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Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45

Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Die Bedeutung der Geschichte der Kinotechnik

23. Jahrgang Heft 11 / November Berlin 1941 - von R. Thun, Schöneiche

Die Bedeutung der geschichtlichen Entwicklung der einzelnen Zweige der Technik wird immer mehr erkannt. Es soll hier von dem Einfluß technischer Fortschritte auf die allgemeine politische und wirtschaftliche Geschichte abgesehen werden, wie er für Buchdrucktechnik, Feuerwaffen, Dampfmaschine, Verkehrswesen, seit langem anerkannt ist.

Auch dem Film ist ein großer derartiger Einfluß zuzuschreiben, es muß jedoch der Zeit nach dem Kriege vorbehalten bleiben, hierauf näher einzugehen.
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Geschichtliche Prioritätsstreitigkeiten

Eine nicht zu unterschätzende Anregung zu geschichtlichen Betrachtungen sind Prioritätsstreitigkeiten. Bei diesen wird meistens die eine oder andere Beziehung in den Vordergrund der Betrachtung gerückt, um die „erste Vorführung" oder den „ersten Apparat" dem einen oder dem anderen zuschreiben zu können.

Es ist zwar verdienstvoll, die überhaupt bestehende Möglichkeit der Durchführung eines neuen Prinzipes durch einen an sich noch mangelhaften Versuch nachzuweisen, es wird jedoch immer mehr anerkannt, daß das größere Verdienst in der Entwicklung zu einer wirklichen Brauchbarkeit zu sehen ist.

Jeder neue Zweig der Technik baut sich auf einer Reihe von Vorversuchen auf, und es ist meistens nur mit einer gewissen Willkür möglich, einen bestimmten Punkt dieser Entwicklung als den einzig wahren Anfang dieser Technik zu bezeichnen.

Je nach dem, ob für den Kinematograph als wesentlichste Eigenschaft angesehen wird, daß überhaupt ein sich bewegendes Bild gezeigt wird, oder daß dieses Bild durch schnell wechselnde Phasenbilder erzeugt wird, oder daß eine länger dauernde Handlung dargestellt wird, oder daß eine photographische Vervielfältigung erfolgt, oder daß eine solche Güte der Wiedergabe gewährleistet ist, daß auch ein gewisser künstlerischer Genuß mit der Betrachtung der Bilder verbunden sein kann, je nach dem so bestimmten Standpunkt ist die eine oder andere Erfindung als wesentlich für den Anfang der Kinotechnik anzusehen.

Alle Prioritätsstreitigkeiten, die auf solchen Unterschieden der Beurteilung beruhen, sollten nicht zu ernst genommen werden.
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Auf die Bedeutung der Verbesserungen konzentrieren

Um so wichtiger ist, die Bedeutung derjenigen Verbesserungen klarzustellen, welche die Brauchbarkeit der technischen Mittel bedingen. Für den Kinematographen waren zwei Aufgaben entscheidend: Ausreichende Lebensdauer der Filme und Flimmerfreiheit.

Bei den ersten Apparaten, die eine größere Verbreitung fanden, wurde der Film infolge Fehlens eines Vor- und Nachwicklers und der noch unzweckmäßigen Filmführung bei der Vorführung sehr stark beansprucht, so daß er nur eine kleine Anzahl von Vorführungen aushielt.

Das spielte im Anfang keine Rolle, das „Filmprogramm" hatte nur eine Länge von etwas über hundert Meter, und die Vorführungen waren gut besucht. Es war deshalb berechtigt, wenn in den Anfangsjahren des Filmes dieser nur als eine vorübergehende Erscheinung angesehen wurde.

Es bedurfte erst einer sorgfältigen und ausdauernden Entwicklungsarbeit, bis die technischen Hilfsmittel geschaffen wurden, die eine ausreichende Lebensdauer des Kinofilms gewährleisteten und damit eine wirklich lebensfähige Filmindustrie ermöglichten.

Auch für den heutigen Filmtechniker ist es anregend, diesen Entwicklungsgang zu verfolgen. Leider sind unsere Kenntnisse über die Einzelheiten der Entstehung der bis heute bewährten Bauarten noch mangelhaft, denn die geschichtlichen Betrachtungen waren meistens zu stark auf die Vorgeschichte des Filmes abgestellt und gingen auf die Entwicklung einzelner Verbesserungen weniger ein.

Die Beseitigung des Flimmerns

Von gleicher Bedeutung war die Beseitigung des Flimmerns. Ohne diesen technischen Fortschritt wäre der Film auf die Dauer nicht lebensfähig geworden. So einfach heute die Lösung durch die mehrflügelige Blende erscheint, so bedurfte es doch einer mehrjährigen Arbeit, ehe diese Verbesserung gefunden und eingeführt wurde.

Nach unserer heutigen Kenntnis wurde die dreiflügelige Blende 1901 von dem Berliner Mechaniker Th. Pätzold gefunden und von Oskar Meßter Anfang 1902 in die Praxis eingeführt. Erst 1910 lieferte Marbe in seiner Schrift „Theorie der kinematographischen Projektion" die wissenschaftlichen Unterlagen für die inzwischen allgemein eingeführte Mehrfachblende.

Die näheren Einzelheiten dieser Entwicklung sind auch heute noch wenig bekannt, und es können erst weitere Untersuchungen volle Klarheit bringen. Solche geschichtlichen Schilderungen würden besonders für den technischen Nachwuchs des Filmes von Bedeutung sein. Hier könnte ohne besondere Rücksicht auf geschäftliche Interessen der Beteiligten gezeigt werden, wie sich technische Verbesserungen auswirkten. Dabei können auch die Entwicklungen behandelt werden, die später wieder fallengelassen wurden. Solche Schilderungen sind geeignet, das technische Verständnis ganz wesentlich zu fördern.

Solche Rückblicke sind stets wertvolle Anregungen

Für den in der Praxis stehenden Kinotechniker geben geschichtliche Rückblicke stets wertvolle Anregungen und mancher alte Vorschlag kann durch inzwischen weiter entwickelte Hilfsmittel wieder eine neue Bedeutung erhalten. Gerade in den Anfangsjahren der Kinematographie wurden viele eigenartige Versuche durchgeführt, deren Kenntnis auch heute noch Nutzen bringen kann.

Zweck dieser Zeilen ist die Anregung, die eine oder andere Erinnerung an solche Versuche wieder zu wecken, darauf bezügliche Lichtbilder, Zeichnungen oder Berichte herauszusuchen, und schließlich diese durch Aufsätze, Vorträge oder Berichte in den Fachsitzungen den Fachkreisen zur Kenntnis zu bringen.
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Filmgeschichtliches Merkblatt

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Der Anteil deutscher Erfinder an der Entstehung und Entwicklung der Kinematographie - Herausgegeben von der Kinotechnischen Gesellschaft anläßlich des 75. Geburtstages Oskar Messters am 21. November 1941
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I. Von Stampfer bis Messter

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In der Öffentlichkeit erscheinen häufig Darstellungen über die Erfindung der Kinematographie, die den Tatsachen nicht entsprechen, und die unerwünscht sind, weil sie den wertvollen Beitrag, den Deutsche hei der Entwicklung des Filmes geleistet haben, nicht richtig erkennen lassen.
Besonders ist bei der Schilderung der Arbeiten der Gebrüder Skladanowsky Vorsicht geboten, weil hierüber sehr häufig Unzutreffendes veröffentlicht worden ist.

SIMON STAMPFER in Wien

hatte 1832, unabhängig von einer gleichzeitigen ausländischen Erfindung, in seinen ergänzenden Vorschlägen weitergehend als diese, das Lebensrad geschaffen, bei dem durch rasch nacheinander gezeigte Phasenbilder der Eindruck der Bewegung von Personen u. dgl. hervorgerufen wird. Die Bilder waren Zeichnungen und die Beobachtung war nur für wenige Personen möglich.

FRANZ VON UCHATIUS in Wien

verband 1845 dieses Lebensrad mit einer Projektionseinrichtung und verbesserte diese Zusammenstellung 1853 derartig, daß die Bewegungen einer großen Anzahl von Personen vorgeführt werden konnten.
Der nächste Schritt war, die gezeichneten Bilder von einzelnen Bewegungsphasen durch photographische Aufnahmen zu ersetzen.

OTTOMAR ANSCHÜTZ Lissa, später Berlin

stellte 1885 zum erstenmal in Deutschland photographische Reihenbilder her, nachdem bis zu diesem Zeitpunkt von Muybridge nur silhouettenhafte Aufnahmen dieser Art veröffentlicht waren. Er benutzte dazu eine Batterie von Aufnahmekameras, die nacheinander in Tätigkeit gesetzt wurden.

1887 erfand Anschütz den elektrischen Schnellseher, dessen Bau Siemens & Halske 1891 aufnahm und der eine weite Verbreitung fand. Die Diapositive wurden auf einer großen Metallscheibe angeordnet und in stetiger Bewegung an einem Betrachtungsloch vorbeigeführt. Hier wurden sie jedesmal durch eine Geißlersche Röhre intermittierend beleuchtet.

1894 entwickelte Anschütz auch einen Projektionsapparat, den er am 25. November 1894 im Hörsaal des Postgebäudes, Berlin, vorführte und mit dem vom 22. Februar 1895 ab regelmäßig in Berlin öffentliche Vorführungen gegen Eintrittsgeld stattfanden. Dies waren die ersten „lebenden Photographien", die in Lebensgröße in Europa mit der für solche Projektionen notwendigen Mindestzahl von 16 Bildern je Sekunde und der erforderlichen genauen Justierung gezeigt wurden. Er benutzte seinen Doppelprojektor, durch welchen die Bildscheiben periodisch geschaltet wurden.
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MAX und EMIL SKLADANOWSKY Berlin

benutzten ähnliche Gedankengänge für Variete-Vorführungen. Sie verwandten nicht die Anschütz-Platten, sondern Film. Sie nahmen auf unperforiertem Film 8 bis 10 Bilder je Sekunde unjustiert auf und kopierten diese Bilder einzeln auf zwei behelfsmäßig perforierte Filmstreifen, und zwar abwechselnd. Die Bilder wurden mit einem Doppelprojektor vorgeführt. Es wurden nur Filme gezeigt, die zu einem kurzen, endlosen Band geklebt waren (Ringfilm); der Film wurde absatzweise geschaltet

Vom 1. - 30.November 1895 zeigten die Gebrüder Skladanowsky, die 1894 mit diesen Arbeiten begonnen hatten, ihre Filme zum ersten Male öffentlich im „Wintergarten" in Berlin.

Im Gegensatz zu diesen Vorführungen von Ringfilmen mit Einzelbildern in beschränkter Anzahl gestatteten die Erfindungen Edisons 1893 und Lumieres 1895 Vorführungen beliebig langer, vom Negativ unmittelbar kopierbarer Filme. Ersterer zeigte Normalfilme im Betrachtungsapparat, letzterer in Projektion.
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OSKAR MESSTER Berlin

hatte in Deutschland die ausländischen Anregungen dazu benutzt, um unter wertvoller Verbesserung der ausländischen kinematographischen Einrichtungen Apparate für die Aufnahme, Kopierung und Wiedergabe zu bauen. Er stellte mit diesen Apparaten Filme her, führte sie vor und gründete zu diesen Zwecken die erste deutsche Filmfirma.

Messter schuf 1896 den ersten deutschen Kinoprojektor für Normalfilm (35mm). Er wandte dabei für die Filmschaltung das kleine vierteilige Malteserkreuz mit tangentialem Eingriff an, ebenso die Filmbahn, die den Film nur am Perforationsrand führt, sowie weitere für die wirtschaftliche und künstlerische Entwicklung des Films bedeutsame Einzelheiten hinsichtlich Filmschonung und flimmerfreier Vorführung.

Sein 1912 entwickelter Panzerkinematograph mit vollständig gekapseltem Filmlaufwerk, auswechselbarem Malteserkreuz, feststehender optischer Achse und selbsttätiger Schmierung wurde das Vorbild des heutigen vollständig gekapselten Vorführungsapparates.

Für die Aufnahme konstruierte Messter 1896 Aufnahmekameras mit einem Wechsel von 18 Bildern je Sekunde.

Mit den selbstgebauten Apparaten für die Aufnahme, Bearbeitung und Vorführung stellte Messter ab 1896 als Erster in Deutschland Filme her, die er vorführen ließ. Vom 3. Oktober 1914 ab brachte er die „Messter-Woche" heraus.

Messter ist bis heute auf allen Gebieten der Filmtechnik tätig. Er hat eine große Anzahl von filmtechnischen Erfindungen und Verbesserungen geschaffen und in die Praxis eingeführt. So benutzte er bereits 1897 das von ihm erfundene optische Kopierverfahren, welches die Grundlage aller optischen Kopierverfahren bildet. Er machte bereits frühzeitig Zeitdehneraufnahmen, zeigte ab November 1896 öffentlich Filme mit Begleitmusik durch Phonographen ohne Synchronisiereinrichtung, ab 1903 durch Grammophone mit Synchronisierung und mit Aufnahme nach dem Rückspielverfahren.

In seinem Buch „Mein Weg mit dem Film", herausgegeben 1936 im Auftrag der Deutschen Kinotechnischen Gesellschaft, berichtet Messter von der Entwicklung des Films in Deutschland.
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