Wie funktioniert die Lichtbogen-Lampe ? (aus 1947)
Bei der deutschen Nachkriegsgeneration (nach 1945) war die Lichtbogenlampe mit sogenannten Kohlen (es sind runde Kohle- stäbe) nur noch beim Film und im Kino bekannt. Dort wurden extreme Helligkeiten mit möglichst "schneeweißer" Farbtemperatur benötigt. Und bevor es die Xenon-Lampe gab, war die sogenannte Bogenlampe konkurrenzlos. Wie komplex und diffizil diese Technik war und ist, wurde seltenst klar. Professor Dr. Wolfgang Ernst Finkelnburg hat das bis 1947 bekannte Wissen in seinem Buch sehr ausführlich beschrieben.
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VI. Die technischen Anwendungen des Hochstromkohlebogens.
Hier steht Anwendungswissen aus den Jahren 1943 bis maximal Mitte 1944. Und dieses Wissen war bis etwa 1954/55 gültig (bis die Xenon-Lampe kam).
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1. Der Beckbogen als Scheinwerferlichtquelle.
Das Hauptanwendungsgebiet des Beckbogens, auf dem dieser schlechthin unschlagbar ist, ist der Großscheinwerfer mit Leistungen von 5 bis weit über 1oo Kilowatt. Die vorherrschenden zivilen Anwendungsgebiete dieser Großscheinwerfer sind die Schiffahrt und das Flugwesen. Ein wichtiges neues Anwendungsgebiet scheint die Farbfilmgroßaufnahme zu werden.
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- Anmerkung : Dieser Satz ist dem verlorenen Krieg geschuldet und war 1948 für die Erteilung der Druckerlaubnis durch die US-Militärbehörden zwingend notwendig. Aber genau das Gegenteil war und ist der Fall. Weltweit wurden diese Großscheinwerfer zur Zielerkennung bei der Flugabwehr eingesetzt. Auch bei der Kommunikation im militärischen Flottenverband war die große Reichweite gefragt. Zivile Anwendungen gab es nur sehr sehr wenige wie bei den Leuchttürmen an kritischen Inseln oder Hafeneinfahrten und das Rundumlicht bei Flughäfen.
Nach Siedentopf und Reeger (76a) eignen sich Beck-Großscheinwerfer schließlich besonders zur Untersuchung der Atmosphäre bis zu Höhen von mindestens 30km und dürften damit auch beträchtliches meteorologisches Interesse gewinnen.
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Es ging bereits 1917 los
Als Lichtquelle für solche Großscheinwerfer hat der Beckbogen bereits 1917 den bis dahin üblichen Niederstrom-Reinkohlebogen zu verdrängen begonnen, und diese Entwicklung hat sich rasch restlos durchgesetzt.
Über die physikalische und technische Entwicklungsarbeit in Deutschland während der Jahre 1917/1918 hat Gehlhoff (33, 34) berichtet; über technische und Anwendungsfragen liegen ferner Veröffentlichungen von Mattner (64), YV. Rohloff (80, 81) und Thilo (94) vor.
Entwicklungsstand bis 1944 - dann war erstmal Schluß
In der Scheinwerfertechnik wurden bis 1943 Beckbögen von 90 bis 450 Amp., d. h. von 5 bis 40kW Bogenleistung in Verbindung mit Glasparabolspiegeln zwischen 60 und 200cm Durchmesser bei 1 grad Öffnungswinkel verwendet. Zu diesen Geräten sind in Deutschland 1944 noch ein 1.000 Amp.- und ein 1.200 Amp.- Werfer hinzugekommen, auf die wir gleich näher eingehen.
Standard war der 200 Amp.-Bogen mit 16mm Positivkohle
Bei den Normalscheinwerfern sind die Ausführungen, Kohledimensionen und Stromstärken von Land zu Land verschieden, doch haben sich gewisse Typen herausgebildet, z. B. der viel verwendete 200 Amp.-Bogen mit 16mm-Positivkohle.
Meist wurde früher eine Querschnittsbelastung von 100 Amp./cm2 gewählt, woraus folgt, daß die kleinen Bögen geringer Stromstärke nach unseren Ausführungen von S. 71 relativ gering belastet sind und entsprechend eine geringe Leuchtedichte (etwa 60.000 Stilb) besitzen, während die 24mm-Kohle des 450 Amp.- Geräts schon mäßig hoch belastet ist und damit bei einem positiven Abbrand von 600-800 mm/h eine über 100.000 Stilb liegende Leuchtdichte ergibt.
Den „Lichtsack" unterdrücken
Bei der Verwendung des Beckbogens als Scheinwerferlichtquelle stört u. U. die hell leuchtende Anodenflamme beträchtlich, weil sie infolge der Abbildung durch den Parabolspiegel als sog. „Lichtsack" eine diffuse Aufhellung außerhalb des eigentlich angestrahlten Kreises ergibt. Wäre die Anodenflamme, wie sonst beim Bogen üblich, nach oben gerichtet, so würde infolge der optischen Umkehrwirkung des Parabolspiegels der Lichtsack das Gelände vor dem Scheinwerfer in unerwünschter Weise (Anmerkung : unerwünscht bei der Flugabwehr) erleuchten (Vorfeldaufhellung).
Man hängt die Becklampe dehalb beim Großscheinwerfer meist als sog. Invertlampe in solcher Weise in das Gehäuse ein, daß die Anodenflamme nach unten und der Lichtsack infolgedessen nach oben gerichtet ist, wo er weniger stört.
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Die Tricks bei der Beeinflussung der Anodenflamme
Zur Verkleinerung der Anodenflamme wird diese bei modernen Geräten ferner durchweg in eine wenige cm oberhalb der positiven Kohle angebrachte Düse hineingesaugt, womit gleichzeitig für die Abführung aller störenden Dämpfe gesorgt ist (vgl. Abb. 125). Zur Verkürzung der Anodenflamme und Verbesserung der Kraterausleuchtung könnten grundsätzlich ferner die S. 141 f. behandelten Möglichkeiten der magnetischen Bogenbeeinflussung herangezogen werden.
Die vollautomatischen Bogenlampen
In Scheinwerfern werden durchweg vollautomatisch arbeitende Bogenlampen verwendet. Zur Ausbildung eines gleichmäßigen positiven Kraters läßt man runde Positivkohlen stets langsam rotieren. Ihr Vorschub wird meist durch ein thermisches oder optisches Relais über die Abbildung des Brenn-Endes der positiven Kohle auf einem Schaltelement in solcher Weise gesteuert, daß der positive Krater seine Stellung zum Spiegel unabhängig von der Größe des Abbrands beibehält.
Der Vorschub der Negativkohle erfolgt dann durch einen Motor, der anläuft, sobald die Bogenspannung durch den Abbrand der Negativkohle größer als ein vorgegebener Wert wird. Die Zündung erfolgt durch eine besondere, bei ausgeschalteter Lampe die Negativkohle berührende Zündkohle, die beim Einschalten durch einen Elektromagneten zurückgerissen wird, wobei der an der Berührungsstelle erfolgende Dampf ausbruch die Positivkohle erreicht und den Bogen zündet.
Jeder Scheinwerfer hatte seinen Generator
Abb. 126 zeigt eine technisch durchgebildete 450 Amp.-Lampe in der von Heinz Beck stammenden AEG Konstruktion. Als Scheinwerfer-Stromquelle dient meist ein eigener Generator mit einer dem Schweißgenerator ähnlichen Kennlinie, der bei dem im Augenblick der Zündung vorhandenen Kurzschluß keine allzu große Stromspitze liefert und in seiner Kennlinie dem Bogenbetrieb so angepaßt ist, daß ein energieverzehrender Beruhigungswiderstand unnötig ist.
Inzwischen eine technisch ausgereizte Entwicklung
Alle Einzelheiten der günstigsten Kohlestellung usw. sind im Lauf der technischen Entwicklung so durchgebildet worden, daß die Scheinwerferbögen heute allen Anforderungen an störungsfreien Betrieb, auch bei Laienbedienung, sowie an Konstanz der Leuchtdichte genügen. Die volle Leuchtdichte und Lichtruhe ist bereits wenige Sekunden nach der Zündung erreicht, was oft wichtig ist.
Anmerkung : Dieses 1947 geschriebene Buch beruht natürlich auf den Entwicklungen vor und im und zum Ende des 2. Weltkrieges bis etwa Mitte 1944. Dann waren die Fabriken und Labors in Deutschland und den besetzten Ländern alle platt gebombt und die Forschung wurde nahezu eingestellt. Entwicklungen bzw. Verbesserungen wurden nur noch "ausschließlich" für Kriegszwecke erlaubt.
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Die physikalisch konstruktiv-technischen Spitzenleistungen
Um eine Vorstellung von dem heute technisch Erreichbaren zu geben, behandeln wir kurz die als physikalische wie konstruktiv-technische Spitzenleistungen anzusehenden Beck-Scheinwerfer von 1.00 und 1.200 Amp. Stromstärke (vgl. den Bogen Abb. 122 !) mit 200 - bzw. 300cm-Spiegeln, die gleichzeitig, teilweise mit auf Anregung von Wolff, im Nürnberger Siemens-Schuckert-Werk von Külb, Guillery, Götz und Mitarbeitern, und bei der AEG von den Brüdern Beck, Affeldt und Mitarbeitern entwickelt und gebaut wurden.
Die magnetische Verhinderung des Wendelns
Nachdem die Voraussetzung zur Beherrschung dieser höchsten Stromstärken von Guillery und Zill (39) durch die magnetische Verhinderung des Wendelns geschaffen war, wurde das Problem der Kühlung der Bogenbrennkammer sowie das der Kraterblende besonders von den Brüdern Beck in konstruktiv schöner Weise gelöst.
Ein Scheinwerfer mit 3m Spiegel
Abb. 127 zeigt eine Gesamtaufnahme eines bei der AEG und in ganz ähnlicher Form bei Siemens-Schuckert gebauten 1.000 Ampere Geräts mit 2m-Spiegel, Abb. 128 das 1.200 Ampere Gerät mit 3m-Spiegel und Siemenslampe. Im Gegensatz zu den bis 1943 üblichen Geräten, bei denen der Bogen in einem allseitig geschlossenen, hinten den Spiegel und vorne ein Abschlußglas tragenden Gehäuse brannte, befindet sich bei den neuesten Geräten der Bogen in einer an einem Querträger vor dem Spiegel befestigten Brennkammer (s. Abb. 129 130) dem offenen Spiegel frei gegenüber.
In dieser Brennkammer sind auf kleinstem Raum die Kohlen mit ihrem Regulier- und Vorschubmechanismus, die Zündeinrichtung, die Stabilisierungsmagnete, die Absaugvorrichtung für die Anodenflamme und die Druckluftkühlung für die gesamte, thermisch hoch beanspruchte Brennkammer untergebracht.
Siemens und AEG in Konkurrenz
Abb. 129 und 130 zeigen Ansichten der Siemens-Brennkammer und der bezüglich der Lamellenkühlung ihr noch überlegenen AEG-Brennkammer. Anfangs wurde nicht nur die Brennkammer, sondern auch der Spiegel von rückwärts durch einen Ventilator mit Druckluft gekühlt, weil seine Temperatur, da er ja allen Witterungseinflüssen frei ausgesetzt ist, nicht über 80° C steigen darf. Nach letzten Versuchen scheint diese Spiegelkühlung aber sogar entbehrlich zu sein.
Verwendet wurden auch Rechteck-Positivkohlen
Abb. 129/30 zeigt, wie in den Brennkammern in 90°-Stellung die (natürlich nicht rotierende) Rechteck-Positivkohle von 18x26 bzw. 20x28mm Querschnitt und die dochtlose rotierende Graphit-Negativkohle von 24mm Durchmesser angeordnet sind.
Der Abstand der beiden Kohlenmitten beträgt normal 43mm. Die Positivkohle, deren nur 2mm starker Mantel bis zur Kraterfläche fast abgezundert ist und daher ähnlich einer Nurdochtkohle einen flachen, auch die lichttechnisch wichtigen Randzonen des Spiegels voll ausleuchtenden Krater ergibt, ist mit über 200 Amp./cm2 recht hoch belastet und gibt bei einem Leuchtsalzgehalt des Dochtes von etwa 40% eine mittlere Leuchtdichte über den ganzen Krater von 130.000 Stilb und eine maximale Leuchtdichte in der Kratermitte von über 160.000 Stilb, bei einem positiven Abbrand von rund 2.000 mm/h.
Das waren die höchstbelastbaren Kohlen
An der Entwicklung dieser höchstbelastbaren Kohlen hat Leuchs von der Fa. Conradty besonderen Anteil. Die Bogenbrennspannung beträgt (bei der Siemens-Lampe) 102 Volt bei einer Generatorspannung von nur 114 Volt. Wir erwähnten bereits S. 196, daß der negative Fußpunkt durch ein Magnetfeld von der Mitte der negativen Spitze nach der anodennahen Seite gedrückt wird, wodurch in Verbindung mit der Rotation der Negativkohle jede Brennschüsselbildung und damit das gefürchtete Wendeln sicher verhindert wird. Der Abbrand der Negativkohle beträgt etwa 200 mm/h.
Steuerung des Vorschubes mittels Quarzlinse und Bimetall-Relais
Die Stellung der Negativkohlenspitze wird durch Abbildung mittels Quarzlinse auf einem Bimetall-Relais, das den Vorschub regelt, festgehalten, während die Stellung der Positivkohle relativ zur negativen Spitze durch die Bogenspannung eingehalten wird. Dazu wird der positive Vorschub zur Vermeidung des Einflusses von Generatorspannungsschwankungen durch ein je eine Strom- und Spannungsspule enthaltendes Differentialrelais betätigt, das nur auf die durch Kohlenabstandsänderungen bewirkte gegenläufige Änderung von Spannung und Stromstärke anspricht, nicht dagegen auf die durch Generatorschwankungen bedingten gleichläufigen Änderungen von U und I.
Eine technisch "brilliante" Leistung - 1.200 Ampere
Die physikalische und technische Beherrschung dieses 1.200-Amp. Beckbogens in der weitestgehend störungsfrei arbeitenden Brennkammer, in der auf kleinstem Raum die gewaltige Leistung von 120 kW umgesetzt wird, darf als besonders "schöne" (???) Leistung angesprochen werden. Im technischen Versuch konnte vor Abbruch der Arbeiten in einer Siemens-Brennkammer sogar ein 2.000 Amp.-Bogen, d. h. bei einer Bogenspannung von 120 Volt eine Leistung von 240 kW (!) beherrscht werden, wenn auch die Brennkammer mit der normalen Kühlung diese Leistung nur jeweils 10 Minuten aushielt.
- Anmerkung : Die Probleme durch die Flächenbombardements ab 1943, bei der die AEG- und Siemens-Werke Werke fast alle zerstört wurden, werden immer so nebulös umschrieben = "Abbruch der Arbeiten" !!
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Die gigantische Rekordlichtstärke in 20 km Entfernung
Im Scheinwerferstrahl liefert der 1.200 Amp.- Werfer die Rekordlichtstärke von etwra 9 Milliarden Hefnerkerzen, vermag also bei einem mittleren Öffnungswinkel des Strahls von 1,5° bei Vernachlässigung der atmosphärischen Absorption und Streuung auf 20km Entfernung die einem ganzen Stadtteil entsprechende Fläche von einem halben km zum Geviert auf eine zum Lesen gut ausreichende Beleuchtungsstärke zu erhellen.
Bereits 1947 wurde über eine Energiebilanz referiert
Von Interesse ist schließlich noch die Energiebilanz des gesamten Scheinwerfers, die nach Guillerv für alle von ihm untersuchten Typen im wesentlichen die gleiche Verteilung zeigte.
45-50% der dem Bogen zugeführten elektrischen Leistung wurden mit der Anodenflamme abgesaugt, stellen also die Leitungs- und Konvektionsverluste des Bogens einschließlich der Leistung des gesamten oberen, abgesaugten Teils der Anodenflamme dar.
Am Ende nur 5% sichtbares Licht !!
Weitere 30-35% der umgesetzten elektrischen Leistung werden von den durch Strahlung erhitzten Teilen des Geräts einschließlich des Spiegels (in dessen Glas auch die gesamte Ultraviolettstrahlung absorbiert wird) ausgestrahlt, und nur 15% der aufgewandten elektrischen Leistung finden sich als sichtbare (5%) und ultrarote (10%) Strahlung im Scheinwerferstrahl wieder.
Energetisch betrachtet liegt die ausnutzbare Ausbeute an sichtbarem Licht also bei nur 5%, während die auf den Strahl bezogene Lumenausbeute mit rund 15 Hefnerlumen/Watt zeigt, daß dieses Ergebnis immer noch recht gut ist.
Alle Aussagen datieren aus den Jahren 1938 bis 1944.
Vor allem die Maßeinheiten sind uns heutzutage völlig fremd und ungebräuchlich. Diese Aussagen sind inzwischen (in 2016) über 70 Jahre alt und weitgehend überholt oder obsolet. Sie sollen nur dem Verständnis des interessierten Lesers dienen.
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