Wie funktioniert die Lichtbogen-Lampe ? (aus 1947)
Bei der deutschen Nachkriegsgeneration (nach 1945) war die Lichtbogenlampe mit sogenannten Kohlen (es sind runde Kohle- stäbe) nur noch beim Film und im Kino bekannt. Dort wurden extreme Helligkeiten mit möglichst "schneeweißer" Farbtemperatur benötigt. Und bevor es die Xenon-Lampe gab, war die sogenannte Bogenlampe konkurrenzlos. Wie komplex und diffizil diese Technik war und ist, wurde seltenst klar. Professor Dr. Wolfgang Ernst Finkelnburg hat das bis 1947 bekannte Wissen in seinem Buch sehr ausführlich beschrieben.
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VI. Die technischen Anwendungen des Hochstromkohlebogens.
Hier steht Anwendungswissen aus den Jahren 1943 bis maximal Mitte 1944. Und dieses Wissen war bis etwa 1954/55 gültig (bis die Xenon-Lampe kam).
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4. Der Hochstromkohlebogen in der medizinischen Therapie.
An dem Aufschwung der Lichttherapie hat der Kohlelichtbogen wegen seines gegenüber den Glüh- und Quecksilberlampen etwas umständlicheren Betriebes nur einen geringen Anteil gehabt. Unter der Bezeichnung der „künstlichen Höhensonne" haben sich fast ausschließlich die verschiedenen Formen des Quecksilberbogens eingeführt, obwohl die Verteilung der Quecksilberstrahlung auf die verschiedenen medizinisch interessierenden Spektralgebiete des langwelligen, mittleren und kurzwelligen Ultravioletts, ganz zu schweigen von der sichtbaren und Wärmestrahlung, in keiner Weise mit der der natürlichen Höhensonne übereinstimmt.
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Die Kombination von Hg-Lampe und Glühlampe
Zur Verbesserung der Wirkung kombiniert man deshalb neuerdings vielfach eine geeignete Glühlampe mit einer Hg-Lampe (Quecksilberdampf- Hochdrucklampe) und sucht dadurch einen gewissen Ausgleich von Wärmestrahlung und Ultraviolett zu erreichen.
Der Beckbogen wäre die bessere Lösung
Gegenüber diesen sehr unvollkommenen Versuchen zur Herstellung künstlicher Sonnenstrahlung stellt der positive Krater eines hochbelasteten Beckbogens mit einer mittleren Dampftemperatur von 6000°K nach unsern S. 95 behandelten Messungen der spektralen Energie Verteilung einen der Sonne außerordentlich ähnlichen Strahler dar. So stimmt die in der obersten Kurve der Fig. 68 gezeigte Energieverteilung eines mit 75 Amp. belasteten 7mm-Beckbogens innerhalb der Meßgenauigkeit mit der Strahlung der Sonnenmitte nach Kienle 1) überein.
Im Ultraviolett allerdings überwiegt die Strahlung des Beckbogens gegenüber der der Sonne wegen der von den CN-Banden herrührenden Strahlung. Dabei handelt es sich aber um die medizinisch meist besonders erwünschte langwellige Strahlung bei 3900 Ä.
Die best-mögliche „künstliche Sonne"
Der Beckbogen stellt also zweifellos die beste bisher bekannte und wohl überhaupt mögliche „künstliche Sonne" dar, allerdings mit etwas zusätzlichem langwelligem Ultraviolett. Als Vorteil ist dabei zu werten, daß man die spektrale Energie Verteilung durch Wahl entsprechender Kohlen in gewissen Grenzen nach Wunsch verändern kann.
Der Homogenkohle-Hochstrombogen
Neben dem Beckbogen könnte u. U. auch der Homogenkohle-Hochstrombogen therapeutische Bedeutung gewinnen, da seine Strahlung nach unseren Messungen (Abb. 70) sich durch eine außerordentliche Intensität im langwelligem Ultraviolett auszeichnet, die mit Vorteil in den Fällen therapeutisch angewandt werden könnte, in denen die intensive sichtbare und ultrarote Strahlung des Beckbogens stört.
Bevorzugt verwenden : vollautomatische Lampen
Für die medizinische Therapie kommen praktisch wohl nur vollautomatische Lampen in Frage. Dadurch wird die Verwendung zu Einzelbestrahlungen etwas erschwert. Um so mehr aber eignet sich der Hochstromkohlebogen etwa bei Verwendung vollautomatischer Atelierbeleuchtungslampen (vgl. S. 205) für die Ausleuchtung größerer Räume oder Säle, in denen die Patienten liegend oder umhergehend bestrahlt werden. An der Universität Gießen sollen Versuche dieser Art bereits ausgeführt wrorden sein, bevor unsere Messungen (32) die Gleichheit der Strahlung des Beckbogens mit der der Sonne gezeigt haben.
l) H. Kienle, Erg. d. exakt. Naturw. 16, 1937, 437-
5. Sonstige wissenschaftliche und technische Anwendungen der Beckbogenstrahlung.
Außer den schon behandelten Anwendungen des Beckbogens findet dieser überall dort mit Vorteil Verwendung, wo es auf größte Strahlungsintensität bei angenähert weißem Licht ankommt. So wird er häufig als Lichtquelle für Wilsonkammer-Aufnahmen in der Kernphysik verwendet, ebenso für Schlierenaufnahmen sehr schnell bewegter Strömungsvorgänge, oder als intensive Lichtquelle zur Anregung von Fluoreszenz.
Das quasi-kontinuierliche Spektralgebiet
Auch bei biologischen und ähnlichen Untersuchungen findet der Beckbogen Verwendung, wenn es darauf ankommt, möglichst große Strahlungsintensität in einem engen, etwa mit dem Monochromator ausgeblendeten Spektralgebiet zu erzeugen. Für derartige Anwendungen ist es wichtig, daß der Beckbogen aus so vielen eng benachbarten Spektrallinien besteht, daß er als quasi-kontinuierlich angesehen werden kann.
Untersuchung der Atmosphäre bis zu Höhen von ca. 30 km
Eine ganz neue Anwendungsmöglichkeit der S. 199 und f. behandelten Beckbogen-Großscheinwerfer besteht nach Reeger und Siedentopf (76a) in der optischen Untersuchung der Atmosphäre bis zu Höhen von mindestens 30 km, wobei aus der von der Seite aus einiger Entfernung gemessenen Leuchtdichte des Scheinwerferstrahls auf die Verhältnisse in den streuenden Atmosphärenschichten geschlossen wird.
Mit dieser Methode ließ sich die vertikale Dunstverteilung messen, ebenso wie sonst nicht feststellbare Dunst- und Wolkenschichten in größten Höhen sichtbar gemacht werden konnten.
Bei der künftigen Entwicklung der wissenschaftlichen wie der praktischen Meteorologie könnte diese Scheinwerfermethode noch wesentliche Dienste leisten, besonders wenn man mit größten Geräten bis in sonst unzugängliche Höhen hinaufreicht.
Für einen 200cm 1.000 Amp.-Werfer (vgl. S. 199) berechnen die Verfasser unter Zugrundelegung ihres Photometers bereits eine erreichbare Höhe von 30km. Mit einem heute technisch möglich scheinenden 300cm - 2.000 Amp.-Gerät sollte man also, besonders bei Erhöhung der Meßgenauigkeit durch Verwendung von Kohlen höchster Lichtkonstanz, den größten Teil auch der Stratosphäre untersuchen können.
In der Technik kann der Beckbogen überall dort angewandt werden, wo es auf hohe Bestrahlungsstärken sonnenähnlicher Art ankommt, z. B. in Bleichereien und Färbereien, ebenso bei Züchtungsversuchen aller Art. Auf Einzelheiten einzugehen erübrigt sich.
6. Der Hochstromkohlebogen in der Schweißtechnik.
Auch bei dem heute in weitestem Umfang technisch angewendeten Schweißlichtbogen handelt es sich um einen Hochstrombogen, da die verwendeten Stromstärken fast stets über 130 Amp. liegen und wir es daher mit einer vollentwickelten kontrahierten Hochstromsäule zu tun haben.
Die anodischen Hochstrom-Vorgänge dagegen spielen beim Schweißbogen keine Rolle, weil von seltenen Ausnahmen abgesehen nur mit einer, und zwar negativ gepolten, Elektrode gearbeitet wird, während das Werkstück selbst als Anode geschaltet ist.
Man unterscheidet das Schweißen mit Metallelektroden und mit Kohleelektroden. Während die Metallelektrodenschweißung heute vorwiegend verwendet wird, benutzt man Kohlen bei der Rotguß- und Gußeisenschweißung, bei gewissen Schweißautomaten und außerdem beim Zerschneiden großer Metallstücke, z. B. zum Verschrotten. Dabei verwendet man zu Schweiß- und Schneidzwecken Negativkohlen zwischen 4 und 25 mm Durchmesser mit Stromstärken zwischen 60 und 1000 Amp.
Drei wesentliche Erscheinungen sind wichtig :
Drei wesentliche, in diesem Buch behandelte Erscheinungen sind für den Schweißbogen von Wichtigkeit:
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- die Säulenkontraktion,
- die magnetischen Eigenschaften der Säule, und
- der Materialtransport im Bogen.
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Der letztere bedingt, wenn beim Schweißen mit dem Kohlebogen ein „Aufkohlen" des Werkstücks vermieden werden soll, daß die Kohleelektrode negativ, das Werkstück positiv gepolt wird, da nach S. 128 der Kohlenstofftransport vom positiven zum negativen Pol hin erfolgt.
Die Säule des normalen, mit 250-400 Amp. belasteten Schweißlichtbogens ist voll kontrahiert. Das ist praktisch von Bedeutung, weil die S. 154 behandelte „Steifheit" der kontrahierten Hochstromsäule den Schweißbogen sehr exakt auf die gewünschte Stelle des Werkstücks zu lenken gestattet, ohne daß eine zu große Aufheizung der Umgebung stattfindet.
In besonderen Fällen unterstützt man die Steifheit der Säule noch durch Richtmagnete. Aus unseren Überlegungen S. 138 folgt, daß bei einseitiger Stromzufuhr zum Werkstück der Bogen durch sein Eigenmagnetfeld, z. B. bei senkrechter Elektrode und linker Stromzufuhr des horizontalen Werkstücks nach rechts, abgelenkt wird. Durch symmetrische Stromzufuhr kann diese störende Ablenkung vermieden werden.
Allgemein ist also die Kenntnis des magnetischen Verhaltens und der magnetischen Beeinflussung des Bogens für die richtige Behandlung des Schweißbogens von Wichtigkeit.
Das Wendeln und die Sauberkeit der Bogenführung
Das Wendeln des Schweißbogens bei Stromstärken über 400 Amp. dagegen scheint bisher wenig beobachtet worden zu sein, obwohl es ohne Zweifel die Sauberkeit der Bogenführung behindern muß. In dieser Beziehung könnten die neueren Erfahrungen mit dem Hochstromkohlebogen, gerade auch bei der Kohlenauswahl, auch dem Schweißlichtbogen und seiner Anwendung bei höchsten Stromstärken zugute kommen.
7. Chemische Anwendungen des Hochstromkohlebogens.
In der Chemie hoher Temperaturen hat der Kohlelichtbogen schon lange eine bedeutende Rolle gespielt. Aus zwei Gründen liegen beim Hochstromkohlebogen, wie der Verfasser zuerst hervorgehoben hat (20), die Verhältnisse für eine Anwendung in der Chemie hoher und höchster Temperaturen besonders günstig.
Einerseits liegen die in der kontrahierten Säule des Hochstromkohlebogens erreichbaren Temperaturen ganz erheblich über denen der normalen Bogensäule und können bei entsprechend vorsichtigem Experimentieren auch chemisch ausgenutzt werden.
Andererseits aber bietet der Hochstrombogen die einzigartige Möglichkeit, Kohlenstoff, Metalle und andere feste Stoffe bei geeigneter Einführung in den Docht der Positivkohle direkt zu verdampfen und auf Temperaturen von über 6ooo°K zu erhitzen.
Es besteht daher die Möglichkeit, feste Stoffe, die bei normal erreichbaren Temperaturen nicht miteinander reagieren, durch gemeinsame Erhitzung in der Anodenflamme des Hochstromkohlebogens zur Reaktion zu bringen.
Man kann andererseits den hocherhitzten und damit sehr reaktionsfähigen Dampf eines festen Stoffes, insbesondere des Kohlenstoffs, mit Wasserstoff oder anderen Gasen in Berührung bringen und damit neue Reaktionen, oder bekannte Reaktionen auf einem neuen, u. U. günstigeren Wege erzielen. Die äußeren Bedingungen, insbesondere die Reaktionszeit, können durch entsprechende Anlage der Versuche nach Wunsch eingestellt werden.
Auch eine Variation des Gasdrucks, die u. U. wünschenswert ist, ist beim Hochstromkohlebogen mindestens in dem sehr weiten Bereich zwischen 1/50 und 20 Atm. ohne weiteres möglich.
Schließlich können gegebenenfalls katalytisch wirkende Zusätze mit dem festen Stoff zusammen verdampft oder auf andere Weise in den Bogen gebracht werden, um die Reaktion zu steuern. Da eingehendere Erfahrungen auf diesem Gebiet noch nicht vorliegen, begnügen wir uns hier mit dem Hinweis auf die auch von chemischer Seite bereits anerkannte Möglichkeit weitreichender chemischer Anwendungen des Hochstromkohlebogens.
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Alle Aussagen datieren aus den Jahren 1938 bis 1944.
Vor allem die Maßeinheiten sind uns heutzutage völlig fremd und ungebräuchlich. Diese Aussagen sind inzwischen (in 2016) über 70 Jahre alt und weitgehend überholt oder obsolet. Sie sollen nur dem Verständnis des interessierten Lesers dienen.
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