Eduard Rheins Buch über sein Leben (1990)
Der langjährige Chefredakteur der HÖRZU schreibt über sein Leben, seine Jugend, seine Zeit in Berlin bis 1945, den Wiederanfang 1946 und die Zeit im Springer-Verlag in Hamburg. So sind es fast 480 Seiten, bei uns im Fernsehmuseum etwa 120 Kapitel, in denen so gut wie alle "Größen" dieser Zeit vorkommen. Und er schreibt als 90jähriger rückblickend über die Zeit und sich selbst. Darum lesen Sie hier natürlich seine Sicht der Ereignisse bzw. "seinen Blick" teilweise durch die "rosarote Brille". Das sollte man beachten und verstehen. Die Inhaltsübersicht finden Sie hier.
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Kapitel 95
Joschi von Tharau - mein Pudel
Wenn ich von Mecki erzähle, muß ich auch von Joschi berichten, die auf ihre Art Karriere gemacht hat.
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Dieses Geschenk war eher eine schlitzohrige "Schikane"
Wie man auf diesen Namen gekommen ist, weiß ich nicht. Er klingt ein bißchen ungarisch, aber dann würde er wohl Josci geschrieben und wäre völlig fehl am Platz bzw. am Hund, denn Joschi von Tharau - so heißt sie laut Stammbaum - ist eine Dame. Aber ob nun Hund oder Hündin, dieses Tier war ein Danaergeschenk oder eine Schikane oder beides in einer Hundeperson, oder ... Aber das sollte sich erst noch herausstellen.
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Ein kleines, kohlschwarzes Wollknäuel
Joschi wurde mir zu irgendeinem runden Geburtstag geschenkt, und zwar von Hans Huffzky, dem unvergeßlichen Schöpfer und Chefredakteur der CONSTANZE. Ein kleines, kohlschwarzes Wollknäuel, das sich gleich breitbeinig auf den dicken dunkelbraunen Wollteppich meines Wohnzimmers hockte und dort einen schnell versickernden See hinterließ.
Meine gute "astprrezßische" Marie verdrehte angesichts dieses Frevels die Augen gen Himmel und wollte gleich in die Küche stürzen, um mit einem Eimer Wasser Schlimmeres zu verhüten. Doch ich winkte schicksalsergeben ab.
Sie begoß die Flecken mit - Kaffee
Joschi war trotz der stets offenen, zum Garten führenden Tür nur sehr schwer vom Teppich auf den Rasen umzugewöhnen. Ein für beide Seiten etwas schmerzliches Kapitel, denn ihre kleinen Seen entfärbten den teuren braunen Teppich und hinterließen Dutzende heller Flecken. Doch Maria fand eines Tages ein Mittel, sie zu beseitigen: Sie begoß die Flecken vorsichtig mit - Kaffee und machte sie damit völlig unsichtbar.
Auf dem Rasen wiederum entstanden zum Kummer des Gärtners häßliche kahle Stellen, die am Rand durch besonders heftigen Graswuchs auffielen. Joschi vom Rasen auf unbewachsene Stellen unter Büschen umzuschulen war ein Geduldsspiel.
Hans Huffzky, der Chefredakteur der CONSTANZE
Daß ich Hunde aufgrund hochnotpeinlicher Berliner Trottoir-Erfahrungen nur mit den unflätigsten Ausdrücken bezeichnete und mich eher mit einem Vogel im Kopf als einem Hund im Haus abgefunden hätte, wußten alle meine Freunde, nur eben Hans Huffzky nicht, der es erst noch werden wollte ... Was tut man in einem solchen Fall?
Man bedankt sich, zu falschen Freudentränen gerührt, über das reizende Geschenk und überlegt gleichzeitig, wie man es wohl auf anständige Weise wieder loswerden kann.
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Joschi war von edler Rasse und hatte Ahnen
Nach dem ersten Fauxpas des schwarzen Unwesens erfuhr ich zu meinem Erstaunen, daß Joschi einem berühmten Zwergpudelgeschlecht entstammte und eigens aus Berlin eingeflogen worden war. Der aufmerksame Kollege war nämlich der Meinung, ich brauchte einen solchen Hund unbedingt als Wächter, denn er konnte ja nicht ahnen, daß ich meinen Großgrundbesitz längst außen und innen mit den modernsten elektrischen Alarm-, Siche-rungs- und Fußangeln wie eine Trutzburg gesichert hatte.
Aber wie das so ist im Zusammenleben von Mensch und Tier, man gerät unversehens in fremde Hände, und dann ist man möglicherweise für immer miteinander verstrickt ... Ich harmloses Gemüt ahnte nicht, daß mir an diesem Tag die Stunde geschlagen hatte, denn dieses Berliner Untier mit dem verkorksten ungarischen Vornamen sollte mich an Beliebtheit nicht nur in Hamburg, nicht nur bei allen HÖR ZU-Lesern, sondern sogar in Dänemark, Amerika und Japan an Berühmtheit in den Schatten stellen.
Weltberühmt und von aller Welt begehrt ?
Wieso das? Um weltberühmt und von aller Welt begehrt zu werden, braucht man nicht mit besonderen Geistesgaben gesegnet zu sein: Man braucht >es< nur in den Augen zu haben. Und das war es: Vor Joschis Blick schmolz jeder Widerstand dahin.
Wie alle jungen Hunde kannte sie kein größeres Vergnügen, als mit Herrchen statt in ihrem Körbchen im selben Bett zu schlafen. Man muß das einmal erlebt haben, wenn so ein Hundekind neben dem Bett steht, einen mit steinerweichenden Augen ansieht und >hoppla< machen möchte. Fällt man darauf auch nur einmal herein, ist man geliefert. Sie kennen ja gewiß die "schröckliche" Geschichte von dem Dobermann, der die Bettgespielin seines Herrchens aus Eifersucht beinah in Stücke gerissen hätte ...
Joschi fuhr gerne im verlagseigenen Cadillac
Ich hatte nur ein Gegenmittel gegen Joschis flehentliche Blicke: Ich machte sie unsichtbar, indem ich das Licht ausknipste und dann trotz ihrer herzerweichenden Seufzer wie ein Feldwebel >Körbchen!< kommandierte.
Hätte ich es gewagt, einmal ohne Joschi in die Redaktion zu gehen, sie hätte die arme Marie sicher mit ihrem Gejammer zur Verzweiflung gebracht.
Kaum daß der Fahrer den Schlag des verlagseigenen Cadillac geöffnet hatte, war sie schon eingestiegen und hatte hinten gleich unter dem Rückfenster Platz genommen. Dort saß sie dann, mucksmäuschenstill, und genoß es offensichtlich, daß alle Hamburger sie zunächst für eine besonders schöne - Stoffpuppe hielten.
Dann wurde Joschi fotografiert und wurde zum Weltstar
Nachdem einer unserer Fotografen sie neben einem zerrissenen Pantoffel für die Titelseite aufgenommen und damit vielen Millionen vorgestellt hatte - das Foto ging als Titelseite sogar nach Japan! - war sie ein Star. Und wenn sie mich an der Leine spazierenführte, wußte jeder gleich: Das ist der Chef von HÖR ZU. Um gelegentlich als Harun al Raschid unerkannt durch die Stadt bummeln zu können, mußte ich sie also zu Hause lassen.
Als sie ein halbes Jahr alt war, brachten wir sie nach Berlin, um ihr dort eine hochmoderne Karakul-Frisur machen zu lassen. Sie wurde damit vom Baby zu einer eleganten Dame.
Joschi müsste Mutterfreuden entgegensehen, damit ...
Im ersten Jahr machte sie uns etwas Kummer, weil sie nicht recht fressen wollte. Doch der Tierarzt wußte Rat: Sie muß Mutterfreuden entgegensehen, dann zwingt die Natur sie, sich an größere Portionen zu gewöhnen. Und so kam es auch. Wir suchten in Hamburg einen besonders schönen Partner für sie - sein Besitzer verlangte für seinen - ich meine dessen - Liebesdienst 200 Mark, und eines Tages ...
Joschi wurde schwanger und richtig verschmust
Da man weiß, daß Hunde sechzig bis dreiundsechzig Tage auf ihren Nachwuchs warten, war es mir natürlich leicht, rechtzeitig Vorsorge zu treffen. Außerdem zeigte Joschi kurz vor dem Wurf eine sehr auffällige Anhänglichkeit. Sie wollte immer wieder beschmust und gestreichelt werden und stellte erneut alles mögliche an, um in mein Bett zu kommen.
Mir blieb also nichts anderes übrig, als das Fußende mit wasserdichtem Bettzeug zu bespannen, einen Teil ihres eigenen Bettzeugs darauf zu legen und den Ereignissen dann in zwei unruhigen Nächten entgegenzusehen.
Es gab zwei Mädchen und einen Teufel
Dann kam die Stunde - kurz nach Mitternacht -, in der ich Hebamme zu spielen hatte. Es ging zunächst ganz glatt, zwei Weibchen waren schon zur Welt gekommen, dann quälte sich Joschi. Ich half - und es kam ein Rüde; ein kleiner Teufel, wie sich schon bald zeigen sollte.
Als Kinderstube hatte ich Joschi das große Badezimmer zur Verfügung gestellt ... Mit dem Erfolg, daß ich schließlich den ganzen Marmorfußboden herausschlagen und durch einen neuen ersetzen lassen mußte. Joschi wurden die Kleinen mit der Zeit lästig. Schließlich knurrte sie sogar, wenn sie ihrem Fleischnapf zu nahe kamen.
Wem kann man ein Junges - also den Teufel schenken ?
Zeit, den Nachwuchs zu verschenken. Ich hätte sie zwar für 1.000 Mark pro Stück verkaufen können, aber ich wollte nicht als Hundehändler auftreten, sondern sicher sein, daß sie in gute Hände kamen.
Wem ich die zwei Weibchen gegeben habe, weiß ich nicht mehr, aber den rüden Rüden erbat sich Peter Boenisch für seine rrrrrus-sische Mamuschka. Sie nannte ihn Iwan.
Iwan war wirklich ein Teufel - wie Iwan der Schreckliche
Iwan hat sie - frech, wie er war - nach Herzenslust drangsaliert, so daß sie ihn schließlich vor Wut in ihr Auto packte, mit ihm in den nahen Grunewald fuhr und ihn dort aussetzte. Unglaublich, aber wahr!
Bei der alleinigen Heimfahrt wurde ihre rrrrrussische Seele jedoch von so schweren Gewissensbissen gequält, daß sie zurückfahren und ihn wieder in Gnaden aufnehmen wollte. Das blieb ihr aber erspart - denn Iwan der Schreckliche stand schon erwartungsvoll in der Haustür.
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Joschi wurde 17 Jahre alt, also über 100 . . .
Joschi ist mir eine gute und treue Freundin geblieben, bis sie, siebzehn Jahre alt - also hochbetagt - im sonnigen Süden entschlief und in einem Mahagonisarg unter einer weißen Marmorplatte mit ihrem Adelsnamen Joschi von Tharau auf Cap Ferrat ihre letzte Ruhe fand.
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Kapitel 96
Sieh fern - mit HÖR ZU
1949 hatte Dr. Nestel endlich mit den ersten technischen Fernsehversuchen begonnen (beginnen dürfen). Bald konnte man die ersten primitiven Versuchssendungen ausstrahlen. - Ich beobachtete sie täglich. - Und am 6. Oktober 1951 war es soweit: Auf der Berliner Industrie-Ausstellung am Fuße des Funkturms zeigten 17 deutsche Firmen in 40 Modellen den Stand ihres technischen Könnens.
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Das war alles noch recht bescheiden.
Den Sender hatte Telefunken gebaut. Die Ausstellung wurde ein riesiger Erfolg und bewies das große Interesse des Publikums. Man setzte einen Fernsehintendanten ein: Dr. Werner Pleister. Am Weihnachtsabend begann man dann recht mutig mit einem >Festprogramm< in Hamburg, Hannover und Köln, während die Post mit dem großzügigen Ausbau ihrer mustergültigen Richtfunkstrecken weiterhalf.
Eine technische Entwicklung von unübersehbarer Bedeutung
Eine technische Entwicklung von unübersehbarer Bedeutung für die Zukunft hatte Tritt gefaßt. Die nun regelmäßig stattfindende Berliner Funk- und Fernsehschau wird zum Maßstab technischen Fortschritts und zieht mit dem Slogan >Fernsehen müßte man haben!< im August Hunderttausende nach der ehemaligen Reichshauptstadt.
Fernsehen faszinierte die Bevölkerung
Neben dem blinden Rundfunk steht nun das faszinierende Fernsehen. Seine Programme werden immer "aktueller" (? so so ?) und reizvoller, und HÖR ZU fördert die Entwicklung durch sorgfältig illustrierte Programmseiten.
Das Fernsehen, klar, daß das in den Titel von HÖR ZU mußte. Ihn zu ändern war zwar unmöglich, ich konnte ihn aber ergänzen, indem ich in kleinerer Schrift darüber setzte: SIEH FERN MIT. Man wird also weiterhin HÖR ZU verlangen, ohne darüber nachzudenken, daß der Name nicht mehr ganz zeitgemäß ist.
Kapitel 97
Kunter"buntes" in der HÖR ZU
HÖR ZU wird langsam immer farbiger. Warum nur langsam? Wir haben jetzt doch neue riesige Farbdruckwerke. Nun, Farbdruck ist erheblich teurer als Schwarzdruck. Wir hätten also den Preis erhöhen müssen. Nur wenn wir farbige Anzeigen hatten, - die waren natürlich teurer -, konnten wir auch Farbe im redaktionellen Teil bringen. HÖR ZU wechselte infolgedessen oft zwischen einfarbigen und vierfarbigen Ausgaben.
Es wird wieder einen neuen Roman geben
In Heft 39 kündigten wir den neuen Horster-Roman an: >Robinson schläft 50 Jahre<. Damals trugen sich ernsthafte Biologen mit dem Gedanken, Tiere und Menschen über Monate oder Jahre in Kälteschlaf zu versetzen, um ihr Altern während dieser Zeit zu verhindern. - Also ein zeitnaher und sehr interessanter Romanstoff.
Hauptfiguren sind die eineiigen, im Rummelplatzmilieu geborenen, aber dann in sehr unterschiedlichen Verhältnissen aufgewachsenen Zwillinge Robinson und Freitag sowie die Tochter eines großen Pharmazeuten, in dessen Labor schon solche Versuche mit Tieren unternommen werden.
Heft 48 erscheint zum erstenmal mit achtzig Seiten . . .
. . . und der ersten farbigen Titelseite unseres neuen dänischen Zeichners Kurt Ard, der dann bis zu meinem Ausscheiden ständig als freier Mitarbeiter für HÖR ZU gearbeitet hat und bei unsern Lesern sehr beliebt war.
Rätsel mit wertvollen Bildern
In Heft 50 kann ich endlich eine Idee verwirklichen, die ich schon lange mit mir herumtrage:
Eine beliebte Rätselart waren die im Rätselteil einiger Zeitschriften erscheinenden >Suchbilder<, bei denen es galt, die feinen Unterschiede zwischen zwei gleichartig erscheinenden Zeichnungen zu suchen. Ich wollte solche Suchbilder bringen, daraus aber etwas Neues, für HÖR ZU Charakteristisches machen.
Weshalb sollten wir nicht statt künstlerisch wertloser Strichzeichnungen wertvolle Bilder bekannter Maler bringen, auf deren zweiter Reproduktion unser Mitarbeiter Zitzlaff jeweils sechs, acht oder sogar mehr Änderungen vorgenommen hatte?
Original und Fälschung
Damit konnte ich zum erstenmal in der Geschichte der Presse sogar mit dem Rätsel etwas für die Kultur tun, indem ich auf diese Weise Leser, die vielleicht nie Gelegenheit zum Besuch eines Museums hatten, spielend an bedeutende Schöpfungen großer Maler heranführte und ihnen dabei gleich etwas über sie und ihre Werke vermittelte. - Ich nannte diese neue Serie: Original und Fälschung
Meine Suchbilder wurden ein großer Erfolg
Sie wurde schlagartig ein so großer Erfolg, daß HÖR ZU bis auf den heutigen Tag ohne dieses Suchbild undenkbar ist.
Und das, obwohl ich zunächst noch auf die Farbe verzichten mußte. Später ließen wir Sonderdrucke herstellen und in Wechselrahmen an Schulen verteilen, um damit in höheren Klassen den Kunstunterricht zu unterstützen.
Wie beliebt >Original und Fälschung< war, beweist die Tatsache, daß ich in Heft 22 1956 auf Drängen meiner Leser sogar eine farbige Doppelseite bringen konnte. Von da an ist diese dekorative, kunstfördernde Serie nur noch farbig und mindestens halbseitig, später sogar nur noch ganzseitig und zuweilen doppelseitig erschienen.
10 Jahre HÖR zu!
Mit Heft 51 1957 erreichte HÖR ZU sein erstes Jubiläum: 10 Jahre HÖR zu! Wir berichten über den Beginn auf einer Doppelseite und bringen dabei ein hochinteressantes Dokument: ein Foto, das eine riesige, um die Häuserecke gehende Menschenschlange zeigt, die 1947 um ein HÖR ZU-Abonnement ansteht. Welche Zeitschrift ist wohl imstande, ein ähnliches Dokument vorzuweisen?
Weil es nicht mehr in die Zeit paßte . . .
Die Kriegszeit und die Jahre danach haben mit manchen überholten Sitten und Gebräuchen aufgeräumt. Unsere jungen Leute wollen nicht mehr hören: »Das macht man so!« sondern: »Das macht man so, weil ...« Es muß also ein Sinn dahinterstecken.
Viele Leser - besonders jüngere - haben uns immer wieder sogenannte Anstandsregeln vorgelegt und sie als völlig unsinnig bezeichnet. Entweder weil sie ihren Sinn oder Zweck nicht erkannt hatten, oder weil sie nicht mehr in die Zeit paßten.
14 Wochen - Andere Zeiten - andere Sitten
Ich nahm mir deshalb vor, unsere Anstandsregeln kritisch zu beleuchten, und zwar sollten die Lehren über den Umgang mit Menschen zum erstenmal in der Kulturgeschichte der Menschheit durch Volksbefragen bestätigt oder erneuert werden. Ich versuchte deshalb, alle strittigen Fragen durch das Einschalten eines Instituts zum Erforschen der öffentlichen Meinung zu klären und damit die Grundlagen für den derzeitigen >guten Ton< zu schaffen.
Das war ein sehr teurer Spaß, den sich zwar eine große Zeitschrift, aber kein Buchautor leisten konnte. Die Serie ist dann von Heft 1/1957 bis Heft 14/1958 in HÖR ZU unter dem graphisch besonders markanten Titel "Andere Zeiten - andere Sitten" erschienen.
Große Beachtung sogar in Österreich und in der Schweiz
Sie hat u. a. auch in Österreich und in der Schweiz große Beachtung gefunden, zumal schon die erste Frage: »Halten Sie die überlieferten Regeln über den Umgang mit Menschen für reformbedürftig?« von 96% aller Befragten mit Ja beantwortet wurde.
Wir fragten beispielsweise: »Soll die Gabel mit den Zinken nach unten oder bei Bedarf auch löffelartig mit den Zinken nach oben benutzt werden?«
Ergebnis: Für die ausschließliche Verwendung mit den Zinken nach unten stimmten nur 11%. Bei Bedarf auch löffelartig mit den Zinken nach oben 88%. Keine Meinung hatten 1%.
Es waren Familienthemen, die interessierten
Dieses Thema hatte mit Funk und Fernsehen zwar nichts zu tun, aber es war ein echtes Familienthema. In diese Reihe gehörten auch unsere Spalten: >Der Hausarzt<, >Der Tierfreund^ >Das Blumenbeet< usw.
Viele unserer Leser und Leserinnen sammelten unsere Serien und klebten sie in Sammelhefte.
HÖR ZU war dort, wo es war, auch wahrhaft zu Hause. - Das war das ganze Geheimnis seiner beispiellosen Beliebtheit. Sie allein oder vor allem auf die Zugkraft der Romane zurückzuführen, halte ich für verfehlt.
HÖR ZU war besser, einfallsreicher und - markanter
In HÖR ZU stimmte einfach alles. HÖR ZU war besser, einfallsreicher und - markanter als die Konkurrenzzeitschriften, und das lag nicht an den Verlegern.
Ich sage es frank und frei, weil es die Wahrheit ist: Den Erfolg einer Zeitung oder Zeitschrift macht allein der Chefredakteur!
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Es sei denn
Es sei denn, das ganze Objekt paßt nicht in die Landschaft, weil es vom Verleger falsch geplant wurde ... Ein markantes Beispiel dieser Art ist die schon von Axel Springer geplante und kurz nach seinem Tod herausgebrachte Illustrierte mit dem unmöglichen Titel "JA".
Springer - ich sagte es schon - war kein Zeitschriftenmann. Er plante nur - auf Zeitungspapier: Schnell und billig gedruckt, nur teilweise gelesen, anschließend vielleicht in Stücke gerissen und an einem stillen Örtchen aufgespießt.
Zum Glück ließ mich Axel Springer "machen"
HÖR ZU paßte eigentlich nicht in seine Linie. Er fühlte das und hat mich deshalb - und weil er den moralischen und finanziellen Riesenerfolg sah - einfach machen lassen, denn ich war keineswegs der Typ des Befehlsempfängers, den er sich zunächst aus Unsicherheit, später infolge seiner politischen Ambitionen immer gewünscht hat.
Seine Vorliebe für das billige Zeitungspapier ging so weit, daß er schon bei unserem ersten - und Jahrzehnte später bei unserem letzten Gespräch auf Schwanenwerder die Frage stellte, ob man denn nicht wenigstens den Programmteil (also die Hauptsache von HÖR zu!) auf Zeitungspapier herstellen solle.
HÖR ZU auf Zeitungspapier ? »Unmöglich!«
Ich antwortete - ebenso entschieden wie Jahrzehnte vorher: »Unmöglich!«
An diesem letzten Gespräch hat damals sein Finanzgenie Christian Kracht teilgenommen; auch er hat abgeraten.
Wo gibt es denn jetzt bei uns noch eine Zeitschrift, die Funk und Fernsehen souverän behandelt, alle Entwicklungsrichtungen verfolgt und für jedermann verständlich erklärt, Wege in die Zukunft weist, vor Irrwegen warnt und immer wieder die Interessen ihrer Lesergemeinde vertritt?
Wenn ein Wort bei der Fachpresse für Sport, Foto, Tierhaltung, Funk und Fernsehen unangebracht, ja gefährlich ist, dann ist es das Wort: »Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen.«
Auf Funk und Fernsehen zu konzentrieren
Eine Funk- und Fernsehzeitschrift hat sich auf Funk und Fernsehen zu konzentrieren. Das ist das zentrale Thema; das ist das, was der Leser neben einem liebevoll servierten Programm erwartet. Wenn es daneben, im Blick auf die Familie, interessanten Lesestoff gibt, um so besser, aber eine schwache Illustrierte zu machen und ihr das überall kostenlos verteilte Programm anzuhängen ist falscher als falsch.
Wie graphisch kultiviert, wie appetitanregend man die Programme auf gutem Papier drucken kann, das haben einige >Einlagen< in Wochenzeitungen und -Zeitschriften bei uns und in Frankreich (TELE-STAR) gezeigt. Guter Geschmack, Farb- und Formensinn sind ebensowenig angeboren wie gute Manieren. Beides muß man von Jugend auf lernen.