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Wie funktioniert die Lichtbogen-Lampe ? (aus 1947)

Der Lichtbogen im Kino stark gefiltert

Bei der deutschen Nachkriegsgeneration (nach 1945) war die Lichtbogenlampe mit sogenannten Kohlen (es sind runde Kohle- stäbe) nur noch beim Film und im Kino bekannt. Dort wurden extreme Helligkeiten mit möglichst "schneeweißer" Farbtemperatur benötigt. Und bevor es die Xenon-Lampe gab, war die sogenannte Bogenlampe konkurrenzlos. Wie komplex und diffizil diese Technik war und ist, wurde seltenst klar. Professor Dr. Wolfgang Ernst Finkelnburg hat das bis 1947 bekannte Wissen in seinem Buch sehr ausführlich beschrieben.

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I. Einleitung.

Heinrich Beck

In den letzten Jahren haben der Verfasser und seine Mitarbeiter gezeigt, daß der schon 1910 von Heinrich Beck entdeckte und inzwischen lichttechnisch so wichtig gewordene Beck-Lichtbogen (in der angelsächsischen Literatur meist „high intensity arc", Hochintensitätsbogen genannt), nur ein Beispiel für eine besondere Form von Bogenentladungen ist, die sich von den bis dahin genauer bekannten Entladungsformen einerseits durch ihren eigenartigen anodischen Mechanismus, andererseits durch die besondere Ausbildung der Bogensäule in Luft, grundsätzlich unterscheidet.

Für diese eigenartige Bogenentladungsform haben wir den Namen „Hochstromkohlebogen" vorgeschlagen. Die altbekannte, gewöhnliche Form der Bogenentladung zwischen Kohleelektroden bezeichnen wir, um den Unterschied anzudeuten, speziell als Niederstromkohlebogen.

In dem vorliegenden Bericht soll der gegenwärtige Stand unserer Kenntnis vom Hochstromkohlebogen dargestellt werden, und zwar die allgemeinen und speziellen Eigenschaften dieser Entladungsform wie ihr Mechanismus und ihre Theorie, ganz kurz aber auch ihre technischen Anwendungen und Anwendungsmöglichkeiten.

Zur Geschichte der Beck Erfindung

Zur Geschichte des Hochstromkohlebogens beschränken wir uns auf einige kurze Bemerkungen. In den Jahren 1910 - 1912 hat der Meininger Physiker Heinrich Beck bei Versuchen zur Erzielung höchster Leuchtdichten im positiven Kohlebogenkrater gefunden, daß eine positive Kohle mit einem Docht, der Metallsalze und speziell Fluoride der seltenen Erden enthält, mit einem Mehrfachen der normalen Stromdichte belastet werden kann, während der Reinkohlebogen schon bei geringer Überlastung zu zischen beginnt und sich dann als Lichtquelle nicht mehr eignet.

Der von Beck untersuchte Dochtbogen dagegen bildete bei Überlastung einen tief gehöhlten positiven Krater, in und vor dem sich eine äußerst intensiv leuchtende Dampfwolke ausbildete, die wegen ihrer charakteristischen Form Anodenflamme, positive Flamme, im speziellen auch Beck-Flamme oder Beckzunge genannt wird.

Die ausnutzbare Kraterleuchtdichte stieg dadurch bis zum fünffachen der des alten Rein-kohlebogens und ermöglichte eine vielseitige technische Anwendung dieses Beckbogens als intensivste bekannte Lichtquelle überhaupt (6)1).

*) Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis am Schluß des Buches.

1914 - Konstruktion von Scheinwerfern

Eine Belebung erfuhren die Entwicklungsarbeiten am Beckbogen im ersten Weltkrieg durch die Notwendigkeit der Konstruktion leistungsfähiger Scheinwerfer  (Anmerkung : überwiegend militärischer Nutzung für Marine- und Flugabwehr). In dieser Zeit haben in Deutschland besonders Gehlhoff (33, 34) und seine Mitarbeiter über den Beckbogen gearbeitet und technisch große Fortschritte und Vereinfachungen des Betriebes erreicht, während in den USA Sperry und andere im wesentlichen Becks Patente ohne Nennung seines Namens ausnutzten (vgl. Ashcraft [1]).

Atelierbeleuchtung und Filmprojektion

Eine erneute Belebung des Interesses für den Beckbogen begann um das Jahr 1930, als der Film weiße Lichtquellen möglichst hoher Leuchtdichte sowohl zur Atelierbeleuchtung wie zur Filmprojektion in den größeren Theatern immer dringender benötigte.

In dieser und der folgenden Zeit hat namentlich die technisch sehr fortgeschrittene amerikanische Filmindustrie im Zusammenhang mit der National Carbon-Companie eine größere Anzahl von Untersuchungen anstellen lassen, die unsere Kenntnis von den technischen Eigenschaften des Beckbogens beträchtlich vermehrt haben. Auch heute noch bilden die Atelierbeleuchtung und die Filmprojektion die technisch bedeutsamsten Anwendungsgebiete des Beckbogens.

Frage nach den physikalischen Vorgängen

Alle diese Arbeiten seit der Entdeckung des Beck-Effekts dienten fast ausschließlich der technischen Untersuchung und Verbesserung dieser wertvollen Lichtquelle, während merkwürdigerweise die Frage nach den physikalischen Vorgängen kaum gestellt und jedenfalls nicht systematisch angefaßt worden ist.

Dabei zeigte die schon Beck bekannte steigende Charakteristik des Beckbogens gegenüber der fallenden Charakteristik aller normalen Kohlebögen, daß hier etwas physikalisch Besonderes vorliegen mußte. Auch war die Frage nach der Deutung der für die große Leuchtdichte des Beckkraters offensichtlich maßgebenden Dampfwolke und ihrer anscheinend sehr hohen Temperatur noch völlig offen.

Bislang nur empirisches Erproben

Jede (damalige) technische Entwicklungsarbeit mußte daher im wesentlichen ein empirisches Erproben bleiben. Und obwohl dabei im Lauf der Jahrzehnte ganz ausgezeichnete Ergebnisse erzielt worden sind, war es klar, daß erst eine Beherrschung der physikalischen Grundlagen die Ausschöpfung aller noch vorhandenen Möglichkeiten zur technischen Verbesserung des Beckbogens, und gleichzeitig interessante Aufschlüsse über einen physikalisch neuartigen Entladungsmechanismus, bringen konnte.

1938 - Beginn der Untersuchung der Entladungsform

Wir haben uns deshalb Ende 1938 die Aufgabe gestellt, die Physik dieser merkwürdigen Entladungsform eingehend zu studieren und ihren Mechanismus aufzuklären, und dieser Plan wurde, nachdem die ersten Arbeiten des Verfassers (13 bis 20) den Umfang der Probleme gezeigt hatten, in Zusammenhang mit den im Vorwort genannten Herren und Gruppen anderer Institute und Firmen bis zu dem in diesem Buch geschilderten Stand gefördert.

Die Beck'schen Kohlelichtbögen

Dabei stellte sich sehr bald heraus, daß man Erscheinungen, die mit den von Beck beobachteten grundsätzlich identisch sind, bei allen Kohlelichtbögen, d. h. mit positiven Homogenkohlen wie mit Dochtkohlen aller Art bei genügender Strombelastung erhält, daß der Beckbogen also tatsächlich nur ein Beispiel für die neue Entladungsform des Hochstromkohlebogens darstellt.

Dabei können die typischen Hochstrombogen- Erscheinungen grundsätzlich mit Wechselstrom wie mit Gleichstrom hervorgebracht werden; doch erscheinen die wichtigen polaren Effekte nur bei Gleichstrombetrieb klar isoliert und daher gut beobachtbar.

Diese Entladungsform soll also im folgenden behandelt werden. Sie ist in erster Linie gekennzeichnet durch einen Mindestwert der Stromdichte an der Anode, in zweiter Linie durch ihre absolute Stromstärke, von der die Erscheinungen der Bogensäule abhängen. Es handelt sich beim Hochstromkohlebogen allgemein um frei brennende Bögen, da auch äußere Eingriffe wie magnetische Stabilisierungen und Luftströme den Bogenmechanismus nach unseren Untersuchungen nicht wesentlich verändern.

Was am Hochstromkohlebogen anders ist

Dadurch unterscheidet sich der Hochstromkohlebogen grundsätzlich von einer Anzahl anderer, in letzter Zeit viel untersuchter Bogenentladungen, wie den Quecksilberbögen und den übrigen in geschlossener Röhre brennenden Bögen (z. B. Edelgasbögen).

Grundsätzlich von der uns interessierenden Entladungsform verschieden sind auch der wirbelstabilisierte Lichtbogen, der elektrotechnische Schaltlichtbogen und teilweise der Schweißbogen, weil beim wirbelstabilisierten Bogen der Mechanismus durch äußere Einflüsse wesentlich verändert wird, während beim Schaltbogen und dem Schweißbogen noch hinzukommt, daß die elektrischen Größen weitgehend von der sich ändernden Bogenlänge abhängen.

Da alle diese Entladungsformen mit der uns hier direkt interessierenden nur wenige Berührungspunkte haben (obwohl natürlich jede Erkenntnis auf dem einen Gebiet die anderen mit befruchtet!), beschränken wir uns im folgenden auf die Physik und Technik der frei brennenden Hochstromkohlebogen.

Zu deren Verständnis ist allerdings ein Überblick über die Eigenschaften und den Mechanismus des Niederstromkohlebogens erforderlich, den wir deshalb zunächst im folgenden Kapitel bringen

II. Überblick über Eigenschaften und Mechanismus des Niederstromkohlebogens.

Der Niederstromkohlebogen stellt im wesentlichen eine Entladung in Luft dar, und zwar zwischen Kohleelektroden, deren wesentliche Eigenschaft ihre Unschmelzbarkeit auch bei den höchsten im Bogen vorkommenden Temperaturen ist.

An den beiden Elektroden verdampft zwar in geringem Umfang der Kohlenstoff, doch ist der „Abbrand" der Kohleelektroden beim Niederstrombogen nach den eindeutigen Untersuchungen besonders von Steinle) zu fast 100% ein rein chemischer Vorgang (wie auch die CN-Bildung an den Elektroden!), der für den Mechanismus der Bogenentladung ohne direkte Bedeutung ist und sich durch Betrieb des Bogens in einem Edelgas auch praktisch völlig vermeiden läßt.

Über das "Bogenplasma"

Im Bogenplasma wandern nun die positiven Ionen zur Kathode, werden im Kathodenfall von etwa 10 Volt beschleunigt und erhitzen bei ihrem Aufprall den negativen Fußpunkt des Bogens auf eine Temperatur von 3200—3600° K, bei der der Kohlenstoff die der kathodischen Stromdichte von etwa 500 Amp./cm2 entsprechende Elektronenmenge durch thermische Emission abgibt.

Die Elektronen des Bogenplasmas umgekehrt wandern zur Anode, prallen nach Durchlaufen des Anodenfalls von 10—30 Volt (je nach Material und Zusätzen der Positivkohle) auf die Anodenstirnfläche auf und erhitzen diese auf eine Temperatur von 3600—4000°K.

Anmerkung : Ein "Plasma" ist ein Teilchengemisch aus elektrisch leitenden Molekülen, bei uns hier könnte man es als als elektrisch leitendes Gas verstehen.

Die Anodentemperatur ist höher als die der Kathode, weil erstere sich fast ausschließlich durch Strahlung, letztere aber zusätzlich durch Elektronenemission abkühlt. Warum sich an der Anode eine vom Material weitgehend unabhängige Normalstromdichte von etwa 40 Amp./cm2 einstellt, ist erst kürzlich von Schlüge verständlich gemacht worden; wir kommen S. 182 auf diese Frage zurück.

Positive Ionen aus dem "Anodenfallgebiet"

Da der reine Kohlenstoff auch bei sehr hohen Temperaturen keine positiven Ionen emittiert, müssen die in der Bogensäule zur Raumladungskompensation der Elektronen erforderlichen positiven Ionen vor der Anode im Anodenfallgebiet erzeugt werden. Hier ist der Strom also überwiegend reiner Elektronenstrom, und dieser Überschuß der negativen Raumladung bedingt den Anodenfall und damit die zur Ionisation erforderliche Elektronenbeschleunigung. Bei Positivkohlen mit Salzdochten, die bei hoher Temperatur selbst positive Ionen emittieren, ist der Anodenfall entsprechend kleiner.

Das Plasma (vereinfacht "das Gas") der Bogensäule zwischen Anode und Kathode hat lediglich die Aufgabe, den Strom zu leiten. Hier findet eine Trägererzeugung nur in dem Umfang statt, wie er zum Ausgleich der durch Abdiffusion und Rekombination verloren gehenden Träger erforderlich ist.

*) ZS. angew. Mineralogie 2, 28, 1939.

Die Bogensäule und der Säulengradient

Hierzu stellt sich in der Säule ein Spannungsgefälle ein, der sog. Säulengradient von etwa 15 Volt/cm. Da die durch das elektrische Feld den Ladungsträgern vermittelte Geschwindigkeit bei dem hohen Druck (1 Atm.) der Bogenentladung durch Stöße in solchem Maße auf die neutralen Gas- bzw. Dampfatome und -Moleküle übertragen wird, daß eine Gleichverteilung der Energie auf alle Plasmateilchen stattfindet, kann man im Bogenplasma von echtem thermodynamischen Gleichgewicht und damit von einer Temperatur sprechen, die alle Vorgänge (mit Ausnahme der letzten freien Weglängen vor den Elektroden) im Bogen bestimmt.

Wir können damit sagen: In der Bogensäule stellt sich eine so große Feldstärke ein, daß bei der nach S. 190 aus Gleichgewichtsüberlegungen folgenden Temperatur von etwas über 6500 Grad gerade der von außen aufgeprägte Strom transportiert werden kann. Auf die Tatsache, daß nach Höcker (45) in der Niederstrombogensäule in Luft das sich thermisch einstellende Trägergleichgewicht noch durch Diffusions Vorgänge verändert werden muß, gehen wir S. 190 im einzelnen ein.

Die prozentuale Verteilung der Strahlung

Die Temperatur im Anodenfallgebiet muß entsprechend der höheren Feldstärke noch merklich höher sein als in der Säule, weil hier die gesamten positiven Ionen erstmalig erzeugt werden müssen, soweit sie nicht (wie beim Salzdochtbogen) wenigstens teilweise von der Anode selbst emittiert werden.

Von der gesamten Strahlung des Niederstrombogens entfallen etwa 80% auf die Strahlung der glühenden positiven Kohle, etwa 15% auf die Strahlung der glühenden Spitze der Negativkohle und nur etwa 5% auf die Gasstrahlung des Bogenplasmas.

Die Leuchtdichte wird in "Stilb" gemessen

Die Leuchtdichte der als Lichtquelle beim Niederstromkohlebogen ausgenutzten Anodenstirnfläche beträgt je nach Belastung und Reinheitsgrad der Kohle 16000 bis 19000 Stilb (HK/cm2) und nimmt langsam mit wachsender Strombelastung zu, bis plötzlich das Zischen einsetzt.

Anmerkung : "Stilb" gehört zu den älteren Einheiten der Leuchtdichte
Aktuell ist die Einheit der Leuchtdichte "Candela pro Quadratmeter" (cd/m²).
Umrechnung für Stilb: 1 sb (Stilb) = 1 cd/cm² = 10.000 cd/m²

Beispiele:
1,6 * 10 hoch 9 cd/m² Sonnenscheibe am Mittag
600.000 cd/m² Sonnenscheibe am Horizont
120.000 cd/m² Matte Glühbirne 60 W

Die Stromspannungscharakteristik

Die Stromspannungscharakteristik des Niederstromkohlebogens ist fallend: die Brennspannung nimmt im allgemeinen mit zunehmender Stromstärke ab, um schließlich nahezu konstant zu werden. Diese fallende Charakteristik des Niederstrombogens wird gewöhnlich durch die naheliegende Annahme erklärt, daß mit steigender Stromstärke die mittlere Temperatur der Bogensäule zunimmt, und daß infolge der entsprechenden Vergrößerung der elektrischen Leitfähigkeit des Bogens zum Transport einer gegebenen Ladung eine geringere Bogenspannung erforderlich ist. Gesichert scheint aber auch diese Theorie noch nicht zu sein.

Auf die im Zusammenhang mit dem Hochstromkohlebogen besonders interessierenden Hauptprobleme des Niederstrombogens bei Atmosphärendruck in Luft, nämlich die Strahlung des positiven Kraters und die Theorie der Niederstromsäule, gehen wir im Lauf unserer Darstellung noch näher ein.

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