Zum Auffrischen und Erinnern . . . .
. . . sind diese Seiten hier gedacht, denn viele wissen nicht mehr oder noch nicht, wie es damals angefangen hat und wie das wirklich funktioniert mit dem Fernsehen, den Kameras, den Videorecordern, den Tonband- und den Magnetband- geräten aus alter Zeit. Viele Bilder können Sie durch Anklicken vergrößern.
Vorwort zur Vinten Story:
Diese Story ist aus dem Buch "Images of Success" und anderen Publikationen zusammengestellt. Durch die Vornamen ist es immer ein wenig verwirrend, wer denn nun Bill Vinten ist, der Vater oder der ältere oder der jüngere Sohn.
William Charles Vinten (der Vater) wurde 1880 geboren (gestorben 1937, Nov 16.). 1905 zu Weihnachten heiratete er Ellen. 1907 wurde die Tochter Maisie als erste von 5 Kindern geboren. 1909 wurde Charles, der älteste Sohn, geboren. Dann folgten später Tochter Jean, Pip und 1920 der jüngste Sohn Bill.
Sowohl der Vater (William Charles) wie auch die beiden Söhne (Charles der älteste und Bill der jüngste) wurde verwirrender Weise immer wieder "Bill" genannt und auch gerufen. Hier wollen wir auch etwas Klarheit bringen, denn es waren zwei Vintens als die Erfinder. Und es war etwas mühsam, das alles zwischen den Zeilen herauszufinden.
Also: Vater William Charles Vinten hatte bis 1936/37 die Ideen und das Sagen in der Firma. Dann übernahm der ältere Sohn vom kranken Vater das Sagen und auch die Entwicklung. Der jüngere Bruder war damals Kameraman bei der BBC und gab die entscheidenden Impulse und Gedankenanstöße aus der Praxis und sein Bruder realisierte das dann. Es gab also zwei Erfinder bei den Vintens.
Die Vinten-Historie (nach einer Vorlage aus dem Vinten Buch und einem Artikel von Franz Weich)
William Charles Vinten (1880-1937)
William Charles Vinten gründete als Dreizehnjähriger 1893 seine erste Firma "Halifax Brothers". Für ein englisches Sixpence reparierte er die Fahrräder seiner Freunde und Bekannten. Nicht lange danach trat als Mechanikerlehrling bei der Firma Vickers Ltd. ein. Trotz der enormen Arbeitszeit von ca. zwölf Stunden pro Tag schaffte er es, zuhause auf einer pedalgetriebenen Spitzendrehbank noch zusätzlich zu arbeiten, um ein bißchen Geld auf die Seite zu bringen. Sein nächster Job war in einer mechanischen Werkstatt, in der er sich um die Dreherei kümmerte.
Der Denkanstoß kam im Alhambra Kino
Eines Abends fuhr er mit dem Bus nach Willesden in Nordwest-London zum Leicester Square, um im "Alhambra Theater" eine Show zu sehen. Und an diesem Abend gab es im Alhambra-Kintopp (dem modernsten zu jener Zeit) das neueste in der Unterhaltungsindustrie: "Cinematographie" wurde dort demonstriert. Von da an war es um den jungen Vinten geschehen. Von nun an beschäftigte ihn nur noch Kinotechnik und Fototechnik.
Beim Kinopionier R.W. Paul bekam er eine Lehrstelle. Aber damit nicht genug, in seiner Freizeit arbeitete er für Charles Urban, der gerade mit der Erfindung seines Colorprozesses beschäftigt war. Vinten baute für Urban die Stanzwerkzeuge für die Filmperforation, und Urban war so beeindruckt von den fertigen Werkzeugen, von deren Präzision und hervorragendem Finish, daß er Vinten auf der Stelle einen Meisterposten in seiner Werkstatt anbot. Hier also begann der junge Vinten seinen nächsten Job, wahrhaftig ideal für den von Technik und Film Besessenen.
Eine Vorgschichte mit Farbfilmversuchen um 1900
Der »Kinemacolor Process«, an dem Urban arbeitete, basierte auf einem Patent von Marshall Lee und Edward R. Turner vom März 1899. Sie bauten ein rotierendes Filter vor die Kamera-Optik, das aus drei Farbsegmenten bestand: Rot, Grün und Blau. Es wurden auf diese Weise immer drei Farbauszüge hintereinander auf einen Schwarzweiß-Film belichtet.
Die fertige Kopie wurde auf einen dreilinsigen Projektor mit drei Bildbühnen projiziert, vor jeder Bildbühne wieder das entsprechende Farbfilter, so daß immer drei Farbbilder auf der Leinwand übereinander projiziert wurden und ein echtes Farbbild ergaben. Für das Verfahren wurde eine Kamera gebaut (1901) und ein Jahr später auch ein Projektor. Als Turner starb, erwarb Charles Urban die Patentrechte und tat sich mit einem Filmemacher aus Brighton (George Smith) zusammen, um die Experimente weiterzuführen. Leider entpuppte sich die glänzende Idee als technisch nicht praktikabel.
Da die ganze Filmtechnik ja darauf beruht, daß die Trägheit des Auges die Phasenbilder nicht mehr einzeln, sondern als kontinuierlichen Bewegungsablauf wahrnimmt, versuchte Smith dies durch eine höhere Geschwindigkeit des Filmdurchlaufes zu erreichen. Mit der Normalgeschwindigkeit (damals 16 Bilder/s) wurde mit den drei verschiedenfarbigen Bildern hintereinander nur ein fürchterliches Durcheinander von Farbflecken erzielt. Erst bei 48 Bildern pro Sekunde beruhigte sich das "Bild" und wurde zu einer erträglichen Filmvorführung. Allerdings war diese Geschwindigkeit weder dem Material noch den Projektoren zuträglich.
1906 kamen Smith und Urban auf eine Idee, die zum ersten Mal einen praktisch durchführbaren farbigen Filmprozeß ermöglichte. Wenn sie nur zwei Grundfarben benutzten, nämlich Rot und Grün, konnten sie immer noch ein Farbbild von erstaunlicher Farbrichtigkeit erzielen. (http://www.charlesurban.com/color.htm)
1909 - Vinten macht mit beim Kinemacolor-Verfahren
Smith ließ sich die Zweifarben-Methode im November 1906 patentieren. Bei einer Vorführgeschwindigkeit von 32 Bildern pro Sekunde entstand durch die alternierenden roten und grünen Bilder auf der Leinwand ein Farbbild von erstaunlicher Qualität und mit nur geringem Flickern der Farben. Der neue Prozeß wurde Kinemacolor genannt und wurde von der Royal Society of Arts am 9. Dezember 1908 erstmals öffentlich demonstriert.
Die Kinemacolor-Technik trat einen wahren Siegeszug an. Eine der ersten Kinemacolor- Großproduktionen war ein umfassender Bericht über die Krönung von König George V. und die Flottenschau, uraufgeführt am 28. Juni 1911.
Als Ende 1912 eine große Dokumentaion über den Bau des Panamakanals gezeigt wurde, schrieb die "Pall Mall Gazette" begeistert: Kinemacolor... eilt von Triumph zu Triumph. Nach einem beispiellosen Erfolg mit dem wunderbaren Durbar-Film begeisterte es gestern nacht ein riesiges Publikum mit dem nicht weniger erstaunlichen Bildwerk über den Bau des Panamakanals.
Nach der Gründung der "Natural Color Kinematograph Company" bot Urban Charles Vinten (dem Vater) die Chance, einen Teil des Urbanora-Hauses zu pachten und sich selbständig zu machen. Vinten kratzte sein ganzes Geld zusammen und etablierte seine Firma "William Vinten Cinematograph Engineers" mit dem hauptsächlichen Geschäftsziel, Service für Kinokameras durchzuführen.
Einer seiner ersten Aufträge, persönlich angeboten von Charles Urban im Dezember 1909, lautete über fünfundzwanzig Kinemacolor-Projektoren, das Stück zu 28 Pfund Sterling. Wenn man davon ausgeht, daß ein gelernter Mechaniker zu jener Zeit etwa zwei bis drei Pfund pro Woche verdiente, dann war das ein guter Anfang.
Die ersten Vinten-Patente
Es dauerte nicht lange und Vinten hatte sich einen exzellenten Ruf für seine Präzisionsarbeit erworben. Auch die Polarforscher Earnest Shackleton und Robert Scott kamen zu Vinten in die Werkstatt, um sich ihre optische Ausrüstung, die ja selbst bei den tiefsten Temperaturen noch funktionieren mußte, bauen zu lassen.
Für "Universal Newsreel" entwarf Vinten eine Filmentwicklungs- maschine und noch kurz vor dem ersten Weltkrieg erhielt er zwei Patente für eine Präzisions- Ganzmetallkamera (die später Modell C genannt wurde) und einen Brandschutzapparat für Kinoprojektoren. In der damaligen Zeit der Nitrofilme war das sicher ein sehr wesentliches Gerät.
Dann brach der 1.Weltkrieg aus und Kinokameras und Projektoren standen auf der Liste der Kriegsproduktionen ziemlich weit unten. Maschinengewehre waren gefragt und Kameras für die Flugzeugaufklärung, ein völlig neuer Produktionszweig, der auch später noch eine wesentliche Rolle in der Geschichte der Firma Vinten spielen sollte.
1922 - Vintens Filmbilder aus der Luft
Eine der ersten Flugmaschinen, die mit einer sogenannten "Aufklärungskamera" von Vinten ausgerüstet war, wurde von Claude Friese-Greene geflogen (dem Sohn von William Friese-Greene), Fotograf und Erfinder, der sich schon vor der Jahrhundertwende mit der Herstellung von Kinokameras und Projektoren befaßt hatte. Etwas später wurde eine Weitwinkelkamera entwickelt und dann eine 35mm Film Fotokamera, um Luftaufnahmen zu machen.
Die ersten Nachkriegsjahre (des 1. Weltkriegs) allerdings schienen die Vinten-Erfolgsstory zu beenden. Weltweite Wirtschaftsflaute und Inflation und natürlich vor allem die Dominanz der Amerikaner in der Filmindustrie bekam auch Vinten zu spüren. Kriegsgerät war nicht mehr gefragt und die Verkäufe gingen zurück.
1922 arbeitete William Charles Vinten nur noch mit drei Mann in seiner Firma. Als Zulieferer für die Autoindustrie und durch die Herstellung von Präzisionswerkzeug für das Goldschmiede- und Juwelierhandwerk hielten sie sich über Wasser.
Vinten baut 35-mm-Kinokameras
Obwohl Vintens Ganzmetall-Kinokamera Modell C von der technischen Fachpresse als wegweisend und hervorragend gefeiert wurde, war sie wohl für den gewohnten Standard der damaligen Kameramänner zu sehr ein Präzisionsinstrument und ihrer Zeit voraus, sie wurde also nicht benutzt und damit nicht verkauft. Sicher spricht es für die Konstruktion und Bauweise der Modell C-Kamera, daß einige davon bis in die frühen fünfziger Jahre in Gebrauch waren.
Die Arbeit für andere Industriezweige sicherte die Existenz der Firma, aber Vater Vinten glaubte immer an die Möglichkeiten des Films.
1924 - die William Vinten Ltd. wird gegründet
1924, die große Depression war immer noch nicht überwunden, gründete Vinten die William Vinten Ltd., und innerhalb von vier Jahren wuchs der Auftragsbestand so sehr, daß die alten Fertigungsstätten aus allen Nähten platzten. Vinten mußte in ein neugebautes Fabrikgebäude nach Cricklewood, an Londons North Circular Boad, umgeziehen.
Hier wurde für die (englische) Marine eine Highspeed-Kamera entwickelt, eine verbesserte Version davon als Highspeed-Aufklärungskamera für die Royal Air Force gebaut und die 35mm Kinokamera Modell H projektiert. Übrigens war die erste Unterwasserkamera, die Hans und Lotti Hass verwendeten - eine umgebaute Vinten-Kamera - vom gleichen Typ, der auch an die englische Marine geliefert wurde.
1933 Das Fernsehen in England begann
Eine völlig neue Phase der Entwicklung begann 1933. In diesem Jahr wurde in England das erste öffentliche "Televisionssystem" geplant. Drei verschiedene Systeme standen zur Debatte. Ein vollelektronisches System der Marconi/EMI Gruppe, ein ebenfalls elektronisches System der Cossor-Organisation mit einem unterschiedlichen Abtaststandard und das mechanische Laufscheibensystem (Nipkow-Scheibe) von John Logic Baird.
Bairds Arbeit war bereits 1928 in den Presse-Schlagzeilen gewesen, als ihm die erste "Television" eines Bildes von London nach New York gelang. Jetzt arbeitete er an einer Abtasttechnik für Film, mit dem Vorteil, dabei mehr Licht zur Verfügung zu haben als vollelektronische Systeme, die nur mit Tageslicht arbeiten konnten. Der Nachteil war, daß damit keine aktuellen Sendungen möglich sein würden.
1934 allerdings hatte Vinten dann eine Highspeed- Entwicklungs -maschine für Film perfektioniert, die es möglich machte, den belichteten Film sofort zu entwickeln und schon 22 Sekunden nach dem Ereignis durch den Abtaster laufen zu lassen. Vom britischen Postministerium wurde jedoch ein vollelektronisches System ausgewählt; News Studio und Sendestation befanden sich im Alexandra Palace in London. Von hier aus nahm die Television ihren Weg.
Sensationell war eines der ersten wirklich langbrennweitigen Aufnahmegeräte. Vinten baute eine 56"-Optik (immerhin 140cm lang) an eine seiner Kameras der H-Reihe und so konnte "Pathe News" eine Nahaufnahme des Königs während einer Truppenparade in der Mall drehen und senden. Die große Masse des Publikums allerdings hatte keinen Anteil an all diesen technischen Neuigkeiten und Sensationen.
Ein Fernsehempfänger tauchte (wie auch in Deutschland) nicht mal in den extravagantesten Träumen des Normalbürgers auf. Die Geräte, die 1936 in England auf dem Markt waren, kosteten 89 Pfund für ein Baird Modell T5 für den Empfang des Baird 240 Linien Bildes oder des EMI 405 Linien Bildes auf eine Monitorgröße von 12 x 9". Oder 142 Pfund für ein PYE Modell 4200 mit einem Rundfunkempfänger für alle Frequenzen und einem Plattenwechsler. Der Durchschnittswochenlohn für die Glücklichen, die Arbeit hatten, betrug 3 Pfund und 10 Schillinge!
1937 - Generationswechsel - William Charles Vinten stirbt
1937 starb William Charles Vinten, erst 57 Jahre alt.
Sein ältester Sohn, Charles Vinten, der 1927 in die Firma eingetreten war, wurde Managing Director. Im folgenden Jahr gelang der Firma Vinten eine neue mechanische Glanzleistung: die HS 300 wurde vorgestellt - die erste 35-mm-Kamera der Welt, die mit intermittierendem Transportsystem bis zu 300 Bilder pro Sekunde aufnehmen konnte. Sicher eine erstaunliche Tatsache, wenn man sich in Erinnerung ruft, daß die Kinotechnik nicht viel älter als runde vierzig Jahre war. Das erste Modell der HS 300 steht heute im Wissenschaftlichen Museum in London.
1939 - der 2. Weltkrieg bricht aus
Wieder ein Jahr später war der Prototyp einer Spiegelreflex- kamera fertig, aber dann - das war 1939 - brach der 2. Weltkrieg aus. Wie so vieles, wurde auch die Spiegelreflexkamera nicht gebaut.
Erst nach dem Krieg wurde die Produktion aufgenommen. Ebenso wurden die Arbeiten an den verschiedenen Fernseh- systemen eingestellt. Die Elektroniker hatten Wichtigeres zu tun, als sich um die Unterhaltungsindustrie zu kümmern. Sie entwickelten jetzt Radarsysteme.
Die Firma Vinten baute während des Krieges Luftaufklärungs- kameras in großen Stückzahlen und entwickelte die Spiegelreflex weiter.
Hier die Vorschau auf die nächste Seite der Vinten Story:
Nach 1945 liefen die Verträge mit dem Militär für die Aufklärungs- kameras aus (wie zum Beispiel auch bei Ampex in Amerika die Produktion von Motoren) und die Produktion der neuen »Everest« genannten Kamera begann. Entwicklungs- und Kopiermaschinen mit höherer Geschwindigke wurden gebaut, ebenfalls verschiedene bereits vor dem Kriege entworfene Schwenk- und Neigeköpfe ins Produktionsprogramm aufgenommen.
Für die ersten fünf, sechs Jahre nach Kriegsende waren dies die wesentlichen Produkte, die die Firma in ständig steigender Stückzahl produzierte. In diese Zeit fiel auch der Bau der ersten »Photofinish«-Kamera und einer TV-Telekamera mit der - besonders wichtig für die Briten - die Hochzeit von Prinzessin Elisebeth und Prinz Philipp aufgezeichnet wurde.
1950 - Stative, Neige-Köpfe, Kräne, Pedestals
1950 traten zwei Ereignisse ein, die für die Weiterentwicklung der Firma Vinten von entscheidender Bedeutung waren: die Produktion und Entwicklung von Luftaufklärungskameras für das Militär wurde wieder aufgenommen, und Vinten konnte sich dabei im internationalen Maßstab profilieren.
Gleichzeitig wurde das TV-Programm bei der BBC immer umfangreicher, der Bedarf an Geräten immer größer. Und Vinten war ein wohlbekannter Name für die Herstellung von Filmgeräten und Neigeköpfen für Kinokameras. Also beschloß man bei der BBC, diese Köpfe (auch) für die Televisionskameras zu kaufen.
Daß für das gewaltige Gewicht und die Größe der damaligen TV-Kameras die Anforderungen an die Kamerahalterungen noch größer sein würden als bei 35 und 70mm Filmkameras war eine Erkenntnis, die am Anfang vielleicht überraschte. Aber durch die gute Zusammenarbeit von BBC und Vinten wurde die Erkenntnis sehr schnell in neue Entwürfe und Ideen umgesetzt.
1951 Der Pathfinder wird geboren
1951 wurde Vinten von der BBC beauftragt, einen motorisierten Kamerakran zu entwickeln und zu produzieren. Der "Pathfinder" war einer der ersten Entwicklungen in dieser Richtung, ein Kran mit Elektromotoren, die die notwendigen Bewegungen über Hydrauliksysteme und Federdämpfungen lieferte. Ein Fahrgestell sorgte für die Mobilität, und eine Kameraplattform nahm den Kameramann sowie die sehr schweren Televisionskameras auf.
1952 - Bill Vinten (jun.) kommt in die Firma
Ein Jahr später kam auch der zweite (jüngste) Sohn von Vater William Charles Vinten in die Firma, William »Bill« Vinten. Er war ausgebildeter Ingenieur und hatte zwölf Jahre lang in verschiedenen Filmstudios gearbeitet, unter anderem auch als Kameramann bei der BBC.
Das war natürlich ein idealer Background für seine Arbeit in der Firma, der sich in den folgenden Jahren auch im Entwurf und in der Entwicklungsbegleitung von Kamerahalterungen niederschlug.
Dazu hatte die (staatliche) BBC sehr schnell einen weltweit hervorragenden Ruf für die hohe Qualität der dort produzierten frühen Fernsehprogramme. Und auch der BBC-Standard in Studioausrüstung wurde mehr oder minder zum Maßstab für Studioequipment, wo immer ein TV-Studio eingerichtet wurde.
Da bei der BBC fast exklusiv (mitentwickelte) Vinten- Kameraaufhängungen, Köpfe und Kräne benutzt wurden, war dies natürlich ein idealer Multiplikator für die immer größer werdende Produktpalette von Vinten.
Mitte der 50er - Eine Koperation: Vinten-Mitchell Ltd. und Mitchell-Vinten Corp. USA
Ende der fünfziger Jahre begann die enge Zusammen- arbeit mit der amerikanischen Firma Mitchell. Fast zufällig hatte sich dies ergeben, als Bill Hakes, Geschäftsführer bei Vinten, bei seinen regelmäßigen Besuchen in New York und Hollywood und bei den Konferenzen der NAB (National Association of Broadcasters) mit der Mitchell-Geschäftsführung ins Gespräch kam. Die Produkte der beiden Firmen auf dem Gebiet der Studiotechnik und der Film- und TV-Produktion schienen sich ausgezeichnet zu ergänzen.
Das Resultat war »Vinten-Mitchell«, ein gemeinsames Tochterunternehmen der beiden Firmen, welches die Entwicklungsund Designabteilungen, die Produktionsanlagen und die Marketing-Möglichkeiten in beiden Ländern für die Mitchell- und Vintenprodukte zugänglich machte. Für die europäische Seite des Marktes einschließlich Großbritannien und Teilen des Commonwealth hieß die Firma »Vinten-Mitchell«, für die USA war der Firmentitel »Mitchell-Vinten Corp.«.
Die geschäftliche Situation stellt sich also rundum recht positiv dar: Zusammenarbeit auf internationaler Basis mit der Mitchell Corporation und der ständig wachsenden British Broadcasting Corporation, und dazu ein stetig steigender Export.
Die Produktion wuchs. Auch die Cricklewood Factory war zu eng geworden, und Vinten zog im Oktober 1964 nach Bury St. Edmunds in Suffolk in ein neuerrichtetes Fabrikgebäude.
1957 - Die berühmte "Vinten Pumpe" kommt raus
Im Jahr 1957 stellte die Firma Vinten ein völlig neues hydro- pneumatisches Stativ (Pedestal) mit einer enromen Tragfähigkeit von bis zu 250 Kilo vor. Eine schwere Fernsehkamera konnte ca. 75cm federleicht rauf und runter bewegt werden und die perfekte Balance wurde durch Gasdruck und Hydraulik erzielt.
Inzwischen ist man von der hydraulischen Komponente ganz abgegangen und arbeitet nur noch mit komprimiertem Stickstoff. Gasvorratsbehälter unter hohem Druck dienen als Energie- speicher für den Balancekolben. Der Druck wird justiert, bis eine ungefähre Balance erreicht ist, die Feineinstellung erfolgt mittels Bleigewichten. Über Reduktionsventile wird der verdrängte Stick- stoff beim Absenken der Kamera wieder in den Vorratsbehälter zurückgedrückt. Stickstoff reagiert nicht mit Metallen und ist daher ein für diesen Zweck idealer Energieträger.
Der Gasvorrat ist so bemessen, daß er über viele Jahre (wie man inzwischen weiß) seine Funktion erfüllt. Der Arbeitsdruck ist bei den verschiedenen Modellen zwischen 80 PSI (Pound per Quadratzoll) und 636 Pound - dies sind immerhin 44 bar. Der Grund dafür ist ganz einfach Platzersparnis. Bei höheren Drücken kommt man mit kleineren Vorratsbehältern aus.
Zwischendurch wurden auch Pedestals mit Federbalance- Systemen gebaut, und auch welche mit Seil-Zug gesteuertem Gewichtsausgleich. Aber die Federsysteme waren schwer zu beherrschen und zu steuern und sie waren in der Bewegungsfreiheit pneumatischen Systemen deutlich unterlegen.
Die Mobilität der Pedestals ist durch ein Dreipunkt-Fahrgestell gewährleistet. Über eine Kettensteuerung werden drei Räderpaare gelenkt, und das Pedestal kann in jede beliebige Richtung manövriert werden; es können aber auch zwei Räder festgestellt werden, und das dritte Radpaar funktioniert dann wie ein einfaches Lenkrad.
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Ein Kran wird vorgestellt - der "Crab Crane"
Anfang der sechziger Jahre wurde der erste vollmotorisierte "Crab Crane" (engl. to crab - wie eine Krabbe seitlich laufen) vorgestellt, der von einer Zweimann-Crew bedient werden konnte - der "Heron Crane"!
Daraus wurde der Mark II und Mark III weiterentwickelt, beide mit einer ingeniösen Art des Antriebs. Mittels einer geblimpten Elektromotor-Pumpeneinheit wird ein pneumatischer Druck aufgebaut, der wiederum eine Hydraulik betreibt, die den Jibarm heben oder senken kann und auch über Hydraulikmotoren die diagonal gesetzten Antriebsräder des Krans aktiviert. Weil der Kameramann für die auch damals schon häufiger verwendeten Zoom-Objektive beide Hände brauchte, wurde der Mark III mit Steuerpedalen für die Kamerahöhe und das Schwenken ausgerüstet.
Nach dem Vinten Mark IM war der nächste Schritt dann ein Kran, auf dem nur noch die Kamera durch die Lüfte schwebte oder über den Boden kroch - fernbedient vom Kameramann, der das Ganze über ein hydraulisches System und einen Monitor steuern und dabei am Fuße des Krans bequem sitzen konnte. Dieser »Peregrine« wurde 1966 bei BBC eingeführt und war für seine Zeit schon eine technische Meisterleistung. Auf einem Chassis von sechs Rädern konnte der Peregrine in jeder Richtung fahren. Auf dem Chassis befand sich ein Drehkranz, der es ermöglichte, den ganzen Kran um volle 360 Grad zu schwenken.
Die Fahrtgeschwindigkeit betrug bis zu 6 km/h und in sechs Sekunden konnte eine ganze Umdrehung ausgeführt werden. Der Kran trug 70 Kilogramm und konnte eine Kamera von ca. 40cm über dem Boden bis zu vier Meter hochheben, Außerdem war es möglich, die Kamera bis zu 330 Grad rotieren zu lassen und bis zu 65 Grad aus der Horizontalen zu schwenken. Alles, wie gesagt, ferngesteuert von einem Dual-Kontrollsystem mit zwei Bedienern. Zwei 8"-Monitore zeigten dem Kameramann exakt, was die Kamera aufs Bild bekam.
Anfang der 70er Jahre
Die frühen siebziger Jahre, mit Ölkrise und hohen Inflationsraten, waren auch bei Vinten zu spüren. Die Aufträge gingen zurück, die Produktion wurde eingeschränkt. Bei Vinten mußte man zwar nicht, wie damals 1920, sein Brot mit branchenfremden Lohnaufträgen verdienen, aber immerhin mußten von der auf 380 Mitarbeiter angewachsenen Belegschaft 80 Kollegen entlassen werden.
Die Firma Vinten hatte ja stets ein sehr breites Fertigungsprogramm, obwohl die Produktion der eigenen Kinokamera bereits 1955 eingestellt worden war. Da waren immer noch die Entwicklungs- und Kopiermaschinen, eine 16mm Video Recording Camera, die speziell entwickelt worden war, um ein Videobild auf Film zu übertragen, und Kamerakräne, Pedestals, Schwenkköpfe und Stative der verschiedenen Größen.
1975 - Lob und Ehre und ein Ausblick
1975 wurde Vinten von der »Guild of Television Cameramen« deren Preis für die Entwicklung des Fulmar-Pedestals zugesprochen. Die Öko-Krise Anfang der siebziger Jahre ging zu Ende, die Wirtschaft kam wieder etwas in Schwung, und auch für Vinten schien die Flaute zu enden.
Das neue Fulmar erwies sich als Erfolg. Die hohe Ladekapazität - bis zu 158 kg - konnte durch ein präzises pneumatisches System bis aufs Gramm ausbalanciert werden. Auch hier wurde und wird Stickstoff unter hohem Druck als Energieträger verwendet.
Trotz harter Konkurrenz von amerikanischen Firmen gelang es Vinten, das neue Pedestal in den amerikanischen TV-Markt zu bringen. 70 Prozent des weltweiten Bedarfs an Television- Kamera-Mountings werden von Vinten gedeckt. Andere Quellen sprechen euphorisch von 90% und einer nahezu marktbeherrschenden Stellung. Die BBC arbeitet sowieso ausschließlich mit Vinten-Produkten, und dies scheint für den Rest der Welt eine großartige Empfehlung zu sein.
Wir schreiben jetzt 2008
Inzwischen sind alle Vintens aus der Geschäftsleitung ausgeschieden und jüngere Gesichter aus der Mannschaft haben das Sagen. Nach wie vor hatte die Firma Vinten eine glückliche Hand auch bei der Aquisition und Übernahme der Firmen wie Gitzo (Paris) und Manfrotto (Florenz). Man darf es fast nicht laut sagen, jetzt sind die Vintens im Broadcastbereich wie auch im Profibereich Weltmarktführer und zwar überall.
Der letzte der Vintens, der jüngste Sohn Bill Vinten, gab 1992 mit 72 Jahren den Chefsessel frei. Es war eine gute Entscheidung. Manche weisshaarigen Männer klammern sich mit aller Gewalt an vermeintliche Chefsessel wie der alte Max Grundig und auch ein paar 80jährige im ehemaligen inzwischen (in 2010) aufgelösten Wiesbadener Fernsehfundus.
Der gesamte Geräte-(Requisiten-) Bestand ist an die Stadt Wiesbaden übergeben worden und seitdem irgendwo "vergraben". Gesehen hat man von den tollen Exponaten nichts mehr. (Stand Juni 2018). Und ausleihen oder gar besichtigen ist auch nicht mehr möglich.
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Zum Glück sind seit etwa 2008 fast alle ausgesonderten nicht mehr gebrauchten Requisiten bei uns hier in Wiesbaden-Bierstadt gelandet und stehen den Filmgesellschaften zur Verfügung.
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