Trauriger Nachtrag im Nov. 2014 (†)
Mr. Ampex - Tomislav Marjanovic (geb. Feb 1932) wohnte zwar hier bei uns in Wiesbaden, ist aber im November 2014 nach einer etwas längeren schweren Krankheit mit 82 Jahren in seiner Heimat Kroatien verstorben.
Im Bild rechts : Tom strahlte noch im Juni 2014 bei Tee und Kuchen bei uns in der Redaktion in Wiesbaden auf der Terrasse und schwärmte von seinen Plänen. Doch er ahnte, daß es damit nicht mehr viel werden würde. Es war der viel zu hohe Preis dafür, daß er in seinen jungen Jahren (und auch später) viel zu viel wie ein Schlot gepafft hatte.
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Tomislav Marjanovic
Es gab bei uns nicht viele, die einigermaßen verständlich "Technik" erklären konnten. Und nach dem Militär bin ich in die damalige Rundfunktechnik abgewandert, denn dort gab es auch nicht viele, die so etwas konnten. Durch ein peinliches Versehen eines Tontechnikers, er hat die Tonbänder mit einer Rede Titos in der Reihenfolge verwechselt und er wurde sofort gefeuert, bekam ich seine Stelle bei Radio Zagreb.
In Jugoslawien gab es neben Belgrad noch zwei weitere Radiostationen mit Studios, das war Zagreb und Lubiljana. Aber die Programme kamen zu meiner Zeit alle aus Belgrad, wir hatten kein Equipment.
Als das Fernsehen so um 1954 auf kam, bekamen wir in Belgrad und auch in Zagreb von Thomsen aus Frankreich mehrere Kameras und auch zwei Filmgeber (16mm und 35mm) "geliehen". (Ich vermute, die wollten die Geräte an uns verkaufen.)
Doch bei uns war so gut wie alles eine politische Entscheidung und aus irgend einem Grund wollte Tito den "Freunden" in Moskau zeigen, wie weit er sich abzukoppeln gedachte und kontaktierte die RCA Fernseh Mannen aus USA.
In Zagreb sollte also ein Fernshestudio mit RCA Geräten gebaut werden, in Belgrad natürlich auch, ich war aber in Zagreb. Und wir hatten überhaupt keine Ahnung, wie das denn nun gehen könnte.
Also einer von uns oder eigentlich mehrere mußten zum Klassenfeind nach USA und dort lernen, wie das alles funktionierte. Wir wurden dann von RCA zu einem 12 Wochen Kursus über Weihnachten 1956 eingeladen.
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Tomislav in Amerika Weihnachten 1956
Damals war es für mich ein phantastisches Abenteuer und eine große Herausforderung zugleich, in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu kommen, und sogar vom (auch bei uns weltbekannten Elektronik- und Technologie-) Riesen RCA selbst eingeladen zu werden, und dann auch noch an einer völlig neuen Technologie mit zu machen. Ich hatte doch in der Schule weder Deutsch noch Englisch gelernt (lernen dürfen).
Bei uns in Yugoslavien hatte 1956 die USA einen Nimbus von unerreichbarer Größe und Ferne und ganz extrem wenige konnten es sich überhaupt vorstellen, jemals in die USA reisen zu dürfen oder sogar zu fliegen. Meine erste Schiffseise 1956 dauerte jeweils 3 Wochen je Strecke.
Die unglaublichen Erzählungen mancher Emigranten aus dem England des 18 Jahrhunderts konnten wir damals auch bei uns in Büchern lesen. Es war einfach ein unvorstellbarer Traum, einmal mit dem Schiff in New York an der Freiheitsstatue vorbei zu fahren, alle mussten da vorbei, es war absolut bewegend.
Es war also (für mich und die 11 Anderen) etwas ganz Besonderes, 1956 rüber zu "dürfen". Für die Amis war ich ein (böser?) Kommunist, für uns waren die Amis bislang die (ebenso bösen?) Klassenfeinde. Wir waren nur insgesamt 12 Techniker - sogar aus dem Iran und aus dem Libanon - und wir wurden alle sehr freundlich aufgenommen.
Die ersten 4 Wochen sind wir alle (auch die Kommunisten aus dem Ostblock) von unseren RCA Betreuern durch fast ganz Amerika (getourt) geführt worden, zu den großen US Sendern an der Ostküste wie CBS und NBC in New York bis zu den Fabriken an der Westküste, zu den RCA Labors von Princeton (an der Ostküste), in deren Nähe (an der Universität) auch Albert Einstein noch wohnte und zu all den anderen wichtigen Forschungsstätten.
Auch der damals wie heute sehr beeindruckende Besuch des Empire State Buildings war im RCA Promotion- Proramm mit eingeschlossen. Wir bekamen den Mund nicht mehr zu. Das damalige Programm bewahre ich heute noch wie einen Schatz. Jeder einzelne Tag und jedes Ziel war aufgeführt.
Dann wurde gelernt (richtig gebüffelt), wie solch ein Fernsehstudio aufgebaut war und wie es innen funktionierte. Es war nicht einfach, denn wir sprachen recht wenig englisch und wir hatten bisher nur Tonstudios gekannt.
Unsere Betreuer waren übrigens ganz normale Amerikaner und viele von uns wurden von unseren Gastgebern zu Weihnachten zu sich nach Hause eingeladen. Ich war auch eingeladen, doch in meinem Hotel war am Abend des 24.12.1956 bei dem vereinbarten Anruf keiner von den Angestellten mehr da und ich hörte es klingeln, konnte aber nicht ran. So war es ein sehr einsames Weihnachten 1956 so weit weg von zu Hause, denn nach Hause telefonieren wie heute, das war damals nicht. In Jugoslawien hatten die Wenigsten ein Telefon - weder im Haus oder seltenst in der gesamten Straße.
Die zwölf Wochen gingen rum und wir mußten und wollten wieder nach Hause, in gespannter Erwartung, was denn nun auf uns zu kommt.
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Ein neues Fernsehstudio in drei Monaten
Wir waren nach diesem unglaublichen Erlebnis und nach wiederum 3 Wochen Seereise kaum wieder zu Hause, da kamen die Kisten von RCA mit den Geräten und eine Masse von Kabeln und Steckern. Nichts war fertig konfektioniert so wie heute, Wir mußten anfangen, die Geräte an die vorgesehenen Orte zu stellen, und dann nach den Schaltplänen die vielen vielen Kabel mit den Steckern zu verlöten. Ich war im Studio Zagreb ganz alleine für den gesamten Bereich Bild zuständig. Die anderen machten Ton, der Rest der USA Besucher baute in Belgrad.
Und wir haben es geschafft, innerhalb von 3 Monaten ein Fernsehstudio zu bauen, aus dem Nichts heraus und nur mit der Theorie aus den USA im Kopf. Vor allem, wenn wir die edlen Messgeräte-Parks der RCA Labors gesehen hatten, dann fiel uns ja jedesmal die Kinnlade runter. Hier wieder zu Hause hatten wir das doch alles nicht. Und wir haben es trotzdem geschafft.
Merkwürdiger Weise hatten ich vom Bild keine Probleme, die Kollegen vom Ton jedoch große. Erst unser "fachfremder" Tip (wir machten ja "nur" Bild), doch mal die Erde (Masse) aufzulegen, behob schlagartig deren Probleme und schaffte Anerkennung unter gleichwertigen Kollegen.
Rechts oben das Bild unseres gesamten "Studio Zagreb" Teams samt Sprecher und Kameraleuten, also einfach alle. Mich sehen Sie als Zweiten von rechts.
Doch die Freude hielt bei mir nicht lange an, denn, machten doch selbst die besten Ingenieure mal einen Fehler, wurden sie gnadenlos gefeuert und "einer aus der Partei" stand schon in den Starlöchern, den gut dotierten Platz einzunehmen. Heute spricht man von einem Schleudersitz. Und Fehler beim Fernsehen passieren nun immer mal wieder.
Ich bin ausgestiegen aus dieser Abschußrampe, vorsichshalber, und habe mich selbständig gemacht mit der Reparatur der damals neuen Fernsehgeräte.
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