Hier stehen die Messe- bzw. Veranstalter "Informationen".
Im Unterschied zu unseren überwiegend selbst formulierten Artikeln und Kommentaren sind das die vorauseilenden Lobeshymnen der Redakteure und Pressemenschen sowie der Messe-Ausrichter, der Messegesellschaften und der Veranstalter. Allermeist basieren die auf den vorab verteilten Presse- Informationen der Hersteller oder der Vertriebsfirmen. Nur die wenigsten dieser Lobeshymnen waren "wahr" bzw. hatten sich wirklich erfüllt.
Die Fachblätter und Magazine waren meist (finanziell) darauf angewiesen, solche Artikel unkommentiert zu veröffentlichen, weil da allermeist auch sogenannte "flankierende Anzeigen" (hinzu) geschaltet wurden. Über diese selbstverständlich erfundenen nebulösen ("das gabs doch gar nicht") Zusammenhänge gibt es ausführliche Seiten im Hifi-Museum, weil es dort ganz besonders offensichtlich wurde, wie "das Spiel" funktioniert.
Und: wir sollten unterscheiden zwischen "Zeilen" und "Linien"
Es fällt immer wieder auf, daß selbst gestandene Fach-Redakteure und Fach-Autoren diese beiden Begriffe allzuoft verwechseln, vertauschen oder ungeschickt benutzen. Viele PAL- Kameras konnten trotz nomineller 625 Zeilen nur echte 450 Linien aufnehmen und auch darstellen. Gleiches gilt für Videorecorder, Monitoren und Fernseher aller Hersteller. In den gesamten englisch sprachigen Publikationen sind es die verwechselbaren "lines" (und ab und zu die TV-lines) und man muß Nachsicht walten lassen. "Sie" unterscheiden das ganz selten.
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Der LEITARTIKEL von Norbert Bolewski
in FERNSEH- UND KINO-TECHNIK - Nr. 10/1992
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Crashkurs für IBC (Amsterdam) und Professional Media (Köln)
Die Festlegung internationaler Messetermine gehört sicherlich mit zu den schwierigsten Dingen. Nicht nur, daß man Industrie-Interessen berücksichtigen muß, selbst Ferienzeiten, Witterungsbedingungen und religiöse Feiertage fremder Länder gilt es zu bedenken. Bislang klappte es allerdings noch so einigermaßen, und ich meine damit die "International Broadcasting Convention" und die "photokina".
Rückblick auf 1990
Eng war's früher schon: 1990 zum Beispiel, als die IBC (Anmerkung : letzmalig) noch in Brighton stattfand, lagen nur 8 Tage dazwischen. Aber nun, 1992, schien sich das ganze zu entzerren. Anfang Juli 1992 die IBC in Amsterdam und Mitte September 1992 die photokina in Köln - no problems. Doch für 1994 wird Crashkurs gefahren, am 20. September 1994 endet die IBC und am 21. September 1994 beginnt die photokina mit ihrer integrierten Professional Media.
War die Konfrontation geplant oder nicht?
Je mehr man in dieses Thema einsteigt, desto komplizierter und unüberschaubarer wird es, da man mit unterschiedlichen Aussagen konfrontiert wird. Aber eigentlich interessiert es in dieser Phase nur noch wenig. Jetzt ist sie da, die Konfrontation, und betroffen sind alle, Teilnehmer und Aussteller in unserem Metier zugleich.
Manche interessiert das logischerweise nicht. Die Unterhaltungselektronik hätte schon immer lieber einen früheren photokina-Termin gesehen, aber nicht wegen der IBC, sondern weil der Ordertermin für das Weihnachtsgeschäft längst gelaufen ist.
Und für andere Branchen, die auf der photokina ausstellen, ist selbst der gewählte Termin noch zu früh.
Eine Schwierige Situation.
Wie wichtig ist da der Broadcast- und Professional-Video-Bereich für die Messegesellschaft?
Nun, ich glaube sie mag alle ihre "Kinder", schließlich ist sie die Weltmesse des Bildes, und die Messegesellschaft steht und stand den verschiedenen Industriegruppierungen stets sehr wohlwollend gegenüber. Die MesseKöln hat sich nie kleinlich gezeigt, wenn es darum ging, Hilfestellung zu leisten.
Seien es kostenlose Stände für die internationalen Verbände gewesen oder ein großzügiges Sponsoring von beispielsweise Fachtagungen, die während der photokina abliefen.
Nutznießer in diesem Jahr war beispielsweise die europäische Sektion der SMPTE, die übrigens auch Mitveranstalter der IBC ist.
Man wollte wieder mal alles ....
Ein wenig lag es vielleicht daran, daß man alles wollte, was mit dem Bild zusammenhing - und noch ein bißchen mehr (HiFi).
Vielleicht war es gerade eben dieser Gesamtanspruch, der zwangsläufig dazu führte, daß das Thema Broadcast auf der Professional Media nie so ganz durchgekommen ist.
Sie war nie eine reine Broadcast-Messe, obwohl wir auf dem Kontinent im Wechsel mit Montreux eine gebraucht hätten. Der Versuch (Anmerkung : zwei Mal mit der "Broadcast") in Frankfurt ist "baden gegangen".
Brighton wurde vom restlichen Europa nur widerwillig angenommen, denn die Stadt hat vielleicht im Urlaub einiges zu bieten, aber keine Infrastruktur für eine derartige Messe.
Einige wollten, andere wollten nicht
Allerdings kann man es nicht der Kölner Messe anlasten, daß sich nicht schon früher in Köln eine starke Broadcast-Messe etabliert hat.
Sie wollte schon, doch viele maßgebliche Broadcaster wollten eben nur ein bißchen. Denen schien nun schon wieder die Nähe zu den Amateuren, den Photofinishern und Bilderrahmanbietern nicht ganz gentlemanlike zu sein. Dabei bot die große Halle 14 genügend Platz und auch genügend Abgrenzung für den, der sie suchte.
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Der Videobereich der "Professional Media"
Um so mehr entwickelte sich der Videobereich der Professional Media hin zum Professionellen; ein überaus wichtiger und an Bedeutung zunehmender Marktsektor. Doch er ist sehr stark verzahnt mit dem Broadcastbereich, ja, streckenweise bei einigen Systemen heute kaum noch zu trennen.
Broadcast- und Professional-Video haben beide durchaus ihren Platz in Köln. Welcher Händler reist schon zur IBC und warum. Die Kostensituation für die Mitarbeiter und Teilnehmer ist zumindest für die deutschen Firmen leichter in den Griff zu bekommen als wie mit Blick auf die Auslandsspesen.
Professional-Video wird - nicht zuletzt in Verbindung gerade auch mit den Möglichkeiten, die der Computer zusätzlich bietet - weiter an Bedeutung gewinnen.
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1994 - Wieder über den Tellerrand hinaus blicken
Und noch eins, auch wenn man das nicht in Zahlen ausdrücken kann. So war und ist hoffentlich auch 1994 die photokina ein Ort, um über den Tellerrand hinaus zu blicken. Die Photo-CD, schon vor zwei Jahren vorgestellt, die DCC, die Mini-Disk, die Videoamateurtechnik; all das kann man doch nicht isoliert betrachten. Diese Entwicklungen werden - in Modifikationen - auch in den Broadcastbereich einfließen.
Die Reaktion bei den Ausstellern war unterschiedlich. Alle die, die in dem großen Segment von Professional-Video mitreden oder mitreden wollen, waren nämlich mit der photokina 1992 zufrieden und wollen durchaus wiederkommen.
Selbst Sony, zwar mit dem Broadcast-Bereich offiziell nicht vertreten, fand noch mit seinen Professional-Partnern eine Lösung; eine gute sogar, die sowohl bei Sony als auch bei den Besuchern bestens ankam.
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Was also ist durch die Konfrontation gewonnen.
Nichts, aber vielleicht geht einiges kaputt. Denn für manche (wichtige) Unternehmen ist sowohl die IBC als auch die Professional Media wichtig. Aber einige müssen sich nun - ob sie wollen oder nicht - 1994 entscheiden: photokina oder IBC.
Zwei Wochen praktisch hintereinander hochwertiges Personal am Messestand zu binden wäre ein Problem, das andere, den Geräte- und Standaufbau innerhalb von Stunden organisatorisch durchzuführen, ein anderes, wenn man nicht parallel arbeiten kann.
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Es ärgert mich - diese Konfrontation
Sicherlich hat die IBC in den vergangenen Jahren an Profil gewonnen und seit Amsterdam auch gesamteuropäisch an Gewicht.
Die Professional-Media bleibt aber für professionelle Videotechnik eine wichtige Messe. Wenn irgendein Unternehmen zu einer dieser Messen nicht hingehen will, ok, die Meinung muß respektiert, sie muß letztlich auch von der jeweiligen Unternehmensleitung getragen werden.
Aber was hier passiert ist gewissermaßen ein Diktat, so oder so, aber nicht beides. Und das ist es, was mich an der ganzen Sache ärgert. Konfrontation hat bislang nie eine Verbesserung bestehender Verhältnisse geschaffen.
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von Norbert Bolewski im Oktober 1992
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