Wir sind im Jahr 1997 und das "Filmecho" hat Geburtstag
von Gert Redlich im März 2021 - In der Filmecho-Filmwoche Sonderausgabe vom April 1997 werden die vielen - natürlich zu bezahlenden - Glückwunsch-Anzeigen mit mehreren redaktionellen Artikeln "flankiert", damit es kein reines Anzeigenblättchen wird. Das machen alle Verlage so, wenn ein Jubiläum einer Publikation ansteht. Nicht immer sind die dazwischen zu lesenden Artikel von hohem Interesse bzw. hoher Qualität. Hier schreibt aber ein Kenner der Filmbranche über die Entwicklung des deutschen Films vom Kriegsende 1945 bis 7 Jahre nach der Wende.
Der Artkel umfaßt 4 Seiten und ist mit Bildern aus dem "Forum der Technik" illustriert. Auch dieser Artikel schmückt sich mit einem promovierten Autor. Doch die Quaität des Original-Artikels ist aus meiner Sicht nicht berauschend und dem Anspruch des Sonderheftes überhaupt nicht angemessen. Die Illustration ist teilweise primitiv und teilweise zu weit vom zugehörigen Text entfernt. Es ist kein Vergleich zu dem 12 seitigen Artikel von Dr. Gerd Albrecht über die Filmgeschichte.
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FILMTECHNIK (in 1997)
Das KINO hat Schritt gehalten
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Projektion, Film und Ton, in allen Bereichen ist die Entwicklung vorangeschritten. Von Dr. Günther von Hochmeister im April 1997
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Der Film - Der Vorsprung der Kopien
Vor fünfzig Jahren genügte es, in einem größeren Raum einen Schwarzweißfilm auf die weiß gestrichene Vorderwand zu projizieren. Heute werben aufwendige Filmtheater-Neubauten mit modernster technischer Ausrüstung um ihre Zuschauer. Von den Kinos der ersten Nachkriegsjahre zu heutigen Filmtheatern hat es eine bemerkenswerte, durch die Kinoprojektionstechnik maßgeblich beeinflußte Entwicklung gegeben.
Heute wie vor einem halben Jahrhundert spielt ein Filmtheater Verleihkopien, auf deren Produktion und Bearbeitung es keinen Einfluß hat. Es kann den Zuschauern nur das bieten, was auf der Filmkopie ist. Es bestehen allerdings riesige Unterschiede zwischen einer Filmkopie von vor 50 Jahren und einer von heute.
Die Qualität des Negativ-, des Dublikat- und auch des Positiv-Filmmaterials konnte in diesem Zeitraum entscheidend verbessert werden. Die Lichtempfindlichkeit und die Auflösung konnten gesteigert, der Belichtungsspielraum und die Kontrastwiedergabe verbessert, Schleier und Körnigkeit reduziert, die Bildschärfe angehoben und vor allem die Farbwiedergabe optimiert werden.
Dadurch hat das Filmmaterial die Entwicklung neuer Filmformate, neuer Filmarten unterstützt, oftmals erst möglich gemacht. Dank weiter verbesserten 35mm- Filmen ist es heute möglich, diese auf übergroßen Bildwänden in einer Bildqualität vorzuführen, die von der Videotechnik, vom Fernsehen nicht erreicht wird, in absehbarer Zukunft nicht erreicht werden kann.
- Anmerkung : Wir sind hier noch in 1997 und dem Autor fehlen trotz Promotion die Visionen und Perspektiven des Moorschen Gesetzes.) - Er beschreibt es so : "Die TV-Bildqualität "erreiche" bekanntlich trotz HDTV, Breitformat und Digitalisierung heute bestenfalls die des projizierten 16mm-Films." Doch das stimmte in 1997 bereits nicht mehr.
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Der Ton zum Bild
Heute in CD-Qualität
Die Qualität des die Filmhandlung begleitenden und unterstreichenden Tones zu verbessern, vor allem seine Wirklichkeitsnähe, seinen Einfluß auf die Zuschauer, auf ihr Unterbewußtsein zu verstärken, sie damit gefühlsmäßig in die Handlung ein-zubeziehen, war seit Einführung des Tonfilms Ziel der Tontechnik.
Die oft unbewußten Ansprüche der Zuschauer an die Qualität des Filmtones, die sich auch an der Wiedergabequalität orientieren, die im häuslichen Raum vom Fernsehen, von Musikkassetten und Schallplatten geboten wird, sind in den letzten Jahren sprunghaft gewachsen, seit CDs einen hohen Standard setzen.
So ist heute höchste Tonqualität sowohl für Kinofilme als auch für Filmtheater ein Muß geworden. Tonaufzeichnung und -wiedergabe sind durch technische Entwicklungen Schritt für Schritt revolutioniert worden.
Vor 50 Jahren wurden in einem relativ primitiven und aus heutiger Sicht unzulänglichen Verfahren Dialog, Musik und Geräusche nicht gleichzeitig, sondern nacheinander fotografisch d. h. analog und mit begrenztem Frequenzumfang auf die Tonspur des Ton-Negativs aufgezeichnet, von dort auf die Verleihkopie übertragen.
Die Magnettontechnik von 1935 und danach
Eine erste substantielle Verbesserung vor allem der Tonaufnahme brachte der Siegeszug der Magnettontechnik. In den fünfziger Jahren folgte die Stereophonie, vierkanalig bei Cinemascope, sechskanalig bei Todd A.O., beide mit Magnettonspuren auf der Filmkopie und den dadurch im Kino bedingten Nachteilen.
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- Anmerkung : Hier fehlt der Hinweis auf weitere Mehrkanal-Verfahren, bei denen die Tonspuren nicht auf dem Filmmaterial mit den Bildern enthalten waren sondern ein getrennter 35mm Magnetfilm mit 6 Ton-Spuren neben dem ode den 35mm Bildfilm(en) parallel nebenher lief.
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Bei den Rauschunterdrückungsverfahren setzet sich das von Dolby entwickelte Dolby A durch, inzwischen zu Dolby SR (Spectral Recording) weiterentwickelt. Durch eben diese Rauschunterdrückung und die rasante Entwicklung der Elektronik ermöglicht, folgte das Dolby-Stereo- Lichttonverfahren (Vierkanal Stereophonie auf nur 2 Lichttonspuren untergebracht), das inzwischen so ausgereift ist, daß es zum internationalen Standard erhoben wurde.
Ein qualitativer Sprung gelang mit der vorerst letzten Verbesserung der Tonwiedergabe durch die Digitalisierung der Tonsignale. Der gleiche Qualitätsunterschied wie zwischen normaler Schallplatte und einer Compact-Disc hebt auch die drei heute in der Kinoprojektionstechnik angewendeten Digitaltonverfahren von normalem Lichtton ab.
Digitalton allein genügt allerdings im Filmtheater nicht für allerbeste Tonqualität. Da spielt auch die Akustik des Zuschauerraumes mit, und die kann dank EDV-gestützter Meß- und Regelverfahren heute viel besser beherrscht werden.
Der Unterschied zwischen guter und bester Tonwiedergabe, das gewisse Etwas, das für allerbeste, absolute Spitzentonwiedergabe von heutigen Systemen realisiert wird, besteht aus der Abstimmung zwischen den Geräten und der individuellen Anpassung an die akustischen Gegebenheiten des Zuschauerraumes.
Spitzensysteme setzen Digitalton und erstklassige Geräte voraus, erzielen aber die überragende Tonqualität vor allem durch die in einer Zentraleinheit der Anlage verwendeten Abstimm- und Regeleinheiten.
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Das Filmtheater
Breiter, höher und besser
In den oft schlauchartig langen Kinosälen von vor 50 Jahren klebte vorne eine kleine Leinwand. Schon damals sollte der Zuschauer die leere Bildwand nicht sehen können. Ein Vorhang verdeckte sie während des Einlasses und öffnete sich meist erst mit Beginn der Projektion.
Als ob ein Fenster aufgeht, sollte der Zuschauer die Handlung des Filmes sehen. Größere Bildwände hätten die damaligen Projektionsanlagen auch nicht ausleuchten können. Die Zuschauer kannten es anfangs nicht anders und akzeptierten.
Durch die von der zügigen, manchmal sprunghaften Entwicklung des Fernsehens in den letzten 50 Jahren provozierten Entwicklungsschübe der Kinoprojektionstechnik begann schon in den fünfziger Jahren das Bestreben nach größeren Bildern bei gleichbleibender, vom Fernsehen nicht zu erreichender Qualität.
Breitwandformate bedingten breitere Bildwände, Cinemascope nicht nur breitere, sondern auch höhere. Todd A. O. übertrumpfte die Konkurrenz, indem 70mm Filme in den Kinos auf noch größere Bildwände qualitativ hochwertig projiziert wurden.
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- Anmerkung : Es fehlt die Ergänzung, daß es auch Super-Filme für 35mm Film mit 3 Projektoren (über Kreuz projiziert) auf eine halbrunde Bildwand gab.
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Ein Blickwinkel von minidesten 35 Grad
Die größeren Bildwände, die breiteren und höheren Zuschauerräume fanden rasch die Gunst des Publikums. Normalfilmkinos mußten nachziehen und ihre Bildwände auch vergrößern. Wissenschaftliche Untersuchungen bei Filmtheatern mit den neuen großen Bildwänden belegten den Zusammenhang zwischen Blickwinkel und Wirkung auf den Zuschauer.
Aus der Bedingung, daß jeder Zuschauer die Bildwand unter einem Winkel von mindestens 35 Grad sieht, resultiert die heute übliche maximale Bestuhlungsfläche, abhängig von der Bildgröße. Im Idealfall bedeckt die Bildwand die ganze vordere Saalwand. Öffnet sich der Vorhang mit Beginn der Projektion, sieht der Zuschauer die Handlung des Filmes in Verlängerung des Zuschauerraumes.
Gleichzeitig wurden Bedingungen geschaffen, damit die Zuschauer „freie Sicht" auf die ganze Bildwand haben und nicht durch Köpfe der vor ihnen Sitzenden beim Betrachten behindert werden.
Die in der Euphorie Anfang der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts immer größer, für immer höhere Sitzplatzzahlen gebauten Filmtheater mußten allerdings später aufgrund des veränderten Freizeitverhaltens der Bevölkerung aufgegeben werden.
Um gleichzeitig mehrere Filme anbieten zu können, wurden große Zuschauerräume in mehrere kleine Kinos unterteilt. Neue Filmtheater werden in der Regel als Multiplexe gebaut, d. h. mehrere bis viele Filmtheater in einem Haus.
Das Ambiente aus 1997 (stimmt heute nicht mehr)
Außerdem hat sich bei den Architekten ein Sinneswandel durchgesetzt. Es werden nicht wie früher wunderschöne Häuser für die Filmtheater gebaut, in die dann, manchmal wie mit dem Schuhlöffel, Filmtheater hineingezwängt werden.
Es werden statt dessen nach allen Regeln der Kunst funktionelle Filmtheater entworfen, und dann um diese herum das Gebäude gebaut.
Daneben haben sich außer Schausteller-Filmvorführungen, Stereoskopiefilmen usw. auch moderne Sonderformen mit ihren supergroßen Bildwänden etabliert, wie IMAX, OMNIMAX, SHOWSCAN, MAXIVISION usw. Diese sind nicht als Filmtheater einzustufen, obwohl sie Filme vorführen und prinzipiell die gleichen Methoden verwenden.
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Ihre Spezialfilme können nur in speziell gebauten und eingerichteten Häusern gezeigt werden. Als Touristenattraktion oder Anziehungspunkt bei Weltausstellungen gestartet, halten sie sich in einigen Großstädten, wie z. B. in München, schon über Jahre. In Frankreich, nahe der Stadt Poitiers, ist in den letzten Jahren ein riesiger, FUTUROSCOPE genannter Freizeitpark entstanden, auf dessen Gelände inzwischen schon 11 Sonderverfahren in futuristisch anmutenden Gebäuden angelaufen sind.
Steigende Besucherzahlen rechtfertigen zwar den Einsatz, doch werden diese Systeme nie in herkömmlichen Filmtheatern einziehen. Sie werden diese aber auf Dauer ergänzen.
Filmprojektion
Risikolos und automatisch
Von dem zahlreichen technischen Personal, das vor 50 Jahren in den Kinos arbeitete, mancherorts sogar im Schichtbetrieb, ist nichts geblieben, genügt doch heute ein Vorführer je nach Automatisierung für fünf, sechs oder noch mehr Kinos.
Damals: Handling der Filmkopie in 600m Rollen. Ausschließlich manuelle Bedienung. Dadurch bedingt alle 18 bis 20 Minuten eine Überblendung von Hand, mit einer für die Zuschauer meist wahrnehmbaren Diskontinuität im Ablauf der Handlung.
Die abgespielten Filmspulen wurden umgerollt und im feuersicheren Filmschrank in einem Nebenraum verwahrt, der Film von der folgenden Spule eingelegt usw.
Im Vorführraum drei (Anmerkung : es waren allermeist nur zwei 35mm Film- Projektoren) schwere, zum großen Teil gußeiserne Filmprojektoren mit Feuerschutztrommeln. Als Lichtquellen feuergefährliche Kohlebogenlampen, die glühende Kohleteilchen verspritzten, Rauch entwickelten und laufend von Hand nachgeregelt werden mußten. Periodisch auftretende Helligkeitsschwankungen kennzeichneten die Filmprojektion.
Heute: Durch das Verbot der feuergefährlichen Filme auf Nitrozellulosebasis entfällt die Notwendigkeit separater Umwickelräume und vieler bis dahin verordneter Sicherheitsvorkehrungen wie z. B. der Feuerschutztrommeln.
Fernbedienbare Xenonlampen ersetzen die Kohlebogenlampen und liefern konstantes, strahlend-weißes Licht. Entwicklungen der Elektronik ermöglichten automatische Überblendung und später die Automatisierung vieler bis aller Betriebsabläufe der gesamten Filmvorführung.
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Die großen Filmteller revolutionierten den Vorführbetrieb
Leistungsfähige Großrechner ermöglichten die Berechnung und Produktion leistungsstärkerer Projektionsobjektive und lichtstärkerer Kaltlichtspiegel.
Beginnend mit dem FP-20-Projektor von Philipps wurden die Gußeisenprojektoren abgelöst von solchen in Leichtbauweise. Größere Spulen von 1800m Film bis zu 3000m Film, Rock-and-Roll-Betrieb zweier Projektoren und Spulentürme ermöglichten Vorführbetrieb mit weniger oder gar keinen Überblendungen.
Doch erst die von dem Ravensburger Kinobesitzer Willi Burth in den sechziger Jahren erfundenen Horizontal-Filmteller Einrichtungen revolutionierten den Vorführbetrieb. Diese Erfindung hat die Technik der Kinoprojektion und auch die Arbeitsabläufe im Vorführraum nachhaltiger beeinflußt als irgendeine andere in den letzten fünfzig Jahren.
Der ganze Film wird auf einem Teller der Anlage gespult, die Notwendigkeit des Umrollens entfällt. Ein einziger Projektor pro Kino genügt, die ganze Vorstellung kann automatisch ablaufen, nur zu Beginn der nächsten muß der Film erneut eingelegt werden. Gestartet wird durch fernbedienten Knopfdruck. Auch Endlos-Filmteller-Einrichtungen (englisch Endless-Loop) haben die Kinderkrankheiten überwunden. Ihr Einsatz hat jedoch gezeigt, daß sie nur in Sonderfällen Sinn machen, im normalen Filmtheaterbetrieb kaum Vorteile bringen.
Geblieben sind Relikte aus den Anfängen
Gleichgeblieben ist allein das Herzstück der Kinoprojektoren, nämlich das Malteserkreuz- getriebe, das den schrittweisen Transport des Filmes durch das Bildfenster realisiert. Alle dafür entwickelten Alternativen, einschließlich der elektrischen Schrittschaltgetriebe, erreichen nicht seine robuste Präzision, seine lange Lebensdauer und seine Zuverlässigkeit. Verbessert worden ist einzig sein Antrieb mit Hilfe eines direkt angeflanschten, elektronisch regelbaren Spezialmotors.
Die Kinoprojektionstechnik hat Schritt gehalten mit der technischen und gesellschaftlichen Entwicklung der letzten 50 Jahre. Eine Kinovorstellung heute entspricht auch dank des Beitrags der Kinoprojektionstechnik den deutlich gewachsenen Ansprüchen der Zuschauer. Prämissen für laufende Weiterentwicklungen sind gegeben.
Dr. Günter v. Hochmeister im April 1997
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Nachsatz
Wie oben kommentiert, ist dieser Artikel - aus heutiger vergleichender Sicht mit anderen historischen Artikeln - nicht auf dem erwarteten Niveau. Bei der Bebilderung wurde im März 2021 etwas nachgeholfen. Der Autor aus 1997 ist bereits vestorben und so lassen wir den Artikel hier stehen, ohne weiter nachzubessern.
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