Über die Suche nach Außergewöhnlichem :
Als das Kino nach 1945 wieder zum Haus (oder Theater oder Palast) der Träume wurde, zumindest hier im zerstörten Europa, gingen die Besucherzahlen bis etwa 1951 rasant, ja richtig steil bergauf. Farbfilme aller Art waren gefragt, Heimatschnulzen (neudeutsch "Soap Operas") oder sonstige Traumtänze, Krimis und Actionfilme waren in. Die Besucher (und vor allen die tränenüberströmten Besucherinnen) waren begeistert. Doch jede Begeisterung wird schnell zur Normalität und wieder mußte irgendetwas Neues her.
Den Breitfilm im Format 1:1,88 gab es ja schon
In den Vorführräumen lagen meist mehrere Filmmasken bereit, um das jeweilige Format des Filmes optimal auf die Leinwand zu bringen. Doch so richtig beeindruckend war das immer noch nicht. Und so wurde in Amerika ein recht altes Konzept neu ausgegraben, die optische Kompression eines 1:2.33 breiten Film-Bildes auf ein 1:1 Filmfenster. Man brauchte dazu eine neue spezielle Optik.
Das Anamorphot war also gar nicht neu.
Neu war nur der Anspruch, auf riesigen Leinwänden oder Bildwänden ein scharfes klares und beeindruckend helles Bild zu projizieren. Und dazu brauchte man neue anamorphotische Optiken mit enormen Lichtstärken. Und zwar sowohl für die Aufnahme an der Kamera als auch für die Wiedergabe im Kino.
Und das Ganze sollte für die tausende von Kinos auch noch bezahlbar bleiben. Sicher war eine Alleinstellung ein paar weniger Lichtspiel-Paläste innerhalb eines Einzugsgebietes gewünscht, doch das Gewinnstreben der Studios erforderte dann doch möglichst viele dieser Cinemascope fähigen Kinos - auch auf dem Land.
Auch beim Fernsehen wurden Versuche gemacht
Lange bevor man an das 16:9 Fernseh- Breitbild- Format heran ging, wurde schon versucht, das Cinemascope Prinzip fürs Fernsehen zu verwenden. Eigentlich brauchte man ja nur das Filmkonzept zu übernehmen und das Aufnahmebild einer 4:3 Fernsehkamera gleichermaßen vorher zu stauchen. Nur war die Bildauflösung selbst der teuren Studiokameras noch zu gering und die Lichtempfindlichkeit dieser Fernsehkameras noch schwächer als beim Farbfilm und so wurde die optische TV-Lösung ein Flop. Die Aufnahmelinse brauchte noch viel mehr Lichtstärke als die vorhandenen normalen Zoom-Optiken und war damit riesen groß und sehr schwer.
Hier liegen 40 Jahre dazwischen
Wie weiter oben gesagt, sollten dann doch möglichst viele Kinos die neuen Cinemascope Filme zeigen können (oder dürfen), denn die anderen Filme hatten schon ganz schnell nicht mehr die Zugkraft. So gab es für die vorhandenen Projektoren jetzt neu ein normales 1:1 Standard Objektiv (geannnt Cinemascope- Optik) ergänzt mit einem Anamorphot-Vorsatz.
Nach wie vor gab es die 3 anderen normalen Optiken für die Wochenschau und die Kulturfilme und dann die Hauptfilme. Im damaligen UFA im Park in Wiesbaden, heute Caligari, hatten wir insgesamt 4 solcher einfachen Optiken pro Maschine. Das waren eine 1:1.37 Optik, eine 1:1.66 und eine 1:1.85 Optik und dann die 1:1 Cinemascope Optik und dazu das dicke Anamorphot.
Zwischen der optischen Auflösung dieser Objektive liegen Welten.
Als die ersten Cinamescope Filme heraus kamen, mußten die Bildwände dem Schärferadius des Anamorphots angepaßt werden. Die deutliche Wölbung der Bildwand war also nicht dem Zuschauer geschuldet, sondern der Schärfe des Films. Bei den Cinerama-Vorführungen sah man das noch viel deutlicher. Anfänglich hatten die Vorführer auch enorme Problem mit der Feinfühligkeit der Nachführung der Schärfe. Beim geringsten Verdrehen der Justageschraube war das gesamte riesige Bild unscharf.
Oft wußte man nicht, ob es am Film, am Objektiv oder am Vorführer lag, wenn das Bild nach wie vor unscharf war. Wenn dann noch die schwankende Lichtstärke der Kohlebogenlampe dazu kam, war mancher Filmgenuß leicht getrübt.
Was wir damals auch nicht wußten, war, daß die optische Auflösung dieser teuren Objektive, auch wenn sie von Carl Zeiss kamen, an der Grenze des technisch Möglichen lag. Da es zu der Zeit auch überhaupt keinen Vergleich gab, fiel nur auf, daß man in den ersten Reihen die grobe Körnigkeit des Films noch ganz deutlich sehen konnte und erst im hinteren Drittel des Saales das Bild in sich geschlossen erschien.
Wie zeigt man, was solch ein Anamorphot wirklich tut ?
Das Anamorphot spreizt ein Quadrat mit den 1:1 Seitenlängen in ein breites Rechteck mit den 1:2,35 Seitenlängen, so die Theorie. Selbstverständlich funktioniert das im Prinzip in beide Richtungen. Also vor der Kamera wird das Bild in der Waagrechten im Verhältnis 2,35:1 geschrumpft. Das kann man jetzt glauben oder aber versuchen, irgendwie anschaulich darzustellen.
Hier halte ich das kleinere Kino-Anamorphot vor einen historischen Prospekt eines IBM PC von 1983.
Oben erst mal der Prospekt in natura.
Darunter der Durchblick durch das Anamorphot.
Aus dem IBM XT PC ist ein IBM AT PC geworden
Ein etwas besseres Beispiel:
Mit einigem Kraftaufwand halte ich das doch recht schwere Anamorphot vor die Linse einer Digitalkamera und manipuliere so lange an der Entfernung und der Schärfe und dem Zoom, bis ich nach vielen vergeblichen unscharfen Versuchen endlich dieses Bild im Kasten habe.
Wenn mir noch bessere Fotos gelingen, hänge ich die hier hinten dran.
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