik der Magnetfilm-Laufwerke mit Zahntrommelantrieb ausgereizt.
Mit der inzwischen etablierten Mikroprozessortechnik entwickelte Albrecht nun einen revolutionären neuen Laufwerktyp, den MB 51 mit Capstanantrieb.
Hier wurde der Film ausschließlich über einen glatten Capstan mit 180° Umschlingung und ohne Andruckrolle angetrieben.
Mit einer kleinen, ohne Reibung laufenden, Zahntrommel wurde die Position des Films exakt ermittelt. Zwei kräftige Gleichstrom-Scheibenläufermotoren sorgten prozessorgesteuert für die Spannung der Filmschleife.
Dieses Prinzip ermöglichte ein extrem einfaches Einlegen des Magnetfilms, kürzere Hochlaufzeiten und wesentlich höhere synchrone Rangiergeschwindigkeiten (30 fach bei 16 mm Magnetfilm).
Der MB 51 wurde erstmalig auf der PHOTOKINA 1980 vorgestellt und blieb für Jahre das einzige Magnetfilmlaufwerk mit echtem Capstanantrieb.
Der MB 51 hatte die Betriebsarten
NETZ / PILOTTON / SYNCHRON / RANGIEREN / EINLEGEN
Beim Wechsel von EINLEGEN in eine der vier anderen Betriebsarten stellte der Antrieb automatisch die korrekte Filmschleife ein.
Der MB 51 konnte mit dem SYNTRONIC Steuersignal (3 x 1V Sinus) und auch mit dem Zweiphasen Rechtecksignal nach DIN 15 573 Teil 2 angesteuert werden.
Außerdem verfügte der MB 51 über einen Digitalschnittstelle RS 485. Über diesen Eingang konnte eine große Anzahl von Laufwerken über einen einfache Zweidrahtleitung (Daisy Chain) flexibel synchron gesteuert werden.
Universal-Steuersystem UCS
von diesem System konnten bis zu 20 MB 51 über die RS 485 Schnittstelle synchron angesteuert werden. Die durchgeschleifte Verbindung erfolgte über eine einfache zweiadrige Leitung (Daisy Chain), die bis zu 1000 m lang sein durfte.
Bis zu acht Steuereinheiten konnten an beliebiger Stelle in die Leitung eingeschleift werden und auf 20 Laufwerke zugreifen. Die jeweils an eine Steuereinheit angekoppelten Laufwerke konnten als Gruppe angesteuert werden aber auch einzeln gegen die Gruppe verzogen werden. Auch Schleifensteuerung und Bedienung der Aufnahmefunktionen war
von den Bedienfeldern möglich.
Eine ausführliche Beschreibung des Systems findet sich in
Fernseh- und Kinotechnik 1990 / Heft 7 / Seite 337
Zusammenfassung Nov 2007
Bei Albrecht wurden
- 70 Magnetton-Kameras gebaut.
- 2.040 Magnetfilm-Laufwerke wurden unter Verwendung des Durchzuggerätes ML 1 gebaut.
- 1.600 Magnetfilm-Laufwerke ohne Schwungmassen mit Capstan Antrieb kamen dazu.
Insgesamt wurden also bei Albrecht in 52 Jahren 3.710 Magnetfilm Einheiten gebaut.
Nachtrag:
Im Rahmen dieser kurzen Aufstellung konnte nicht auf viele weitere Entwicklungen wie das Video-Koppelgerät KG 40 oder das Steuersystem VFS für Video und Film eingegangen werden. Mehr dazu findet sich in der folgenden Literatur.
Einige Veröffentlichungen zu Thema Magnetfilm-Laufwerke
S.J.Begun
Recent Developments in the Field of Magnetic Recording
SMPE Journal 1947 Heft 1 S. 1 - 13
Kino-Technik 1950 / Heft 5 / Seite 153
Neue Magnettonfilm-Aufnahmeapparatur des Filmstudios Tempelhof
Kino-Technik 1950 / Heft 8 / Seite 193
Dr.-Ing. Martin Ulner
Erfahrungen mit dem Magnetfilmverfahren
M. Ulner
A German Magnetic Sound Recording System in Motion Picture
SMPTE Journal
1951 April S. 411-422
Kino-Technik 1953 / Heft 4 / Seite 121
Ein Magnetton Aufnahme- und Wiedergabegerät
1962 / Heft 4 / Seite 99-100
Günter KIESS
Magnettonkamera MTK 71 für Außenaufnahmen
Kino-Technik 1965 / Heft 4 / Seite 80-82
Günter KIESS
15 Jahre Magnetfilm in deutschen Studios
Kino-Technik 1967 Heft 4 S. 89 - 91
H.Vollmer
Automatisierung der Tonmischung bei der Herstellung von Fernsehfilmen
Kino-Technik 1968 / Heft 9 / Seite 217-224
Günter KIESS
Das neue elektronische "SYNTRONIC" Verfahren für den
synchronen Betrieb von Filmlaufwerken
Kino-Technik 1972 / Heft 9 / Seite 331-334
Günter KIESS
Neue Geräte im "SYNTRONIC" System
Fernseh- und Kino-Technik 1978 / Heft 5 / Seite 179 -180
Günter KIESS
Die synchrone Verkopplung von schnell hochlaufenden
Film- und Magnetfilm-Laufwerken (KG 40)
Fernseh- und Kino-Technik 1979 / Heft 3 / Seite 85-89
Günter KIESS
Zeitprogrammierbare Magnetfilm-Laufwerke für die Tonbearbeitung im Film- und Videostudio
(Teil 1) Automatische Positionssteuerung AP 41
Fernseh- und Kino-Technik 1979 / Heft 4 / Seite 129-132
Günter KIESS
Zeitprogrammierbare Magnetfilm-Laufwerke für die Tonbearbeitung im Film- und Videostudio
(Teil 2) Antriebselektronik MB 42
Fernseh- und Kino-Technik 1980 / Heft 10 / Seite 367-376
Günter KIESS
"MB 51" eine neue Konzeption für Magnetfilm-Laufwerke
BKSTS Journal 1980 October S. 520 - 525
Ian Hare (BBC)
The Dubbing Theatre- A new design (Theater X)
Fernseh- und Kino-Technik 1982 Heft 9 S. 357 - 361
A.Ketterle
Moderne Filmtonbearbeitung
Fernseh- und Kino-Technik 1985 Heft 6 S. 299 - 304
H.Thiele
Geschichtliche Entwicklung der Magnetfilm-Laufwerke
Fernseh- und Kino-Technik 1985 / Heft 12 / Seite 569-572
Günter KIESS
Einheitliche Tonbearbeitung für Video und Film
(Steuersystem für Film- und Videolaufwerke VFS)
AES Journal 1988 May S. 396 - 408
H.Thiele
Magnetic Sound Recording in Europe up to 1945
Image Technology 1988 June S. 207 - 216
R.Müller
Magnetic Film (Geschichte des Magnetfilms)
Fernseh- und Kino-Technik 1990 / Heft 6 / Seite 279 - 281
Günter KIESS
UCS - das universelle Steuersystem für die synchrone Tonbearbeitung
(Teil 1) 40 Jahre Magnetfilm-Geräte
Fernseh- und Kino-Technik 1990 / Heft 7 / Seite 337 - 342
Günter KIESS
UCS - das universelle Steuersystem für die synchrone Tonbearbeitung
(Teil 2) Von der mechanischen Welle zum UCS-Bus
VDT Tagungsband 16 Nov 1990, S. 412 - 422
Friedrich Engel
Zur Geschichte der magnetischen Tonträger